Wir lieben es, während unsere Touren durch eine Stadt auch die grünen Oasen zu entdecken. Der Retiro-Park am östlichen Rand der Madrider Innenstadt ist mit Sicherheit einer der beeindruckendsten Parkanlagen der Stadt.
Was gibt es schöneres, als auf einer Bank im Schatten zu sitzen, den Vögeln zuzuhören und über einen See zu gucken. Hier können wir die Eindrücke einer Stadtbesichtigung verarbeiten und neue Ziele planen.
Das geht allerdings erst, nachdem wir den Retiro-Park, der sogar auf der UNESCO Welterbeliste steht (unter der Bezeichnung Paseo del Prado und Buen Retiro, Landschaft der Künste und der Wissenschaften ) erkundet hatten.
Ein Park für den König entsteht
Unter der Regierung von Philipp II. gab es auf einer sanften Anhöhe in der Nähe eines Klosters die Gärten der Schlossanlage Buen Retiro. Gaspar de Guzmán, Graf von Olivares, Herzog von Sanlúcar und einer der führenden Politiker der Stadt ließ ab 1632 die Gebäude und Gartenanlage umgestalten. Die Architekten und Landschaftsgestalter hatten den Auftrag eine Barockanlage zu schaffen, die den künstlichen See Estanque del Retiro enthalten sollte.
Hauptnutzer der Parkanlage war der damalige König, der vor allem während der warmen Zeit dort in einen Palais residierte. Die Bürger Madrids bekamen nur zu einem begrenzten Areal der Parks Zutritt. Als das Königshaus in den neuen Palacio Real umzog, verlor der Park an Bedeutung.
Im Zuge der napoleonischen Kriege kam es zur Plünderung und Zerstörung des Palastgebäudes innerhalb des Parks. Ein Wiederaufbau erfolgte nicht. Auf den Grundmauern des zu diesem Zeitpunkt unvollendeten Naturkundemuseums westlich des Palastes entstand 1819 das Museo del Prado.
Ein Park für das Volk entsteht
1868, nach dem Sturz von Königin Isabellas II. übernahm die Stadt Madrid das Gelände des Parks und plante einen Umbau. Ein Volkspark, der vollständig für die Bevölkerung zugänglich sein sollte, wurde realisiert.
Es folgten Umbauarbeiten, bei denen nur Überreste des königlichen Parks und seiner Bauten, wie der künstliche See Estanque del Retiro und das barocke Parterre hinter der Puerta Felipe IV. mit dem wohl ältesten Baum Madrids erhalten blieben. Der älteste Baum der Stadt ist vermutlich der 627 Jahre alter Olivenbaum, der aus der Zeit um 1396 stammt. Den Setzling hat man damals auf einer der Flächen in der Nähe des Eingangstors Puerta del Ángel Caído gepflanzt und heute steht dort ein stattlicher Baum.
1883 nutzte die Stadt den Park für nationale Ausstellungen. Im Zuge dieser Veranstaltungen entstanden auch neue Gebäude, wie zum Beispiel der Palacio de Velázquez und der Palacio de Cristal. Einige Jahre später schuf man eine einheitliche Umzäunung des Parkgeländes, der nun durch beeindruckende Portale betreten werden konnte. Diese Umzäunung ist bis heute erhalten und auch die Tore gibt es noch. Damit im Park nachts alles ruhig und friedlich bleibt, werden diese verschlossen.
Ein Spaziergang durch den Retiro-Park
Wer heute durch die Anlage schlendert, wird viele wunderschön angelegte Alleen vorfinden. Einige sind gesäumt von Beeten, andere durch Baumreihen. Zahlreiche Brunnen, Skulpturen verschiedener Künstler und einen Rosengarten konnten wir auf unserem Rundgang bewundern.
Ein ganz besonderer Brunnen ist zum Beispiel der Angel Caído. Die 1877 geschaffene Statue stellt Luzifer dar und soll angeblich weltweit die einzige Darstellung Luzifers sein.
Mir hat besonders gut gefallen, dass wir nicht nur entlang der breiten angelegten Alleen spazieren konnten, sondern auch verschlungene Wege durch das dichte Grün der unzähligen Bäume führte. Wir haben einige kleine Wasserläufe entdeckt, in denen Enten schwammen. Wer hier in der heißen Jahreszeit entlang schlendert findet ein erfrischendes Mikroklima vor.
Auch Familien kommen im Park auf ihre Kosten. Ich habe einige Spielplätze entdeckt und am Wochenende finden regelmäßig Vorführungen eines Puppentheaters statt.
Besonders schön war es eine Pause in einem der kleinen Gartenrestaurants am großen See zu machen. Wir haben dort etwas getrunken und eine Waffel mit Vanilleeis gegessen. Während wir dort saßen konnten wir nicht nur den Ruderern auf dem See zugucken, sondern auch einem Saxophonspieler zuhören. Dieser stand vor dem Zaun des Restaurant und sammelte hinterher Geld ein. Da er nicht das Gelände betreten durfte, legten die Zuhörer einfach eine Kleinigkeit auf den Zaun.
Kristallpalast
Einer der Höhepunkte im Retiro-Park in Madrid ist der Kristallpalast. Er liegt an einem kleinen künstlichen See und ist von Rosskastanienbäumen umgeben. Zugegeben, es ist schon ein malerischer Anblick, wenn man den Palast über das Ufer des künstlich angelegten Sees betrachtet. Als wir dann aber auf die andere Uferseite gehen und direkt vor dem Kristallpalast stehen, ist es nur „voll“. Unzählige Besucher stehen vor dem wunderschönen Gebäude und versuchen sich davor in Szene zu setzen. Dabei ist es kaum möglich, das ehemalige gigantische Gewächshaus aus dieser Entfernung vernünftig zu fotografieren.
1887 errichtete der Architekt Ricardo Velázquez Bosco an dieser Stelle ein Gebäude aus einem Gerüst aus Eisen, dass mit Glas verkleidet wurde. Hier sollten die tropische Pflanzen für die 1887 abgehaltene Ausstellung “Flora der philippinischen Inseln“ ein zu Hause finden. Mir gefallen besonders gut die Keramiken, die als Fries das Gebäude verzieren.
Heute nutzt das Museum Reina Sofia den Kristallpalast für Wechselausstellung. Bei unserem Besuch war der Ausstellungsraum gerade ungenutzt und durch die Scheiben konnte man sehr gut in den Raum gucken.
Ich finde das Gebäude, vor allem die Eisenkonstruktion, sehr beeindruckend. Gerne wäre ich hinein gegangen und noch viel lieber hätte ich hier tropische Pflanzen wie in einem Gewächshaus bewundert.
Velázquez-Palast
Wir kommen an einem Gebäude vorbei, dass heute vom dem Museum Reina Sofia als Ausstellungsraum für Sonderausstellungen genutzt wird.
Der Velázquez-Palast im Retiro-Park ist zwischen 1881 und 1883 erbaut worden. Er war ursprünglich als Ausstellungsbebäude für die Nationale Bergbauaustellung errichtet worden, die Mitte 1883 in Madrid statt fand.
Guckt man sich das Gebäude etwas genauer an, fallen einige Parallelen zum Kristallpalast auf. Eigentlich kein Wunder, den der Architekt Ricardo Velázquez Bosco hat beide Gebäude im Park geplant und errichtet. Auch hier gibt es eine mit Glas verkleidete Eisenkonstruktion, allerdings nicht in der Größe, wie beim Kristallpalast. Bei diesem Gebäude dient die Konstruktion als einen Art Dachfenster, durch das Tageslicht in die Räume fällt.
Eine weitere Parallele ist die Arbeit mit zweifarbigen Ziegelsteinen und Fliesen. Auch hier, genauso wie beim Bau des Kristallpalastes, war der Keramiker Daniel Zuloaga an der Bauausführung beteiligt. Die Fliesen gefallen mir sehr. Es ist eine wunderschöne Art Highlights in einer Fassade zu platzieren.
Estanque Grande de El Retiro
Neben dem Kristallpalast ist der große See mit Sicherheit der bekannteste Ort mitten im Retiro-Park. Wir hatten vor unserem Besuch zahlreiche Bilder von Ruderern in kleinen Booten direkt vor dem Denkmal gesehen und beschlossen uns das anzugucken.
Nun waren wir bei unserem ersten Aufenthalt Mitte Oktober zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt vor Ort. Es hatte zuvor heftig geregnet und an diesem Tag war es so windig, dass es sogar kleine Wellen auf dem See gab. Der Bootsverleih war geschlossen und wir konnten keine Boote auf dem See fotografieren. Kurz vor unserem Rückflug 4 Wochen später hatten wir mehr Glück. Nicht nur das inzwischen der Herbst im Retiro-Park Einzug gehalten hatte, bei unserem zweiten Besuch strahlte die Sonne und die Boote fuhren auf dem See.
Geschichte des Sees
Der Architekt Cristobal de Aguilera schuf 1634-1636 den Teich Estanque Grande de El Retiro als Mittelpunkt des Gartens des Buen Retiro (ein Freizeitpalais). Zur Belustigung der Besucher spielte man dort Seeschlachten nach und bot dem König und seinem Gefolge die Möglichkeit, mit dem Boot zu fahren. Heute darf hier jeder, der sich am Bootsverleih ein Ruderboot mietet, mitten in der Großstadt eine Bootsfahrt unternehmen.
In der Vergangenheit sollen sogar im Park eigene Schiffswerften existiert haben, die die Schiffe für den See bauten. Im See befand sich eine kleine Insel, auf der Theaterstücke gespielt wurden.
Ende des 18. Jahrhunderts überflutete man die Insel. Mit Hilfe von gesammelten Spendengeldern errichtete man am Ufer ein Denkmal zu Ehren des spanischen Königs Alfons XII.
Monumento a Alfonso XII im Retiro-Park
Das riesige Denkmal für den König Alfonso XII befindet sich auf der östlichen Seite des Sees Estanque Grande de El Retiro . Es dominiert die gesamte Seeseite und wirkt schon von der gegenüber liegenden Seite sehr groß.
Im Jahr 1902 wurde auf Initiative der Königinmutter Maria Christina von Österreich ein nationaler Wettbewerb zum Entwurf eines Denkmals für König Alfonso XII. ausgeschrieben. Finanziert werden sollte der Bau des Denkmals durch eine Volkssammlung. Der Architekt José Grases Riera gewann den Wettbewerb. Sein Plan sah eine große Kolonnade vor und als dominanter Blickpunkt waren ein Reiterstandbild des Königs und mehrere Skulpturen geplant. Mitten in der Umsetzung des Projekts verstarb Grases Riera. Sein Nachfolger übernahm die vollständige Planung und verpflichtete über 20 Bildhauer, um die verschiedenen Statuen zu fertigen.
Im Sommer 1922 konnte das gigantische Denkmal eingeweiht werden. Es ist 30 Meter hoch, 86 Meter lang und 58 Meter breit. Der Blickfang im Mittelpunkt ist das aus Bronze gegossene Reiterstandbild von König Alfonso XII. Besonders auffällig ist der Sockel des Denkmals. Hier kann man mehrere Statuen entdecken. Diese symbolisieren den Frieden, die Freiheit und den Fortschritt. Besonders schön finde ich auch die drei Bronzereliefs im Sockel.
Vom Denkmal aus führen Stufen zum See hinunter. Hier sitzen nicht nur die Besucher des Parks gerne und genießen den Blick auf den See. Hier hat der Architekt auch Steinlöwen und Meerjungfrauen aus Bronze platziert, die auf das Wasser schauen.
Hinter dem Reiterstandbild befindet sich die Kolonnade in der einige Statuen von unterschiedlichen Künstlern ihren Platz gefunden haben.
Adresse:
Retiro,
28009 Madrid, Spanien
Öffnungszeiten:
Täglich
Oktober – März: 06 – 22 Uhr
April – September: 06 – 24 Uhr
Eintrittspreis:
kostenlos
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