Einer der größten Stauseen in Europa liegt in Nordhessen mitten im Nationalpark Kellerwald-Edersee. Eingebettet zwischen sanften Hügeln kann der Urlauber eine einzigartige Landschaft entdecken.
Der Edersee lockt jedes Jahr zahlreiche Besucher in die Region. Ob Wassersport oder Wandern im Nationalpark, ein Besuch im Schloss Waldeck oder eine Fahrt mit der urigen Waldecker Bergbahn, langweilig wird es hier bestimmt nicht.
Bei einem Halbtagesausflug zum Edersee konnte ich einen kleinen Einblick in die wunderschöne Gegend gewinnen und bin mir sicher, dort werde ich nicht zum letzten Mal gewesen sein.
Ankunft in Hemfurth-Edersee
Nach einer gut 10 Kilometer langen Wanderung durch den Nationalpark erreichten wir den Luftkurort Hemfurth-Edersee, der direkt an der Edertalsperre liegt.
Der Ortsteil Edersee entstand im Zuge des Baus der Talsperre. Hier baute man für die Mitarbeiter der Talsperrenverwaltung Häuser, die passend zur Staumauer in Grauwacke-Steinen errichtet wurden.
Gleich am Ortseingang befindet sich ein großer kostenpflichtiger Parkplatz. Von dort sind es noch etwa 300 Meter bis zum bekanntesten Bauwerk des Ortes, der Staumauer. Der Bereich direkt an der Staumauer ist für den Autoverkehr gesperrt!
Auf dem Weg zur Staumauer kommt man an zahlreichen Restaurants und Souvenirgeschäften vorbei. Wir haben im Restaurant „Zur Kaiserbuche“ einen Stopp eingelegt und uns nach der Wanderung gestärkt. Auch dieses Gebäude besteht aus Grauwacke-Steinen, die beim Bau der Staumauer verwendet wurden. Mir hat das Essen geschmeckt und vom älteren Ehepaar am Nachbartisch wurde uns versichert, dass der Kuchen hervorragend sei.
Eine gigantische Staumauer am Edersee
Einer der größten Stauseen in Deutschland liegt unterhalb des Waldecker Schlosses direkt in Hemfurth-Edersee. Die Eder wird genau in diesem Ort durch eine Staumauer zu dem Stausee aufgestaut.
Das Wasserstraßengesetz vom 1.4.1905 war der Anlass für den Bau der Talsperre. Durch das Gesetz wollte man zum Beispiel den Schiffsbetrieb auf der Weser und dem Mittellandkanal sichern, indem man Talsperren errichtete.
Baubeginn für die Edertalsperre war 1908, die Kosten für das Bauwerk beliefen sich auf 25 Mio. Mark. Bevor das Wasser allerdings aufgestaut werden konnte, mussten etwa 900 Menschen ihre Häuser verlassen, die im Tal der Eder lagen. Die Dörfer Asel und Bringhausen wurden zum Teil abgerissen oder abgetragen und an einer höher liegenden Stelle wieder aufgebaut. Alte Grabstellen auf den Friedhöfen verlegte man nicht. Diese versah man mit Beton-Einfassungen und -deckeln. Zu bestimmten Zeiten, wenn wenig Wasser im Stausee vorhanden ist, tauchen diese aus dem Wasser auf. Es gab auch Dörfer und Höfe, die man einfach überspült hat, nachdem die Bewohner umgesiedelt worden waren.
Noch bevor die gigantische Staumauer eingeweiht wurde, kam 1911 Kaiser Wilhelm II. auf die Baustelle, um sich persönlich von den Fortschritten zu überzeugen. Die eigentliche Einweihung sollte 1914 stattfinden, der Ausbruch des 1.Weltkrieges verhinderte aber eine Feier.
Die Staumauer ist ein wirklich gigantisches Bauwerk. Sie ist leicht gekrümmt und man kann auf der 6 Meter breiten und 400 Meter langen Krone entlang laufen. Gut 300.000 m³ Bruchsteinmauerwerk hat man verarbeitet. Ich finde diese Zahl unvorstellbar groß und selbst die Vorstellung, dass das der Inhalt von 300.000 großen Mülltonnen ist, vereinfacht es nicht wirklich sich die Menge vorzustellen.
Eine große Tragödie ereignete sich am 17.Mai 1943, also während des Zweiten Weltkrieges an der Ederseestaumauer. Die Royal Air Force warf kurz vor 2 Uhr nachts eine extra für diesen Zweck konstruierte Bombe kurz vor der Staumauer ab. Diese hüpfte über die Wasseroberfläche, sank kurz vor der Mauer im Wasser ab und detonierte in einer zuvor festgelegten Höhe. In der Mauer entstand ein Loch von etwa 22 Meter Höhe und gut 70 Meter Länge. Pro Sekunde strömten augenblicklich 8.000 m3 Wasser durch die Öffnung, bis etwa 80 % des Beckens geleert waren. Eine 6-8 Meter hohe Flutwelle schoß durch das untere Edertal, das Fuldatal bis ins Obere Wesertal und überraschte die Menschen in der Nacht. Hunderte von Häusern, Straßen, Brücken und Fabriken wurden innerhalb kürzester Zeit zerstört, die genau Anzahl der Todesopfer ist bis heute nicht bekannt.
Noch im selben Jahr bauten Zwangsarbeiter die Staumauer wieder auf, Hilfskräfte der Hitlerjugend und des Reichsarbeitsdienstes halfen beim Wiederaufbau der Häuser und der Infrastruktur.
Auf der Staumauer zur anderen Seite des Edersees
Während ich über die Staumauer gehe, fällt es schon sehr auf, wie wenig Wasser im Stausee vorhanden ist. Der Edersee wird neben dem Regenwasser durch den natürlich Wasserzufluss der Eder gespeist. Bei Trockenheit kann es so vorkommen, dass nur 1 m³ pro Sekunde in den See fließt, während zum Beispiel zur Schneeschmelz bis zu 740 m³ pro Sekunde einfließen.
Im April 2021 wurde durch den starken Wasserzufluss der höchste Wasserpegelstand seit 14 Jahren mit 245,08 Meter erreicht . Dieser lag gut 11 Zentimeter über den Überlaufschwellen, die in der Staumauer existieren. Zeitweise hat man bis zu 80.000 Liter Wasser pro Sekunde aus allen 39 Überläufen der Mauerkrone abgelassen, um die Sicherheit des Bauwerks nicht zu gefährden. Bei meinem Besuch hatte man aus dem Stausee auch Wasser abgelassen, um den Wasserfluss der Weser und des Mittellandkanals zu regulieren und die Schifffahrt zu gewährleisten. Zusätzlich fehlte der Wasserzufluss durch die Trockenheit des Sommers.
Guckt man auf der wasserabgewandten Seite von der Staumauer herunter, kann man das Gebäude des Speicherwasserkraftwerks sehen. Hier erzeugt man den Strom für die Region.
Schifffahrt auf dem Edersee
Auf der andere Seite der Staumauer angekommen, entdeckt man zahlreiche Bootsanleger mit kleineren Booten, die man sich für eine kleine Tour auf dem See ausleihen kann.
Wer sich fahren lassen möchte, steigt am besten in eins der Ausflugsschiffe der Personenschifffahrt Edersee. Wenn ausreichend Wasser im See ist, bieten die Schiffe die Möglichkeit den gesamten See zu befahren. Es gibt insgesamt 8 Anleger zum Zu- und Aussteigen.
Wie schon festgestellt, war bei meinem Besuch am Edersee sehr wenig Wasser im See. Die Route konnte nicht vollständig befahren werden und der Weg zum Schiff war schon etwas besonderes. Ein extra angelegter Weg führte von der Straße in recht steilen Serpentinen hinab zum Wasser. Einen Kinderwagen oder einen Rollstuhl dort hinunter zu schieben ist mehr als sportlich, wenn nicht sogar nicht machbar. Dabei ist der Einstieg in das Schiff – es legt mit dem Bug am Ufer an – durch eine Rampe wunderbar einfach und ohne Schwellen, also bei mehr Wasser und einfacherem Zugang bis zu Schiff barrierearm.
Das Schiff fuhr uns zu der zu diesem Zeitpunkt einzigen anderen Anlegestelle im See. Dazu umrundeten wir eine großen Felsen mitten in dem See, der bei normalem Wasserstand nahezu vollständig unter Wasser liegt und nur durch Bojen sichtbar ist.
Am Ufer ragten steile Hänge empor und der Edersee bot so eine ganz andere Optik als zu Zeiten mit hohem Wasserstand. Ich habe die kurze Fahrt sehr genossen. Die genauen Abfahrtzeiten und Preise sollte man tagesaktuell auf der Webseite der Personenschifffahrt Edersee nachschauen.
Unterhalb der Burg Waldeck legte das Schiff an und ein sehr steiler Weg führte uns hoch zum eigentlichen Straßenniveau.
Fahrt mit der Kleinkabinenbahn nach Waldeck
Nicht weit vom Schiffsanleger befindet sich die Talstation der Waldecker Bergbahn. Vom westlichen Fuß des Schlossbergs an der Landesstraße 3256 am Übergang der Straßenbezeichnung Abelauf/Seestraße fährt die 1961 erbaute Kleinkabinenbahn auf den Schlossberg zwischen dem Ort Waldeck und dem Schloss Waldeck.
Ich muss zugeben, auf diese Fahrt hatte ich mich sehr gefreut. Diese kleinen eiförmigen Zweipersonen-Gondeln erinnern mich an viele wunderschöne Skireisen in die Schweiz, wo wir die ersten Jahre mit ähnlichen Gondeln den Berg hoch gebracht wurden.
Viel Platz ist nicht in der kleinen Kabine. Die Tür wird noch mit der Hand verschlossen und dann wartet man darauf, dass ein Mitarbeiter die Fahrt mit dem Zug an einem Griff auslöst. Die Gondel rutscht dann auf das 24 Millimeter dicke Stahlsein und krallt sich dort fest.
Die Strecke, die die Seilbahn überwindet, beträgt 120 Höhenmeter auf einer Länge von 650 Metern. Insgesamt gibt es 28 Kabinen, die gut 720 Passagiere pro Stunde transportiert können. Wer gerne sein Fahrrad mit den Berg hinauf (oder auch herunter) nehmen möchte, für den gibt es spezielle Fahrradgondeln.
Leider ist die Fahrt viel zu schnell vorbei. In der Bergstation angekommen wird die Tür wieder aufgeschlossen und man verlässt die Gondel.
Die genauen Betriebszeiten und Fahrkosten kann man auf der Webseite der Waldecker Bergbahn nachlesen.
Waldeck und die Geschichte von Erck
Die Bergstation der Seilbahn befindet sich genau zwischen dem Ort Waldeck und dem Schloss Waldeck.
Ein Fußweg führt zur Schlossanlage hinauf. Aber bevor man sich auf den Weg macht, sollte man einen kurzen Stopp bei Erck dem Herrscher der Hollen machen. Zu dieser doch recht merkwürdigen Figur gibt es eine Legende, die man sich bis heute erzählt:
Der Erbauer von Schloss Waldeck schloss vor über 1.000 Jahren mit dem Zwergenvolk der Hollen einen Vertrag. Er versprach Erck, dem Herrscher des Zwergenvolks der Ederberge die Bergestiefel unter dem Schloss für alle Zeiten als Besitz. Im Gegenzug verpflichtete sich Erck die Burg felsenfest zu erbauen, so dass sie niemals fallen würde. Ferner versprach Erck in seinem Reich das Recht zu hüten und Unrecht zu bestrafen.
Der Treuestein an dem die Staue steht, soll der Ort sein, wo der letzte Schlossherr begraben ist. Noch heute kommen hier die Zwerge für Versammlungen her. Stirbt ein Waldecker Graf oder Fürst schlägt Erck mit seinem goldenen Hammer dreimal auf den Felsen. Funken sprühen, die als das Leuchten der Hollen bezeichnet werden und ein Zeichen für alle Hollen ist, zum Versammlungsort zu kommen, um dem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Im Anschluss schwören sie dem neuen Herrscher die Treue. Es folgen drei weitere Hammerschläge und die Hollen verschwinden wieder.
Eine wirklich schöne Geschichte…
Oberhalb der Statue befindet sich eine Aussichtsplattform, von der man einen tollen Blick auf das Schloss und den Stausee hat.
Burg Waldeck
Nach dem Besuch bei Erck geht es nun den Berg hinauf in Richtung Schloss Waldeck. Seit dem 12. Jahrhundert steht die schlossartig gebaute Burganlage hoch über dem Edersee. Bis 1655 war die Burg die Resident des Grafen von Waldeck. Nachdem die Familie nach Arolsen umgezogen war, nutzte man das Gebäude recht unterschiedlich: Festung mit Sitz eines Schlosskommandanten, Kaserne, Zuchthaus und Frauengefängnis (1734-1868).
Der Fußweg führt durch zwei Tore in den Burghof. Den Nordbau hat einst die Familie von Waldeck bewohnt. Im Osten steht der Bergfried mit seinen über drei Metern dicken Mauern. Er gehört zu den ältesten noch erhaltenen Gebäudeteilen der Schlossanlage. Im Westen der Anlage befindet sich der Obere Torbau mit dem achteckigen Uhrenturm.
Heute wird der Gebäudekomplex des Schlosses von einem Hotelbetrieb, einem Restaurant und einem Museum genutzt.
Mich zog es auf die Altane, eine große Terrasse, von der aus man einen traumhaften Blick auf den Edersee hat. Genau der richtige Blick auf die Orte, die ich bei meinem Halbtagesausflug am Edersee kennengelernt habe und ein passender Abschluss des Besuches.
Der Ausflug zum Edersee war ein Bestandteil des Blogger Retreats von Antje Zimmermann in Zusammenarbeit mit dem Maritim Hotel Bad Wildungen.
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