Ein Besuch des Grand Central Terminal ist eine Entdeckungstour für alle, die das Ungewöhnliche und Faszinierende lieben. Nur wenige Orte verkörpern die Energie, den Ehrgeiz und die architektonische Pracht dieser Stadt so wie der Grand Central Terminal.
Die Ursprünge: Von Grand Central Depot zum Grand Central Station
Die Geschichte des Grand Central Terminal beginnt nicht mit dem heutigen prächtigen Bau, sondern mit bescheideneren Anfängen. Im Jahr 1871 wurde auf demselben Gelände das Grand Central Depot eröffnet. Es diente als Gemeinschaftsterminal für drei Eisenbahngesellschaften. Das Hauptgebäude hatte die Form eines Ls und beherbergte neben den Gleisanlagen auch die Büros der Gesellschaften. Der Bahnhof zeigte Neuheiten, die es bisher noch nicht auf dem amerikanischen Kontinent gegeben hatte: Die Bahnsteige waren zum Beispiel auf die Einstiegshöhe der Waggons angehoben und ein Dachgewölbe überspannte alle Gleise.

Doch schon bald erwies sich das Depot als zu klein für das rasant wachsende Verkehrsaufkommen. Eine erste Erweiterung und Umbenennung in Grand Central Station erfolgte 1900. Das Gebäude stockte man um 3 Etagen auf und es erhielt eine neue Fassade. Die Gleishalle blieb bestehen, allerdings veränderte man das Gleisbett so, dass der Abfertigungsabauf beschleunigt werden konnte.
Der Bau des Grand Central Terminal
Die Entscheidung für den Bau des heutigen Grand Central Terminal fiel nur wenige Jahre später. Das Projekt umfasste nicht nur die Errichtung eines neuen Bahnhofsgebäudes, sondern auch die komplette Elektrifizierung der Gleise und die Verlegung großer Teile der Bahnstrecke unter die Erde. Diese Untertunnelung ermöglichte die Entwicklung des wertvollen darüberliegenden Areals, aus dem später der Stadtteil Midtown Manhattan entstehen sollte.

Die Bauarbeiten, die sich über zehn Jahre erstreckten, waren eine logistische und technische Meisterleistung. Über 10.000 Arbeiter waren an dem Projekt beteiligt, das schätzungsweise 80 Millionen US-Dollar kostete – eine astronomische Summe für die damalige Zeit. Am 2. Februar 1913 öffnete der Grand Central Terminal schließlich seine Pforten.
Rettung vor dem Abriss
Nach Jahrzehnten des Betriebs sah sich der Grand Central Terminal in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Der Aufstieg des Automobils und des Flugzeugs führte zu einem Rückgang der Passagierzahlen im Bahnverkehr. Das Gebäude verfiel zusehends, und in den 1960er Jahren gab es ernsthafte Pläne, es abzureißen und durch einen modernen Wolkenkratzer zu ersetzen.

An dieser Stelle trat eine der prominentesten Persönlichkeiten der amerikanischen Geschichte auf den Plan: Jacqueline Kennedy Onassis. Als engagierte Verfechterin des Denkmalschutzes setzte sie sich für den Erhalt des Grand Central Terminal ein. Ihre Bemühungen, zusammen mit anderen Aktivisten und Organisationen, führten zu einem wegweisenden Rechtsstreit, der bis vor den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ging. Im Jahr 1978 entschied der Gerichtshof zugunsten des Denkmalschutzes, was als Meilenstein in der amerikanischen Denkmalpflege gilt und zur Bewahrung des Grand Central Terminal beitrug.
In den 1990er Jahren erfolgte eine umfassende Restaurierung, die das Gebäude in seinen ursprünglichen Glanz zurückversetzte. Die berühmte Decke wurde gereinigt, jahrzehntelanger Schmutz und Nikotin entfernt, und unzählige architektonische Details wurden sorgfältig restauriert.
Grand Central heute
Heute ist der Grand Central Terminal nicht nur ein belebter Verkehrsknotenpunkt, der täglich Hunderttausende von Pendlern und Reisenden bedient, sondern auch ein lebendiges Kultur- und Handelszentrum. Er beherbergt zahlreiche Restaurants, Cafés und Geschäfte.

Darüber hinaus finden im Terminal regelmäßig Veranstaltungen, Ausstellungen und Märkte statt. Die Vanderbilt Hall dient oft als Veranstaltungsort für öffentliche Events und private Feiern. Für Geschichtsinteressierte werden Führungen angeboten, die Einblicke in die Architektur, Geschichte und die vielen Geheimnisse des Gebäudes geben.
Ungewöhnliches, Altes, Modernes eine Entdeckungstour
Natürlich kann man den Bahnhof nicht nur betreten, wenn man eine Zug erreichen möchte. Es lohnt sich auf Entdeckungstour zu gehen – ob von außen oder im Gebäude, es gibt viel zu sehen.

Der Grand Central Terminal ist ein herausragendes Beispiel der Beaux-Arts-Architektur, einem Stil, der für seine opulenten Details, symmetrischen Grundrisse und die Verwendung klassischer Motive bekannt ist.
Die Fassade des Gebäudes, die sich an der 42nd Street erhebt, wird von einem Skulpturenensemble gekrönt. Es zeigt Herkules, Merkur und Minerva und symbolisiert Stärke, Schnelligkeit und Weisheit. Diese Attribute sind bewußt gewählt und sollen die Eigenschaften des Verkehrszentrums symbolisieren.

Zu der Zeit, als der Grand Central Terminal gebaut wurde, war es wichtig den Fahrgästen die genaue Abfahrtszeiten mitzuteilen. Nicht jeder verfügte über eine Uhr und so brachte man an der Außenfassade gut sichtbar die größte Tiffany-Uhr der Welt mit einem Durchmesser von 4,5 m an. Sie besteht aus Messing und Buntglas.
Rundgang im Grand Central Terminal
Tritt man durch die Türen des Eingangs steht man entweder in einem langen Gang oder direkt an einer imposanten Treppe. Egal welchen Eingang man gewählt hat, der Weg führt immer in die beeindruckende Eingangshalle, dem Herzstück des Bahnhofs.

Die Main Concourse, die große Haupthalle, hat gigantischen Ausmaße (über 80 Meter lang, 36 Meter breit und 38 Meter hoch). Mein erster Blick in die Halle entlockte mir ein „WOW“. Nicht nur die Optik beeindruckt mich, auch der Trubel, die vielen Menschen und der gewisse Grad an Hektik zogen mich sofort in ihren Bann. Sich hier einfach nur hinzustellen und zu beobachten wird bestimmt nicht langweilig.

Die Decke
Das wohl bekannteste Merkmal dieser Halle ist die kunstvoll bemalte Decke, die ein Sternenbild darstellt. Das dunkelgraublaue Himmelsgemälde zeigt über 2.500 Sterne und die Sternzeichen. Der Künstler Paul César Hellau entwarf dieses Kunstwerk in Zusammenarbeit mit einem Astronomieprofessor. Dieser stellte ihm eine Karte zur Verfügung, die jedoch spiegelverkehrt auf der Decke dargestellt worden ist. Absicht oder Versehen? Das ist bis heute ungeklärt. Es gibt verschiedene Theorien, wie zum Beispiel, dass die Sternenkonstellationen aus der Sicht Gottes gezeigt werden.

In den 1990er Jahren musste die Arbeit restauriert werden. Das historische Erscheinungsbild hat man beibehalten und die Ruß, Schmutz und Nikotionablagerungen entfernt. An einer Stelle, in der Nähe des Krebses hat man den damaligen Zustand erhalten. So möchte man auf die Folgen von Umweltbelastungen hinweisen.
Der Informationskiosk mit einer Kostbarkeit
Unten in der Halle herrscht ein ständiges geschäftiges Treiben. In der Mitte steht der Informationsschalter mit seiner vierseitigen Uhr. Der Schalter ist nicht nur ein beliebter Treffpunkt. Hier bekommt man auch noch tatsächlich Auskünfte von Mitarbeitern.

Das Highlight ist jedoch die Uhr. Sie bestehen angeblich aus Opal und sollen einen Wert von über 20 Millionen US-Dollar haben. So ganz glauben kann ich das nicht. Angeblich konnte sogar ein erfahrener Uhrmacher den Wert dieser Uhr nicht bestätigen (laut New York Times 2017). Und ehrlich gesagt eine Uhr solchen Wertes nahezu unbewacht … da muss man schon sehr an das Gute in den Menschen glauben….

Was gibt es in der Halle noch zu sehen?
Mir haben die Reliefs oberhalb der Fenster sehr gefallen. Ich habe zum Beispiel das geflügelte Rad, das Symbol der Mobilität, dort entdeckt.

Die Treppen, die auf beiden Seiten der Halle in die sogenannte Galerie/Balkon hinauf führen sind sehr beeindruckend. Ein wenig erinnern sie mich an Treppen in einem Palast. Hier haben sich sicherlich nicht nur eine repräsentative Funktion, sondern bieten auch Platz für die vielen Besucher, die täglich ein und aus strömen.

Die beiden langen Seiten der Halle sind unterschiedlich gestaltet. Auf einer Seite findet man den Zugang zu den Gleisen. Auf der anderen Seite befinden sich die Fahrkartenschalter. Zunächst dachte ich, dass diese heute nicht mehr genutzt werden, wurde aber eines besseren belehrt. Immerhin 2 Schalter waren geöffnet und verkauften Fahrkarten. Ansonsten nutzen die Fahrgäste die Automaten im etwas versteckt liegenden Bereich der Halle.

Nachdem wir uns ausführlich umgesehen hatten war es Zeit, die weiteren Bereiche des Bahnhofes zu entdecken.
Die Bahnsteige
Von der Eingangshalle aus führen Türen zu den Bahnsteigen. Der Bahnhof verfügt über 44 Bahnsteige. Das sollen die meisten der Welt sein. Insgesamt führen 67 Gleise für den Personenverkehr in den Bahnhof. Nicht alle werden von den Passagieren betreten, einige dienen auch nur zum Abstellen von Zügen.

Die Gleise befinden sich auf zwei Ebenen – einmal von der Haupthalle abgehend und einmal von der unteren Bahnhofsebene abgehend. Eins hatten beide Bereich gemeinsam: die Gleisanlagen waren „nicht schön, sondern funktional“. Nackter Beton, etwas dunkel und vor allem praktisch – so würde ich die Gleisanlagen beschreiben. Wo andere Architekten und Verantwortliche gestalten und sich ein optisches Highlight nach dem anderen einfallen lassen, dominiert hier die Einfachheit. Ich fand es zwar auf den ersten Blick etwas dunkel, aber nur um auf den Bahnsteig zu gehen und in den Zug zu steigen, brauche ich eigentlich nicht mehr als den Bahnsteig. Auf den Zug warten kann man hier an ganz anderen schönen Orten.

Geheimer Bahnsteig: Der “Track 61”
Anders als das Gleis 9 ¾ von Harry Potter gibt es in New York wirklich ein geheimnisvolles Gleis.
Um den geheimen “Track 61” ranken sich zahlreiche Geschichten. Der Bahnsteig ist nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Er soll direkt unter dem Waldorf Astoria Hotel liegen und wurde angeblich als privater Zugang für Präsident Franklin D. Roosevelt genutzt.
Es heißt, ein spezieller Aufzug verband den Bahnsteig direkt mit der Präsidentensuite des Hotels. Roosevelt soll diesen Weg zum Beispiel genutzt haben, um den lästigen Journalisten zu entkommen. Andere Quellen behaupten, dass er den Weg während seiner Tuberkuloseerkrankung nutzen, um diskret transportiert werden zu können.
Auch andere Gäste (z.B. General Pershing), die Wert auf ihre Privatsphäre legten und mit einem eigenen Eisenbahnwagen anreisten sollten diesen Eingang gerne genutzt haben.
Einige Quellen berichten auch, dass der Bahnsteig für private Partys genutzt wurde. So soll 1965 Andy Warhol dort ein legendäres Fest gefeiert haben.
Heute wird das Gleis 61 nicht mehr genutzt, liegen aber noch immer unter dem Waldorf Astoria und angeblich steht dort auch noch ein Eisenbahnwagen.
Die Vanderbilt Hall: Eleganz für Veranstaltungen
Angrenzend an die Main Concourse befindet sich die Vanderbilt Hall. Ursprünglich war sie als Empfangshalle für Reisende gedacht. Eine beeindruckende Halle mit hohen Decken, den großen Fenstern und eleganten Architektur.

Heute dient sie heute als prächtiger Veranstaltungsort für öffentliche Märkte, Ausstellungen, Galas und private Feiern. Ein kleiner Bereich ist ein Restaurant, in dem man an kleinen Tischen auf die Abfahrt seines Zuges warten kann.
Shoppingerlebnis
Was wäre ein Bahnhof ohne Einkaufsmöglichkeiten? Im Grand Central Terminal befindet sich nicht nur ein Apple Store auf der Galerie, sondern man findet in den vielen Gängen zahlreiche Geschäfte. Ob Snacks für die Reise, Kleidung, Spielwaren, Mitbringsel oder hochwertige Geschenkideen – es gibt nichts, was es nicht gibt.

Besonders beeindruckt hat mich der große Supermarktbereich. Zahlreiche Spezialitäten lockten und ich bin mir sicher, dass hier noch so einige Produkte als „Fahrtverpflegung“ oder „kulinarische Souvenir“ verkauft werden.
Das Untergeschoss
Über eine Treppe gelangt man ins Untergeschoss des Bahnhof. Ein recht eindeutiges Zeichen über dieser Treppe verrät eigentlich schon alles, was man wissen muss. Hier befindet sich ein Foodcourt.

Für den kleinen und großen Hunger wird eine große Auswahl an Produkten angeboten. Es gibt Angebote in jeder Preisklasse – vom Bagel bis zur Auster und von herzhaft bis zu süßen Verführung. Ein Ort, an dem es sich gut auf den Zug warten lässt.
Der “Whispering Gallery” und seine akustischen Wunder
In der Nähe des Oyster Bar Restaurants im Lower Level befindet sich die sogenannte “Whispering Gallery” (Flüstergalerie). Dies ist einer der faszinierendsten und ungewöhnlichsten Orte im Grand Central.

Dank der besonderen Akustik der gewölbten Decke kann man hier ein erstaunliches Phänomen erleben. Steht man vor der Bar befindet sich links eine Ecke im großen Keramik Torbogen. Wer in dieser Ecke steht und zur Ecke hin flüstert, den hört man auf der gegenüber liegenden Seite laut und deutlich. Erstaunlich, denn es sind immerhin fast 9m Entfernung!
Es ist ein Spiel mit der Akustik und ein kleiner, interaktiver Beweis für die geniale Bauweise des Terminals.
Lohnt sich der Besuch im Grand Central Terminal?
Auf jeden Fall!!!!
Natürlich lohnt sich der Besuch für Reisende, die von hier aus die Welt entdecken wollen und in den Zug steigen.

Es lohnt sich aber auch, wenn man einfach „nur“ auf Entdeckungsreise im Bahnhof gehen möchte. Wir waren zweimal dort und ich bin mir sicher, dass wir noch nicht alles gesehen haben. Es gibt einfach viele kleine und große Details, vom Briefkasten bis zum Schriftzug über der Tür, die manchmal erst auf den zweiten Blick auffallen.

Mein Tipp: Zeit einplanen, toller Ort bei schlechtem Wetter. Wer mag kann spannende Touren buchen, die die kleinen und großen Orte im Grand Central Terminal zeigen.
Schreibe einen Kommentar