Wir betreten einen imposanten Neubau, als wir in das Jüdische Museum Franken in Fürth besuchen. Ein in heller und einladender Raum, mit kleinem Museumscafé und Museumsshop, und nette Mitarbeiter an der Kasse begrüßen die Besucher. Und uns empfängt gleich eine Ruhe nach dem Trubel, der auf dem Kirchweih Fest direkt vor dem Museum herrscht.
Der Neubau des Museums ist erst im Sommer 2018 eröffnet worden und steht direkt neben dem Altbau, der bis dahin die gesamte Ausstellung beherbergte. Heute werden beide Gebäude genutzt und erzählen uns von der jüdischen Kultur in Franken.
Frau Eisenstein hat uns durch das Museum geführt und uns mit ihren Erzählungen und Berichten in eine interessante Welt entführt. Vielen Dank!
Jüdische Museum Franken – unser Eindruck
Zunächst entdecken wir den Neubau des Museums. Der moderne Bau ist wunderbar offen und großzügig gestaltet. Überall kommt Licht in das Gebäude und die zum Teil recht offene Raumgestaltung über mehrere Ebenen verstärkt diesen Eindruck noch.
Hier sind große zusätzliche Ausstellungsflächen vorhanden, auf denen wir die temporäre Ausstellung „Cherchez la Femme“ besichtigen. In dieser Ausstellung dreht sich alles um das Thema religiöse Kopfbedeckungen und Verhüllungen im Judentum, Christentum und Islam. Ein aktuelles Thema, das hier aber ohne zu politisieren dargestellt wird. Wirklich sehr interessant!
Besonders gelungen finde ich die Krautheimer Studienbibliothek, die im Obergeschoss des Neubaus entstanden ist. Hier findet man etwa 12000 Medien zur jüdisch-fränkischen Geschichte und Kultur.
In dem lichtdurchfluteten Raum kann man bestimmt toll arbeiten.
Meine Highlights in der Dauerausstellung im Altbau
Schon der Altbau des Museums ist ein Highlight. Das ehemalige Wohnhaus gehörte vom 17. bis zum 19.Jahrhundert jüdischen Familien. Das Fachwerkhaus ist wunderschön erhalten und beherbergt nun schon seit 1999 die Dauerausstellung des Museums.
In kleinen verwinkelten Räumen kann man hier jede Menge interessante Ausstellungsstücke entdecken, die alle etwas mit dem jüdischen Leben in Franken zu tun haben. Es gibt aber auch Bereiche, die sich ausschließlich mit dem jüdischen Leben in Fürth beschäftigen. So kann man sich sehr ausführlich über die Fürther Altschul informieren. Das Gelände mit Hauptsynagoge, mehreren Synagogen, Talmudschulen, Rabbinerhaus und Mikwe wurde in der Pogromnacht (9./10.November 1938) zerstört und so 300 Jahre jüdischer Geschichte in Fürth vernichtet.
Besonders beeindruckt haben mich im Jüdische Museum Franken die Mikwe und die Sukkot.
Ritualbad (Mikwe)
Eine Besonderheit und geschütztes Baudenkmal liegt im Keller des ehemaligen Bürgerhauses, dem heutigen Altbau des Museums. Hier befindet sich ein rituelles jüdisches Tauchbad, dass voraussichtlich um etwa 1600 entstanden ist. Das Bad diente nicht der Hygiene, sondern der rituellen Reinigung durch Untertauchen.
Es ist im orthodoxen und konservativen Judentum zum Beispiel vorgeschrieben, dass verheiratete Frauen nach einer Entbindung oder ihrer Menstruation das rituelle Bad vollziehen. Für Männer und Frauen ist das Untertauchen in der Mikwe bei einer Konversion zum Judentum der orthodoxen, konservativen und liberalen Richtung eine Bedingung. Auch die Schreiber religiöser Schriften (Sofer) müssen vor dem Schreiben in die Torarolle eine Reinigung des Körpers vornehmen. Männliche ultraorthodoxe Juden nutzen die Mikwe auch zum Beginn von Feiertagen und des Sabbats.
Über ausgetretene Stufen steigt man in den Keller des Gebäudes. Zunächst steht man in einem Vorraum. Hier begann die Zeremonie der Reinigung. Alles Fremde wurde abgelegt, also nicht nur Kleidung, auch Schmuck, Lippenstift, Nagellack…
Dann geht man über 7 Stufen weiter hinunter in das Bad. Im Museum ist der Zugang durch ein Gitter geschützt, so dass man einen Blick in das Tauchbecken werfen kann. Es ist vorgeschrieben, dass das Becken mehr als 500 Liter „lebendiges Wasser“ enthalten muss. Das bedeutet, das Becken darf nicht künstlich gefüllt werden, das Wasser muss z.B. Grundwasser, Regenwasser sein, was auf natürliche Weise in das Becken gelangt. Die Mikwe in Fürth wird durch Schichtwasser gespeist, was gerade durch Untersuchungen herausgefunden wurde.
Während ich hier so bei zwar schummerigem, aber elektrischem Licht stehe, stelle ich mir vor, wie die Besucher des Ritualbades früher hier im Kerzenschein die Reinigung vorgenommen haben. Ich glaube, dass dieser Vorgang bestimmt nicht nur den Körper, sondern auch die Seele gereinigt hat.
Jüdische Museum Franken: Laubhütte (Sukkot)
Vor unserem Besuch im Jüdischen Museum Franken hatte ich ehrlich gesagt noch nie etwas von einer Laubhütte gehört. Gut, dass wir eine fachkundige Begleitung hatten, die mir alles erklären konnte.
Das Laubhüttenfest ist ein jüdisches Fest, man feiert es im Herbst und es dauert sieben Tage.
Man findet bereits Erwähnungen des Laubhüttenfestes in der Tora und vermutet, dass es einen bäuerlichen Ursprung hat. Vermutlich liegt der Ursprung der Laubhütte in den Schatten spendenen Unterstände auf den Feldern, die dort während der Erntezeit standen.
Heute begehen gläubige Juden das Laubhüttenfest dort, wo sich ihnen die Möglichkeit bietet. Es werden aus Ästen, Stroh und Laub kleine Hütten auf dem eigenen Grundstück aufgestellt. Wichtig ist, dass die Hütte die Möglichkeit bietet, nachts in den Himmel zu gucken und bei passendem Wetter unter freiem Himmel zu essen.
Für Menschen, die keine Möglichkeit haben eine Hütte zu errichten, gibt es aber auch Lösungen. Eine Möglichkeit konnten wir uns im Altbau des Museums angucken.
Unter dem Dach des Altbaus befindet sich nicht der Dachboden, sondern eine traditionelle Laubhütte. Hier steht ein Bett und ein Tisch. Das ist ja zunächst mal nichts besonderes. Aber das Dach ist etwas besonderes. Es besteht nicht aus einem zusammenhängenden Dach, sondern aus einzelnen Dachelementen. Diese lassen sich an kleinen Tauen nach außen verschieben, also fast so wie Schiebetüren, nur eben auf dem Dach. So entsteht eine Öffnung im Dach. Zusätzlich hat man ein Holzrost befestigt, auf das für das Fest Laub gelegt wird. So hatte der Hausbesitzer die Möglichkeit im eigenen Haus, unter dem Laub liegend in den Himmel zu gucken.
Ich stelle mir das toll vor. Im Bett zu liegen und durch das Laub den Sternenhimmel betrachten zu können. Sicherlich ist das auch ohne das Feiern eines Festes ein tolles Erlebnis.
Kaffee trinken im Museumsgarten
Zum Abschluss unseres Besuches haben wir im neu entstandenen Museumsgarten zwischen Neu- und Altbau noch einen Kaffee getrunken und die Eindrücke Revue passieren lassen. Ein wunderschöner ruhiger Ort! Und die Spiegelung in den Scheiben des Neubaues lässt hier wunderbar altes mit neuem verschmelzen.
Adresse:
Jüdische Museum Franken
Königstraße 89,
90762 Fürth
Öffnungszeiten:
Dienstag – Sonntag: 10 – 17 Uhr
Eintrittspreise (2018):
Erwachsene: 6,-€
Es werden kostenpflichtige Führungen angeboten
Offenlegung: Der Besuch und die Führung ist uns vom Jüdischen Museum Franken im Rahmen einer Recherchereise kostenfrei ermöglicht worden. Der Bericht ist dazu unabhängig entstanden und spiegelt nur unsere Eindrücke wieder.
Schreibe einen Kommentar