In einem von Daniel Libeskind entworfenen Gebäude in Osnabrück kann man eine beeindruckende Sammlung von Gemälden des jüdischen Malers Felix Nussbaum sehen. Ein architektonischer und künstlerischer Besuch im Felix-Nussbaum-Haus, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Wer war Felix Nussbaum?
Felix Nussbaum zählt zu den bekanntesten Malern der Neuen Sachlichkeit. Geboren wurde er 1904 in Osnabrück als Sohn eines angesehenen jüdischen Eisenwarenhändlers. Kunst und Musik gehörten in das Leben der Familie. Der Vater war Hobbymaler und förderte die künstlerischen Interessen seines Sohnes Felix.
Seine ersten Werke beschäftigten sich mit Familienportäts, Selbstbildnissen, Städteansichten und Landschaftseindrücken. Mit 21 Jahren malte Felix Nussbaum zum Beispiel das Gemälde “Die beiden Juden” und bekannte sich so bildlich zu seinem Glauben.
1922 begann er mit einem Kunststudium in Hamburg, wechselte aber relativ schnell in die Kunstmetropole Berlin. Seine ersten Werke waren noch sehr inspiriert von den Stilrichtungen bekannter Künstler seiner Zeit. Mit der Zeit kristallisierte sich jedoch immer mehr sein eigener künstlerischer Stil heraus. Dieser zeigte oft humoristische Elemente, aber auch Melancholie und Trauer. 1932 kam es in seinem Atelier zu einem Brand, der einen Großteil seiner frühen Werke vernichtete.

Mit der zunehmenden Judenverfolgung in Deutschland fühlte sich Felix Nussbaum nicht mehr sicher im Land und flüchtete 1933. Ab 1940 versteckte er sich mit seiner Ehefrau Felka Platek in Brüssel. In dieser Zeit entstanden Bilder, die sich mit den Themen Isolation und persönliche Ängste, wie Verfolgung und Deportation künstlerisch auseinandersetzten.
Irgendjemand verriet das letzte Versteck Nussbaums und in einem der letzten Transporte wurde er nach Auschwitz deportiert. Nussbaum starb 1944 nach etwas über einem Monat Aufenthalt im KZ Auschwitz-Birkenau.
Ein Museum für Felix Nussbaum entsteht
Im Museumsquartier Osnabrück steht ein Museumsbau, der eigens für die Werke von Nussbaum erschaffen worden ist.

Der Neubau wurde 1994 in einem internationalen Wettbewerb ausgeschrieben. 295 Architekten nahmen daran teil, als Gewinner ging Daniel Libeskind aus dem Wettbewerb hervor.
Der bekannte amerikanisch-jüdische Architekt baute zu den bereits vorhandenen Gebäuden des Museumskomplexes ein markantes Gebäude, dass die einzelnen Bereich miteinander verbindet. Im Juli 1998 wurde das Museum eröffnet.

Als ich durch das Felix-Nussbaum-Haus gegangen bin, fiel mir sofort die Ähnlichkeit zum Jüdischen Museum in Berlin auf, dass auch von Libeskind entworfen worden ist. Dieses soll an der recht ähnlichen Aufgabenstellung der beiden Wettbewerbe gelegen haben.

In Osnabrück ist ein Komplex aus drei sich überschneidenden Gebäuden mit einem Verbindungsglied zwischen alten Gebäudeteilen und dem Neubau entstanden. Es fällt auf, dass nirgendwo rechte Winkel im Haus existieren. Ecken enden in Spitzen und Räume haben die ungewöhnlichsten Formen. Viele Wände sind aus unverputzten Beton mit langen schmalen Fensterbänden, die Licht von außen in das Gebäude lassen. Wie im Berliner Jüdischen Museum führen lange schmale und ansteigende Gänge durch das Gebäude und auch wie im Museum in Berlin empfinde ich diese Gänge als bedrückend. So gibt es zum Beispiel einen leeren Gang, der als „Gang der ungemalten Bilder“ bezeichnet wird.

Eine Besonderheit findet man außerhalb des Museums. Bei den Bauarbeiten entdeckte man im Garten des Museumskomplexes eine Steinbrücke (Ravelinbrücke) aus dem Jahr 1672. Diese wollte und konnte man zum Glück ohne große Veränderung an den Planungen erhalten. Mir gefällt der Kontrast von alter und neuer Architektur sehr.

Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück
Im Felix-Nussbaum-Haus in Osnabrück befindet sich die weltweit größte Sammlung seiner Bilder. Einige der Werke kann man in einer Dauerausstellung zum Künstler sehen.
Nussbaum gelang es, viele seiner Werke zu retten, indem er sie einem belgischen Arzt übergab. Er soll ihn mit dem Satz „Wenn ich untergehe – lasst meine Bilder nicht sterben“ darum gebeten haben, seine Werke auszustellen. 1969 händigte der Arzt die Bilder einer Cousine des Malers aus, die diese dann in den Geburtsort des Malers zurück brachte. Leider waren viele Gemälde stark beschädigt und mussten im Laufe der folgenden Jahre restauriert werden.

1971 konnten die ersten Bilder in der heutigen Kunsthalle Dominikanerkirche in einer Ausstellung betrachtet werden, viele weitere Ausstellungen folgten. Durch Schenkungen, Ankäufe und Stiftungen gelang es, die Sammlung nach und nach zu erweitern.
Geht man durch die Ausstellung im Felix-Nussbaum-Haus, wird man anhand der Darstellungen auf den Bildern von Felix Nussbaum seine gemachten Erfahrungen im Leben erkennen. Sie reflektieren zum Beispiel seine Erfahrungen als Jude im nationalsozialistischen Deutschland und aus heutiger Sicht kann man fast schon behaupten, dass er eine künstlerische Chronik erstellt hat.

Betrachtet man die Bilder, die nach ab 1940 entstanden sind, wird man immer wieder Motive erkennen, die sich mit seinen Erfahrungen in einem französischen Lager beschäftigen. Nach seiner gelungenen Flucht verarbeitete er Themen wie Todesnähe durch Krankheiten, Ängste und der Bedrohung seiner Existenz durch die neue Gesetzgebung.

Einige der Bilder in der Ausstellung haben mich sehr beeindruckt. Der kraftvolle und trotzdem oft verletzliche Ausdruck zeigt so viel Leid, aber auch Widerstand. Man kann die Zerrissenheit teilweise regelrecht spüren.
Adresse:
Museumsquartier Osnabrück
Lotter Straße 2
49078 Osnabrück
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag:
11–18 Uhr
Samstag und Sonntag:
10–18 Uhr
Geschlossen:
montags, Karfreitag, 1. Mai, Heiligabend, 1. Weihnachtstag, Silvester, Neujahr
zusätzlich geöffnet:
Ostersonntag, Ostermontag, Himmelfahrt, Pfingstsonntag, Pfingstmontag, Tag der Deutschen Einheit, Reformationstag, 2. Weihnachtsfeiertag und sonstige Feiertage:
10–18 Uhr
Eintrittspreise:
Erwachsene: 5,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Der Besuch im Felix-Nussbaum-Haus fand im Rahmen eines Instawalks mit Osnabrücker Land und About Cities statt.
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