Es gibt Ausflugsziele, über die man nach dem Besuch viel länger und intensiver nachdenkt, als andere Ausflugsziele. Unser Besuch in der Gedenkstätte Sachsenhausen gehört mit Sicherheit zu den bewegensten Besichtigungen, die ich seit langer Zeit erlebt habe.
Sonntag, wir haben einen Ausflug nach Oranienburg zur Gedenkstätte Sachsenhausen geplant und irgendwie passend, es ist Nieselregen.
Im Informationszentrum haben wir uns einen Lageplan des Geländes für 0,50€ gekauft, Eintritt wird nicht erhoben und eine Führung wollen wir nicht mitmachen.
Zunächst liefen wir vom Besucherzentrum einen Fußweg, die ehemalige Lagerstraße, entlang. Diesen Weg mussten auch die Häftlinge auf ihrem Weg in das Lager entlang laufen. Heute befinden sich hier an der Außenmauer des ehemaligen KZs Sachsenhausen Informationstafeln, die wirklich lesenswert sind.
Durch den Eingang “Turm A” gelangt man auf das Gelände des ehemaligen Häftlinglagers.
Dahinter erstreckt sich ein auf den ersten Blick großzügiges Gelände mit vielen Freiflächen und nur wenig Bebauung. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man riesige umrandete und farblich abgegrenzte Schotterflächen. Jede dieser Flächen stellt den Grundriß eines Gebäudes, einer Häftlingsbaracke dar. Stellt man sich nun alle diese Flächen bebaut vor, wirkt das Gelände schon weit weniger großzügig, vor allem, wenn man darüber nachdenkt, wie viele Menschen in den Baracken zusammengepfercht leben mussten. Exemplarisch kann man in einer der noch vorhandenen Baracken einen Blick in einen Schlafsaal werfen.
Hier standen auf engstem Raum Stockbetten mit jeweils 3 Etagen nebeneinander. Da die Insassen über keinerlei Eigentum mehr verfügten, mussten keine Schränke in den Räumen stehen, jeder Winkel konnte für die Betten genutzt werden.
Daneben in großen Räumen befanden sich Toiletten ohne Sichtschutz und riesige trogähnliche Waschbecken.
Direkt neben den noch existierenden Krankenrevierbaracken, in denen heute Ausstellungen gezeigt werden, befindet sich die Pathologie mit dem Leichenkeller. Ein wirklich bedrückender Ort, der zusätzlich durch einige sehr gut aufgearbeitete Schautafeln wenig von seinem Schrecken verliert. Hier kann man nicht nur die Leichenkeller besichtigen, es ist auch ein Arbeitsraum der Pathologen zu sehen.
Ähnlich unwohl fühlte ich mich, als wir durch ein Tor der Lagermauer gingen und an Gräberfeldern vorbei gehend einen Erschießungsgraben entdeckten. Die direkt daneben liegende überdachte Gedenkstätte “Station Z” für die KZ Opfer ließ dann erneut das ungute Gefühl hochsteigen. Hier befindet sich neben dem zentralen Gedenkort auch das Fundament des Krematoriums und der Vernichtungsanlagen, die man besichtigen kann und anhand ausführlicher Schautafeln anschaulich erläutert bekommt.
Unser Weg führte uns weiter an der Mauer des Lagers entlang. In regelmäßigen Abständen stehen hier Wachtürme. Am Turm E, in den man auch hinein gehen kann, kommt man auf ein weiteren Geländeabschnitt. Hier befindet sich das Sowjetische Speziallager mit den Steinbaracken.
Hier hielt der sowjetische Geheimdienst von 1945 bis 1950 etwa 60000 Menschen gefangen. In einem Museum wird die Geschichte des Speziallagers und das Schicksal der Häftlinge dokumentiert.
Wir haben auf dem Gelände der Gedenkstätte Sachsenhausen so einige Orte gesehen, die uns sehr nachdenklich gemacht haben. Wir haben viel fotografiert, nachgelesen und darüber gesprochen. Viele der Bilder geben den Schrecken des Ortes durchaus wieder, sind aber nicht dazu geeignet in so einem Bericht zu erscheinen. Diesen Eindruck sollte man bei einem Besuch vor Ort selber wahrnehmen und erfahren.
Wir haben viel von unserem theoretischem Schulwissen mit Bildern füllen können und waren froh diesen Ort nicht als Schüler nur halbherzig, sondern mit Bewußtsein heute erlebt zu haben.
Adresse:
Straße der Nationen 22,
16515 Oranienburg
Öffnungszeiten:
15. März – 14 Oktober:
täglich 8.30 – 18.00 Uhr
15. Oktober – 14. März:
täglich 8.30 – 16.30 Uhr
Im Winter sind die Museen montags geschlossen. Die Open-air-Dokumentation “Mord und Massenmord im KZ Sachsenhausen”, der Gedenkort “Station Z” sowie das Besucherinformationszentrum sind geöffnet.
Eintrittspreise:
kostenlos
Peter Topf
Diese kleinen Baracken waren doch das Sonderlager der Geldfälscherei des KZ Sachsenhausen. In den späteren Jahren wurde es durch die Grenztruppen der DDR als Lager für Gefechstfeldbeleuchtung genutzt. Ich durfte dort auch Wache stehen, als ich 2 1/2 Jahre im Schloß von Oranienburg für die Grenztruppen Wehrpflichtige ausbilden musste. Aber daran erinnert keiner.