Der Gartenzwerg steht auf der UNESCO Liste, wer hätte das gedacht. Dabei spaltet diese Figur bis heute die Gartenbesitzer. Einige hassen die kleinen Männer und können sich nichts schlimmeres in ihrem Garten vorstellen. Andere lieben den Zwerg und bekommen nicht genug davon.
Man mag es kaum glauben, nach Schätzungen stehen heute alleine in deutschen Gärten etwa 25 Millionen Gartenzwerge. Gartenzwerge aus Thüringen sind mit Sicherheit auch dabei!
Aber woher kommt der Gartenzwerg überhaupt?
Geschichten über Zwerge findet man schon in alten Mythologien, Sagen und Märchen (zum Beispiel in den Grimmschen Märchen). Später waren kleinwüchsige Menschen oft als sogenannte Hofzwerge zur Belustigung des Adels am Hof zu finden. Die Menschen beschäftigten sich immer wieder mit der Andersartigkeit kleinerer Personen.
So ist es nicht verwunderlich, dass diese dann auch Einzug in künstlerische Bereiche fanden. Im Schloss Mirabell in Salzburg entstand zum Beispiel um 1690 ein Zwergelgarten mit 28 Marmorskulpturen. Im Zeitalter des Barocks schmückten so einige Zwerge die Gärten in Österreich, Deutschland oder Tschechien. Von vielen Tausend individuell angefertigten Gartenzwergen sind leider nur wenige erhalten geblieben.
Um 1800 gerieten die Figuren in Verruf und verschwanden aus den Gärten der Adligen. Allerdings zogen sie nun in die Gärten der bürgerlichen Familien ein. Was ich bisher nicht wusste, sogar die Porzellan Manufaktur Meissen fertigte die Figuren für die Gärten der Menschen an.
Gartenzwerge aus Thüringen
In Thüringen entstanden Terrakotta Gartenzwerg Manufakturen, die zusätzlich Tierköpfe und kleine Statuen schufen. Diese fanden ihren Platz zum Beispiel in Jagdschlössern.
In Gräfenroda, der heutigen Zwergenstadt, gründeten sich 1872 zwei Betriebe, die sich auf die Herstellung der Figuren spezialisierten und später sogar Massen- und Serienproduktionen für Gartenzwerge einrichteten.
Eins dieser Unternehmen gehörte Philipp Griebel, aber davon später mehr…
1898, auf der Leipziger Messe boten Anbieter zum ersten Mal Gartenzwerge aus Thüringen an. Schnell entwickelte sich ein großes Interesse am typisch deutschen Gartenschmuck. Der Absatz brach dann während der Weltkriege ein und später war die Figur im Garten oft das Sinnbild der bürgerlichen Spießertums. Gerade in den 1960er Jahren war der Gartenzwerg ein Zeichen des schlechten Geschmacks und als Kitsch abgestempelt.
Wie sieht der typische Gartenzwerg auf?
Ursprünglich fertigten die Zwergenhersteller die Figuren aus Marmor, Sandstein oder gebranntem Ton her. Heute gibt es auch noch die etwas billigere Variante aus Kunststoff.
Optisch ist die Figur Gärtnern oder auch den mittelalterlichen Bergleuten nachempfunden. Neben der Lederschürze tragen sie meistens eine rote Zipfelmütze und tragen Schaufel, Spitzhacke oder eine Laterne. Einige schieben auch eine Schubkarre oder halten eine Gießkanne in der Hand.
Wiedergeburt der Gartenzwerge
So um 1990 setzte das Interesse am Gartenzwerg wieder ein. Allerdings suchten die Menschen weniger nach dem standardisieren Modell, sie wollten provokative Figuren. Es entstanden zum Beispiel Figuren, die Politikern ähnelten oder Zwerge, die nackt im Garten standen. Fans auf der ganzen Welt fanden Gefallen an dem „neuen“ Gartenzwerg.
Bis heute ist das Interesse am ungewöhnlichen Gartenzwerg groß. Leider hat das auch zur Herstellung von Plagiaten geführt. Diese sind oft aus billigem Gips oder Gießharz hergestellt.
Besuch einer Gartenzwerg Manufaktur in Gräfenroda
Die Gartenzwergmanufaktur Philipp Griebel ist bis heute in Gräfenroda ansässig. Seit 1880 produziert man hier in einer Manufaktur die unterschiedlichsten Gartenzwerge.
Als ich durch das große Tor in den Hof der Manufaktur trete, weiß ich zunächst nicht genau, wo ich als erstes hinschauen soll. Überall stehen Gartenzwerge, kleine und große Zwerge, traditionelle und modernen Designs und von überall schauen einen Zwergenaugen an. So etwas habe ich bisher noch nie gesehen.
In einem kleinen Museum konnte ich die Geschichte der Gartenzwerge anhand der unterschiedlichsten Exponate kennenlernen. Das Museum liegt in einigen Räumen oberhalb der Werkstätten und ist genauso vollgestellt, wie der Innenhof. Neben den Zwergen stehen auch Tierfiguren und Märchenfiguren in den engen Räumen. Etwa 400 Exponate zeigen die Vielfalt der Produktion der Terrakottafiguren.
Entstehung des Gartenzwergs
Im Anschluss konnte ich noch einen Blick auf die Herstellung der Figuren werfen. Die „Zwergstatt Gräfenroda“ ist heute nicht nur Produktionsstätte, sondern auch eine gläserne Manufaktur. Hier kann man bei der Arbeit zusehen und so die Produktionsschritte kennenlernen.
Sehr spannend fand ich, dass der Betrieb über eine riesige Sammlung von Formen verfügt. Diese sind zum Teil 150 Jahre alt und so ist es möglich, bis heute noch die Gartenzwerge von damals zu produzieren.
In diese Formen gießt man die handangerührte Tonmasse, lässt sie aushärten und entfernt dann die Form. Nach einigen kosmetischen Korrekturen (entfernen von Gießnähten) und dem Ankleben von Einzelteilen, die nicht mitgegossen werden können, wird die Figur im Ofen gebrannt. Das macht sie wasser- und frostfest. Erst wenn sie vollständig erkaltet ist, kommt der Rohling wieder in die Werkstatt.
Dort werden die Figuren anschließend mit der Hand bemalt. So entstehen Unikate, die jedes Exemplar unverwechselbar macht.
Als ich in der Werkstatt war, fertigten man dort gerade nicht den üblichen Gartenzwerg, sondern eine Spezialanfertigung für Berliner Fans des Fußballvereins FC Union an. Die Kultfigur des DDR Sandmännchens Pittiplatsch im Trikot des Vereins! Ich habe überall nur Pittiplatsch gesehen … den ich als Kind wirklich geliebt habe! So war ich in dem kleinen Geschäft vor Ort sehr in Versuchung einen „Pittiplatsch“ für den Garten mitzunehmen. Leider ist der Transport im Zug nicht so einfach. Aber zum Glück kann man ja auch online einkaufen.
Das Verfahren, in dem in Gartenzwerge aus Thüringen produziert werden, ist weltweit einmalig und so hat die UNESCO beschlossen, die Herstellung zum immateriellen Kulturgut zu erklären.
Adresse:
Zwergstatt
Philipp Griebel
Zum Wolfstal 1,
99330 Geratal, Deutschland
Öffnungszeiten:
Dienstag – Samstag: 10–16 Uhr
Sonntag und Montag geschlossen
Der Besuch der Gartenzwerg Manufaktur war ein Programmpunkt einer Pressereise mit der Thüringer Tourismus GmbH.
Jeannette Biermann
Schneewittchen und die 7 Zwerge, ca 70 Jahre alt, 40 cm, gut erhalten abzugeben. Besteht Interesse?
Susanne Jungbluth
Hallo Jeannette, wenden Sie sich doch bitte direkt an das Museum. Ich war dort nur zu Besuch und weiß nicht, ob dort Figuren “aufgenommen” werden.