Das Bauhaus ist eine weltbekannte Bewegung, die tiefgreifenden Einfluss auf Kunst, Architektur und Design hatte und noch bis heute hat. Seine Wurzeln liegen in Weimar, einer Stadt, die als Wiege dieser “revolutionären” Bewegung gilt.
In Weimar stehen zwei bemerkenswerte Bauwerke, die eng mit der Geschichte und dem Vermächtnis des Bauhauses verbunden sind: das Haus Am Horn und das Bauhaus-Museum.
Das Haus Am Horn, das erste architektonische Werk der Bauhaus-Bewegung, verkörpert den Geist des Bauhauses in seiner einfachen, funktionalen Struktur. Das Bauhaus-Museum Weimar dokumentiert die Geschichte des Bauhauses von seiner Gründung bis zu seinem Einfluss auf die moderne Welt.
Haus Am Horn
Etwas abseits des Stadtkerns, aber sehr gut mit einem kleinen Spaziergang durch den wunderschönen Park an der Ilm erreichbar, steht das Musterhaus Am Horn. Seit 1996 ist das Gebäude ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes „Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar“.
Die Vorgeschichte
Nach dem Ersten Weltkrieg war der Wohnraum in Deutschland knapp. Die Kommunen sahen sich gezwungen Wohnungen, die möglichst billig waren, für die Bevölkerung zu errichten. In dieser Zeit entwickelte sich die Idee des Bauhauses unter der Leitung von Walter Gropius, eine Bauhaus-Siedlung zu gestalten. In dieser Siedlung sollten Angehörige der Bauhaus-Bewegung leben und arbeiten können. Das Gelände in Weimar Am Horn war auch schnell gepachtet und unter der Leitung von Walter Determann entstanden Pläne für einen Bauversuchsplatz. Die Anlage sollte symmetrisch angeordnet werden und Wohn-, Werkstatt-, Gemeinschafts- und Sportbauten enthalten. Umgesetzt wurden diese Pläne allerdings nie. Aber ein Musterhaus errichtete man, um seine Ideen zu verdeutlichen.
Das Musterhaus
Im September 1922 präsentierte Gropius einen Vorschlag für ein Musterhaus, dass das Konzept verdeutlichen sollte. Dieses Familienhaus sollte von Bauhauswerkstätten und Firmen der Bauindustrie gemeinschaftlich hergestellt werden. Die Idee für das Gebäude stammten von Georg Muche, die praktische Umsetzung des Entwurfs übernahmen Walter March und Adolf Meyer aus dem Architekturbüro von Gropius.
Muches Konzept sah vor, der Hausfrau die Arbeit zu vereinfachen und ihr so Zeit für andere „geistige“ Aufgaben zu ermöglichen. In dem Haus sollte ausreichend Platz für eine drei- bis vierköpfige Familie sein. Es war nicht geplant, dass in das fertig gestellte Haus sofort eine Familie einzog.
Es wird gebaut!
1923 war es dann soweit, es erfolgte die Grundsteinlegung und schon 4 Monate später war der Bau vollendet.
Über 40 Lieferanten, Vertriebe und mittelständische Handwerksbetriebe hatten Hand in Hand zusammengearbeitet, um ein modernen Bau zu errichten. Sehr viel Wert legte man dabei auf die Verwendung moderner Baustoffe, die eine schneller Bauzeit versprachen und günstig waren. Aber man sparte nicht. So erhielt das Haus Am Horn als eins der ersten Häuser eine umlaufende Wärmedämmung und eine damals moderne Zentralheizungsanlage mit Kohlekessel. In der Küche und im Bad baute man Gas-Warmwasserbereiter ein und im Keller befand sich eine Hauswäscherei mit Gasheizung und elektrischem Antrieb.
In Küche und Bad setzten die Arbeiter moderne Kippfenster ein und das Wohnzimmer bekam ein Oberlicht aus Mattglas. Zusätzlich wurden ein Haustelefon, ein Fernsprecher und moderne Haushaltsgeräte wie Staubsauger, Haartrockner, Kaffeemaschine und Gasherd eingebaut. Alles immer unter dem Gesichtspunkt „Vereinfachung und Zeitersparnis für die Hausfrau“.
Wie kam das Modellhaus bei der Bevölkerung an?
Eigentlich ist es wie bei jeder Neuerung. Einige hassten und einige liebten das Haus und die damit verbundene Idee. Im Nachhinein betrachtet lässt sich sicherlich festhalten, so wirklich erreicht haben die Bauhäusler das Ziel nicht, ein flexiblen und günstigen Wohnraum zu schaffen. Die Ausstattung war nur für reiche Menschen finanzierbar und der Grundriss des Hauses war nicht wirklich flexibel.
Es zeigte sich, dass die Idee des Musterhause ein Ansatz war, aber nicht als maßgeblich für den sozialen Wohnungsbau angesehen werden konnte.
Wie sieht das Haus Am Horn aus?
Als ich vor dem Grundstück stehe, bin ich ehrlich gesagt etwas überrascht, wie „klein“ das Haus ist. Wobei „klein“ für ein etwa 120 m² großes Haus eigentlich nicht zutreffend ist. Aber wenn das Grundstück gut 2000 m² groß ist, wirkt es eben „klein“. Besonders gut gefällt mir, dass ein Teil des Gartens als Nutzgarten gestaltet ist. Er sollte die Selbstversorgung der Bewohner unterstützen.
Der Hausgrundriss ist quadratisch mit einer Seitenlänge von 12,70 m. Von außen wirkt es so, als ob das Gebäude zweigeschossig ist. Das liegt allerdings nur an dem mittig sitzendem Dach, dass auf zwei Fensterbändern ruht und so dem Haus etwas Höhe verleiht. Die Verteilung der Fenster wirkt sehr unregelmäßig und ist auf die Lage der Innenräume ausgerichtet.
Als ich durch die Eingangstür trete, folgt die nächste Überraschung. Die Raumaufteilung des Hauses ist sehr ungewöhnlich und ich hatte bisher eine solche Aufteilung noch nie gesehen.
Durch einen Zugang erreiche ich das Herz des Hauses.
Die Mitte des Hauses bestimmt der größte Raum von 6 m x 6 m, der als zentraler Wohnraum gedacht ist. Dieser wird durch Lichtbänder in der Wand und Oberlicht Fenster in der Decke beleuchtet. Von der Inneneinrichtung ist hier heute nichts mehr zu sehen und so sehe ich in einem nahezu leeren Raum. Vom Wohnraum aus führen zwei Durchgänge in die weiteren Zimmer des Hauses. Diese liegen wie ein Band um den Wohnraum. Fast alle Zimmer sind dabei als Durchgangszimmer angelegt.
An den Wohnraum grenzt eine kleine Arbeitsnische an, die als Arbeitsplatz für den Hausherren gedacht war. Hier standen einst ein Schreibtisch und ein Telefon. Von der Arbeitsnische aus gelangt man in das Zimmer der Dame. Hier entdecke ich etwas bekanntes… den Regler an einer Heizung gleicht dem Regler, den ich in Pilsen in einer Adolf Loos Wohnung fotografiert haben.
Es ordnen sich um den Wohnraum folgende Zimmer an: Zimmer der Dame, Zimmer des Herren, Kinderzimmer, Arbeitsnische, Gästezimmer, Esszimmer, Küche und Bad. Sehr ungewöhnlich finde ich die getrennten Schlafzimmer für die Eheleute. Vom Zimmer der Hausherrin ging ein direkter Zugang ins Kinderzimmer und von dort in die Speisekammer und Küche. So sollte sie immer einen guten Blick auf den Nachwuchs haben.
Über einen kleinen Flur errichten die Hausbewohner noch ein WC und ein Gästezimmer.
Das Haus ist nur zum Teil unterkellert. Eine Treppe aus dem Flur im Eingangsbereich führt zu Waschküche, Vorratsraum und Heizungsraum.
Was mir bei dem Rundgang durch das Haus immer wieder auffiel, wie klein die Zimmer doch sind. Nur etwa 10 m² messen die Schlaf- und das Kinderzimmer und auch die Küche und das Esszimmer wirkten nicht viel größer. Und ob ich gerne immer von Zimmer zu Zimmer gehen würde, um den gewünschten Raum zu erreichen, weiß nicht nicht.
Was geschah mit dem Musterhaus nach der Bauhaus-Austellung 1923?
Zunächst stand das Gebäude ungenutzt da. Der Finanzierer des Baus wollte es eigentlich gewinnbringend verkaufen, wurde mit seinen Plänen aber durch die Inflation gestoppt. So entschied er sich, die Innenausstattung zu behalten und hoffte darauf das leere Haus verkaufen zu können.
Ende 1924 kaufte in Rechtsanwalt das Haus und ließ es nach seinen Wünschen umbauen. So entstanden zum Beispiel neue Anbauten, die Familien mehr Platz bot. Erst 1998 baute man diese wieder zurück.
Im Laufe der Jahre lebten verschiedene Familien in dem Haus Am Horn. 1951 übernahm die Stadt Weimar das Gebäude und stellte es 1973 unter Denkmalschutz. Seit 1996 ist das Musterhaus Am Horn ein Teil des UNESCO Weltkulturerbes und ist denkmalgerecht saniert worden. Dabei hat man versucht, möglichst nah an den Originalzustand von 1923 heran zu kommen.
Seit 2019 ist das Haus Am Horn Eigentum der Klassik Stiftung Weimar und nun regelmäßig für Besucher geöffnet.
Lust einen Blick ins Haus Am Horn zu werfen?
Wer gerne auch ohne einen Besuch ein Blick in das Haus werfen möchte, sollte sich die App Weimar+ herunterladen. Hiermit ist es möglich, das Haus Am Horn zu entdecken.
Adresse:
Haus Am Horn
Am Horn 61
99425 Weimar
Webseite der Klassik Stiftung Weimar
Öffnungszeiten:
Mittwoch – Montag
Winter: 10-16 Uhr
Sommer: 10-18 Uhr
Dienstag: geschlossen
Eintrittspreise:
Erwachsene 5,00 €
Für das Haus Am Horn ist die Besucherzahl limitiert. Eine Besichtigung ist nur zu festen Zeiten möglich, es ist sinnvoll die Tickets im Vorfeld zu buchen.
Bauhaus-Museum
Das Bauhaus-Museum Weimar ist ein beliebtes Ziel für Besucher in der Stadt. Das Museum, das 2019 am Stéphane-Hessel-Platz eröffnet wurde, stellt Kunst aus dem frühen 20. Jahrhundert aus, wobei der Schwerpunkt auf der Bauhaus-Bewegung liegt.
Das Museum beinhaltet wertvolle Sammlungen der Klassik Stiftung Weimar, die die Geschichte und den Einfluss des Bauhauses, das 1919 in Weimar gegründet wurde, dokumentieren. Die Sammlung ist seit 1990 durch verschiedene Käufe und Spenden stark gewachsen und enthält unter anderem die älteste Bauhaus-Sammlung, die Gropius-Sammlung.
Das alte Bauhaus-Museum in Weimar bot einen Einblick in die Entwicklung des Bauhauses an seinem Ursprungsort mit mehr als 300 Ausstellungsstücken. Das Museum war von 1994 bis 2018 in einer alten Wagenremise untergebracht. Es zeigte rund 250 Werke von Lehrern und Schülern der berühmten Kunstschule, einschließlich bahnbrechender Werke von Walter Gropius, Johannes Itten, Lyonel Feininger und Marcel Breuer.
Dank eines Sonderinvestitionsprogramms des Bundes und des Landes Thüringen konnte ein neues Bauhaus-Museum in Weimar erbaut werden. Das neue Gebäude wurde von der Architektin Heike Hanada entworfen und besteht aus einem minimalistischen Betonkubus, der durch horizontale Glasbänder gegliedert wird. Hier haben auf rund 1870 Quadratmetern finden die Ausstellungsbestände Platz und der Besucher kann sie gut betrachten.
Die Ausstellung “Das Bauhaus kommt aus Weimar” stellt die zentralen Fragen, Ideen und Vorschläge des Bauhauses und deren Bedeutung für unsere heutige Zeit in den Mittelpunkt. Die Ausstellung zieht Parallelen zwischen den Überlegungen von damals und den heutigen Herausforderungen.
Das neue Bauhaus-Museum Weimar zielt darauf ab, die Geschichte des Bauhauses neu zu interpretieren und zu zeigen, dass das Bauhaus Anfang des 20. Jahrhunderts wichtige Veränderungen in Bezug auf eine neue Gesellschaft und neue Technologien eingeleitet hat.
Besuch im Museum
Bei meinem Besuch in Weimar konnte ich neben der Dauerausstellung auch eine temporäre Ausstellung zum Thema „Wege nach Utopia“ im Museum besuchen, die gerade Eröffnung feierte.
Es war ein interessanter Besuch, der mir einen weiteren Ansatz der Bauhaus Philosophie näher gebracht hat. Für mich, der in Berlin in einer der Welterbesiedlungen in einem von Gropius geschaffenen Gebäude wohnt, ist es sehr interessant einen Einblick über das Thema Wohnen zu bekommen. Beginnend von der Frage, wieviel Küche braucht der Mensch bis zur Frage ist das Haus mehr als reiner Wohnraum? Was braucht der „neue Mensch“ zum Leben?
Ein Thema, dass so finde ich, heute aktueller denn je ist. Was für Möbel, Geschirr, … braucht man wirklich? Welche Materialien sind langlebig und muss es immer das neuste Design sein… Nicht nur die Bauhaus Szene hat sich mit diesem Thema beschäftigt, es ist heute wieder präsent in den Köpfen vieler Menschen.
Adresse:
Stéphane-Hessel-Platz 1
99423 Weimar
Deutschland
Öffnungszeiten:
Mittwoch- Montag: 9.30 – 18 Uhr
Dienstag: geschlossen
Eintrittspreis:
Erwachsene: 10,-€
Die Besuche im Haus Am Horn und Bauhaus-Museum waren Bestandteil einer Pressereise nach Thüringen.
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