Schon etwas länger steht der Besuch beim Besucherbergwerk F60 auf meiner Wunschliste. Nun hat es endlich geklappt und wir haben einen Abstecher in das Lausitzer Braunkohletageabbaugebiet unternommen.
Was bedeutet F60?
In der Lausitz gab es fünf Braunkohletageabbaugebiete: Nochten, Welzow-Süd, Jänschwalde, Reichwalde und Klettwitz-Nord.
In allen Abbaugebieten wurden Förderbrücken der gleichen Serie von der Firma VEB TAKRAF Lauchhammer verwendet. Vier von ihnen sind noch heute in Betrieb.
Bei diesen Abraumförderbrücken handelt es sich um die größten beweglichen Arbeitsmaschinen der Welt. Mit ihnen wird der Abraum, der über dem Kohlenflöz liegt, transportiert. Die maximale Abtragmächtigkeit beträgt 60 Meter. Daher wählte man die Bezeichnung F60 als Serienbezeichnung.
Heute ist die Förderbrücke F60 in Klettwitz-Nord nicht mehr in Betrieb und man kann diese besichtigen.
Führung im Besucherbergwerk F60
Wir treffen am späten Vormittag auf dem großen kostenfreien Parkplatz vor dem Besucherbergwerk F60 ein. Nachdem wir unsere Eintrittskarten in der Hand halten laufen wir in Richtung Förderbrücke.
Mir stockt der Atem, als ich den „liegenden Eiffelturm“ der Lausitz entdecke. 502 Meter lang und bis zu 80 Meter hoch ist der Koloss aus Stahl. So riesig hatte ich mir das nicht vorgestellt. Gut, ich habe ja schon einige Maschinen für den Abbau der Kohle in Ferropolis gesehen – und diese waren schon riesig. Aber diese Förderbrücke übertrifft alles!
Mit dem Ticket in der Hand betrete ich das Informationszentrum, auf dem der Spruch „Glück auf“ steht. Dieser Spruch wird uns heute noch öfter begegnen, da sich jeder hier so begrüßt.
Im Informationszentrum bekommt man den Platz in einer der täglich stattfindenden Führungen zugewiesen. In Gruppen von maximal 20 Personen wird man etwa 90 Minuten auf der Abraumförderbrücke herum geführt. Je nach Besucheraufkommen starten die Touren so, dass ausreichend Sicherheitsabstand zwischen ihnen vorhanden ist. Zeitgleich sind dabei nie mehr als 8 Gruppen unterwegs. Klar gibt es einige Dinge zu beachten, wenn man die Anlage besichtigen will. So muss man festes Schuhwerk tragen und es besteht Helmpflicht. Sollte der Wind zu stark sein, aber auch bei Schnee, Eis oder Nebel kann es vorkommen, dass keine Führungen angeboten werden.
Wir mussten nicht lange warten und konnten schon in der nächsten Gruppe unsere Führung beginnen. Nachdem wir alle mit einem Helm ausgestattet waren, gab es auch schon die ersten Informationen zur Geschichte des Besucherbergwerkes F60.
Geschichte des Besucherbergwerkes
In der Lausitz wird seit über 150 Jahren Braunkohle abgebaut. Im Laufe der Jahre sind viele Dörfer durch den Abbau zerstört worden, die Landschaft hat sich verändert. Der direkt in der Nähe liegende Ort Bergheide fiel zum Beispiel dem Abbau zum Opfer.
1958 begann in der ehemaligen DDR die Produktion von Förderbrücken, die alle einheitlich gestaltet waren. 1972 setzte man die erste F60 Förderanlage ein. Im Abbaugebiet Klettwitz-Nord (das Gebiet in dem heute das Besucherbergwerk F60 steht) geht im März 1991 die F60 in Betrieb.
Nach nur 13 Monaten schließt die Anlage aus betriebswirtschaftlichen Gründen. Das Tagebaugebiet wird geschlossen und eigentlich sollte die Anlage gesprengt werden. Zum Glück gab es einige Gemeindevertreter in Lichterfeld, die auf die Idee kamen das Gebiet zu vermarkten. 1998 wurde die Gemeinde Eigentümer der Anlage.
Die alte Abbaugrube flutete man (2001), es entstand der Bergheider See. Hier soll im Laufe der nächsten Jahre ein Erholungsgebiet entstehen. Die Abraumlanlage ließ man so umgerüsten, dass Besucher einen 1,3 Kilometer langen Weg auf ihr entlang laufen können. Inzwischen finden viele Besucher ihren Weg in die Lausitz und lassen sich von dem gigantischen Stahlbauwerk beeindrucken.
Auf der F60
Nach dem kleinen Exkurs beginnt unsere Besichtigungstour.
Es geht vorbei an den riesigen Baggerfahrwerken. Schon hier komme ich mir total klein vor, wie fühlt man sich erst, wenn man hoch oben auf der F60 steht?
Über Stahltreppen geht es immer entlang von gelben Geländern in die Höhe. Die Stufen sind schmal, aber zum Glück relativ blickdicht. Wären hier nur Gitterroste als Stufen, ich wäre nicht hochgestiegen.
Nachdem wir den einen seitlichen Fahrwerkskomplex erstiegen sind, laufen wir nun über die Förderbrücke. Noch immer geht es in die Höhe und der Blick über die Lausitz ist einfach wunderschön.
Immer wieder bleiben wir stehen und uns wird ein technisches Detail erklärt. Ich fand es sehr interessant, habe mich aber entschlossen die Technik hier nicht zu erklären. Vor Ort ist es wesentlich eindrucksvoller, wenn man Walzen, Förderbänder… direkt sieht und vor allem die Größen wahrnehmen kann.
Bis auf etwa 75 Meter Höhe führt uns der Weg über die Anlage. Hier oben ist es ganz schön windig und man sollte seine Sachen schon gut festhalten. Was hier runter fällt geht entweder kaputt oder landet unauffindbar im Gelände.
Am höchsten Punkt angekommen genießen wir noch kurz die Aussicht, dann geht es zügig wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Uns hat der Besuch des Besucherbergwerks F60 beeindruckt. Bisher habe ich noch keine vergleichbare Maschine in so einer Dimension gesehen. Einerseits hätte ich gerne gesehen, wie hier gearbeitet wird. Wie Kubikmeter um Kubikmeter Erde bewegt wird und über riesige Förderbänder transportiert wird. Andererseits hat mich der Gedanke schon erschreckt, wie der Kohlenabbau die Landschaft verändert. Dörfer müssen weichen, Lebensraum wird zerstört und es entstehen unbewohnbare Gebiete, die später mühsam rekultiviert werden müssen. Ob gut oder schlecht möchte ich hier nicht beurteilen, aber es hat mich schon nachdenklich gemacht.
Auf jeden Fall kann ich den Besuch nur empfehlen, egal ob man Technikfan ist oder nicht. Alleine der Anblick der Förderanlage F60 ist beeindruckend.
Adresse:
Besucherbergwerk F60
Bergheider Straße 4
03238 Lichterfeld
Öffnungszeiten:
1.11. – 15.3.
Mittwoch -Sonntag: 11-16 Uhr
16.3. – 31.10.
Montag – Sonntag: 10-18 Uhr
Mai – September
zusätzlich Samstag bis 20 Uhr
Nachtlichtführungen nach Voranmeldung
Eintrittspreise (2020):
Führung (groß) Erwachsene: 12,50€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Nur Infozentrum, Ausstellung, Freigelände: 2,50€
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