Die Meyer Werft in Papenburg ist das wohl bekannteste Ausflugsziel der Stadt. Auch wir hatten einen Besuch schon lange ins Auge gefasst und bei einen guten Kombiangebot von Hotel und Werftführung konnten wir dann nicht widerstehen.
In Papenburg scheint sich das touristische Leben fast ausschließlich um einen Besuch in der Werft zu drehen. In unserem Hotel waren viele Besucher nur für eine Führung angereist und selbst Crewmitglieder der zu der Zeit noch im Hafen liegenden AIDAnova traf man beim Frühstück.
Eine Führung durch die Meyer Werft sollte man vorab buchen. Es gibt zwar recht viele Termine, aber diese sind auch schnell vergeben. Wer spontan an der Touristeninformation auf der Brigg Frederike von Papenburg versucht Karten zu bekommen, kann Pech haben und muss zu einem späteren Zeitpunkt wieder kommen.
Mit einem Bus und etwa weiteren 50 Besuchern fährt man von der Touristeninformation zum Werftgelände. Schon hier sind zwei Gästeführer dabei, die die Gruppe später für die Führung teilen. Während unser etwa 15 minütigen Fahrt redete einer der Gästeführer ohne Unterbrechung. Bei mir ist von dem Redestrom nicht allzu viel hängen geblieben. Aber das macht auch nichts, den später sollten diese Informationen noch einmal auftauchen.
Geschichte der Meyer Werft
Die Führung durch das Besucherzentrum beginnt mit 2 Filmen: der Imagefilm „Symphonie der Meere“ und ein Film über die Geschichte der Meyer Werft. Und damit wiederholte sich fast alles, was wir zuvor im Bus gehört hatten.
Die Meyer Werft wurde 1795 gegründet und befindet sich bereits in der siebten Generation im Besitz der Familie Meyer. Zunächst lag der Schwerpunkt auf dem Bau von Holzschiffen. Mit dem Aufkommen der Dampfmaschine und der Erweiterung der produktionstechnischen Möglichkeiten baute man Eisenschiffe (etwa ab 1872).
Eins der bekanntesten Schiffe dieser Zeit stammt aud dem Jahr 1913, die Graf Goetzen.
Zunächst baute man das Schiff in Papenburg. Dann zerlegte man es in Einzelteile und verpackte es in großen Kisten. Diese verschickte man nach Daressalam in Afrika. Von dort ging es auf dem Landweg weiter bis zum Tanganjikasee. Das Passagierschiff baute man vor Ort wieder zusammen.
Genau zu dieser Zeit brach der erste Weltkrieg aus. Damit das Schiff nicht den feindlichen englischen Truppen in die Hände fiel, versenkte man es kurz entschlossen im See. Nach dem Krieg hob man das Schiff wieder. Noch heute fährt das Schiff unter dem Namen Liemba über den See.
Nach dem Ersten Weltkrieg lag der Produktionsschwerpunkt bei Fischdampfern, Lotsenschiffen, Feuerschiffen und Passagierschiffen für die Küstenschifffahrt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Werft fast vollständig zerstört und anschließend wieder aufgebaut. Ab 1960 baute man in der Werft Gastanker und RoRo-Fähren. 1984 begann man das erste Kreuzfahrtschiff zu bauen, das 1986 von Stapel lief (Homeric). Besonders spektakulär war die Bauzeit von nur 2 Jahren und der Stapellauf mit der Schiffslängsseite ins Hafenbecken muss beeindruckend gewesen sein.
Seit dieser Zeit werden jedes Jahr Kreuzfahrtschiffe in Papenburg zu Wasser gelassen. Bekannte Reedereien lassen hier ihre neuen Luxusliner entwerfen und bauen, die dann über die Ems in die Welt überführt werden.
Besucherzentrum der Meyer Werft
Nach den beiden kurzen Filmen konnte die Führung dann endlich beginnen. Zunächst gingen wir durch einige Ausstellungsräume. Dort standen Schiffsmodelle, gab es Lagepläne und Informationstafeln zu sehen.
Man erhielt Informationen über den Werftaufbau, die neuere Entwicklung der Werft und, was ich recht spannend fand, über den Ablauf der Produktion. Ich hätte zum Beispiel nicht gedacht, dass es nur 36 Monate dauert, vom Planungsbeginn bis zur Ausliefeung des Schiffes an den Kunden. Und es ist noch nie ein Schiff zu spät ausgeliefert worden!
Mein persönliches Highlight der Führung war der Blick in die Werfthalle.
Wir hatten vor unserem Besuch schon Vermutungen angestellt, dass die Halle völlig leer sein könnte. Die AIDAnova war ja gerade erst aus der Halle gefahren und lag im Hafenbecken vor der Werft. Für uns war klar, das würde dauern, bis ein neues Schiff im Dock entstehen würde. Aber weit gefehlt.
Im Dock lag bereits ein neues Schiff und ein weiteres Element zog der Schlepper gerade in die Halle. Inzwischen bin ich etwas schlauer und weiß, dass immer mehr als 1 Schiff gleichzeitig gebaut wird.
Zur Erklärung: Während die AIDAnova im Dock fertig gebaut wurde, konnten im hinteren Teil der Halle einzelne Elemente des nächsten Schiffes gefertigt werden. Diese lagert man dann immer im Hafenbecken. Als die AIDA nun das Dock verließ, lagen vor der Halle einige Einzelteile. Diese waren bereits wieder in die Halle gebracht und zu einem neuen Schiff zusammengesetzt worden. Und so konnten wir erstaunt auf einen Schiffsneubau gucken.
Wir hatten zusätzlich das Glück beobachten zu können, wie gerade ein neues Schiffselement in die Halle gebracht wurde. Das Schiffsbau heute so funktioniert, war mir bis dahin nicht klar. Schade nur, dass man während der Tour nur recht wenig Zeit hatte das Treiben im Dock zu beobachten. Ich hätte noch ewig an der Fensterscheibe stehen können!
Zum Abschluss konnten wir noch einen Blick in die kleinere Werfthalle der Meyer Werft werfen. Auch hier stand ein Schiffsneubau, der 2019 ausgeliefert wird. In diesem Baudock entstehen etwas kleinere Schiffe.
Nach einem Blick auf die AIDAnova ging es im Bus zurück nach Papenburg, nicht ohne der andauernden Erzählung des Gästeführers zu lauschen, der so glaube ich nicht einmal Luft geholt hat.
Uns hat der Besuch sehr gut gefallen. Besonders das Gewusel um die Schiffe, die für den Laien völlig unkoordiniert wirkten, aber anscheinend genau geplant sind, war beeindruckend.
Die Größe der Anlage, die Strukturierung und Planung – für uns eine herausragende Logistik, die dahinter stehen muss. Ich habe während des Besuches so viel gelernt und neue Eindrücke gewonnen, dass ich die Kreuzfahrtriesen nun mit etwas anderen Augen betrachte.
Helma Grimm
Danke Susanne , ein toller Bericht. Ich bin schon häufig auf einer Kreuzfahrt gewesen und habe durch diesen Bericht einen ersten Eindruck vom Schiffsbau bekommen.
Eine Führung durch die Werft steht nun auf der -WILL ICH MAL MACHEN – Liste