Wer kennt die beliebte Geschichte „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ nicht!? Was ich allerdings bisher nicht wusste, dass die Filmarbeiten 1972 auch in der tschechischen Burg Švihov stattgefunden haben. Aber nicht nur das ist ein guter Grund für einen Burgbesuch, es gibt viel zu sehen.
Die Burg Švihov (deutsch Schwihau) liegt in Švihov im Okres Klatovy, in Tschechien. Für uns zwar nicht ganz auf dem Weg von Pilsen nach Český Krumlov, aber der kleine Umweg hat sich auf jeden Fall gelohnt!
Geschichte der Burg Švihov
Ende des 15.Jahrhunderts erbaute der Herr Půta von Švihov (Botho (Puta) Schwihau von Riesenberg), zu dieser Zeit Oberster Richter im Böhmischen Königreich, die Burg. Er war in diesem Amt einer der mächtigsten Männer des Landes und so ist es nicht verwunderlich, dass er aufgrund seiner Stellung erheblichen Grundbesitz hatte. Neben der Burg in Švihov besaß er noch die Burgen Rabí und Prácheň und verschiedene weitere Besitztümer in Nordböhmen und Schlesien.
Die Burg Švihov ist eine Wasserfestung auf einer künstlich angelegten Insel in einem flachen und nassen Flusstal. Die Burg bestand aus zwei Palästen, der Burgkapelle und einem Turm, die von einer inneren Befestigung mit vier Eckbasteien und einem Wassergraben umgeben waren. Davor lag die äußere Befestigungsanlage mit einem weiteren Wassergraben.
Nachdem Půta verstorben war und seine Söhne das Anwesen nicht halten konnten, wechselten die Besitzer einige Male.
Nach der Beendigung des Dreißigjährigen Krieges gab Kaiser Ferdinand III. den Erlass heraus, zahlreiche Burgen in Böhmen abzureißen. Auch die Burg Švihov fiel unter diesen Erlass, konnte jedoch aufgrund von erfolgreicher Verzögerungstaktik mit nur sehr langsamem Abriss wenigstens zum Teil erhalten werden. Der damalige Besitzer Černín verwandelte die Burg anschließend in einen Landwirtschaftshof. Die Paläste nutze man als Speicher und legte Stallungen an, die bis ins 20.Jahrhundert so weiter genutzt wurden. Leider vernachlässigte man das Gebäude zu erhalten und 1926 erklärte man die Burg Švihov zur Ruine.
Der letzte Besitzer der Burg Švihov bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, war Eugen Graf Czernin von und zu Chudenitz, aus einer böhmischen Uradelsfamilie vom Stammschloss Chudenice in unmittelbarer Nähe von Svihov. Er wurde nach dem Krieg enteignet. Die Burg Švihov stellte man unter die Kontrolle der Nationalen Kulturkommission. Diese leitete die Renovierung ein. Heute ist die Burg im Rahmen von Führungen für Besucher geöffnet.
Besuch auf der Burg Švihov
Vom Parkplatz aus sind es nur wenige Schritte bis zur Burganlage. Dabei kommt man am Burggraben und an einem Weg vorbei, der um die Anlage herum führt.
„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“
In den großzügigen Innenbereich, vor dem eigentlichen Burggebäude, kommt man ohne Eintritt zahlen zu müssen. So ist es möglich, die Wirtschaftsgebäude, die 1972 als Kulisse für die Verfilmung des Klassikers „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ dienten, zu sehen.
Die Wasserburg stellte im Film keine stolze Adelsburg dar. Sie diente als Kulisse für den Ort, an dem Aschenbrödel mit ihrer Stiefmutter und ihren Stiefschwestern lebte. Die Filmcrew nahm dazu Veränderungen vor, baute Orte hinzu und ließ zum Beispiel den heutigen Ausstellungssaal neben dem Kassenraum in einen Pferdestall für den Schimmel umwandeln.
Es gibt die Möglichkeit, in den Räumen der Burg eine Ausstellung zum Film mit originalen Garderoben und Filmutensilien zu sehen. Dieses ist allerdings nur im Rahmen einer Führung möglich. Als wir vor Ort waren, wurde diese Führung leider gerade nicht angeboten.
Wer mehr sehen möchte, kann eine etwa 5 Kilometer lange ausgeschilderte Strecke wandern, die zu weiteren Aufnahmeorten führt: zum Beispiel Aschenbrödels Obstgarten und dem Weiher im Nachbarort.
Burg Švihov: Führung „Die Küche“
Wir haben uns bei unserem Besuch für eine etwas andere Führung entschieden. Die Burg an sich mit den Räumen mag sicherlich interessant sein, wird aber sicherlich anderen Burgen recht ähnlich sein. Wir haben uns dazu entschlossen, die Räume im Hintergrund zu entdecken. Es werden die Räume gezeigt, die für den Betrieb der Burg notwendig sind.
Die Führung mit dem Namen „Die Küche“ findet wie alle angebotenen Führungen auf der Burg in tschechischer Sprache statt. Es gibt aber kleine Booklets mit den deutschen Texten, die das Wichtigste erklären.
Unsere Gruppe während der Führung bestand inklusive Guide aus 6 Personen, wirklich schön übersichtlich.
Nachdem die Tür zur Burg mit einem riesigen Schlüsselbund aufgeschlossen worden war, betraten wir den Westlichen Zwinger der Burg. Der viereckige Innenhof wird von den Mauern des Süd- und Nordpalastes, dem Korridorflügel im Westen, den Verbindungsmauer und der Kapelle im Osten umgeben. Nach etwas geschichtlichem Hintergrund zur Burg wies man uns auf eine Besonderheit hin. Unter dem Korridorflügel liegt ein erhaltenes Abwassersystem. Dieses diente angeblich dazu, bei Angriffen den Hof zu fluten und so die Gebäude und deren Bewohner zu schützen. War die Gefahr vorbei, konnte das Wasser auch wieder über das System abgelassen werden.
Die Keller
Anschließend ging es in die Keller unter dem Süd- und Nordpalast. In jedem Keller lagerten andere Lebensmittel (abhängig von Feuchtigkeit und Kälte) und so gab es zum Beispiel einen Milchkeller, einen Brotkeller, den Wein- und Bierkeller. Heute kann man zum Beispiel im Brotkeller etwas über die Geschichte des Brotbackens erfahren und eine kleine Ausstellung zum Thema sehen.
Wachstube
Als nächstes betraten wir die Räume unter der Kapelle. Hier waren die Wachstube und das Hauptmannsbüro untergebracht. In der Wachstube stehen heute Möbel aus dem 18.Jahrhundert und einige Hellebarden.
Das Hauptmannsbüro ist wie ein Büro mit alten Möbeln eingerichtet. Hier wurden wir auf etwas besonderes hingewiesen. Direkt über der Tür zum Raum befindet sich eine Öffnung in der Wand. Dahinter verläuft ein Gang, der mit der inneren Befestigungsanlage verbunden ist und es ermöglichte, alle strategisch wichtigen Orte schnell zu erreichen. Clever, so musste man nicht durch zahlreiche Gänge in der Burg laufen, sondern kam schnell an den Brennpunkt bei Angriffen.
Schwarze Küche
Durch den Nordwestlichen Zwinger gelangten wir dann in die Schwarze Küche. In der Schwarzen Küche bereitete man das Essen für den Adel vor. Die Speisen kochten über dem offenen Feuer, der Russ schwärzte nach und nach die Wände. Daher nannte man die Küche auch Schwarze Küche. Dieser Raum sah für mich so aus, wie ich mir eine Küche immer vorgestellt hatte.
Gebundene und getrocknete Kräuter hingen an den Wänden, die Kupferkessel blitzten und die großen Schöpfkellen hingen griffbereit. Es fehlte eigentlich nur der betörende Duft des Essens. Erstaunt entdeckte ich einige Oblateneisen. Ähnliche Eisen hatte ich bereits in Peitz beim Backen von Klemmbrot kennengelernt. Ob diese wohl ähnlich genutzt wurden?
Mit dem Besuch der Küche endete der 40-minütige Rundgang. Mir hat es sehr gefallen, einen etwas anderen Einblick in das Leben auf einer Burg zu bekommen.
Adresse:
Státní hrad Švihov
Žižkova 1
340 12 Švihov
Führungsangebote:
Die Burg – das Leben am Adelswohnsitz
Tour in Tschechisch mit Booklets in Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch, Polnisch, Niederländisch
Die Küche – der Betrieb der Burg
Führung in Tschechisch mit Booklets in Englisch, Deutsch, Russisch
Der Turm – der Weg von einer Ruine zum Denkmalschutz
Führung in Tschechisch, Booklet in deutsch gesehen
Auf den Spuren vom Schuh des Aschenbrödels
Besichtigungszeiten:
1.1.- 31.3. geschlossen
1.4. – 31.10. abhängig von der Führung – siehe Webseite des Anbieters
1.11. – 31.12. geschlossen
Eintrittspreis:
je nach Wahl der Führung:
Erwachsene: 100-150 CZK
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