Es gibt Biere, die trinkt man und vergisst sie wieder. Und dann gibt es solche, die einen nicht mehr loslassen. Das Lagerbier von Chodovar war für mich so ein Fall – auffallend weich, würzig und mit einem unverwechselbaren Charakter, der neugierig macht.
Ich wollte wissen, woher dieser besondere Geschmack kommt. Die Antwort führte mich nach Westböhmen, direkt zur Familienbrauerei Chodovar.
Auf einen Blick
- Was: Brauerei-Führung und Biere
- Wo: Rodinný pivovar Chodovar, Pivovarská 107, 348 13 Chodová Planá, Tschechien
- Führungen: Die Führungen werden regelmäßig auf Tschechisch und Deutsch angeboten. Führungen auf Englisch oder in anderen Sprachen sind oft für Gruppen nach vorheriger Absprache möglich.
- Preise: Erwachsene: 250 CZK
Im Preis ist in der Regel ein kleines Bier (0,3l) zur Verkostung enthalten. - Zeiten: In der Hauptsaison finden täglich zu festen Zeiten öffentliche Führungen statt. Eine Voranmeldung ist nicht zwingend erforderlich, aber stark empfohlen. Die genauen Zeiten sind hier zu finden.
Die Geschichte von Chodovar
Die Geschichte der Brauerei Chodovar hängt mit dem Granitgestein Westböhmens zusammen. Bereits im 12. Jahrhundert, als an gleicher Stelle noch eine Burg stand, legten deren Bewohner die ersten Felsenkeller an. Da es keine modernen Kühlmöglichkeiten gab, waren diese Keller wichtig, um das Bier – damals ein Grundnahrungsmittel – haltbar zu lagern. Während die Burg heute nicht mehr existiert, werden eben diese historischen Keller noch immer für die Reifung des Bieres genutzt.

Zur Geschichte gehört die Legende des Hundes Albi, der eine nahegelegene Mineralwasserquelle entdeckt haben soll, die bis heute genutzt wird. Albi befindet sich auf dem Wappen der Brauerei.
Die erste urkundliche Erwähnung der Brauerei ist datiert auf das Jahr 1573. Ein Brand im Jahr 1861 hat das Gebäude fast vollständig zerstört. Der damalige Besitzer, Graf Berchem, ließ jedoch bereits ein Jahr später eine neue, moderne Brauerei direkt über den alten Felsenkellern errichten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb verstaatlicht und in die Pilsner Brauereigruppe eingegliedert. Erst nach der Samtenen Revolution wurde die Brauerei 1992 wieder privatisiert und von der Familie Plevka übernommen, die ihre über 220-jährige Familientradition in der böhmischen Braukunst hier wieder aufleben ließ. Einer ihrer ersten Schritte war die Wiedereinführung des historischen Wappens mit dem Hund Albi.

Hinter den Kulissen: Eine Tour durch Sudhaus und zum Bierbrunnen
Nachdem wir so viel über die faszinierende Geschichte gelesen hatten, war eine Brauereiführung für uns natürlich Pflicht. Der Treffpunkt war an der Rezeption des Restaurants „Ve Skále“ (Im Felsenkeller). Während wir auf unseren Guide warteten, konnten wir bereits einen Blick in das kleine Brauereimuseum werfen, dessen Ausstellungsstücke in den Felsengängen viel über das traditionelle Handwerk erzählen.

Gemeinsam mit unserem Guide ging es dann in die benachbarte Brauerei. Da wir an einem Wochenende dort waren, standen die Anlagen still. Ich muss zugeben, dass ich das sehr genossen habe, da es so wunderbar ruhig auf dem Gelände war. Unsere Gruppe war mit nur vier Personen angenehm klein. Die Führung fand in deutsch und tschechisch statt.
Die Stationen unserer Führung
Tennenmälzerei
Unser erster Halt war die Tennenmälzerei, und schon beim Eintreten in den riesigen, leeren Raum war ich beeindruckt. Ich stellte mir vor, wie hier sonst der Boden komplett mit keimendem Getreide bedeckt ist.

Unser Guide betonte, was für ein seltener Anblick eine solche traditionelle Mälzerei heute ist, da die meisten Brauereien ihr Malz zukaufen. Er erklärte uns anschaulich, wie die Gerste hier ausgebreitet, befeuchtet und regelmäßig gewendet wird, damit sie keimen und die für das Brauen so wichtigen Enzyme bilden kann.
Sudhaus
Weiter ging es ins Herzstück, das Sudhaus. Der Anblick der gewaltigen Kupferkessel ist einfach fantastisch. Man konnte den süßlichen Duft von Malz förmlich erahnen, der hier an Brautagen in der Luft liegen muss.

Hier wurde uns der eigentliche Brauprozess lebendig vor Augen geführt: vom Maischebottich, in dem Malzschrot und Wasser vereint werden, bis hin zur Würzpfanne, wo der Hopfen dazukommt und alles gekocht wird. Faszinierend war auch das Gewirr aus Rohren, durch die, wie man uns erklärte, die heiße Würze anschließend auf ihrem Weg zur Kühlung und Gärung in die tiefen Felsenkeller gepumpt wird.
Offene Gärung
Vom heißen Sudhaus führte uns der Weg in die Kühle der Gärkeller. Sofort fiel uns die deutlich niedrigere Temperatur und ein intensiver, fruchtig-würziger Geruch auf. Vor uns erstreckte sich ein großer, gekachelter Raum mit mehreren riesigen, offenen Bottichen. Ein Blick hinein war faszinierend: Die Oberfläche des Bieres war mit einer dicken Schaumdecke bedeckt.

Unser Guide erklärte uns, dass dies die „Decke“ aus Hefe ist, die während der Gärung aufsteigt. Hier wird die gekühlte Würze aus dem Sudhaus mit der Hefe vereint. In den nächsten Tagen verrichtet die Hefe ihre ganze Arbeit: Sie wandelt den Zucker in Alkohol und Kohlensäure um. Das Besondere an dieser offenen Gärung ist, dass der Braumeister die Hefe beobachten und die besten, aktivsten Hefestämme von der Oberfläche quasi „abernten“ kann, um sie für den nächsten Sud wiederzuverwenden. Nach dieser stürmischen Hauptgärung, die etwa eine Woche dauert, wird das „Jungbier“ dann zur Reifung in die tiefen Felsenkeller gepumpt, wo es wochenlang bei kalten Temperaturen lagert.
Abfüllung
Unsere letzte Station im Inneren der Brauerei war die Abfüllanlage. Hier standen die Bänder und Maschinen still, was uns einen einmaligen Blick auf die komplexe Technik erlaubte. Normalerweise würde hier ein ohrenbetäubender Lärm aus ratternden Bändern und klappernden Flaschen herrschen.

So aber konnten wir in aller Ruhe die einzelnen Schritte nachvollziehen. Der Guide zeigte uns, wo die leeren Flaschen ankommen, wie sie gereinigt, unter Druck befüllt, mit einem Kronkorken verschlossen und schließlich etikettiert werden, bevor sie in die Kästen wandern. Das alles in einem atemberaubenden Tempo, wenn die Anlage läuft.
Ein Brunnen, aus dem Bier fließt: Der krönende Abschluss
Das absolute Highlight wartete im Innenhof auf uns: ein echter Bierbrunnen! Eine Zapfanlage ist dort direkt mit der Brauerei verbunden und aus dem Hahn floss das hervorragende, frische Chodovar Bier. Zum Probieren gab es außerdem noch die hauseigene Kirschbrause, aber mir persönlich hat das Bier natürlich weit besser geschmeckt!

Gerne hätte ich noch länger am Bierbrunnen gestanden und das Chodovar Bier getrunken, aber nach etwa 45 Minuten ist die Führung beendet und man verlässt das Gelände wieder.
Der Besuch hat uns neugierig gemacht: Was genau steckt geschmacklich in diesen Bieren? Wir haben uns die wichtigsten Sorten genauer angesehen.
Was das Chodovar Bier so besonders macht
Drei Dinge macht das Chodovar Bier einzigartig:
- Das Wasser: Das Fundament ist das außergewöhnlich weiche Wasser aus brauereieigenen Brunnen. Der niedriger Mineraliengehalt lässt den Malz- und Hopfenaromen Raum zur vollen Entfaltung.
- Das Malz: In einer Zeit, in der die meisten Brauereien Malz zukaufen, stellt Chodovar es komplett in der eigenen Tennenmälzerei her. Die Gerste dafür stammt aus der unmittelbaren Umgebung.
- Der Hopfen: Abgerundet wird das Ganze durch die Verwendung von ausschließlich tschechischem Aromahopfen, insbesondere der weltberühmten Sorte Saaz (Žatec).

Diese besondere Qualität wurde 2008 offiziell anerkannt, als die EU Chodovar die geschützte geografische Angabe „Chodské pivo®“ verlieh.
Dieses Siegel schützt die Herkunft und dient als Garant für Authentizität und Qualität.
Im Glas und auf der Zunge: Die Chodovar Biere im Detail
Die Brauerei bietet unterschiedliche Produkte an, die von klassischen tschechischen Lagerbieren bis hin zu saisonalen Spezialitäten reichen.
Die Hellen Ležáky
Prezident Premium (12°, 5.0% ABV)
Das Flaggschiff der Brauerei wurde konzipiert, um eine Brücke zwischen den eher süßlichen Lagern südböhmischer Art und den herb-bitteren Bieren Pilsner Typs zu schlagen.Im Glas präsentiert es sich in einem brillanten, klaren Goldgelb, gekrönt von einer dichten, stabilen und cremeweißen Schaumkrone. Ein wenig rieche ich die typisch grasig, floralen Noten des Saaz-Hopfen und eine Malznote, die an frisches Brot erinnert.
Schon beim ersten Schluck merke ich eine weiche Note. Erst im Abgang kommt ein wenig der Hopfenbittere hervor.

Zámecký Ležák Speciál (13°, 5.1% ABV)
Dieses „Schloss-Spezial-Lager“ ist ein kräftigeres Bier. Der Brauer verwendet ausschließlich tschechischem Aromahopfen. Danach lagert das Bier außergewöhnlich lange zwei bis drei Monate in den Felsenkellern.
Das Bier leuchtet in einem tiefen Goldton bis hin zu hellem Bernstein. Die dicke, cremige, cremefarbene Schaumkrone lädt dazu ein den ersten Schuck zu genießen. Aber vorher entfaltet sich das Aroma brotigem und honigsüßem Malz und frischem, grasigem und würzigem Hopfenaromen in der Nase. Der erste Schluck zeigt, das Bier ist vollmundig und malzbetont. Noten von Zitrusfrüchten und die typische Würze des Saaz-Hopfens sind deutlich erkennbar.
Zlatá Jedenáctka (11°, 4.5% ABV)
Die „Goldene Elf“ ist ein Paradebeispiel für die in Tschechien äußerst beliebte Kategorie der 11°-Plato-Biere. Sie bietet mehr Körper und Geschmack als ein klassisches 10°-Schankbier (výčepní), ist aber gleichzeitig süffiger und leichter als ein 12°-Lager (ležák).
Das Bier zeigt ein strahlendes, leuchtendes Gold im Glas, bedeckt von einer cremigen weißen Schaumkrone. Den Bierliebhaber erwartet ein Bier mit ausgezeichnet ausbalanciertem vollen, samtigen Malzkörper und einer deutlichen, aber nicht aufdringlichen Hopfenbittere. Mir schmeckt es ausgezeichnet. Es ist weich, etwas spritzig und hat einen wunderbaren würzigen Hopfenabgang.
Das Dunkle Herz Böhmens
Zámecké Černé (10°, 4.2% ABV)
Dieses preisgekrönte Tmavé Pivo (dunkles Lager) ist das Aushängeschild der Brauerei. Es wird nach historischen Rezepten aus speziellen Farb-, Karamell- und Röstmalzen gebraut.

Das Bier ist dunkelbraun bis mahagonifarben mit rubinroten und bernsteinfarbenen Reflexen im Gegenlicht. Es ist klar filtriert. Gekrönt ist das Bier von einer stabilen, cremigen und hellbeigen Schaumkrone.
Das Bier ist malzdominiert. Es verströmt intensive Noten von Karamell, Toffee, dunkler Brotkruste und Anklänge von Kaffee, Schokolade und getrockneten Früchten.
Der Geschmack hat uns überrascht. Es ist nicht so süßlich, wie viele andere dunkle Biere. Man schmeckt aber schon Noten von Karamell, Toffee, Kaffee und Zartbitterschokolade heraus.
Ein Fazit für Bierliebhaber
| Biername | Bierstil | Alkoholgehalt | Beschreibung & Geschmacksprofil |
| Zámecký Ležák Speciál (13°) | Tschechisches Pils | 5,1 % | Ein Spezial-Lagerbier, das 2–3 Monate in den Felsenkellern reift. Goldgelbe Farbe, sauberes Hopfen- und Malzaroma, angenehme Hopfenbittere mit Röstnoten und einem frischen, trockenen Abgang. |
| Zámecké Černé (Schloss-Schwarzes) | Böhmisches Dunkles Lager | 4,2 % | Ein klassisches tschechisches Schwarzbier. Sehr dunkelbraun mit bernsteinfarbenen Reflexen. Malziges und karamelliges Aroma, am Gaumen süßlich, biskuitartig mit Gewürznoten und einem röstigen Abgang. |
| Skalní Ležák (Felsen-Lager) | Lager / Halbdunkles | 5,0 % | Ein halbdunkles Lagerbier mit unverwechselbarem Charakter. Es verbindet eine feine Bitterkeit und fruchtige Noten mit einem für dunkles Bier typischen Karamellton. |
| Zlatá Jedenáctka (Goldene Elf) | Lager / Helles | 4,5 % | Ein klassisches helles Lagerbier mit 11 Grad Stammwürze, ein süffiger Allrounder. |
| Pašerák (Schmuggler) | Böhmisches Pils | 4,0 % | Ein leichteres Pils, ideal als Session-Bier. |
| Nealkoholické pivo | Alkoholfreies Pils | < 0,5 % | Das alkoholfreie Angebot der Brauerei für unbeschwerten Genuss. |
| Chodovar Roller | Radler | 2,0 % | Ein erfrischendes Biermischgetränk aus Bier und zitronenhaltigem Il Sano Mineralwasser. Erhältlich in den Sommermonaten. |
Ein Besuch bei Chodovar ist mehr als eine gewöhnliche Brauereibesichtigung. Vom Anblick der selten gewordenen Tennenmälzerei über die Offene Gärung bis zum unvergesslichen Moment, an dem man aus dem Bierbrunnen ein frisches Lager bekommt – hier spürt man bei jedem Schritt die Leidenschaft für das Bierbrauen und die Liebe zum Chodovar Bier.
Der Besuch fand in Kooperation mit Czech Tourismus statt.
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