Den Bismarckturm in Weißenfels besuchen, das wollten wir auf keinen Fall verpassen und so machten wir uns auf den Weg zum Turm.
Wie sind die Bismarcktürme entstanden?
1898 riefen die Deutschen Studentenschaften dazu auf, Otto von Bismarck für seine Leistungen für die nationale Einheit und die Sozialpolitik in Deutschland zu ehren. Sie forderten, bleibende Wahrzeichen in Form von Türmen zu errichten. An bestimmten Tagen, wie dem Geburtstag Bismarcks, sollte auf den Türmen eine Befeuerung möglich sein. Ursprünglich war sogar angedacht, dass die Türme immer so positioniert sein sollten, dass man den Feuerschein des Nachbarturms sehen konnte.
Bis 1934 erbaute man weltweit etwa um die 238 Bismarcktürme und Bismarcksäulen.
Alle Türme sollten, nach Vorstellungen der Studenten, in etwa gleich aussehen:
quadratischer Grundriss, mehrstufiger Unterbau, Ecken bestehend aus 4 Säulen und kapitellartiges Gesims als Überbau für die Feuerschale.
Der größte Teil der Türme wurde in Deutschland errichtet. Es befinden sich aber auch Bismarcktürme in Dänemark, Österreich, Frankreich, Tschechien, Polen, Russland, Chile, Papua-Neuguinea, Tansania und Kamerun.
Weltweit sind heute noch 172 Türme soweit erhalten, dass man sie besichtigen kann. In Sachsen-Anhalt gibt es heute noch 15 Bismarcktürme und einer davon steht in Weißenfels auf dem Klemmberg.
Über den Bismarckturm in Weißenfels
Im Herbst 1902 regte man in Weißenfels an, einen Bismarckturm zu errichten. Zunächst sollte nur eine Säule errichtet werden, aber die Bevölkerung spendete viel Geld, die den Bau des Turms möglich machte. Die Grundsteinlegung erfolgte 1906 auf dem Klemmberg in Weißenfels.
Der Bismarckturm hat einen quadratischen Grundriss von 11m x 11m und ist 21Meter hoch. Für den Bau verwendete man Sandstein, Bruchsteine und Beton. Was mich besonders fasziniert ist die Bauweise der Wände. Sie bestehen aus 3 Schichten, die innere Schicht wurde dabei aus alten Grabsteine erbaut. Diese stammten von einem Friedhof in Weißenfels.
Am 25.8.1907 konnte das Bauwerk eingeweiht werden. Er war ein beliebtes Ausflugsziel vieler Weißenfelser und ein wunderbarer Aussichtspunkt über die Stadt.
Turmgeschichte nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Turm eher unbeachtet in Weißenfels. Die Treppe im Inneren war verschwunden, man kam nur noch von außen kletternd in die obere Etage.
Der eigentlich funktionslose Turm war ein Streitpunkt in der Stadtpolitik. Von Reaktivierung zum Aussichtsturm bis zur Sprengung waren viele Ideen im Gespräch. Zunächst setzte sich keine Idee durch und da Bismarck nicht unbedingt zu den politischen Idealfiguren der Zeit gehörte, entschloss man sich, den Turm in Keplerturm umzubenennen (nach dem Mathematiker und Astronom Johannes Kepler). Später entfernte man dann die preußisch-militärischen Symbole nicht gerade vorsichtig. Glücklicher Weise gelang es einen Anwohner einen der Adler zu retten, die den Turm zierten.
Nach der Wiedervereinigung bekam der Turm seinen ursprünglichen Namen zurück. Er war inzwischen aufgrund fehlender Instandhaltungsmaßnahmen in einem desolaten baulichen Zustand und musste gesperrt werden.
Bei einem Fest 2005, das rund um den gesperrten Turm stattfand, kam die Idee auf, den Turm zu sanieren. Der Weißenfelser Bismarckturm Verein e.V. gründete sich und plante, organisierte und realisierte die Sanierung mit viel Engagement und vor allem Eigenarbeit. Schon 2007 war der erste Bauabschnitt beendet und der Turm erstrahlt mit einer neuen Turmkuppel. Noch trug die Kuppel keinen Adler, das sollte erst einige Zeit später geschehen.
Anschließend begannen die Vereinsmitglieder die Zwischendecken und Treppen der 4 Etagen zu erneuern, es wurden Fenster eingesetzt, Strom gelegt und schließlich ab 2010 die Außenfassade instand gesetzt. Krönender Abschluss war das Aufstellen der 4 steinernen Adler, die aus Sandsteinblöcken nach dem Vorbild des geretteten Adlers angefertigt werden konnten. Nun fehlte noch das Bismarckrelief über dem Eingang. Dieses fand 2014 seinen Platz.
Heute ist der Bismarckturm in Weißenfels ein beliebter Aussichtspunkt.
Unser Besuch auf dem Bismarckturm
Das Tor zum Gelände auf dem der Bismarckturm steht hat heute nur ausnahmsweise geöffnet. Bei wunderschönem Sonnenschein betreten wir die liebevoll gepflegte Anlage und treten vor den Turm. Ich fühle mich schon recht klein neben dem massiven Bauwerk. Ein bißchen erinnert mich der Turm im unteren Bereich an einen Festungsturm und oben an einen Leuchtturm. Zunächst erfahren wir das wichtigste zur Turmentstehung und der Sanierung des Turms. Ich bin begeistert, was für eine Leistung die Mitglieder des Weißenfelser Bismarckturm Verein e.V. über viele Jahre erbracht haben, um dieses sehenswerte Bauwerk zu erhalten. Ich bin schon gespannt, wie der Turm von innen aussieht.
Wir treten durch die Tür in den Turm und eine angenehme Kühle umfangt uns. Die dicken und massiven Mauern lassen die Wärme nicht herein. Ich kann mir vorstellen, dass es im Winter hier richtig eisig kalt ist. Die Wände bestehen aus naturbelassenen Steinen und obwohl sicherlich nie ein Bauherr an die Akustik gedacht hat, herrscht hier eine angenehme Ruhe. Nur durch die offene Tür hört man die Geräusche von draußen, als diese sich hinter uns schließt, ist es ganz ruhig im Turm.
Eine moderne Treppe führt nach oben, zwischendurch kommt man an eingezogenen Zwischenetagen an. Hier gibt es auf Tafeln Informationen zum Turm nachzulesen. In der ersten Zwischenetage ist in den Boden eine durchsichtige Platte eingelassen, die einen Blick in das Erdgeschoss ermöglicht.
Nach 64 Stufen kommen wir oben im Turm an. Was für ein schöner Ausblick! Wir können über die Stadt gucken und entdecken sogar einige Orte, die wir bereits besucht haben. Mir kommt der Gedanke eines Festungsturms wieder in den Kopf – von hier hätte man bestimmt gut nach Feinden oder Feuer Ausschau halten können. Aber zu diesem Zweck hat man denTurm ja nicht errichtet.
Wir stehen eine Weile oben im Turm und genießen den Ausblick, bevor wir uns wieder auf den Weg nach unten begeben.
Ich bin begeistert von der Geschichte des Bismarckturms in Weißenfels, der Aussicht und der tollen Führung – vielen Dank!
Adresse:
Erich-Lattermann-Straße 1
06667 Weißenfels
Webseite Bismarckturm in Weißenfels
Öffnungszeiten:
April – Oktober:
jeden zweiten & letzten Sonntag im Monat: 14-17 Uhr
Eintrittspreis:
pro Person: 1,-€
Was wir noch in Weißenfels erlebt haben: Besuch im Heinrich-Schütz-Haus, Besuch im Schloss Neu-Augustusburg, Stadtrundgang, Besuch der Allwetterrodelbahn.
Offenlegung: Während unserer Bloggerreise in der Saale-Unstrut-Region war der Besuch und die Führung ein Programmpunkt in Weißenfels, den wir erleben durften. Der Bericht ist unabhängig zu unserem Besuch entstanden.
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