Hinter einem hohen Zaun erstreckt sich ein weitläufiges Gelände, das Naturschutzgebiet Amsterdamse Waterleidingduinen (Amsterdamer Wasserleitungsdünen). Hier werden wir versuchen frei lebende Hirsche und Rehe zu entdecken.
Unsere Fahrräder müssen vor dem Zaun bleiben und wer das Gelände betritt, muss an einem Automaten 1,50€ Eintritt bezahlen. Dafür findet man aber auch wunderschöne Wanderwege in einer einzigartigen Landschaft vor.
Die Geschichte hinter dem Namen: Amsterdamse Waterleidingduinen
Das Gebiet, das heute als Amsterdamer Wasserleitungsdünen bekannt ist, ist nicht nur eine atemberaubende Dünenlandschaft, sondern auch der Kern eines wichtigen historischen Systems.
Der Name „Amsterdamse Waterleidingduinen“ mag zunächst ein wenig technisch klingen, aber die Geschichte dahinter finde ich sehr faszinierend. Alles begann im 19. Jahrhundert, als die Hauptstadt der Niederlande (also Amsterdam) mit einem massiven Problem konfrontiert wurde: Wie stellt man sicher, dass eine wachsende Stadt stets mit frischem und sauberem Trinkwasser versorgt wird?
Die Antwort fand sich in den natürlichen Dünen, die sich entlang der Küste erstreckten. Diese Dünen waren und sind bis heute nicht nur landschaftlich schön, sondern bilden auch natürliche Wasserfilter.
Im Jahr 1853 wurde von der Stadt daher beschlossen, ein System von Rohrleitungen zu schaffen, das Wasser aus den Dünen bis in die Stadt leitete. Die Amsterdamse Waterleidingduinen waren geboren!
Über die Jahre hat die Stadt dieses System immer weiter ausgebaut und optimiert, um den steigenden Bedarf der Stadt zu decken. Heute werden am Ostrand des Dünengebiets, jährlich 50 Millionen m³ Wasser entnommen und zum Wasserwerk geleitet, wo es in mehreren Schritten zu Trinkwasser aufbereitet wird.
Warum stehen so viele Bunker im Naturschutzgebiet?
Schon auf der Übersichtskarte am Parkeingang erkennt man sehr gut, dass in diesem Gebiet unzählige Bunker zu finden sind.
Während der Besetzung der Niederlande durch die Nationalsozialisten von 1940 bis 1945 war die deutsche Wehrmacht sehr daran interessiert, die Küstenregionen gegen mögliche alliierte Invasionen zu verteidigen.
Als Teil des Atlantikwalls, einer massiven Verteidigungslinie, die sich von Norwegen bis zur spanischen Grenze erstreckte, wurden in den Niederlanden zahlreiche Befestigungsanlagen, darunter auch Bunker, errichtet. Die Amsterdamer Wasserleitungsdünen boten dabei aufgrund ihrer strategischen Lage in der Nähe der Küste und der Hauptstadt einen idealen Ort für den Bau dieser Befestigungsanlagen.
Die Bunker dienten verschiedenen Zwecken: von einfachen Unterständen für Soldaten über Lager- und Kommunikationszentren bis hin zu Geschützstellungen, um feindliche Angriffe abzuwehren.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieben viele dieser Bunker erhalten. In den Amsterdamer Wasserversorgungsdünen gibt es bis heute etwa 400 Bunker. Mit der Zeit hat die Natur die Bunker überwachsen, und sie sind somit zu einem festen Bestandteil der Dünenlandschaft geworden. Einige sind gut versteckt und heute die Heimat von Fledermäuse.
Es gibt einen ausgeschilderten Wanderweg, der zu einigen der Bunkeranlagen führt. Einen kleinen Teil konnte ich bei meinem Besuch entdecken und war zugegebener Maßen erstaunt, wie gut sie erhalten sind.
Über die Wildtiere in den Amsterdamse Waterleidingduinen
Die Amsterdamer Wasserleitungsdünen sind nicht nur ein Symbol für den menschlichen Erfindungsreichtum und die Geschichte des Krieges, sondern auch ein Paradies für Naturliebhaber. In diesem besonderen Dünengebiet begegnen Besucher einer erstaunlichen Vielfalt von Wildtieren.
Hirsche und Rehe sind die majestätischsten Bewohner dieser Dünen. Doch woher kamen sie, und wie haben sie sich in dieser einzigartigen Landschaft etabliert?
Zunächst muss man wissen, dass Damwild nicht ursprünglich in den Niederlanden heimisch war. Die Tiere wurden in verschiedenen Teilen Europas als Ziergehege- und Jagdtiere eingeführt und haben sich in einigen Gebieten wild angesiedelt. In den 1970er Jahren kam es zu den ersten Sichtungen von Damhirschen in den Amsterdamer Wasserversorgungsdünen. Bis dahin hatte nur eine Population von Rehen in den Dünen gelebt.
Ohne natürliche Feinde und in einem Gebiet, das reichlich Nahrung und Schutz bietet, hat sich die Damwildpopulation im Laufe der Zeit stark vermehrt. Einige Jahrzehnte nach ihrer Einführung begann ihre Anzahl beträchtlich zu steigen. Anfangs durften sie in dem Gebiet auch noch gejagt werden. Im Jahr 1997 wurde beschlossen, die Bejagung des Rehwildes einzustellen und die Auswirkungen zu untersuchen.
Es folgte ein rasche Anstieg des Tierbestandes, der zu Problemen führte. Das Wild fand nicht mehr ausreichend Nahrung und begab sich auf der Suche nach Fressen auch in das naheliegende Zandvoort. Hier fraßen sie sehr zum Ärger der Bewohner die Gärten und Grünanlagen leer.
Der Gemeindevorstand schlug 2004 vor, die Zahl der Damhirsche durch die Jagd zu reduzieren. Der Gemeinderat war damit nicht einverstanden und wollte, dass andere Maßnahmen ergriffen werden. Man entschloss sich zur Errichtung von Zäunen und begann mit der Aufstellung. Dabei machte die Gemeinde zunächst den Fehler nur die „Landseite“ vor dem Wild zu schützen. Die Tiere wählten daraufhin den Weg am Strand entlang. Erst als auch dieser Weg verschlossen wurde, kehrte wieder Ruhe in Zandvoort ein.
Das Problem der mangenden Nahrung löste das natürlich nicht. Es starben zwar mehr Tiere aufgrund des Mangels, aber die Schäden an der Natur wurden immer massiver. Zusätzlich ging die Population anderer Tierbestände zurück, da auch ihre Nahrungsquellen immer weniger wurden.
Heute reduziert man der Bestand durch die kontrollierte Jagd langsam. Von den ursprünglich geschätzten 5000 Tieren gibt es heute noch etwa 3000 in den Amsterdamer Wasserleitungsdünen. Pro Jahr dürfen 1000 Tiere erlegt werden. Da die Tiere sich jedoch fleißig weitervermehren, verringert sich der Bestand nur sehr langsam.
Heute sind Hirsche und Rehe fast überall in den Dünen anzutreffen. Es ist nicht ungewöhnlich, bei einem Spaziergang durch das Gebiet einem Rudel Damhirsche zu begegnen oder ein scheues Reh beim Äsen zu beobachten.
Doch sie sind nicht allein. Das Gebiet beherbergt auch Füchse, Kaninchen, viele Vogelarten und andere kleinere Tiere. Im Frühling, wenn die jungen Tiere geboren werden und die Vögel zurückkehren, bis zum Herbst, wenn die Hirschbrunft ein beeindruckendes Spektakel bietet, hier gibt es immer etwas zu sehen.
Auf der Suche nach den Hirschen
Durch die Amsterdamer Wasserleitungsdünen führen zahlreiche Wege: Zwei Wanderrouten sind ausgeschildert. Da das gesamte Naturschutzgebiet wirklich sehr groß ist, hätten wir bestimmt einen ganzen Tag benötigt, um es zu erkunden. Zum Glück hatten wir einen sachkundigen Begleiter, der uns nicht nur mit allem Wissenswerten versorgte, sondern auch die Plätze kennt, an denen sich die Tiere häufig aufhalten.
Dazu haben wir die ausgeschilderten Wege verlassen und sind über die Wiesen gestreift, das ist hier nämlich erlaubt!
Unseren ersten Hirsch entdeckten wir schließlich unter einem Baum nur gut 50 Meter von uns entfernt. Seelenruhig lag er in der Sonne und ließ sich von uns nicht stören. Fast hätte man das Gefühl haben können, er genoss es gesehen zu werden und drehte sein mächtiges Geweih mit Absicht in Richtung Kamera.
Nach dieser ersten Sichtung entdeckten wir immer mehr Tiere. Meistens standen sie in kleinen Gruppen zusammen und hielten respektvollen Abstand zu uns. Kamen wir ihrer „Schutzzone“ zu nah, sprangen sie einige Meter weiter und grasten erneut genüsslich.
Was für ein wunderbares Erlebnis! Bisher habe ich frei lebendes Damwild in dieser Menge und vor allem aus dieser Nähe noch nie erlebt.
Der Besuch der Amsterdamse Waterleidingduinen fand im Rahmen einer Pressereise mit Zandvoort Tourismus statt.
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