{"id":37296,"date":"2023-04-26T09:07:00","date_gmt":"2023-04-26T07:07:00","guid":{"rendered":"https:\/\/vonortzuort.reisen\/?p=37296"},"modified":"2023-04-21T09:13:29","modified_gmt":"2023-04-21T07:13:29","slug":"industriemuseum-brandenburg-an-der-havel","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/vonortzuort.reisen\/deutschland\/brandenburg\/brandenburg-an-der-havel\/industriemuseum-brandenburg-an-der-havel\/","title":{"rendered":"Industriemuseum Brandenburg an der Havel"},"content":{"rendered":"\n

Ein spannender und eindrucksvoller Ort, um sich \u00fcber das Thema Stahlproduktion in Brandenburg zu informieren, ist das Industriemuseum in Brandenburg an der Havel. Eher zuf\u00e4llig sind wir an dem Museum vorbei gekommen und waren begeistert von dem Besuch.<\/p>\n\n\n\n\n\n\n\n

\"Industriemuseum<\/figure>\n\n\n\n

Stahlherstellung in Brandenburg<\/h2>\n\n\n\n

Rudolf Weber kaufte 1912 ein riesiges Gel\u00e4nde am Silokanal in Brandenburg an der Havel. Dieser Standort bot sich ideal f\u00fcr die Stahlproduktion an \u2013 die Verkehrsanbindung war durch die Wasserwege des Silokanals und die Elbe-Havel-Oder-Verbindung gegeben und der Gro\u00dfraum Berlin bot ausreichend Schrott, der als Rohstoff diente.<\/p>\n\n\n\n

Das Weber-Walzwerk nahm 1914 den Betrieb auf. Wenige Jahre sp\u00e4ter verkaufte der Betreiber es an die Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und H\u00fctten-AG. Dieses sollte nicht der letzte Besitzerwechsel in der Geschichte des Werks sein.<\/p>\n\n\n\n

\"Werkshalle<\/figure>\n\n\n\n

Nach dem Ersten Weltkrieg konnte das Werk erweitert werden und es entstand ein neues Verwaltungsgeb\u00e4ude. Der Ausbau wurde \u00fcber die n\u00e4chsten Jahr fortgesetzt und im Zweiten Weltkrieg entstand um das Walzwerk eine R\u00fcstungsproduktionsst\u00e4tte.<\/p>\n\n\n\n

Nach dem Krieg demontierte man das Werk vollst\u00e4ndig, es blieb nur ein Tr\u00fcmmerberg und ein Schrotthaufen \u00fcbrig.<\/p>\n\n\n\n

\"Schrott\"<\/figure>\n\n\n\n

Ein neues Stahlwerk entsteht<\/h2>\n\n\n\n

Die \u00c4ra des neuen Stahlwerks in Brandenburg an der Havel beginnt 1950. Unter der Leitung von Friedrich Franz entstand am alten Standort eine riesige neue Halle mit Siemens-Martin-\u00d6fen und eine Generatorenhalle.<\/p>\n\n\n\n

Nachdem man die vorgegebenen staatlichen Planungsauflagen nicht mehr erreichte, begann eine Umstrukturierung innerhalb des Werkes. Dabei wurden alle 12 \u00d6fen im Stahl- und Walzwerk umgebaut und so die Produktivit\u00e4t gesteigert. Ab 1980 erweiterte man das Gel\u00e4nde mit neue Produktionsfl\u00e4chen. Das Stahl- und Walzwerk Brandenburg wurde zum gr\u00f6\u00dften Rohstahlproduzenten der DDR und erzeugte j\u00e4hrlich mit gut 10.000 Besch\u00e4ftigten bis zu 2,3 Mio. Tonnen Rohstahl und \u00fcber 1 Mio. Tonnen Walzwerkserzeugnisse.<\/p>\n\n\n\n

\"altes<\/figure>\n\n\n\n

Nach der politischen Wende waren die Siemens-Martin-\u00d6fen nicht mehr wettbewerbsf\u00e4hig. In den meisten Stahlwerken in Westeuropa hatte man die \u00d6fen bereits seit Jahren ersetzt. So stellte man den Betrieb der \u00d6fen nach und nach ein und fing an sie abzubauen. Aber zum Gl\u00fcck nicht alle \u00d6fen, den heute kann man die letzten Siemens-Martin-\u00d6fen im Industriemuseum sehen.<\/p>\n\n\n\n

\"Industriemuseum<\/figure>\n\n\n\n

Wof\u00fcr wurden Siemens-Martin-\u00d6fen genutzt?<\/h2>\n\n\n\n

Siemens-Martin-\u00d6fen sind spezielle \u00d6fen, die f\u00fcr die Herstellung von Stahl aus Roheisen verwendet werden. Das Verfahren wurde nach den drei Br\u00fcdern des ber\u00fchmten Erfinders Werner von Siemens und dem franz\u00f6sischen Eisenh\u00fcttenmann Pierre Martin benannt. Das Verfahren hat man im Jahr 1864 entwickelt und war bis zur ersten H\u00e4lfte des 20. Jahrhunderts das bevorzugte Verfahren zur Herstellung von Stahl.<\/p>\n\n\n\n

\"Siemens-Martin-Ofen\"<\/figure>\n\n\n\n

Der Siemens-Martin-Ofen verwendet Generatorgase und \u00d6le als Katalysatoren bzw. Brennstoffe, um h\u00f6here Temperaturen von 1800 Grad Celsius zu erreichen. Der Ofen besteht aus einem Oberofen, einem Schmelzraum und einem Unterofen. Im Oberofen wird fl\u00fcssiges Roheisen oder Schrott aufgeladen und mit \u00f6l- oder gasbetriebenen Brennern erhitzt. Die Luft- und Gasvorw\u00e4rmung erfolgt in Regenerativkammern im Unterofen, bevor sie dem Schmelzraum zugef\u00fchrt werden, um die Verbrennung zu erm\u00f6glichen.<\/p>\n\n\n\n

\"Siemens<\/figure>\n\n\n\n

Das Verfahren kann je nach Art der eingesetzten Materialien in drei Verfahrensweisen unterschieden werden: Schrott-Roheisen-Verfahren, Roheisen-Erz-Verfahren und Schrott-Kohlungs-Verfahren. Nach dem Einschmelzen wird der Stahl entkohlt und legiert, um den gew\u00fcnschten Kohlenstoffgehalt und andere Eigenschaften zu erreichen. Der gesamte Prozess dauert etwa acht Stunden und ist langsamer als andere etablierte Verfahren zur Stahlerzeugung.<\/p>\n\n\n\n

Die Siemens-Martin-\u00d6fen verwendete man f\u00fcr die Massenproduktion von hochwertigem Stahl und erhielten auf der Weltausstellung Paris 1867 h\u00f6chste Auszeichnungen. In den 1940er Jahren konnten die Firmen 75 % der weltweiten Stahl-Erzeugnisse aus dem Siemens-Martin-Stahl herstellen.<\/p>\n\n\n\n

Der letzte deutsche Siemens-Martin-Ofen wurde 1993 aus wirtschaftlichen Gr\u00fcnden stillgelegt. Er ist aber heute als technisches Denkmal erhalten und steht im Industriemuseum Brandenburg an der Havel.<\/p>\n\n\n\n

\"Industriemuseum<\/figure>\n\n\n\n

Besuch im Industriemuseum in Brandenburg an der Havel<\/h2>\n\n\n\n

Die Idee f\u00fcr das Industriemuseum entstand 1992, als bereits abzusehen war, dass der Standort geschlossen werden sollte.<\/p>\n\n\n\n

Nach und nach sichtete, sortierte und ordnete man die \u00dcberreste des Werkes. 1994 konnte der letzt noch vorhandene Siemens-Martin-Ofen unter Denkmalschutz gestellt werden. Es dauert noch eine Weile, bis schlie\u00dflich ein Konzept f\u00fcr den Erhalt des Denkmals gefunden war. Der F\u00f6rderverein Stahlmuseum Brandenburg an der Havel e.V. pachtete die entkernte und sanierte Ofenhalle und richtete das Industriemuseum ein.<\/p>\n\n\n\n

Wir sind eher zuf\u00e4llig an der riesigen Halle vorbei gefahren und h\u00e4tte ich nicht etwas von Museum gelesen, w\u00e4re uns dieses erstaunliche Museum entgangen.<\/p>\n\n\n\n

\"Ausstellung<\/figure>\n\n\n\n

\u00dcber eine Stahltreppe gelangten wir in den Kassenbereich des Museums. Hier befindet sich auch der erste Teil der Ausstellung, der sich mit der Geschichte des Ortes besch\u00e4ftigt. Auch wenn der Ausstellungsbereich sehr informativ war und Bilder uns in die Thematik Stahlverarbeitung einf\u00fchrten zog es uns relativ schnell in die riesige Werkshalle.<\/p>\n\n\n\n

\"Rundgang<\/figure>\n\n\n\n

Ich wusste vor lauter \u00dcberraschung nicht, wo ich zuerst hinsehen sollte. Nicht nur die Dimension der Halle, sondern auch die Maschinen, \u00d6fen und f\u00fcr mich zun\u00e4chst undefinierbaren Gegenst\u00e4nde zogen meine Blicke an. Es sah so aus, als ob die Arbeit gerade nur kurz pausierte und jederzeit die Arbeiter aus der Pause zur\u00fcck kommen w\u00fcrden. Kurz Luft geholt und dann ging es auf Entdeckungsreise durch das Industriemuseum in Brandenburg an der Havel.<\/p>\n\n\n\n

\"Industriemuseum<\/figure>\n\n\n\n

\u00dcber einen angelegten Weg, konnten wir uns zun\u00e4chst einen \u00dcberblick \u00fcber die Halle verschaffen. Selbst von dort oben wirkten die Exponate enorm gro\u00df. Riesige Haken hingen von der Decke und die Beobachtung- und Arbeitskanzeln unter dem Dach waren mit Sicherheit nur f\u00fcr schwindelfreie Arbeiter ein geeigneter Arbeitsplatz.<\/p>\n\n\n\n

Beeindruckend fand ich auch den Siemens-Martin-Ofen und die Krane und Lokomotiven, die f\u00fcr das An- und Abliefern des Materials ben\u00f6tigt wurden. In dem gewaltigen Schmelzofen hat man in einem Schmelzvorgang 180 Tonnen Stahl produziert, das entspricht ungef\u00e4hr dem Gewicht von 120 VW Golf.<\/p>\n\n\n\n