Bei einem Besuch in Warschau gehört auf jeden Fall die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Stadt dazu. Das POLIN beschäftigt sich mit der Geschichte der polnischen Juden und war für mich ein wirkliches Erlebnis.
Viele mögen jetzt denken – ok, wieder ein Museum, dass sich mit der jüdischen Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt. Aber das ist es bei weitem nicht. Hier reist man zeitlich gesehen viel weiter zurück und erfährt viel über die mehr als ein Jahrtausend alte Geschichte der polnischen Juden.
Das Museumsgebäude
Ich komme an dem Gebäude des POLIN an und schon der Bau beeindruckt mich. Die dunklen gläsernen Außenwände werden durch einen Spalt zerteilt. Dieser soll den Riss in der Geschichte der polnischen Juden beschreiben.
Auf den Glasscheiben entdecke ich das Wort POLIN und ein weiteres Wort in hebräisch. Das soll auch POLIN heißen, was übersetzt so viel wie „Polen“ oder „Hier ruhst du aus“ bedeutet.
Das Gebäude steht an einem historischen Platz. Dieser Stadtteil war früher vorwiegend von Juden bewohnt und wurde während des Zweiten Weltkrieges in ein Ghetto umgewandelt.
Auch vor dem Gebäude entdeckt man schon einige interessante Orte. So steht hier ein imposantes Denkmal – das „Denkmal der Helden des Ghettos“.
Ein weiteres Denkmal erinnert an Jan Karski. Dieser war im Zweiten Weltkrieg ein Gesandter des polnischen Untergrundstaates und kam 1942 nach Großbritannien. Dort sagte er als Augenzeuge vor alliierten Behörden aus und berichtete von der Vernichtung der Juden.
Betritt man das Museumsgebäude und ist durch die Sicherheitskontrolle hindurch gegangen, steht man in einem hellen und freundlichen offen gestalteten Eingangsbereich. Von dort aus kann man die Daueraustellung und die jeweiligen Sonderausstellungen besuchen.
Dauerausstellung im POLIN
Ich bin durch die Dauerausstellung gegangen. Ein Audioguide (gibt es auch in deutsch) führt einen durch die 4300 m2 Ausstellungsfläche. Es sei vorab bemerkt, ich habe nicht an allen Stationen mit dem Audioguide gearbeitet und mein Besuch hat schon über 2 Stunden gedauert. Ich denke, man sollte sich 3 Stunden Zeit nehmen, wenn man die Dauerausstellung erkunden möchte.
Die Ausstellung führte mich durch acht Themengalerien, die sich jeweils einem Themenschwerpunkt widmeten.
Es beginnt mit der Entstehung der ersten jüdischen Siedlung im mittelalterlichen Polen und endet in der heutigen Zeit.
Mich beeindruckt vor allem die Vielzahl an pädagogisch gut aufgearbeiteten Stationen. An den Exponaten und Interaktionsstationen sind Erklärungen auf polnisch und englisch. Vieles ist aber auch selbsterklärend oder mit etwas ausprobieren schnell zu verstehen. Also keine Angst bei fehlenden Sprachkenntnissen.
Mich hat das rekonstruierte Gewölbe der hölzernen Synagoge aus Gwoździec besonders beeindruckt. Was für bunte fröhliche Farben. Ich habe eine ganze Weile in diesem Raum verbracht und die schönen Muster angesehen. Was für eine tolle Arbeit.
Aber auch der Bereich, in dem eine jüdische Straße der Vorkriegszeit nachgebaut worden ist, fand ich sehr interessant. Hier hat man in den „Häusern“ viele Informationen über das Leben der jüdischen Familien bekommen. Und – das war natürlich etwas für mich – auf Plakaten konnte ich beliebte Reiseziele entdecken, von denen einige sicherlich heute noch genauso attraktiv sind.
Natürlich kam auch die Zeit des Warschauer Ghettos in der Ausstellung nicht zu kurz. Ich gebe allerdings zu, dass ich bereits so viele neue Informationen aufgenommen hatte, dass ich mich mit diesem Zeitabschnitt nur kurz beschäftigt habe.
Am Ende meines Besuches war ich wirklich nahezu erschlagen von der Informationsmenge. Ich glaube, wenn man wirklich intensiv alle Punkte aufnehmen und betrachten möchte, sollte man mehrere Besuche einplanen. Man kann sich so mit den einzelnen dargestellten Bereichen intensiver auseinander setzen. Das Thema ist einfach zu ausführlich und zu gut dargestellt, als dass man hier nur „durchrennt“ und so ein unvollständiges Bild bekommt. Ich werde auf jeden Fall noch einmal mit einem anderen Blickwinkel durch das Museum der Geschichte der polnischen Juden in Warschau gehen.
Adresse:
Anielewicza 6,
00-157 Warschau, Polen
Anfahrt:
Bus: Linie 111 und 180 Haltestelle Nalewki-Muzeum
Straßenbahn: Linie 15, 18, 35 Station Muranow und Linie 17,33,41 Station Anielewicza
Öffnungszeiten:
Montag, Donnerstag, Freitag: 10-18 Uhr
Mittwoch, Samstag, Sonntag: 10-20 Uhr
Dienstag geschlossen
Achtung! Letzter Einlass immer 2 Stunden vor der Schließung!
Eintrittspreise (Hauptausstellung):
Erwachsene: 45 PLN
Audioguide: 10 PLN
Es werden Ermäßigungen angeboten!
Donnerstag: freier Eintritt in die Dauerausstellung und temporäre Ausstellung
Offenlegung: Der Besuch im Museum wurde mir kostenfrei ermöglicht.
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