„Venedig von Portugal“- das klingt doch einfach so, als ob man diesen Ort nicht verpassen sollte. Für uns ging es bei schönstem Sonnenschein mit dem Zug zu einem Tagesausflug nach Aveiro.
Nur etwa 60 Kilometer südlich von Porto entfernt, direkt am Atlantischen Ozean liegt Aveiro. Von Porto aus fährt ein Zug direkt in die wunderschöne Stadt. Die Fahrt ist erholsam und ich habe es genossen aus dem Fenster zu schauen und immer wieder einen tollen Blick auf das Meer zu erhaschen.
Ein Blick auf die Geschichte Aveiros
Für die Entwicklung der Stadt war der hervorragende Standort am Meer ein entscheidener Vorteil. Der Seehandel, die Fischerei und später die Salzgewinnung ließen nicht nur die Bevölkerungsanzahl stetig anwachsen, auch wirtschaftlich war die Stadt bald recht bedeutend.
1575 brach die Wirtschaft in der Stadt vollkommen unerwartet ein, als nach einem großen Sturm die Hafeneinfahrt so versandet war, dass die Schifffahrt kaum noch möglich war. Die Bevölkerung versuchte mehrfach eine neue Hafeneinfahrt zu schaffen, es stellte sich aber immer als vergebliche Bemühung heraus. Die Einwohnerzahl ging bis zum Ende des 18.Jahrhunderts auf etwa 3500 Menschen zurück.
Im 19. Jahrhundert wurde die Barra Nova erbaut. Durch diese Öffnung zum Ozean (1808) konnte ein 264 m langer Kanal geschaffen werden, der die Stadt wieder direkt mit dem Meer verband.
Erst 1864, mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie von Lissabon nach Porto und dem Bau eines Bahnhofes in Aveiro, begann sich die wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt zu erholen. Die Industrialisierung setzte ein und die Bevölkerungsanzahl begann wieder zu wachsen. Die einstigen Wirtschaftszweige wie Salzgewinnung und Fischerei haben inzwischen an Bedeutung verloren. Heute findet man rund um die Stadt Werke zum Beispiel von Renault, Bosch und Betriebe zur Papierherstellung und Holz- und Korkverarbeitung. Der Hafen der Stadt ist ein wichtiger Logistikstandort.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Faktor ist heute auch der Fremdenverkehr. Die drei Kanäle Canal de São Roque, Canal das Pirâmides und Canal dos Santos Mârtires haben der Stadt den Beinamen „Venedig von Portugal“ verliehen und locken die Besucher an. Zugegeben, auch wir sind eigentlich „nur“ in die Stadt gefahren, um eine Kanaltour zu unternehmen und waren angenehm überrascht, wie viele wunderschöne Orte es zu entdecken gab.
Sehenswürdigkeiten in Aveiro
Die erste Überraschung erwartete uns bereits am Bahnhof von Aveiro. Direkt neben dem neuen modernen Bahnhof steht das alte Bahnhofsgebäude. Wie so viele Gebäude in Portugal ist es durch die typischen blau-weißen Azulejos zu einem, so finde ich, unverwechselbaren Kunstwerk gestaltet worden.
Auf der Seite der Bahngleise kann man den Schriftzug Aveiro lesen. Noch schöner finde ich allerdings die Gestaltung zur Stadtseite. Hier zeigen die Kacheln diverse Motive mit einem Bezug auf Aveiro, zum Beispiel bedeutende Personen oder Sehenswürdigkeiten. Heute wird das alte Empfangsgebäude für Kunstausstellungen genutzt.
Vom Bahnhof aus führt eine breite Straße direkt in die Stadt. Rechts und links der Straße stehen Jugendstilhäuser direkt neben Neubauten – ein wilder architektonischer Mix.
Museum De Santa Joana Aveiro
Das Museum von Aveiro zeigt eine bedeutende Sammlung von Werken der Malerei, Bildhauerei, Schnitzerei, Fliesen- oder Goldschmiedekunst. Es befindet sich in einem ehemaligen dominikanischen Frauenkloster. Dieses Kloster stammt aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und dort lebte ab 1472 Prinzessin D. Joana, Tochter von König D. Afonso V. Die Prinzessin, die ein sehr frommes Leben führte, hat man 1693 selig gesprochen.
1834 ordnete Minister Joaquim António de Aguiar die Schließung religiösen Orden im Königreich an. In den Männerklöstern wurde diese Anweisung umgehend umgesetzt, in den Frauenklöstern aber war die Klauser bis zum Tod der letzten Nonne erlaubt. Das Museum von Aveiro wurde 1911 im Klostergebäude eingerichtet.
Vor allem die Architektur mit dem Kreuzgang, dem Refektorium und der Kirche haben uns sehr gefallen.
Igreja de São João Evangelista
Eine der Kirchen, die uns bei unserem Besuch in Aveiro besonders beeindruckt hat, ist die Karmelitenkirche am Marquês de Pombal-Platz.
Von Außen wirkt sie sehr unscheinbar und der angrenzende ehemalige Klosterbau sieht sehr runtergekommen aus. Tritt man dann durch die Tür in die Kirche, kehrt sich das Bild komplett um. Ich habe nicht viele so beeindruckende Kirchenschiffe bisher gesehen.
Der Bau der Kirche begann 1704 und ist im Laufe des 18.Jahrhunderts immer weiter vervollständigt worden. Vergoldete Schnitzereien, Kacheln, Gemälde und Skulpturen wohin man schaut. Mich begeistern besonders die vergoldeten Holzschnitzereien, die sich drei unterschiedlichen Phasen zuordnen lassen: Protobarock, johanneischer Barock, Rokoko. Überall an den Wänden und auch an der Decke entdecke ich Gemälde mit kirchlichen Motiven, die von den Schnitzereien eingerahmt sind. Für mich immer sehr ungewöhnlich, auch in portugiesischen Kirchen befinden sich die wunderschön gearbeiten blau-weißen Kacheln. In der Igreja de São João Evangelista sind die Wände bis etwa auf Höhe der Türpfosten mit Kachelbildern gestaltet.
Sé Catedral de Aveiro
Die Kathedrale von Aveiro zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Die Kirche wurde 1464 geweiht und war ursprünglich mit einem Konvent verbunden. Im 17. und 18. Jahrhundert gestaltete man die Bischofskirche von innen und außen um.
Besonders auffällig ist der Glockenturm der Kathedrale. Dieser ist nach heutigem Wissensstand der älteste Bauteil der Kirche und zeigt eine imposante spätbarocke Fassade.
Besonders schön sind im Innenraum die Kacheln, die beeindruckende Bilder zeigen. In der Capela da Visitação kann man einen herrlichen Retabel von 1559 bewundern, auf dem die Jungfrau und die Heilige Elisabeth dargestellt sind.
Was man nicht verpassen sollte
Bei einem Bummel durch die Gassen und Straßen der Stadt gibt es immer mal wieder eine Überraschung. Angefangen von beeindruckenden Fliesenarbeiten an den verschiedensten Wänden, bis hin zu alten wunderschönen Häusern.
Man kommt an den unterschiedlichsten Plätze vorbei, wie den großen Platz vor dem Rathaus mit seinem großen Denkmal oder dem Platz vor dem Tribunal de Comarca – Aveiro. In Gebäude, dass auf den ersten Blick so überhaupt nicht in die Stadt passt.
Nicht zu übersehen sind auch die unzähligen sehr unterschiedlichen Brücken über die Kanäle. Ob traditionell oder super modern. Sie kürzen auf jeden Fall die Wege in der Stadt ab.
Nicht verpassen sollte man die Salinenanlagen des Ecomuseum Marinha da Troncalhada. Als wir vor Ort waren, waren diese komplett geflutet und wir konnten nur einige wenige Wälle der einzelnen Felder erkennen. So war es uns leider auch nicht möglich, zwischen den Feldern entlang zu gehen und die Salzgewinnung, die auf den Hinweisschildern erklärt wird genauer anzugucken. Salz mitgenommen haben wir aber trotzdem. In einem kleinen Haus ganz in der Nähe der Saline werden „salzige“ Produkte verkauft. Das Fleur de sal ist wirklich gut und sehr geschmacksintensiv.
Höhepunkt eines Besuches in Aveiro: Fahrt mit den Moliceiro
Wer nach Aveiro kommt fährt mit Sicherheit auch mit den bunten Fischerbooten, den Moliceiro. Das Stadtgebiet ist durchschnitten von Kanälen, die dem Stadtbild einen unnachahmlichen Charme verleihen.
Die Abfahrtsorte der bunten Boote sind nicht zu übersehen, man hat nur die Qual der Wahl mit welchem man gerne fahren möchte. Die Touren und Preise sind bei allen Anbietern identisch, nur die Farbe der Boote ist unterschiedlich. Wir sind gefühlt an allen Anbietern dreimal vorbei gelaufen, bis ich den mir am sympathischsten Verkäufer der Tickets herausgesucht hatte.
Wir waren die ersten Teilnehmer der nächsten Tour und konnten uns einen Platz im Boot aussuchen. Später setzte die Crew die weiteren Passagiere auf die am Rand befestigten Sitzbänke. In der Mitte des Moliceiros lief während der gesamten Fahrt der „Guide“ hin und her und erzählte in 4 Sprachen Geschichten über die Stadt, die Menschen und ich würde behaupten etwas Seemannsgarn hat er dabei auch gesponnen.
Die Fahrt dauert etwa 45 Minuten. Wer jetzt allerdings wie in Venedig einen Stangen stechenden Gondoliere erwartet, wird enttäuscht sein. Hier knattern noch die Motoren, es soll aber bald wesentlich ruhiger werden, da eine Verordnung den Einsatz von Elektromotoren vorsieht.
Mir hat die Tour sehr gefallen. Bei wunderschönem Wetter über die Kanäle zu fahren und dabei den Blick auf die Stadt genießen. Da kommt schon Urlaubsfeeling und Erholung auf. Die Eindrücke sind sehr vielfältig. Vom Jugendstilgebäude bis zum modernen Hotelbau, vom alten Fabrikgelände bis zur Fischhalle war wirklich alles dabei, was man in einer Stadt erwartet. Besonders schön fand ich die vielen kleinen Brücken, die mit bunten Bändern als Liebesbeteuerung von Paaren geschmückt sind.
An einer Stelle fuhren wir an einer Skulptur der für Aveiro berühmten Ovos Moles vorbei, die uns daran erinnerte, die Spezialität des Ortes noch zu probieren.
Oves Moles – die weichen Eier aus Aveiro
Sie sind weltweit bekannt, die Oves Moles aus Aveiro. Wir konnte bei unserem Tagesausflug in die Stadt nicht an der traditionellen Süßspeise vorbei gehen. In einem kleinen Geschäft in der Nähe des Abfahrtortes der kleinen Sightseeingboote kauften wir ein.
Der Legende nach hat eine Nonne die Süßspeise erfunden, um so das Fastengebot zu umgehen. Verwendet werden Oblaten, die die Creme Doce de ovos moles umschließt. Diese Creme besteht hauptsächlich aus Zucker und Eigelb. Damit die kleinen Teilchen optisch etwas hermachen, werden sie in Form von Meeresfrüchten (Muscheln, Schnecken) angeboten.
Zuerst haben wir eine „Muschel“ geöffnet, um zu sehen, was sich im Inneren verbirgt. Zum Vorschein kam eine nicht sonderlich appetitlich aussehende Masse, die optisch sehr an Eigelb erinnert und nur von der Konsistenz etwas fester ist. Natürlich haben wir auch probiert und ganz ehrlich, es gibt besseres. Die Masse schmeckt süß, nach Ei, süß und süß… Da konnte auch die Oblate nichts dagegen machen, der Geschmack ist sehr speziell. Einen zweiten Einkauf wird es von uns nicht geben.
Lohnt sich der Ausflug nach Aveiro?
Wir hatten auf jeden Fall eine tolle Zeit in Aveiro. Die Hin- und Rückfahrt mit dem Zug verlief vollkommen problemlos und war auch nicht teuer. Der Stadtbummel offenbarte einige wunderschöne Orte und auch die zugegebener Maßen touristische Fahrt mit den Moliceiro hat uns sehr gefallen.
Ein wunderschöner Tagesausflug!
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