Im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg, im wunderschönen Wendland, liegt Schnackenburg, die kleinste Stadt Niedersachsens. Hier leben etwa 300 Einwohner.
Schnackenburg liegt an der Elbe, genau an der Stelle, an der der Aland in diese mündet. Vom anderen Ufer der Elbe, also aus dem Bundesland Brandenburg, erreicht man die kleine Stadt mit einer Fähre. Diese fährt in Lütkenwisch ab.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Stadt 1218. An der Mündung der Aland in die Elbe muss damals die Schnackenburg gestanden haben, die von einen Niederadelgeschlecht bewohnt war. Schon 1373 erhielt der Ort die Stadtrechte. Eine der Haupteinnahmequelle bestand aus den Zahlungen des Elbzolls, den die Schiffe hier entrichten mussten. Erst mit der Aufhebung der Elbzölle im 19.Jahrhundert verlor die Zollstation ihre Aufgabe.
Viele Jahre gehört die Stadt zur Mark Brandenburg. Erst als Markgraf Jobst einen Grenzkrieg gegen den Fürsten von Lüneburg verlor und die Stadt von den Lüneburgern eingenommen werden konnte, fiel sie an Braunschweig-Lüneburg. Bis heute erfolgten einige Umstrukturierungen und Wechsel der Zuständigkeiten, seit 1972 gehört Schnackenburg nun zur Samtgemeinde Gartow in Niedersachsen.
Warum kommt man nach Schnackenburg?
Schnackenburg ist die kleinste Gemeinde in Niedersachsen, die ein Stadtrecht besitzt. Also die kleinste Stadt Niedersachsens. Während der Deutschen Teilung war hier der erste westdeutsche Messpunkt für die Tauchtiefe der Elbe. Dieser Punkt lag damals an der Grenze zwischen der BRD und DDR. Hier befand sich die Zollstation und der Schutzhafen für die Binnenschifffahrt. Bis heute wird der Pegelstand der Elbe hier abgelesen und handschriftlich notiert, die wichtigeren Pegelstände werden allerdings in Wittenberge und Dömitz erfasst.
Schnackenburg ist ein Besuch wert, weil hier die deutsch-deutsche Geschichte bis heute spürbar ist. In einem kleinen Museum erfährt man viel über diese Zeit und wenn man Glück hat, ist auch gerade einer der wenigen noch lebenden Zeitzeugen vor Ort und kann über diese Zeit und seine Arbeit dort berichten.
Schnackenburg zwischen zwei deutschen Staaten
Bis zur Wiedervereinigung war die Stadt von drei Seiten von der innerdeutschen Mauer umgeben.
Schiffe, die auf der Elbe im Transit- und Wechselverkehr unterwegs waren, mussten hier eine Kontrollstelle passieren. Wer zum Beispiel zu viel Fracht an Bord hatte, konnte im Schutzhafen einen Teil der Ladung löschen, um dann ungehindert den Zoll passieren zu können. Auch bei schlechtem Wetter und Eisgang fanden Schiffe dort Schutz. In Schnackenburg waren die Wasserschutzpolizei und der Zoll stationiert. Heute liegen nur noch Sportboote im Schutzhafen. Mit der Öffnung der innerdeutschen Grenze schaffte man den Grenzübergang auf der Elbe ab, die Zollstation wurde bedeutungslos.
Der frühere Grenzverlauf auf dem Land verlief wenige Meter von Schnackenburg entfernt. Heute verläuft hier das Grüne Band. Die Natur hat sich dieses Gebiet zurück erobert und ist nun Heimat für zahlreiche Tiere und Pflanzen.
Besuch in der kleinsten Stadt Niedersachsens
Nach der Elbüberquerung folgt man dem Weg durch das mächtige Fluttor und steht mitten im Ortskern auf dem alten Marktplatz.
Radtouristen und Besucher der Stadt werden heute keine Geschäfte, keinen Bäcker, kein Café oder Restaurant mehr finden. Wirtschaftlich betrachtet war die Grenzöffnung für Schnackenburg ein Verlust. Der Grenzverkehr fiel weg und die regelmäßigen Einnahmen durch Schiffer, Grenzbedienstete und Besucher gingen verloren. Einzig in der Alten Schule gibt es heute noch ein einfaches Hotel (Abendessen nur auf Vorbestellung), dass vorwiegend von Radtouristen, die auf dem linkselbischen Ast des Elbradweges unterwegs sind, als Zwischenstation genutzt wird.
Einen Stadtrundgang kann man nicht nur alleine unternehmen, sondern auch mit einer Stadtführerin. Diese erzählt nicht nur lustige Anekdoten aus der Stadtgeschichte, sondern berichtet auch beeindruckend von dem Leben in der Stadt zur Zeit der innerdeutschen Grenze.
Während des Rundgangs kommt an wunderschönen Fachwerkhäusern vorbei und gelangt schließlich auch zur Kirche.
St.-Nicolai-Kirche
Um das Jahr 1200 ist vermutlich die Kirche in Schnackenburg aus Backstein im romanischen Stil errichtet worden. Sie hat, vermutlich aufgrund der massiven Bauweise, mindestens 4 Stadtbrände unbeschadet überstanden. Geweiht hat man die Kirche dem Schutzheiligen der Schiffer und Kaufleute, dem Heiligen Nikolaus.
Über dem Turmeingang entdeckt man eine Tafel, die darauf hinweist, dass 1750 die Turmhaube erneuert worden ist. 1777 hat man im Süden des Kirchenschiffs den sogenannten Brauteingang angebaut und Ende des 18.Jahrhunderts ließ man „moderne“ Kirchenfenster einbauen.
Die Kirche ist im Ganzen sehr schlicht gehalten. Es dominieren die Farben weiß, blau und gold. Auf dem schlichten aber wunderschönen Altar befindet sich ein weiß-goldenes Kreuz.
Besonders schön fand ich den Taufengel, der seit 1727 in der Kirche von Schnackenburg hängt. Bisher kannte ich nur Taufsteine oder Taufbecken, einen Engel hatte ich bis dahin noch nicht gesehen. Er hängt wie eine Galionsfigur in der Kirche und hält eine Holzmuschel. In dieser befindet sich eine Messingschale für das Taufwasser. Findet eine Taufe statt, wird der Engel herab gelassen.
Grenzlandmuseum
Die Hauptattraktion von Schnackenburg ist das Grenzlandmuseum im Alten Fischerhaus. Es lohnt sich dort etwas Zeit einzuplanen, die Ausstellung ist klasse.
Auf drei Etagen kann man eine Dauerausstellung besuchen, die sich mit der 45-jährigen Geschichte der ehemaligen innerdeutschen Grenze vor Ort beschäftigt. Neben Uniformen, Ausrüstungsgegenständen, Waffen und Fahrzeugen zeigen Dokumente, Fotos und Karten eindrucksvoll das Leben an der Elbe zu dieser Zeit.
Mich haben besonders die Zeitzeugenberichte und die sehr detaillierte Darstellung des Grenzaufbaus beeindruckt. Als (West)Berlinerin bin ich zwar zwischen den Mauern aufgewachsen, aber der Aufbau des Grenzbereiches unterschied sich schon von dem Aufbau auf dem Land. Neben dem schmalen Grenzstreifen (500 Meter breit) existierte zusätzlich eine 5 Kilometer breite Sperrzone, die nur bedingt bewohnt werden durfte.
Diese Sperrzone liegt von Schnackenburg aus betrachtet im Bundesland Sachsen-Anhalt. Hier befindet sich drei Kilometer von der Stadt entfernt gelegene Gedenk- und Begegnungsstätte Stresow, die ein Teil des Museums ist und kostenfrei besucht werden kann. Dort kann man die Darstellung der damaligen Grenzbefestigungsanlagen der DDR in Originalgröße: der Grenz-, Signal- und Sperrzaun, ein Beobachtungsbunker, ein Kolonnenweg, Lichttrassen, eine Sprechsäule mit Grenzmeldenetz und ein Kraftfahrzeugsperrgraben sehen. Für mich noch beeindruckender als die Anschauungsbilder im Museum.
Adresse Museum:
Grenzlandmuseum Schnackenburg
Am Markt 3
29493 Schnackenburg
Öffnungszeiten:
April
Dienstag-Sonntag: 10-16 Uhr
Montag: geschlossen
Mai-Oktober
täglich: 10-17 Uhr
Eintrittspreise:
Erwachsene: 2,50€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Hafenturm Schnackenburg
Auf keinen Fall verpassen sollte man den Besuch des Hafenturms am Rand von Schnackenburg. Der Aussichtsturm ist 14 Meter hoch und bieten einen hervorragende Aussicht über die Region.
Der Blick über den Hafen nach Schnackenburg zeigt die Mündung der Aland in die Elbe. Man kann über die Aland-Elbe-Niedeung schauen und im Landschaftsbild den Sperrbereich und somit den ehemaligen Grenzverlauf noch erahnen.
Wer sich die Zeit nimmt, kann vom Turm aus wunderbar Vögel beobachten.
Schnackenburg habe ich auf der Pressereise “Grenzlandtour” des Tourismusverbandes Prignitz e.V. besucht und unabhängig zu dem Besuch den Beitrag erstellt.
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