Der Zug hält in Hameln, wir haben 2 Stunden bis zur Weiterfahrt – auf geht es, Sightseeing im Schnelldurchlauf, mal gucken, ob es sich lohnt irgendwann für einen längeren Stopp vorbei zu kommen.
Hameln liegt in Niedersachsen und ich denke, wenn ich den Stadtnamen höre, nur an die Geschichte des Rattenfängers. Die Geschichte des Rattenfängers beruht auf einer Sage, die sich aus einer Überlieferung aus den Jahr 1284 bezieht.

1426 – 1572 war Hameln Mitglied der Hanse. Der wirtschaftliche Aufstieg setzte im 16.Jahrhundert ein. In dieser Zeit entstanden einige der prächtigen Bauten der Weserrenaissance, die noch heute in der Stadt zu sehen sind.
Ab 1664 baute man die Stadt zu einer Festung aus. Es entstand sternförmige Bastionen rund um die Stadt, die in den folgenden Jahren durch weitere Befestigungsanlagen verstärkt wurden. Die Stadt galt lange Zeit als uneinnehmbar und war die stärkste Festung im Kurfürstentum Hannover. 1806 kapitulierte Hameln nach der Schlacht bei Jena kampflos den Franzosen. Napoleon ordnete die Schleifung der Befestigung an, es blieben nur zwei Stadttürme erhalten.

Im Zweiten Weltkrieg zerstörten Luftangriffe und Bodentruppen bei ihrem Vormarsch einige Häuser im historischen Innenstadtbereich der Stadt und die Brücke über die Weser. Ab Ende der 1960er Jahre begann man dann, mit einer umfangreichen Altstadtsanierung dem Verfall der Fachwerkhäuser in Hameln entgegen zu wirken. Heute ist die Innenstadt Fußgängerzone und es gibt wunderschöne Fachwerkhäuser zu entdecken.
Kleiner Stadtbummel durch Hameln
Zwei Stunden in Hameln reichen natürlich nicht aus, um die gesamte Innenstadt zu erkunden. Ein kleines Sück sind wir dem Rattenfängerweg durch die Stadt gefolgt, der mit speziellen Steinen im Pflaster gekennzeichnet ist. So hatten wir dennoch die Möglichkeit, einige wirklich schöne Fachwerk- und Steinhäuser zu entdeckt und hatten sogar die Chance, einen Kirchturm hinauf zu steigen.

Stiftsherrenhaus
Das wunderschöne Stiftsherrenhaus stammt aus dem Jahr 1558. Das Fachwerkhaus wurde vom Kaufmann und Bürgermeister Friedrich Poppendiek erbaut und zeichnet sich durch einen reichen ornamentalen und figürlichen Schmuck an der Häuserfront aus. Es werden antike Planetengötter und zahlreiche biblische Motive dargestellt.


Ich finde es wunderschön. Das Stiftsherrenhaus ist mit dem benachbarten Leisthaus durch eine Brücke verbunden. In den Häusern befindet sich das Hamelner Museum.

Leisthaus
Das Leisthaus stammt aus dem Jahr 1587/89 und wurde für den Patrizier und Kornhändler Gerd Leist errichtet.
Ein Teil der heute zu sehenden Fassade besteht aus originalen Elementen der Weserrenaissance. Spannend finde ich die Neid- und Abwehrköpfe, die die Fassade des Hauses gestalten. Diese sollten nicht die Betrachter erschrecken, sondern Unheil vom Haus fern halten.
Rattenfängerhaus in Hameln
Auch wenn viel zu wenig Zeit für die Rattenfängertour durch Hameln war, konnten wir wenigstens von außen einen Blick auf das Rattenfängerhaus werfen.
Erbaut wurde das Haus 1602/03 durch den Ratsherren Arendes im Stil der Weserrenaissance.

Es hat seinen Namen aufgrund der Inschrift erhalten, die sich seitlich am Haus befindet und lautet:
ANNO 1284 AM DAGE JOHANNIS ET PAULI WAR DER 26 JUNII DORCH EINEN PIPER MIT ALLERLEI FARVE BEKLEDET GEWESEN CXXX KINDER VERLEDET BINNEN HAMELEN GEBON TO CALVARIE BI DEN KOPPEN VERLOREN
(Im Jahre 1284 am Tage Johannis und Pauli war der 26. Juni durch einen Pfeifer mit allerlei Farbe bekleidet gewesen 130 Kinder verleitet in Hameln geboren zu Kalvarie bei den Koppen verloren)
Ein wirklich wunderschönes Haus, dass auf die Rattenfängersage hinweist.
Hochzeitshaus
Das heute als Hochzeitshaus bekannte Gebäude entstand 1610-17 als Fest- und Feierhaus für die Bürgerschaft von Hameln. Ursprünglich war geplant einen großen Saal, Lagerräume für Städtische Waffen, die Ratsapotheke, die Ratswaage und eine Weinschenke im Gebäude unterzubringen. Auf den Portalen an der Osterstraße verweisen Inschriften auf die geplanten Nutzungen.

Leider haben wir das Glockenspiel des Hochzeithauses nicht gehört. Es spielt täglich um 9.35 Uhr das Rattenfängerlied “Wandern ach wandern durch Berg und Tal” und um 11.35 Uhr das Weserlied “Hier hab ich so manches liebe Mal mit meiner Laute gesessen”. Um 13.05 Uhr, 15.35 Uhr, 17.35 Uhr öffnet sich eine Bronzetür und man kann die Figuren- und Glockenspiel mit der Rattenfängersage sehen. Schade, schon alleine deshalb muss ich unbedingt noch einmal nach Hameln fahren.
Marktkirche St.Nicolai in Hameln
Eher zufällig bin ich in die Marktkirche gegangen. Patrick blieb zunächst mit unserem Gepäck vor der Tür stehen und eigentlich wollte ich nur einen schnellen Blick in die Kirche werfen.

Die aus dem 13.Jahrhundert stammende Marktkirche wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und anschließend wieder aufgebaut. Entstanden ist eine Basilika mit gerader Decke im Mittel- und Seitenschiff.


Noch bevor ich mir die Kirche genauer ansehen konnte, entdeckte ich einen Hinweis auf die Möglichkeit der Turmbesteigung und sah eine Wendeltreppe, die hinauf führte. Zum Glück stellte eine nette Mitarbeiterin unsere Koffer in einen Abstellraum, diese hätten wir unmöglich mit hoch nehmen können. Nach der Wendeltreppe folgte eine Holzleiter, die durch ein Loch im Boden des Kirchturmes führte. Das Loch war so eng, dass wir selbst den kleine Rucksack auf dem Rücken vorher abnehmen mussten, um problemlos durch zu passen.

Aber es hat sich wirklich gelohnt. Vom Kirchturm aus hat man einen schönen Blick auf Hameln, der uns darin bestärkt hat, noch einmal einen etwas längeren Aufenthalt in der Stadt einzuplanen.
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