Einen Urlaub im EdelSteinLand ohne den Blick auf das Thema Edelsteine zu werfen, ist kaum denkbar! Wir waren auf Spurensuche in der Region unterwegs und haben interessante Orte passend zum Thema Edelsteine besucht.
Steine gibt es viele, aber sind das auch immer Edelsteine? Wie erkennt man, ob der Stein sich zur Weiterverarbeitung eignet – ja und wie wird aus dem unscheinbaren Stein ein Kunstwerk? Diese und noch viel mehr Fragen schwirrten mir durch den Kopf, als wir unterwegs nach Idar-Oberstein im EdelSteinLand waren. Also haben wir uns auf eine Entdeckungsreise durch die Region begeben, in der Hoffnung, mehr zum Thema Edelsteine und ihre Verarbeitung zu erfahren.
Historische Wasserschleife Biehl
Etwa um 1880 baute die Familie Biehl eine Gipsmühle in eine Schleiferei um, die bis heute, nun bereits in der vierten Generation, betrieben wird. Es besteht die Möglichkeit, im Rahmen einer etwa 30-minütigen Führung, die Historische Wasserschleife kennen zu lernen.
Am kleinen Gebäude der Wasserschleife befindet sich ein großes Wasserrad. Nachdem die Wasserzufuhr aus dem Zulauf geöffnet worden ist, beginnt es sich fröhlich zu drehen und erzeugt so die Energie, die im Gebäude benötigt wird. Erst wenn das Rad der Wassermühle sich dreht, beginnt Ernstotto Biehl mit seiner Arbeit in der Schleife.
Wir betreten das Gebäude und sind zunächst von der Technik der Stromerzeugung vollkommen gefangen. Bänder verlaufen über Rollen an der Decke und die erzeugte Energie treibt einen fast 100 Jahre alten Generator an. An der Decke glimmt eine Kohlefadenglühlampe von Edison und verleiht dem Raum etwas Licht. Ein Feuer flackert im Ofen und beheizt den Raum.
Nach den ersten Eindrücken musste ich es einfach wissen, wo kommen die Steine her und woher weiß man ob sich der Stein für die Verarbeitung eignet? Herr Biehl erklärt uns, dass er heute seine Steine einkauft. Früher gab es in der Gegend noch so viele Steinfunde, da war das nicht notwendig. Trotzdem ist es nach wie vor eine Überraschung, wenn der Stein mit Hilfe eine Säge aufgeschnitten wird. Wie würde der Stein von Innen aufgebaut sein? Was kann man aus dem Stein herstellen? Nicht jeder Achat gleicht dem anderen und so entwickelt sich das entstehende Produkt oft erst bei der Arbeit.
Arbeit als Edelsteinschleifer
Ernstotto Biehl arbeitet in der Wasserschleife mit historischen Maschinen. Besonders beeindruckt hat mich der Arbeitsplatz an der Schleife. Auf einem traditionellen Holzkippstuhl liegend, schleift Biehl einen zuvor zerteilten Stein. Ein großes Schleifrad dreht sich mit Hilfe des Wasserantriebs und hält man den Stein an die Schleiffläche tritt nach und nach die Struktur hervor. Kaltes Wasser rinnt dabei über die Finger, was besonders im Winter sehr unangenehm werden kann. Es dauert nicht lange und die Finger werden eiskalt und gefühllos.
Die Arbeit ist nicht nur aufgrund des kalten Wassers körperlich anstrengend. Man benötigt auch viel Kraft, um den Stein während des Vorgangs zu halten und an die ungewöhnliche Arbeitsposition muss der Körper sich auch erst einmal gewöhnen. Ein Nachteil dieses Arbeitsvorganges, nicht alle Steinhärten lassen sich mit der rotierenden Sandsteinscheibe bearbeiten. Ab einem Härtegrad von 7,5 werden andere Bearbeitungsmethoden benötigt.
Ein kleines Detail am Rande: Als Achsenlager für den Schleifstein dient eine geräucherte Speckschwarte.
Ein weiteres traditionelles Arbeitsgerät sind die Poliertrommeln. Hier werden zurechtgeschnittene Steine oft stundenlang im Kreis hin und her gedreht. Die dabei entstehende Reibung poliert das Material, bis es weiterverarbeitet werden kann.
Es gibt in der Werkstatt so viel zu entdecken. Die Steine, die historischen Maschinen und Werkzeuge – wir fanden es spannend und wären am liebsten noch ewig geblieben und hätten Herrn Biehl bei der Arbeit zugeschaut.
Aber nun wollten wir auch wissen, was für wunderschöne Gegenstände in der Historischen Wasserschleife entstehen. Im angeschlossenen Verkaufsraum konnten wir einen kleinen Eindruck der Produktpalette bekommen: Schmuck, Griffe für Besteck oder Brieföffner, Perlen, dekorative Steinscheiben… Die Auswahl ist groß und jedes Stück einmalig, so wie der Stein aus dem es entstanden ist.
Was für ein toller Besuch in der Historische Wasserschleife Biehl. Nun konnte ich mir vorstellen, wie früher der Stein bearbeitet wurde. Aber wie geschieht es heute?
Adresse:
An der Deutschen Edelsteinstraße
55758 Asbacherhütte
Webseite Historische Wasserschleife Biehl
Führungen und Ausstellung
Donnerstag-Dienstag: 9 – 17:30 Uhr
Mittagspause: 12 – 13 Uhr.
Mittwoch geschlossen (außer an Feiertagen und in den Ferien)
Preise für die Schleiferei-Besichtigung:
Erwachsene: 4,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten
Fischer Disein – Silberschmuck und Edelsteine
Peter Fischer führt einen kleines Geschäft am Fuße der Felsenkirche in Idar-Oberstein. Hier verkauft er Schmuck und Edelsteine. In einer angrenzenden Werkstatt bietet der Künstler nicht nur Kinderkurse (z.B. schmieden von Silberringen) an, hier kann man auch einen Blick auf den modernen Arbeitsprozess eines Edelsteinschleifers und Schmuckdesigners werfen.
In dem kleinen Laden entdeckten wir eine Kiste mit Steinen. Diese hat Peter Fischer während seiner Spaziergänge in der Umgebung gesammelt. Ich hätte sie ehrlich gesagt am Straßenrand liegen lassen, denn für mich sehen sie aus wie ganz normale Steine. Aber, so wird mir versichert, die Schönheit des Steins offenbart sich oft erst später.
Aus den Steinen werden Edelsteine
Wir wählten 3 Exemplare aus und begaben uns mit dem Künstler in seine Werkstatt. Er wollte uns nun den Arbeitsprozess vorstellen und natürlich auch „beweisen“, dass Stein nicht gleich Stein ist.
Der erste Arbeitsschritt besteht aus dem langsamen Zersägen der Steine mit Hilfe einer Maschine, die mich sehr an eine Kreissäge erinnert. Mit Hilfe von viel Wasser schob Peter Fischer unsere Steinauswahl vorwärts, lächelte und präsentierte uns das „Innenleben“ des Steins. Schon hier erkannte man, dass jeder Stein von Innen anders aufgebaut ist, von weißlichen Farbtönen bis zu rötlichen Tönen reicht das Spektrum. Jeder Stein weist eine andere Musterung und Struktur auf.
Im zweiten Arbeitsschritt wird der Stein nun ebouchiert. Das bedeutet so viel wie, mal gucken, welche Form später entsteht, also der erste Grobschliff. Hier zeigte sich, dass der sehr helle Stein etwas instabiler war. Er zerbrach in mehrere kleine Stücke, diese waren aber noch immer so stabil, dass damit weiter gearbeitet werden konnte. Es dauerte eine Weile, bis Peter Fischer mit allen drei Steinen so zufrieden war, dass er mit dem nächsten Arbeitsschritt beginnen konnte.
Nun erfolgte der Feinschliff des Steins. Eine rotierende Scheibe mit einem Schmirgelband wird dazu in unterschiedlichen Geschwindigkeiten über die zuvor herausgearbeitete Fläche geführt. Kleine Kanten und Unebenheiten können so beseitigt werden. Nach einem erneuten Wechsel zu einer weiteren Maschine kann der Stein anschließend poliert werden. Ich war während dieser Arbeit vollkommen fasziniert davon, wie der einst so unförmige Stein immer mehr Gestalt annahm, auch wenn ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, was aus dem Edelstein „werden“ sollte. Am nächsten Gerät sollte ich schließlich erfahren, was für ein Endprodukt entstehen sollte.
Peter Fischer bohrte in 2 der Steine ein kleines Loch und an der Werkbank setzte er eine kleine Öse in das Loch. Entstanden waren zwei wunderschöne und einmalige Anhänger für Ketten. Da jeder Stein ein Unikat ist, wird es keinen zweiten seiner Art geben und umso mehr freute es mich, dass ich diese schönen Schmuckstücke mit nach Hause nehmen durfte. Was für ein tolles Geschenk, dass mich immer an den Besuch im EdelSteinLand und bei Peter Fischer erinnern wird.
Weitere wunderschöne Einzelstücke, wie zum Beispiel handgefertigten Silberschmuck und natürlich Edelsteine kann man bei Fischer Disein in Idar-Oberstein erwerben.
Adresse:
Hauptstraße 458,
55743 Idar-Oberstein
Roth Cameo – die Kunst der Edlesteingravur
Eine vollkommen andere Art der Edelsteinverarbeitung lernten wir im Rahmen der ManufakTour bei Roth Cameo kennen. Hier zeigte uns Andres Roth, dass man Edelsteine auch gravieren und so wunderschöne und einzigartige Kunstwerke schaffen kann.
Andreas Roth ist schon als Kind mit der Kunst der Edelsteinverarbeitung in Berührung gekommen. Seine Familie ist bereits seit dem 18. Jahrhundert im EdelSteinLand ansässig und hat im Laufe der Zeit ihr Wissen und Können weitergeben. Andreas Roth ist Edelsteingraveur-Meister und hat sich auf die Herstellung von Großkameen, Portraitgravierungen und Unikatgravuren spezialisiert.
Was ist eine Kamee?
Kamee oder auch Cameo ist eine ganz besondere Art der Gravur, die das erhabene Relief aus einem Schmuckstein bezeichnet. Dafür wird ein ganz besonderer Stein benötigt, der aus unterschiedlich getönten Gesteinsschichten aufgebaut ist. Häufig wird für die Herstellung Chalcedon oder Onyx verwendet. Andres Roth nutzt für seine Arbeit auch Lagenachate, die er in Brasilen kauft. Ein Vorteil der grauen Lagen ist, dass man sie nahezu beliebig einfärben kann und die Schicht dauerhaft den Farbton beibehält. Bei der Herstellung der Kamee bleibt der hellere Gesteinsteil meistens als obere Schicht erhalten. In diese Schicht graviert der Künstler ein Bild, dass sich von der unteren dunkleren Gesteinsschicht abhebt.
Mit diesem Wissen ging es nun in die Werkstatt. Hier stehen verschiedene Maschinen, die wir bereits in anderen Werkstätten gesehen hatten: Maschinen zum Zuschneiden der Steine, zum Schleifen und Bohren. Es gibt aber auch Geräte, die wir bisher noch nicht gesehen hatten. Diese Spezialwerkzeuge, fast ausschließlich eigene Entwicklungen, werden für die filigrane Handarbeit des Fräsens und Gravierens genutzt.
Edelsteingravur
Wie das Arbeiten mit diesen Maschinen funktioniert, wurde uns sehr anschaulich gezeigt und dann hieß es für mich: ausprobieren! Auf einen kleinen Stein hatte Andreas Roth einige Striche gezeichnet. Einen davon sollte ich „ganz einfach gravieren“. Gerade ist dabei der erste Schwierigkeitsgrad, festhalten des Werkstücks das zweite Problem. Der Stein ist sehr hart und nur vorsichtig an das diamantbesetzte Schneiderad halten bringt nichts. Ich musste schon richtig festhalten und Druck aufbauen, damit überhaupt ein Erfolg zu sehen war. Dazu kam dann die Genauigkeit, um eine gerade Linie zu produzieren, was auch wirklich nicht einfach ist. Nach dieser Erfahrung bewundere ich das Kunsthandwerk und die Arbeit umso mehr.
Andreas Roth setzt nicht nur seine eigenen Entwürfe in wunderschöne Kunstwerke um. Er fertigt hauptsächlich Auftragsarbeiten an. Hat zum Beispiel ein Kunde den Wunsch ein Portrait in Stein zu verewigen, kann er (nach Absprache) ein Bild und einen passenden Stein schicken. Dann wird das Bild auf den Stein übertragen und in Handarbeit graviert. Ein Unikat, was mit Sicherheit auffällt.
Zum Abschluss unseres Besuches durften wir noch einen Blick in den Ausstellungsraum werfen. Hier gibt es wunderschöne Kameen mit verschiedenen Motiven zu sehen. Die traditionellen christlichen Motiven gehören dabei zu den großen Werken. Es gibt aber auch kleine Werksstücke mit „überraschender“ Motivauswahl – die Dinosaurierkollektion hat mir sehr gefallen.
Adresse:
Bein 42,
55743 Idar-Oberstein
Deutsches Edelsteinmuseum
Nachdem wir nun erfahren hatten, wie man früher und heute aus zunächst unscheinbaren Steinen wahre Schätze herstellt, zog es uns ins Deutsche Edelsteinmuseum.
Das Museum existiert seit 1973 und befindet sich in der wunderschönen Villa „Purpers Schlößchen“ in Idar-Oberstein. Über 4 Millionen Besucher haben das Museum seit der Gründung besucht und die über 10.000 Exponate bewundert. Wir waren also sehr gespannt, was uns erwarten würde.
Über 4 Etagen erstreckt sich die Ausstellungsfläche des Museums. Im Untergeschoss zeigt der Betreiber Sonderausstellungen mit wechselnden Themenschwerpunkten, in den drei oberen Stockwerken befindet sich die Dauerausstellung. Viele der Exponate sind Leihgaben der ansässigen Schleifer-Familien, die einen wundervollen Präsentationsrahmen für ihre Werke vorfinden.
Rundgang durch das Deutsche Edelsteinmuseum
Nachdem wir die wunderschöne Villa betreten hatten, ging es für uns zunächst durch die Räume im Erdgeschoss. Hier dreht sich alles um das Thema Ursprung der Edelstein-Industrie und Gemmologie, die Edelsteinkunde. Wir entdecken heimische Achate und Quarze, die den Grundstein für die Edelstein-Industrie der Region gelegt haben. Jeder Stein weist eine andere Farbigkeit, eine eigene Musterung / Zeichnung auf.
Sehr interessant fand ich die Modell-Edelsteinschleifereien, die hier den Arbeitsprozess veranschaulichen. Durch unsere vorangegangenen Besuche in der Historischen Wasserschleife und bei den Künstlern der ManufakTour erkannte ich einige Maschinen und Arbeitsschritte wieder. Toll, wenn man so einen direkten Vergleich hat.
Nicht nur heimische Achate werden im Deutschen Edelsteinmuseum präsentiert. Der Besucher kann Steine aus der ganzen Welt bewundern. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts importierten die Firmen viele Steine aus Brasilien, die der Industrie zu einem großen Aufschwung verhalfen. Wunderschön geschliffene Steine werden hier präsentiert.
Das Thema Edelsteinkunde (Gemmologie) erinnerte mich sehr an meine Geologiekurse in der Universität. Chemische Zusammensetzungen, physikalische Eigenschaften und Merkmale von verschiedenen Edelsteinen werden hier einfach und verständlich erklärt. Sehr spannend fand ich auch den Einblick zum Thema synthetische Kristalle und die Information über die Verwendung von Diamanten und Edelsteine in der Industrie.
Im ersten Obergeschoss präsentiert das Deutsche Edelsteimuseum die Vielfalt der Edelsteine. In den Vitrinen glitzert und blinkt es in den unterschiedlichsten Farben. Gezeigt werden zum Beispiel die Gruppe der Quarze oder Granate, vom Bergkristall bis zum Opal, Steine in den unterschiedlichsten Größen, Formen und Farben einfach wunderschön. Einige der Namen, wie zum Beispiel Aquamarin oder Lapis-Lazuli kommen mir bekannt vor, andere wie zum Beispiel Spektrolith oder Amazonit habe ich noch nie gehört. Während ich von Objekt zu Objekt schlenderte konnte ich mich überhaupt nicht entscheiden, welcher Stein mir am besten gefällt.
Edelsteinkunst
Den Abschluss der Dauerausstellung bilden Objekte, die aus Edelsteinen hergestellt worden sind. Im zweiten Obergeschoss stehen die unterschiedlichsten Kunstobjekte. Es gibt Künstler, die die Steine in Tiere verwandelt haben. Die Schnecke wirkt auf mich so realistisch, dass ich kaum glauben kann einen „Stein“ vor mir zu sehen.
Beeindruckt bin ich auch von den Gemmen, historischen Siegeln und Gefäßen. Ein Objekt zieht meine Aufmerksamkeit besonders auf sich. Die wundervolle Arbeit stammt von Andreas Roth, den wir gerade bei der ManufakTour kennengelernt hatten. Zu recht, so finde ich, steht dieses außergewöhnliche Stück in einem Museum.
Ein beindruckendes Museum, eine tolle Ausstellung und damit ein wirklich gelungener Abschluss rund um das Thema Edelsteine.
Tipp:
Im Hof des Museums gibt es ein Graffiti, dass sich ideal als Fotomotiv eignet.
Adresse:
Deutsches Edelsteinmuseum
Hauptstrasse 118
55743 Idar-Oberstein
Webseite Deutsches Edelsteinmuseum
Öffnungszeiten:
1.März-30.April
täglich: 10-17 Uhr
1.Mai-31.Oktober
täglich: 9.30 – 17.30 Uhr
1. November – 14. Januar
täglich 11-17 Uhr
geschlossen: 24.12., 25.12., 31.12., 15.1.- 28.2.
Eintrittspreise:
Erwachsene: 8,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten
Der Beitrag entstand im Rahmen einer Recherchereise ins EdelSteinLand.
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