Zeitz hat eine wirklich interessant Industriekultur, die man unbedingt entdecken sollte. Wir haben uns in der ehemalige Brikettfabrik Herrmannschacht umgesehen. Ein wirklich spannender Ausflug in die älteste erhaltene Brikettfabrik der ersten Generation!
Entstehung der Brikettfabrik Herrmannschacht
1858 entstand in Zeitz eine Zuckerfabrik. Der Fabrikdirektor Richard Herrmann ließ für die benötigte Energie in der näheren Umgebung von Zeitz Braunkohlefelder in 65 Meter Tiefe erschließen. 1880/81 entstand dann gegenüber der Zuckerfabrik eine Eisenbahn-Kohleverladestation. Diese war über einer Seilbahn mit dem Schacht verbunden. Die Seilbahn endete ab 1883 unmittelbar im Kesselhaus der Brikettfabrik, diese erhielt den Namen des Fabrikbesitzers.
Anfangs existierte hier noch eine Nasspressfabrik für die Brikettherstellung. 1889 wurde diese durch eine moderne Brikettfabrik ersetzt. Der Braunkohlestaub wurde hier nur durch Pressung ohne Bindemittelzgabe in Briketts verwandelt. Moderne Geräte wie riesige Tellertrockner und Pressen erleichterten die Arbeit.
Bis 1959 stellte man hier nun Briketts her, ohne dass der Betrieb grundlegend modernisiert wurde. 1961 stellte man die Anlage unter Denkmalschutz. Dennoch wurden einzelne Anlagenteile demontiert.
1994 gründete sich der Verein „Mitteldeutscher Umwelt- und Technologiepark e.V.“ (MUT) und begann schrittweise die Rekonstruktion der Anlage vorzunehmen.
Hereinspaziert in die Anlagen
…das ist nicht ganz so einfach. Heute liegt die Anlage mitten in einem Industriegelände und kann nur durch einen Sicherheitszaun betreten werden. Also bitte nicht abschrecken lassen und einfach am Zaun am „Klingelknopf“ um Einlass bitten. Dann öffnen Mitarbeiter das Tor und man kann die gut 50 Meter bis zur Anlage laufen.
Gleich am Eingang stehen die ersten „Schmuckstücke“, die Eisenbahnern glänzende Augen bescheren: eine Diesellok und eine Dampflok.
Am Tag unseres Besuches fand auf dem Gelände der Gründermarkt statt. Wir hatten bei einer Führung, noch bevor die Tore für das Publikum geöffnet wurden, die Gelegenheit die Brikettfabrik Herrmannschacht zu entdecken. Und es gab wirklich jede Menge zu sehen, von dem ich überhaupt keine Ahnung hatte. Ich habe nie mit Briketts geheizt und habe mich auch bis zu diesem Zeitpunkt nie mit der Herstellung von Briketts beschäftigt.
Es war schon beeindruckend, dem Weg der abgebauten Kohle in der Fabrikanlage zu folgen. Von der Verladestation, zum Brecher – er zerkleinert die Kohle, zum Tellertrockner bis zur Einstrangpresse. An jeder Station bekamen wir genaue Informationen zum Prozessablauf der Herstellung. Ich fand es sehr erstaunlich, wie groß einzelne Anlagenteile waren.
Während wir auf unserem Rundgang waren, trafen wir auf Zeitzeugen, die hier noch als Kind Briketts mit dem Handwagen abholten und später sogar hier arbeiteten. Gerade die Erzählungen machten die stillgelegte Brikettfabrik Herrmannschacht gleich viel lebendiger und brachten uns den Ablauf noch einmal viel näher.
Modelleisenbahn
Ein kleiner Höhepunkt der Ausstellung liegt nahezu unbeachtet am Rand des Geländes. Hier hat ein Vereinsmitglied mit viel Leidenschaft eine riesige Modelleisenbahn aufgebaut. Die Anlage war für seine eigenen Räume zu groß geworden und hier konnte er den Platz nutzen.
Da es zu DDR-Zeiten nur schwer möglich war an Schienen zu kommen, hat er diese aus alten Gardinenschienen selber angefertigt.
Leider steht die Anlage nun still, da keiner die Zeit und das Know-how hat sich darum zu kümmern. Über Eisenbahnfans, die hier gerne ihre Freizeit verbringen möchten und die Bahn wieder in Schwung bringen, freut sich der Verein bestimmt.
Ofenausstellung
Bevor wir uns von der Brikettfabrik Herrmannschacht verabschiedeten, sind wir noch in eine weitere Ausstellung gegangen, die mich wirklich begeistert hat. Die Ofenausstellung befindet sich in dem ehemaligen Turmhaus der Anlage.
Hier haben wir zunächst Schmuckbriketts bewundert. Diese hat die herstellenden Brikettfabrik aufwendig mit Texte und Bild geprägt. Die Prägung färbte man anschließend von Hand ein. Natürlich sollten diese Schmuckstücke nicht verheizt werden, sondern waren als Geschenk gedacht. Bei besonderen Anlässen, wie zum Beispiel Eröffnungen von Fabrikteilen oder Jubiläen verschenkte man die Braunkohlestücke. Zu DDR-Zeiten standen oft auch politische Botschaften auf dem Brikett.
Natürlich kann man in der Ofenausstellung auch die unterschiedlichsten Öfen entdecken. Viele von der Öfen beheitzte man mit Holz oder Briketts. Ich gebe zu, auch wenn ich nicht gerne darauf kochen möchte, die Öfen selber könnte ich mir als wunderschönes Dekorationselement in der Wohnung durchaus vorstellen.
Achtung: Die Brikettfabrik Hermannschacht kann man nur im Rahmen einer Führung besichtigen!
Adresse:
Naumburger Straße 99
06712 Zeitz
Telefon: 03441/228655
herrmannschacht@t-online.de
Webseite
Führungen:
Mai – Oktober:
Dienstag – Freitag 10:00 Uhr / 12:00 Uhr
Samstag 10:00 Uhr
Sonntag 15:00 Uhr
November – April:
Führungen nur nach vorheriger Anmeldung
Eintritt:
Erwachsene: 7,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Offenlegung: Der Besuch in Zeitz fand im Rahmen der Bloggerreise in die Saale-Unstrut-Region statt. Der Besuch der Brikettfabrik Herrmannschacht war für uns kostenfrei. Vielen Dank! Der Bericht entspricht unseren eigenen Eindrücken und ist unabhängig dazu entstanden.
Reiner Eckel
Ein schöner lebendiger Beitrag und zugleich exzellenter Support für dieses Highlight der Indutriegeschichte in Zeitz.
Susanne Jungbluth
Danke schön! Es hat uns auch sehr gefallen!