Tunnel haben oft eine Anziehungskraft auf die Menschen. Führen sie dann noch tief unter einem Fluss hindurch, sind sie geradezu ein Magnet. Der Sint-Annatunnel in Antwerpen ist mit Sicherheit einer der interessantesten Tunnel der Stadt.
Brücke oder Tunnel?
Schon 1874 begannen in der Stadt die Diskussionen, wie man die linke und die rechte Uferseite der Schelde am besten miteinander verbinden kann. Es gab zahlreiche Ideen für einen Brückenbau, die jedoch alle abgelehnt wurden. Die Schifffahrt sollte möglichst nicht eingeschränkt werden und eine Brücke hätte dieses getan.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Problem dringlicher. Auf der linken Uferseite entstanden zahlreiche Hochhäuser und Reihenhaussiedlungen. Immer mehr Bewohner zogen aus der historischen Altstadt auf der rechten Uferseite in die modernen Wohnungen auf der linken Uferseite. Die Bewohner pendelten täglich zur Arbeit. Es entstand der Waaslandtunnel (1933), der für den Autoverkehr gedacht war.

Ein Fußgängertunnel fehlt zunächst. 1931 begannen dann die Bauarbeiten zu dem Sint-Annatunnel, der als Fußgängertunnel geplant wurde. Dieser Tunnel war 1933 fertig gestellt und erleichterte den Bewohner den Weg zum anderen Flussufer.
Deutsche Truppen beschädigten den Tunnel bei ihren Rückzug aus der Stadt, so dass er einige Jahre nicht genutzt werden konnte. 1949 öffneten sich dann die Türen der Eingangshäuser wieder. Nach Restaurierungsarbeiten und dem Einbau eines großen Lastenaufzugs ist es inzwischen auch möglich mit dem Fahrrad durch den Tunnel zu fahren.

Seit 1997 steht der Sint-Annatunnel unter Denkmalschutz.
Kommt mit durch den Tunnel
Wir erreichten von der Altstadt kommend die Sint-Jansvliet. Zwischen den recht hohen Altstadtgebäuden fällt der Eingangsbau mit seinen gelben Ziegelsteinen kaum auf. Die Türen zum Gebäude waren geschlossen und alles wirkte etwas heruntergekommen. Erst als ein Fahrradfahrer schwungvoll ins Gebäude fuhr waren wir uns sicher, dass man den Tunnel wirklich betreten kann.


Viele Teile im Gebäude befinden sich noch im Originalzustand. Alte Hinweistafeln, Absperrungen und der Fußboden versetzten uns in eine andere Zeit. Als wir dann noch die karrende und ruckelnde Rolltreppe entdecken ist alles klar, wir müssen einfach durch den Tunnel gehen. Fahrradfahrer müssen die Rolltreppe nicht benutzen, für sie gibt es einen Lastenaufzug!

Zwei hölzerne Rolltreppen aus den 1930er Jahren führen in die Tunnelröhre herunter. Vorsichtig stellen wir uns auf die Stufen, halten uns lieber fest und schon ruckelt es in die Tiefe. Die Treppe gleitet nicht so gleichmäßig, wie die hochmodernen Rolltreppen in Kaufhäusern oder an Bahnhöfen. Das macht die Fahrt zum Erlebnis.
Es geht 31 Meter in die Tiefe, bis wir die Tunnelröhre erreichen. Und Röhre ist genau das passende Wort für den Tunnel, der einen Durchmesser von nur 4,30 Metern hat. Vor uns öffnet sich ein 572 Meter langer Weg, den sich Fußgänger und Radfahrer in beide Richtungen teilen müssen.

Das Ende des hell beleuchteten Tunnels ist nicht zu sehen und so gehen wir einfach los. Der Fußboden war leicht feucht, aber nicht rutschig, die Wände im unteren Bereich gefliest und im oberen Bereich weiß gestrichen. Es gibt keine versteckten Ecken zu sehen, nur eine gerade Röhre.
Eigentlich ist es recht monoton auf diesem Weg zur anderen Seite des Flusses zu gelangen. Ab und zu rauscht ein Fahrrad an uns vorbei und insgesamt sind uns vielleicht 5 Fußgänger entgegen gekommen. Der Gedanke an die Unmengen von Wasser und die zahlreichen Schiffe über uns lassen mich nicht gerade trödeln und so erreichen wir recht zügig das Ende des Sint-Annatunnels.

Auch hier erwarten uns die alten Holzrolltreppen, die uns langsam nach oben bringen. Oben angekommen entdecken wir eine Fotoausstellung. Diese zeigt Bilder der Bauphase und vom Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.
Auf der anderen Flussseite
Nun sind wir also in Linkeroever. Das gelbe Gebäude steht in einer Grünanlage an einem Parkplatz und nicht direkt am Flussufer. In wenigen Schritten erreichen wir das Ufer des Flusses und werden mit einem traumhaften Blick belohnt.

Von hier erhebt sich die Skyline Antwerpens in ganzer Schönheit. Man kann den Turm der Liebfrauenkathedrale, die Burg Steen und sogar das charakteristische Museum aan de Stroom erkennen.



Für diesem Blick hat es sich gelohnt durch den Tunnel zu gehen.
Zurück mit der Fähre
Unser Tipp für den Rückweg – die Fähre! Nicht weit vom Tunnel entfernt gibt es für Fußgänger und Fahrradfahrer die Möglichkeit mit einer Fähre zum anderen Flussufer überzusetzen. Es fahren zwei Schiffe zwischen den Anlegern hin und her. So ist die Wartezeit recht kurz, bis das Schiff ablegt.

Wir erreichten den Anleger kurz nachdem die Fähre abgelegt hatte. Während wir warteten versuchten wir in Erfahrung zu bringen, was die Fahrt kosten würde. Jetzt wissen wir: Die Fähre kann kostenfrei genutzt werden!
An den Wochentagen fährt das Schiff von 6 – 23 Uhr, an den Wochenenden von 7 – 23 Uhr alle 15 Minuten.

Kaum hatte die Fähre angelegt ging es über den Anleger auf das Schiff. Es gibt einen Bereich, der in einem wettergeschützen Bereich liegt, der mit Bänken ausgestattet ist. Wir waren lieber auf den Außendeck. Hier gibt es Fahrradständer und ausreichend Platz für Passagiere. Leider war die Fahrt viel zu kurz, um alle Eindrücke in Ruhe genießen zu können. Da war die entgegenkommende Fähre, der Schiffsverkehr auf der Schelde und natürlich der Blick zu beiden Uferseiten. Uns hat es gefallen und der Service dieses Erlebnis kostenfrei genießen zu können ist einfach super!
Auf der anderen Uferseite angekommen befindet man sich direkt an der Burg Steen, von der es zu Fuß nicht weit in die Altstadt von Antwerpen ist. Was für ein schöner Ausflug!

Besucherinformationen
Adressen
Der Tunnel beginnt und endet auf beiden Uferseiten der Schelde:
Frederik van Eedenplein,
2050 Antwerpen
Sint-Jansvliet,
2000 Antwerpen
Anfahrtsmöglichkeiten
mit dem Bus:
Buslinien: 18A, 18B, 61, 70, X71
Bis zur Bushaltestelle: Antwerpen Sint-Andries
Von dort sind es etwa ca. 6 Minuten Fußweg
mit der Straßenbahn:
Linien 3 und 4
bis zur Straßenbahnhaltestelle: Antwerpen Groenplaats und von dort noch ca. 7 Minuten Fußweg
mit der Fähre:
Fährroute: VAARROUTE mit Haltestellen am Steenplein
Von dort benötigt man ca. 8 Minuten Fußweg zum Tunnel.
Zu Fuß
Der Tunnel ist leicht zu Fuß von nahegelegenen öffentlichen Verkehrshaltestellen wie Antwerpen Sint-Andries und Antwerpen Groenplaats erreichbar.
Gut zu wissen
Der Sint-Annatunnel, auch bekannt als St. Anna’s Tunnel oder Fußgängertunnel, ist ein historischer Tunnel für Fußgänger und Radfahrer in Antwerpen, Belgien. Er verbindet das Stadtzentrum mit dem linken Ufer des Flusses Schelde.
Der Tunnel ist 572 Meter lang und liegt 31,57 Meter unter dem Fluss Schelde.
Der Tunnel ist bekannt für seine vintage Holzrolltreppen und Aufzüge, die den Zugang erleichtern.
Ja, der Sint-Annatunnel ist sowohl für Fußgänger als auch für Radfahrer zugänglich.
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