Er kommt auf mich zugeflogen und in diesem Moment überlege ich, ob es die richtige Entscheidung war, mit als „Versuchskaninchen“ zur Verfügung zu stellen. Mein Arm zittert etwas als der riesige Vogel auf ihm landet….
Was für ein Gewicht das Tier hat. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet. Schnell frisst er das Stück Fleisch und erhebt sich wieder in die Luft, um zu dem Falknern zurück zu fliegen.
Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt und hätte das, bei meinem Besuch in der Falknerei auf dem Rennsteig nicht erwartet.
Was ist Falknerei?
Unter Falknerei oder Beizjagd versteht man das Abrichten und die Jagd mit Greifvögeln. Diese Art zu jagen wird bereits seit vielen Jahrhunderten betrieben. Schriftliche Überlieferungen findet man zum Beispiel bei Aristoteles aus dem 4. Jahrhundert v.Chr., der von der Falknerei bei den Thrakern und Indern berichtet. Später verbreitete sich diese Art zu jagen auch in Europa.
Im Hochmittelalter kam es zu einer Blütezeit der Falknerei. Wer was auf sich hielt, hatte als Statussymbol einen Greifvogel. Mit arabischen Falknern tauschte man sich aus und entwickelte so immer feinere Techniken bei der Arbeit mit den Tieren. Kaiser Friedrich II. führte zum Beispiel die Falknerhaube ein, nachdem er diese bei arabischen Falknern kennengelernt hatte. Er schrieb sogar ein Buch zum Thema Falknerei.
Mit Beginn der Veränderungen der Landschaften durch den immer industrieller ausgerichteten Anbau und die größer werdenden Städte, wurde die Falknerei immer weniger ausgeübt. Heute gibt es nur noch wenige Falkner, die sich mit der Ausbildung und der Pflege der Vögel beschäftigt. Sicherlich auch ein Grund, warum die UNESCO 2010 die Falknerei als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt hat.
Wie arbeitet ein Falkner?
Das war eine der Fragen, die mir im Kopf herumschwebte, als ich die Falknerei auf dem Rennsteig betrat. Während der Greifvogelschau konnte mir das sehr gut beantwortet werden. Bei der von mir besuchten Schau, zeigten die Falkner nicht nur die wunderschönen Tiere und ihre Flugkünste, sie erklärten auch, warum die Tiere was machen.
Abgerichtete Greifvögel erfüllen zum Teil Aufgaben, die Menschen nicht so einfach bewältigen können. Guckt man sich zum Beispiel Flughäfen an, dann kann man dort manchmal Falkner bei ihrer Arbeit sehen. Die Tiere werden eingesetzt, um Vogelschwärme zu vertreiben, die eine mögliche Gefahr für die Flugzeuge bilden. Aber auch in der Stadt nimmt die Jagd mit Falken einen besonderen Stellenwert ein. So setzt man die Tiere zur Kaninchenjagd ein, wenn zum Beispiel der Gebrauch von Schusswaffen zu gefährlich wäre.
Bei allen Arbeiten mit den Falken wird der natürliche Jagdtrieb der Tiere „ausgenutzt“. Frei lebende Falken steigen hoch in die Luft auf, orten ihre Beute auf dem Boden und stürzen dann in nahezu atemberaubender Geschwindigkeit hinab, um die Beute zu fangen. Erst kurz vor dem Boden öffnet er die angelegten Schwingen und greift mit den Klauen nach der Beute.
Diesen natürlich Trieb nutzt der Falkner aus. Er verwendet zum Beispiel ein Federspiel als Beuteattrappe. Ein Köder befindet sich an einer etwa 2 Meter langen Schnur, die im Kreis geschwungen wird. Ist der Falke aufgestiegen, wird der Köder geschwenkt. Das Tier erkennt es als Beute und kommt zurück, um diese zu fangen.
Ähnlich arbeiteten auch die Falkner auf dem Rennsteig. Sie hielten Beute in der Hand und um auf diese aufmerksam zu machen, wackelten sie damit etwas. Die verschiedenen Vögel, die wir dort sehen konnten, waren darauf trainiert diese Beute zu erkennen. Mit kräftigen Flügelschlägen überbrückten sie so die wenigen Meter von Falkner zu Falkner und holten sich ihre Beute ab.
Besuch der Show der Falknerei am Rennsteig
Es regnete in Strömen, als wir an der Falknerei eintrafen. Trotz des schlechten Wetters waren die Menschen und vor allem die Vögel gewillt uns ihre Künste zu zeigen.
Bevor es aber los ging, konnten wir uns die wunderschönen Tiere aus der Nähe ansehen. Einige sitzen in großen Volieren, andere haben kleine Häuschen, in die sie sich zurückziehen können. Etwa 55 Tiere leben in der Falknerei am Rennsteig. Meine Kenntnisse über verschiedene Vogelarten sind recht begrenzt, aber Eulen, Geier und Adler habe ich sofort erkannt. Zusätzlich gibt es auch noch Falken und Bussarde zu sehen.
Die Flugshow findet auf einem kleinen Platz statt. Auf Bänken kann man es sich hinsetzen und die Arbeit mit den Tieren beobachten. Hinsetzten war für uns leider nicht angesagt. Durch den Regen war es einfach zu nass und wir suchten alle Schutz unter den Bäumen.
Ich stand ganz in der Nähe eines Landeplatzes, den die Tiere während der Show anfliegen. So konnte ich aus nächster Nähe die beeindruckende Größe der Tiere erlebten und den Wind spüren, den der Flügelschlag erzeugt.
Als dann gefragt wurde, wer gerne einmal Falkner sein möchte, konnte ich nicht widerstehen. Der Falknerhandschuh war zwar einige Nummern zu groß und etwas mulmig wurde mir schon, als der Falkner direkt neben mir mit einem Beutestück den Greifvogel anlockte. Aber ganz ehrlich, es ist ein einmaliges Erlebnis, wenn die majestätischen Tiere auf dem Handschuh landen. Fast war ich versucht das Tier zu streicheln, nur um die Federn spüren zu können. Aber kaum war die Beute verspeist flog es schon wieder weg.
Besonders beeindruckt hat mich ein Mönchsgeier mit dem schönen Namen Herr Luther. Was für ein großes und beeindruckendes Tier. Die Eltern des Herrn Luther, die bezeichnender Weise Margrethe und Hans Luther heißen, brüteten gerade ein kleines Lutherchen aus. Ob sich Herr Luther über ein Geschwisterchen freut… wer weiß. Auf jeden Fall flog Herr Luther sehr dicht an mir vorbei und hat mich beeindruckt.
Ob Seeadler oder Eule, mir haben die gut gepflegten Tiere sehr gefallen und die Arbeit mit den Tieren ist beeindruckend.
Kann jeder Falkner werden?
Wer in Deutschland als Falkner arbeiten möchte, benötigt eine eingeschränkte Jägerprüfung und eine spezielle Falknerprüfung. Erst danach erhält man seinen Falknerjadgschein.
Auf dem Rennsteig werden Jungfalkner ausgebildet. Kindern und Jugendlichen die Arbeit mit den Tieren näher zu bringen und sie sensibel für den Umgang mit der Natur zu machen, ist ein großes Anliegen des gesamten Teams.
Tipp:
Der WDR hat über die Falknerei am Rennsteig einige Folgen gedreht. Diese kann man zum Beispiel in der Mediathek sehen.
Adresse:
Liebensteiner Straße 108
99891 Winterstein
Öffnungszeiten:
Sommersaison (Thüringer Winterferien bis 15.12.)
Dienstag – Sonntag: 10-12 Uhr und 13-18 Uhr
geschlossen: Montag (außer an Feiertagen)
Flugvorführung 15 Uhr (Achtung! Bei schlechten Wetterbedingungen kann die Show nicht stattfinden.)
Wintersaison 15.12. bis Beginn Thüringer Winterferien
Dienstag – Sonntag: 14-16 Uhr
Es wird keine Flugshow angeboten.
Preise Flugshow:
Erwachsene: 10,-€
Besichtigung ohne Flugshow
Erwachsene: 5,-€
Der Besuch der Falknerei war ein Programmpunkt einer Pressereise nach Thüringen.
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