Ganz in der Nähe vom Bahnhof Wittenberge befindet sich das Museum Historischer Lokschuppen Wittenberge. Hier hat der Verein Dampflokfreunde Salzwedel e.V. einen Traum für Dampflokfans entstehen lassen.
Manchmal ist es schon erstaunlich, wenn man sich die Geschichte einer Vereinsgründung und die Entstehung eines Museums anhört. Kurz nach der Wende verwirklichte sich jemand seinen Traum und kaufte einige ausrangierte Dampflokomotiven der ehemaligen Deutschen Reichsbahn. 1994 gründete sich daraufhin der Verein der Dampflokfreunde Salzwedel e.V. mit dem Ziel die alten Lokomotiven zu erhalten und in einem Museum den Besuchern zu zeigen.
Gut 18 Jahre war der Verein in Salzwedel aktiv und beschloss dann aus vielfältigen Gründen eine neue Heimat zu suchen. Auf dem Bahnbetriebswerk in Wittenberge bot sich die Möglichkeit einen großen Lokschuppen und zusätzliches Gelände zu übernehmen. Bis Ende 2012 zog man mit Sack und Pack und Eisenbahnen in die Stadt an der Elbe um. Bis heute renoviert und saniert man die Anlage, schraubt an den Lokomotiven und bietet an den Wochenenden und zu Sonderveranstaltungen Besuchern die Möglichkeit, in die Welt der Dampflok einzutauchen.
Historischer Lokschuppen Wittenberge – was kann man erleben?
Um zum Historischen Lokschuppen zu gelangen, geht man zunächst am Pförtnerhaus zum ehemaligen Bahnbetriebswerk (Bw) Wittenberge vorbei. Dahinter erstreckt sich ein von Schienen durchzogenes Gelände, dass man zum Teil heute noch als Betriebsgelände nutzt.
Zunächst geht es in das Gebäude der Lokdienstleitung, in dem sich heute der Eingang zum Museum befindet und man die Eintrittskarten kaufen kann. Früher diente das Gebäude den sogenannten Lokdienstleitern. In einem Büro meldete sich das Lokpersonal zum Dienst.
Wie man seinen Besuch im Historischen Lokschuppen Wittenberge gestaltet, ist jedem selber überlassen. Man kann zunächst im Gebäude auf Entdeckungstour gehen oder das riesige Freigelände erkunden.
Der Lokschuppen
Der Lokschuppen (erbaut 1924) ist ein großer Rundschuppen, der noch bis 1996 in Betrieb war. Ursprünglich führten 19 Gleise in den Schuppen. Nachdem drei Abschnitte im Lokschuppen umgebaut worden waren (zu Werkstätten und Lagerflächen), führen heute noch 16 Gleise in das Gebäude.
Nachdem man den regulären Betrieb im Lokschuppen eingestellt hatte, verfiel das Gebäude immer mehr und man sicherte es nur notdürftig. Der Verein der Dampflokfreunde hatte bei der Übernahme des Geländes jede Menge zu tun, um das historische Gebäude erhalten zu können. In einer kleinen Ausstellung im Gebäude findet man interessante Bilder und Informationen über diese Arbeiten.
Durch einen langen Gang, der hinter den Gleisen im Schuppen entlang führt, gelangt man in den Lokschuppen. Im Gang befinden sich historische Schilder, die in Bahnhöfen und Eisenbahnstrecken zu finden waren.
Als wir die große Fläche des Rundschuppens betreten haben, verschlug es mir erst einmal den Atem. Dicht an dicht, auf jedem Gleis, stehen die unterschiedlichsten Lokomotiven und Waggons. An einigen wird fleißig geschraubt, andere sind auf Hochglanz poliert und es sieht aus, als ob sie sofort losfahren könnten. Eisenbahnkenner werden bei ihrem Rundgang sicherlich sofort sagen – ah das ist die… Für uns sind es einfach beeindruckende und wunderschöne Maschinen.
Da fast keine Beschilderungen an den Lokomotiven vorhanden sind, war ich recht froh von einem Kenner herumgeführt zu werden. Als wir in den Führerstand einer Dampflok kletterten, hat man uns das Prinzip der Dampfmaschine erklärt und wir erfuhren so einiges über die Arbeit des Lokführers und des Heizers. Wusstet ihr, dass das Anheizen eines Kessels 5-6 Stunden dauert?
Dampflokomotive Emma
Emma ist in den 1920er Jahren von der hannoveranischen Firma Hanomag gebaut worden. Die in Wittenberge stehende Lok, war in einer Zuckerfabrik in Rethe bis 1960 zum Verschub von Güterwagen eingesetzt. Dann ging sie in „Rente“ und stand zunächst ungenutzt herum. In den 1970 er Jahren kauft sie ein Liebhaber und stellte sie in seinen Garten.
Als die Lok 2008 zum Verkauf angeboten wurde erwarb sie ein Gleisbauunternehmer. Sein Ziel, Emma sollte wieder fahren können. Gut 2 Jahre dauerte es, bis die kleine Lokomotive wieder betriebsfähig war. Seit 2010 steht sie im Historischer Lokschuppen Wittenberge und man nutzt sie gerne für Führerstandsfahrten.
Dampflokomotive Pritzwalk
Die Pritzwalk ist eine Dampflok, die 1912 in Kassel gebaut worden ist. Man hat sie in der Frankfurter Gasgesellschaft als Rangierlok eingesetzt. 1971 hat man die Lok abgestellt, dann verkauft, als Denkmal aufgestellt, wieder verkauft, als Werbung genutzt … und kam dann schließlich in Wittenberge an. Seit 2019 steht die Lok nun im Historischen Lokschuppen Wittenberge.
Diesellokomotive V 320 001-1
Neben den Dampflokomptiven findet man auch einige Diesellokomotiven im Museum. Die V320 001 ist 1962 als Einzelexemplar hergestellt worden und zählt zu den größten Diesellokomotiven der Bundesrepublik. Sie lief zunächst im Probebetrieb der Deutschen Bundesbahn und erreichte Höchstgeschwindigkeiten von 180 km/h. Die Bundesbahn entschied sich allerdings gegen den Kauf weiterer Fahrzeuge dieses Typen.
Eine Zeitlang fuhr sie anschließend für die Allgäubahn, bis sie im Mai 1967 im Bahnhof Kaufering durch einen Zusammenstoß mit einer Rangierlokomotive stark beschädigt wurde. Nach der Reparatur nutzen die Lok verschiedene Firmen, so fuhr sie zum Beispiel auch in Italien. 1998 kaufte eine Gleisbaufirma diese beeindruckende Lok und seit 2020 steht sie als Dauerleihgabe in Wittenberge.
Schienentrabbi – Gleiskraftrad Typ 1
Mich begeisterte besonders der Schienentrabbi, der schon aufgrund seiner leuchtend gelben Farbe sofort ins Auge fällt. Mit der motorisierten Draisine können 2 Personen fahren. Angetrieben von einem Trabbimotor nutzte man dieses Fahrzeug für die Kontrolle von Gleisen.
Unterwegs im Außengelände des Historischen Lokschuppens Wittenberge
Nachdem man die wunderschönen Lokomotiven im Lokschuppen gesehen hat, kann man das Außengelände und die dort stehenden Waggons und Lokomotiven entdecken.
Zunächst geht es entlang der großen Drehscheibe. Die ankommenden Lokomotiven werden auf dieser Anlage gedreht und können so im Lokschuppen verteilt werden. Sie kann elektrisch, per Druckluft oder per Muskelkraft angetrieben werden.
Der Wasserturm mit dem dazu gehörigen Wasserkran ist nach wie vor in Betrieb. In dem Turm befindet sich ein riesiger Stahltank mit Wasser. Dampflokomotiven können hier ihren Tank auffüllen.
Natürlich findet man auch zahlreiche Waggons und Lokomotiven auf dem Gelände des Museums. Spannend ist zum Beispiel, dass hier ein Autotransportwaggon steht, der zum 1. Regierungszug der DDR gehörte. Glücklicher Weise konnte der Waggon vor der Verschrottung gerettet werden.
Katastrophenzug
Besonders spannend finde ich den Katastrophenzug. Die Waggons, die hier in Wittenberge stehen sind ursprünglich dazu gedacht gewesen, bei Naturkatastrophen oder schweren Unglücken die Versorgung von verletzten und kranken Personen zu gewährleisten. In der DDR gab es 14 dieser Züge, die jedoch meistens im Manöver als mobiles Lazarett oder zum Transport von erkrankten oder verletzten Soldaten der Sowjetischen Streitkräfte genutzt wurden.
Der Zug bestand aus zwei Bettenwagen mit dreistöckigen Etagenbetten, einem Vorratswagen, einen Küchenwagen, einem Maschinenwagen und einen voll ausgestatteten OP-Wagen. In Wittenberge stehen ein OP-, ein Küchen- und ein Maschinenwagen.
Historischer Lokschuppen Wittenberge – lohnt es sich?
Uns hat der Besuch gefallen. Der Verein betreibt das Museum mit viel Energie, Begeisterung und Liebe zur Eisenbahn. Wir waren fast zwei Stunden auf dem Gelände unterwegs und es gab noch so viel mehr zu entdecken. Wir haben uns auf jeden Fall vorgenommen noch einmal, dann während einer Veranstaltung, den Historischen Lokschuppen zu besuchen, um die wunderschönen Fahrzeuge auch einmal in Aktion erleben zu können.
Adresse:
Am Bahnhof 6
19322 Wittenberge
Öffnungszeiten außerhalb der Veranstaltungen:
Anfang April -Mitte Oktober
Samstag: 10-17 Uhr (letzter Einlass 16:00 Uhr)
An einigen Wochenenden im Jahr finden Sonderveranstaltungen statt.
Eintrittspreis außerhalb der Veranstaltungen:
Erwachsene: 5,00 €
Der Besuch im Historischen Lokschuppen Wittenberge fand im Rahmen einer Recherchereise statt.
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