Käse soweit das Auge reicht …Der Käsemarkt in Alkmaar ist der älteste und größte Käsemarkt in den Niederlanden. Wer hier das Treiben beobachtet, erfährt viel über das traditionelle Leben und den Käsehandel der Niederlande.
Geschichte des Käsemarkts
Die Geschichte des Käsemarkts in Alkmaar reicht bis ins Mittelalter zurück. Bereits im Jahr 1365 besaß Alkmaar eine Käsewaage, was auf den bestehenden Käsehandel hinweist.
Doch erst 1593 erhielt Alkmaar das offizielle Marktprivileg, das den Käsehandel in der Stadt offiziell werden ließ und den Grundstein für die heute so bekannte Tradition legte. Der Käse war nicht nur ein Nahrungsmittel, sondern auch ein wichtiges Handelsgut und so entwickelte sich Alkmaar schnell zu einem Zentrum des Käsehandels.
Der Käsemarkt erlebte einen bedeutenden Aufschwung während des Goldenen Zeitalters der Niederlande im 16. und 17. Jahrhundert. In dieser Zeit hat man den Waagplein, den zentralen Platz auf dem der Markt stattfindet, wesentlich vergrößert. So wollte man dem steigenden Handelsvolumen gerecht werden. Der Markt, wie wir ihn heute kennen, begann offiziell im Jahr 1622, als der Freiluft-Käsemarkt im Stadtzentrum etabliert wurde. Alkmaar entwickelte sich zu einer der führenden Käsestädte der Niederlande.
Der Käsemarkt heute
Heute ist der Käsemarkt in Alkmaar vor allem ein touristisches Ereignis, das Tausende von Besuchern aus aller Welt anzieht. Jeder Woche wird hier gezeigt, wie sich einst der Käsehandel abspielte. Richtiger Käsehandel findet allerdings nicht mehr statt.
Ablauf des Marktes
Kurz vor 10 Uhr erreichten wir den großen Platz, auf dem der Käsemarkt stattfindet. Hinter Absperrungen standen unzählige Besucher, die das Spektakel verfolgen wollten. Wer hier nicht frühzeitig erscheint, muss mit einem Platz in der hinteren Reihe vorlieb nehmen.
Heute bin ich dann mal sehr froh, dass ich auf Einladung von Visit Alkmaar in der Stadt war und den Käsemarkt erleben durfte. Wir konnten direkt auf den Platz gehen, auf dem hunderte von Käselaiber aufgereiht liegen.
Nach der Begrüßung durch den „Käsevater“ geht es auch zügig zur Käseglocke. Diese wird traditionell pünktlich um 10 Uhr geläutet und eröffnet den Markt. Es ist eine besondere Ehre für denjenigen, der die Glocke läuten darf. Fast immer handelt es sich um niederländische Persönlichkeiten oder Personen, die von der Stadtverwaltung eingeladen werden. Es wird genau geschaut, wem die Ehre zu Teil wird. Dieses Mal sollte doch tatsächlich jemand aus unserer Gruppe den Markt eröffnen. Das Los hatte entschieden und Andrea von Trips4kids trat an die Glocke. Der Countdown lief und als das „Go“ ertönte läutete sie was das Zeug hielt. Wenn das nicht in der ganzen Stadt zu hören war, sollte es mich sehr wundern. Meine Ohren klingelten noch eine ganze Weile.
Kaum war der letzte Ton verklungen, war es Zeit für die Käseträger, Waagemeister und Käseinspektoren ihre Arbeit zu beginnen. Und wir standen mittendrin, alles wurde live auf den großen Bildschirm übertragen und Andrea vom Interview zum Käsetesten bis zu den Käseträgern immer wieder den Zuschauern auf dem Bildschirm präsentiert.
Inspektion des Käses
Auf dem Käsemarkt in Alkmaar werden vor allem zwei der bekanntesten niederländischen Käsesorten gehandelt: Gouda und Edamer. Bevor sie allerdings in den Handel gelangen, muss die Qualität überprüft werden. Nur so kann ein Preis festgelegt werden.
Wir bekommen, während wir zwischen dem Käse stehen zunächst einen Crashkurs über die Herstellung von Käse. Insgesamt gibt es, nachdem der Laib geformt ist, fünf verschiedene Lagerstufen für den Käse. Die 12 Kilogramm schweren Laiber werden nach dem Reifegrad eingeordnet.
Dann beginnt der Inspektionsprozess:
- Visuelle Prüfung:
Zunächst wird der Käse visuell inspiziert. Die Inspektoren achten auf die Farbe, Form und Größe der Käseräder. Diese visuelle Inspektion hilft, die Qualität des Käses auf den ersten Blick zu beurteilen. - Klopfprobe:
Eine traditionelle Methode zur Qualitätsprüfung ist die Klopfprobe. Dabei klopfen die Inspektoren mit einem speziellen Hammer auf den Käse, um durch den Klang Rückschlüsse auf die Konsistenz und eventuelle Hohlräume im Inneren zu ziehen. - Käsebohrer:
Ein weiteres wichtiges Werkzeug ist der Käsebohrer. Mit diesem Gerät wird ein kleiner Zylinder aus dem Käse entnommen. Die Käsestange wird zunächst vorsichtig gebogen. Die Flexibilität verrät etwas über den Reifegrad. Danach riecht man am Käse, um die Aromen zu erkennen. Schließlich wird der Geschmack überprüft.
Diese Proben zeigen dem fachkundigen Prüfer zum Beispiel den Fettgehalt des Käses. Einige Käse werden auch aufgeschnitten, um die möglichst gleichmäßige Verteilung der Löcher zu kontrollien.
Die Ergebnisse werden vermerkt und der Handel zwischen Käufer und Produzenten kann beginnen. Die Verhandlungen wurden traditionell per „Handjeklap“ also per Handschlag ausgeführt. Der letzte Handschlag besiegelt den Verkauf.
Käseträger der Käseträgergilde
Das Besondere am Käsemarkt in Alkmaar ist die Tradition der “Kaasdragers” – der Käseträger. Diese Männer, erkennbar an ihren weißen Anzügen und farbigen Strohhüten, sind Mitglieder der Käseträgergilde.
Die Käseträgergilde ist 1593 gegründet worden und besteht immer aus 33 Mitgliedern. Diese sind in 4 Gruppen (die Vemen) aufgeteilt, die sich optisch gut unterscheiden lassen. Die Strohhüte in Gelb, Rot, Grün und Blau sind die jeweiligen Gruppenmerkmale.
Jede Gruppe besteht aus 6 Trägern und einer Person an der Waage. Zusätzlich gibt es den Käsevater, der optisch an dem orangenem Strohhut zu erkennen ist.
Um Mitglied in der Käseträgergilde von Alkmaar zu werden, muss erst ein anderes Mitglied seinen Posten aufgeben. Das passiert nicht oft, den Käseträger zu sein ist eine Ehre, die man sich verdienen muss.
Zunächst beginnt man als Aushilfe und absolviert eine zweijährige Anwärterschaft. Während dieser Zeit lernt man die verschiedenen Aufgaben und Rituale der Gilde kennen. Erst nach erfolgreichem Abschluss dieser Anwärterschaft kann man dann als Käseträger Vollmitglied der Gilde werden. Bis dann aber jemand seinen Posten aufgibt, ist man zunächst eine Aushilfe, die einspringt, wenn jemand ausfällt.
Der Käsevater von Alkmaar ist die zentrale Figur der Gilde. Er ist für den reibungslosen Ablauf des Käsemarkts verantwortlich und gibt den einzelnen Gruppen ihre Aufgaben zu.
Transport des Käses
Nachdem der Käse auf seine Qualität überprüft worden ist, beginnt die Aufgabe der Käseträger. Immer zwei Träger nehmen sich eine spezielle Trage aus Holz. Diese Trage wird als “berrie” bezeichnet. Sie ist speziell dafür konzipiert, mehrere schwere Käselaibe gleichzeitig zu transportieren. Bis zu 8 Kaselaiber, also 100kg verteilen die Helfern auf der Trage. Das Tragen erfordert nicht nur Geschick, sondern auch viel Kondition.
Die Käseträger hängen sich Tragegurten über die Schultern, in die sie die Trage einhängen. Dann heben sie die Trage an und es beginnt für mich das eigentlich Schauspiel auf dem Käsemarkt von Alkmaar. Die Käseträger rennen fast schon schwebend im Gleichschritt über den Platz. Ein merkwürdiger Laufstil, der sich im Laufe der Jahre entwickelt hat und die körperliche Belastung für die Träger möglichst gering hält. Ich habe gelesen, dass dieser Lauf auch als ‘Kaasdragersdribbel’ bezeichnet wird.
Während ich den Trägern zusehe, stelle ich fest, dass immer 2 Teams jeder Farbe auf dem Platz unterwegs ist. Ein Team hat kurz Pause und ist dann im Käseträgerraum anzufinden.
Wiegen des Käses und Abtransport
Der Käse wird nun zur Waage getragen. Die historischen Waagen befinden sich im Erdgeschoss des Waaggebouw. Hier arbeitet man noch händisch und nutzt große Gewichte, um zu kontrollieren wir schwer die Käse wirklich sind. Die Person an der Waage hat den Namen „Tasman“. Dieser Name bezieht sich auf die Tasche, die er um die Taillie trägt. Sie dient zur Aufbewahrung des Geldes.
Das Holzgestell samt Käse stellen die Träger auf eine riesige Waagschale und dann kann man den Käse wiegen.Auf einem Laufzettel wird der Vorgang festgehalten. Dann heben die Käseträge die Trage wieder an.
Der Käse wird noch einmal über den ganzen Platz getragen und in Holzkarren umgeladen, die dann zum Käufer gefahren werden.
Ein Blick hinter die Kulissen
Wir durften auch einen Blick in das Waaggebouw mit den Räumen der Käseträgergilde werfen.
Der „Pausenraum“ ist mit zwei großen Tischen ausgestattet und es gibt auch eine kleine Teeküche. Jedes Gildenmitglied hat einen kleinen Schrank, in den der Strohhut passt.
Im ersten Stock es Hauses können wir uns noch museal gestaltete Räume ansehen. Ein Sitzungssaal ist dabei das Herzstück des Rundganges.
Wir kommen auch auf eine Art „Balkon“ von dem aus wir einen hervorragenden Blick auf das Treiben an den Waagen bekommen. Die Aufhängung der alten Waagen im Raum ist schon klasse!
Wer es gerne möchte, kann sich selber auf die Waage stellen und sich mit Hut und Käse fotografieren. Die Warteschlange für das Erinnerungsbild war erstaunlich lang.
Was kaum einer weiß
Heute ist der Käsemarkt von Alkmaar eine Showveranstaltung. Es wird zwar der genaue Ablauf des Markttages nachgespielt, aber der wirkliche Käsehandel findet woanders statt.
Am Markttag werden die unzähligen Käselaiber mit LKWs von der Fabrik in die Stadt gebracht und von fleißigen Helfern ordentlich aufgereiht. Insgesamt 30.000 Kilogramm Käse, also etwa 2400 Laiber finden in langen Reihen einen Platz. Nach dem Wiegen wird der Käse dann mit den Holzkarren wieder zu den LKWs gebracht und verladen.
Die ausgefüllten Wiege- und Qualitätszettel schickt man mit zurück zur Fabrik und diese bilden auch eine Grundlage für den Weiterverkauf.
Sollte man den Käsemarkt von Alkmaar besuchen?
Unbedingt!
Ich hatte mir vor meinem Besuch nur wenig Gedanken über diese traditionelle Veranstaltung gemacht. Umso erstaunter war ich, was für ein Aufwand betrieben wird, um den Besuchern den Käsehandel verständlich zu machen.
Klar könnte man das auch in einem Museum, aber genau das live stattfindene Erlebnis hat mich nachhaltig beeindruckt. Die Erklärungen zum Geschehen waren anschaulich und verständlich.
Für mich ist der Käsemarkt in Alkmaar einfach die top Sehenswürdigkeit der Stadt, die man einfach nicht verpassen sollte.
Gut zu wissen
Der Käsemarkt in Alkmaar findet von April bis September jeden Freitag von 10-13 Uhr auf dem Waagplein statt.
Zusätzlich gibt es im Juli und August dienstagabends von 19 – 21 Uhr einen Abendmarkt.
Der Käsemarkt befindet sich im Stadtzentrum von Alkmaar auf dem Waagplein.
Der Markt beginnt um 10 Uhr mit dem Läuten der Glocke. Danach werden die Käselaibe gemustert und der Kilopreis wird per Handschlag ausgehandelt. Die Käselaiber transportieren Träger auf speziellen Tragen auf dem Platz.
Damit man nichts wichtiges verpasst, wird alles auf einen großen Bildschirm übertragen und kommentiert (mehrsprachig).
Der Markt endet um 13 Uhr.
In den Sommerferien gibt es einen “Kinderkäsemarkt”, der eine besondere Tour für Kinder zwischen 6 und 12 Jahren bietet.
Das Käsemuseum im Waaggebouw erzählt mehr über die Geschichte des Käses und der Käseträgerzunft. Besucher mit einer Museumkaart oder einem Alkmaar-Pass erhalten Rabatte auf den Eintritt ins Käsemuseum.
Reiseinformationen
Adresse
Waagplein
Alkmaar
Wie komme ich zum Käsemarkt von Alkmaar?
Mit dem Auto
Der Käsemarkt wird im Zentrum abgehalten und ist aufgrund der ausgeschilderten Fußgängerzone nicht direkt mit dem Auto erreichbar. In der Nähe gibt es aber kostenpflichtige Parkhäuser.
Mit dem Zug
Alkmaar ist gut an das Zugnetz angebunden. Von Amsterdam Centraal Station fahren vier Züge pro Stunde direkt nach Alkmaar. Auch aus den Richtungen Den Helder, Hoorn und Haarlem gibt es regelmäßige Zugverbindungen.
Der Bahnhof von Alkmaar liegt etwa 5 Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt, und der Käsemarkt ist in etwa 15 bis 20 Minuten zu Fuß erreichbar.
Mit dem Fahrrad
Alkmaar ist eine fahrradfreundliche Stadt, und es wird empfohlen, das Fahrrad zu nutzen. Es gibt gesicherte Fahrradgaragen, wie die kostenlose Fahrrad-Tiefgarage am Canadaplein, die von der Stadt bereitgestellt wird.
Öffnungszeiten
Ende März-Ende Sptember
Freitag 10-13 Uhr
Juli und August
zusätzlich Dienstag: 19-21 Uhr
Eintrittspreis
Das Zuschauen ist kostenfrei möglich.
Parken
Alkmaar bietet mehrere Parkmöglichkeiten für Besucher, die mit dem Auto anreisen. Es wird jedoch empfohlen, das Auto in einem der Parkhäuser oder auf einem der P+R-Plätze rund um das Stadtzentrum abzustellen, um den Verkehr im Zentrum zu vermeiden. Das Parkleitsystem PRIS hilft dabei, die nächstgelegenen Parkhäuser zu finden.
Besonders nahe am Käsemarkt liegen die Parkhäuser Karperton (Dijk 1) und Schelphoek (Korte Vondelstraat 4). Der Fußweg zum Käsemarkt dauert etwa 5-10 Minuten.
Für Wohnmobile gibt es spezielle Abstellplätze auf Camping Alkmaar, von wo aus der Markt einfach mit dem Bus erreichbar ist.
Der Besuch auf dem Käsemarkt war ein Programmpunkt einer Pressereise mit Visit Alkmaar.
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