Ein wirklich einmaliges Erlebnis in der dunklen Jahreszeit ist eine Fackelwanderung. In der letzten Raunacht des Jahres konnten wir im Hunsrück eine Wanderung zur Schmidtburg erleben, auf deren Rückweg wir im Schein der Fackeln unterwegs waren.
Das EdelSteinLand bietet hervorragend ausgeschilderte und zertifizierten Wanderrouten an, die durch die wunderschöne Landschaft der Region führen. Wir waren mit dem zertifizierten Nationalparkführer Michael Brzoska unterwegs und haben auf unserem Weg durch das Hahnenbachtal zur Schmidtburg nicht nur die Gegend entdeckt, sondern auch viel über die Geschichte der Region erfahren.
Doch bevor es los ging, brannte mir eine Frage auf der Seele:
Was ist eine Raunacht?
Wir haben die Wanderung am Abend der letzten Raunacht des Jahres unternommen. Diese Bezeichnung kannte ich bis dahin noch nicht und war recht froh, dazu eine Erklärung zu bekommen.
Die Raunächte werden auch als Rauchnächte oder zwölf Nächte bezeichnet (Nacht vom 20.12. auf den 21.12. (Thomasnacht) bis zur Nacht vom 5.1. auf den 6.1. (Dreikönigstag)).
Neben zahlreichen Sagen und Mythen zur Entstehung dieser Bezeichnung gibt es eine für mich recht verständliche Erklärung. So hat der Brauch vermutlich etwas mit der Zeitrechnung und dem Mondjahr zu tun. Ein Jahr aus zwölf Mondmonaten umfasst nur 354 Tage. Es fehlten also in den Mondkalendern, die keine Schaltmonate einbinden, 11 Tage und 12 Nächte um auf die gleiche Tagesanzahl wie für das Sonnenjahr mit seinen 365 Tagen zu kommen. Diese Tage außerhalb der Zeit haben die Menschen daher einfach eingeschoben.
In der Mythologie schreibt man diesen Tagen besondere Eigenschaften zu und vertritt die Meinung, dass die Gesetze der Natur außer Kraft gesetzt sind. Bestimmte Rituale sollen helfen, diese Zeit unbeschadet zu überstehen. In einigen Regionen führen die Bauern zum Beispiel das traditionelle beräuchern der Ställe mit Weihrauch durch den Priester oder den Hofbauern durch.
Wanderung zur Schmidtburg
Unsere Wanderung startete auf einem Parkplatz in der Nähe von Bundenbach. Der genauen Streckenverlauf ist auf der Karte ersichtlich.
Auf dem Parkplatz findet man eine Übersichtskarte der näheren Umgebung, in der die möglichen Wanderrouten eingezeichnet sind. Es gibt einige Wanderwege, die dort starten wie zum Beispiel der Soonwaldsteig, der Saar-Hunsrück-Steig und die Traumschleife Hahnenbachtaltour.
Mir fiel allerdings etwas ganz anderes auf, das mich zunächst mehr interessierte. Direkt am Parkplatz steht die Schinderhannes Tränke.
Wer war Schinderhannes?
Johannes Bückler, der im Volksmund auch Schinderhannes genannt wird, lebte von 1779 bis 1803. Er war zu seiner Zeit einer der bekanntesten Räuber, dem mindestens 211 verschiedene Straftaten zugeschrieben werden. Von Diebstahl bis zum Mord soll er nahezu jede Tat verübt haben.
Seine erste Straftat beging er bereits als Jugendlicher und als er zum zweiten Mal im Gefängnis saß lernte er Mitglieder der berüchtigten Hunsrückbande kennen, die die Gegend unsicher machten. Mit ihnen zog er dann nach der Entlassung umher.
Etwa um 1800 verlegte Schinderhannes seinen Aufenthaltsort auf die halb verfallene Schmidtburg und zog von dort zu weiteren Raubzügen aus. 1802 griff man ihn schließlich zum letzten Mal auf und sperrte ihn im Holzturm von Mainz ein. Das Gericht lockte ihn mit einem milden Urteil und Schinderhannes gestand Straftaten und verriet Mittäter. Der Prozess, der ihm und den Mittätern gemacht wurde, muss gewaltig gewesen sein. Alleine 400 Zeugen sagten aus. Schinderhannes wurde rechtskräftig zum Tode verurteilt und am 21.11.1803 hingerichtet.
Die Legendenbildung machte Schinderhannes schon vor seiner Hinrichtung zu einem Robin Hood des Hunsrücks. Allerdings weiß man heute, dass Schinderhannes nie den Reichen etwas nahm, um es den Armen zu geben.
Auf dem Weg zur Schutzpatronin der Bergleute
Uns führte der naturbelassene Wanderweg in den Wald zu einem kleinen Felsvorsprung. Hier steht die Figur der Schutzpatronin der Bergleute, die Heilige Barbara. Auf den ersten Blick ein ungewöhnlicher Standort für die Statue, so mitten im Wald und kein Bergwerk in Sicht.
Das klärte sich aber schnell auf. Guckt man sich die Umgebung etwas genauer an, wird man sehr unscheinbare Überreste eines Bergwerks erkennen. Man könnte das Loch zwischen den Bäumen fast übersehen, dass einst den Eingang in einen Stollen darstellte. Es ist einer von mehreren Eingängen, die hier heute kaum noch zu erkennen sind. Die Heilige Barbara wachte von ihrem Standort aus über die dort arbeitenden Bergleute.
Erster Blick auf die Schmidtburg
Nur wenige Meter weiter erreichten wir den ersten Aussichtspunkt an diesem Tag. Von dort hat man einen wundervollen Blick auf die Schmidtburg und die bewaldeten Hügel der näheren Region.
Die Schmidtburg ist die Ruine einer ehemaligen Höhenburg, die sich in einer Flusskehre im Hahnenbachtal auf einer 321 Meter hohen Hügelkuppe befindet. Eine recht ungewöhnliche Lage für eine Burg, da die Berge rund herum alle wesentlich höher sind.
Dieses hatte wahrscheinlich einen ganz praktischen Hintergrund. Oberhalb der Burgruine befindet sich die Altburg. Heute handelt es sich um eine rekonstruierte Burganlage, die in den Sommermonaten ein beliebtes Ausflugsziel in der Region darstellt. Damals lebten dort nachweislich Kelten, die Erzverhüttung und Erzabbau betrieben. Vielleicht entstand der Vorläufer der Burganlage genau an dieser Stelle, da es ein strategisch günstiger Ort zwischen dem Abbaugebiet, dem Ort der Verhüttung und der Verarbeitung war und konnte so die Transportwege schützen.
Genauer weiß man allerdings, dass die Schmidtburg um 926 von den drei fränkischen Edelherren zum Schutz gegen Ungarn-Überfälle errichtet worden ist.
Der Blick in Richtung Burgruine hat mich fasziniert und macht mich sehr neugierig auf weitere Entdeckungen direkt vor Ort.
Blei-Zinkgrube „Friedrichsfeld“
Zuerst führte uns der Wanderweg allerdings zur ehemaligen Blei-Zinkgrube „Friedrichsfeld“. Mitten auf unserem Weg überquerten wir Überreste einer Schienenanlage, die nur wenige Meter lang sind und im Nichts enden. Daneben steht eine verrostete Rolle auf einem Gestell, eine Art Winde oder Umlenkrolle. Wenige Meter weiter entdecke ich dann zugemauerte Eingänge in ein ehemaliges Bergwerk.
Schon 1857 haben an dieser Stelle des Tals Schürfstollen existiert, eine Konzession für den Abbau von Zinkerz erhielt Friedrich von Roessler allerdings erst 1858. Eine Weile bauten die Bergleute in den Stollen Erz ab, dann stellte der Besitzer den Betrieb ein.
1936 schickte man Proben aus der alten Erzgrube in ein Labor und stellte fest, dass der Erzgehalt bei 25,7% Zink und 2,5% Blei lag. Diese Werte waren so gut, dass die Verantwortlichen sich entschlossen den Betrieb 1937 wieder aufzunehmen. Die Altenberg AB förderte das Erz, dass in ihrem Betrieb in Oberhof verarbeitet wurde.
Sie legten die Schienen auf den heutigen Wanderweg und sprengten zwei Tunnel in den Berg, durch die die Loren mit Hilfe von Pferden gezogen wurden. Durch diese Tunnel führt heute der Wanderweg und ermöglicht es so, den Weg des Erzes zu verfolgen.
Die Pferde zogen die Loren zu einem Verladeplatz, der etwas oberhalb der Reinhartsmühle liegt. Dort kippte man das Gestein über Rutschen in Ackerwagen. Diese brachten das Gestein dann zum Verladebahnhof nach Kirn.
1952 entschied die Firma sich, den Betrieb stillzulegen, da er unwirtschaftlich geworden war.
Uns führte der Wanderweg vorbei an der Reinhartsmühle und entlang des Gewässerverlaufes weiter in Richtung Schmidtburg.
Besuch der Schmidtburg
Um zur Schmidtburg zu gelangen, geht es zunächst einige Meter bergauf. Es geht über den ehemaligen Zufahrtsweg, einem recht unebenen Weg, der etwas Trittsicherheit voraussetzt.
Gleich am Eingang zum Gelände der Ruine kann der Besucher auf einer Tafel einen kurzen Überblick zur Geschichte der Schmidtburg nachlesen.
Die erste urkundliche Erwähnung der Schmidtburg findet man 1084. Viele Jahre war sie einer der Stammburgen der Wildgrafen. 1258 und 1277 kam es zur Teilung des Besitzes. In Folge eines Streites zwischen den Grafen der Linien Schmidtburg und Kyrburg kam es zur Lehnensauftragung der Schmidtburg. Kurfürst und Erzbischof Balduin von Trier war nun der neue Herr der Burg und übernahm die Burg vollständig, als die Schmidtburger Linie ausgestorben war. Einige Zeit versuchten die Wildgrafen noch das Anwesen zurück zu erobern, allerdings ohne Erfolg.
Im 14. Jahrhundert lebten auf der Unterburg zahlreiche Familien von Rittern, die als Burgmänner in der Burg lebten. Während des 15. und 16. Jahrhunderts gaben diese Familien nach und nach ihre Wohnungen auf. Die Unterburg verfiel zusehends. Die Befestigungsanlagen der Burganlage zerstörten 1688 die Franzosen im Verlauf des Pfälzischen Erbfolgekrieges. Nur ein Wohnhaus und ein Wirtschaftsgebäude blieben erhalten.
In den 1970er und 1980er Jahren hat man die Burgruine rekonstruiert. Freigelegte Reste wurden aufgemauert (zu erkennen an gesägten Steinen und der Verwendung von Mörtel) und so ist heute recht gutzu erkennen, wie es dort einmal ausgesehen hat.
Die Schmidtburg gliederte sich in eine Ober- und eine Unterburg, die durch einen Graben voneinander getrennt waren. Die Oberburg bestand aus einem Bergfried und einigen Wohnhäusern.
Das gesamte Gelände ist geprägt durch Mauern, die die ehemaligen Häusergrundrisse nachbilden. Von Ende März bis Ende Oktober können Outdoorfans in diesen „Häusern“ einen Platz für ihr Zelt buchen und dort übernachten.
Während wir die frei zugängliche Burganlage erkundeten ging die Sonne unter und es wurde immer dunkler. Im schummrigen Licht verließen wir die Anhöhe und machten uns auf den Weg zu einem Grillplatz in der Nähe.
Fackelwanderung im EdelSteinLand
Es ist schon erstaunlich, wie schnell es dunkel werden kann. Es war bereits stockdunkel und nur eine Fackel zeigte uns einen Orientierungspunkt im Dunklen an. Schließlich erreichten wir eine kleine Hütte am Hahnenbach.
Dort flackerte schnell ein Feuer in einer großen Feuerschale und der Duft von frisch gegrillten Würstchen zog uns in die Nase. Eine willkommene Stärkung nach einem langen und erlebnisreichen Tag im EdelSteinLand.
Auch wenn es nun langsam kühler wurde, das Feuer wärmte uns und wir konnten die Eindrücke der Wanderung etwas Revue passieren lassen. Aber noch waren wir ja nicht wieder am Startpunkt der Wanderung angekommen.
Für den Rückweg bekam jeder eine brennende Fackel in die Hand und im Schein des Feuers machten wir uns auf den Weg zum Parkplatz. Mit einer Fackel in der Hand bin ich bisher noch nie gewandert und so musste ich mich zunächst daran gewöhnen, wohin ich gucke. Der Blick fiel fast automatisch in das helle Feuer, dadurch geblendet konnte ich aber kaum den Weg erkennen. Aber zum Glück spielte sich das schnell ein. Die Bäume rechts und links am Wegesrand wirkten im Schein des flackernden Feuers manchmal schon etwas unwirklich und so manches Knacken im Unterholz ließ einen aufhorchen. Es ist schon erstaunlich, was die anderen Sinne so wahrnehmen, wenn der Sehsinn reduziert ist. Ich empfand es als spannend, die Umgebung nur im geringen Schein der Flamme zu sehen.
Die Fackelwanderung im EdelSteinLand war ein wundervolles Erlebnis.
Die Wanderung war ein Programmpunkt einer Recherchereise ins EdelSteinLand.
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