Bei der Prager Burg denkt jeder erst einmal an das Touristenhighlight der Stadt. Nur die wenigsten Besucher zieht es zu der zweiten Prager Burg, der Vyšehrad.
Südlich der Neustadt am rechten Ufer der Moldau liegt auf einem Hügel der Vyšehrad, einer der bekanntesten frühmittelalterlichen Burgwälle von Böhmen.
Geschichte des Vyšehrad
In der ersten Hälfte des 10.Jahrhunderts entstand die Burganlage an der Moldau. Der erste böhmische König Vratislav II. verlegte etwa 1070 seine Residenz von der Prager Burg auf den Vyšehrad. Hier gründete er das Kollegiatkapitel St.Peter und Paul. Ende des 11.Jahrhunderts entstanden neben der Kirche und dem Stiftsgebäude auch die St.-Laurentius-Basilika und die St.-Martins-Rotunde. Fast 70 Jahre lebten die Herrscher der Region in der Burg, bis sie in die Prager Burg zurück kehrten. Der Vyšehrad verfiel zusehens. Nur die Einrichtungen der Kirche nutzte man weiter.
Als in der zweiten Hälfte des 14.Jahrhundert Karl IV. an der Macht war, blühte der Vyšehrad wieder auf. Man baute eine neue Befestigungsmauer, die mit Zinnen und Wehrgang versehen, nur durch wenige Tore einen Zugang zur Burg gewährte. Ein neuer Königspalast entstand und die Kirche St.Peter und Paul wurde vergrößert. In einer neu verfassten Krönungsordnung legte Karl IV. fest, das der Vyšehrad der Ausgangspunkt für den Krönungszug der böhmischen Könige werden sollte. Er selber „beschritt“ den Weg zweimal, einmal zu seiner Krönung und einmal, wenn auch nicht aus eigener Kraft, bei seinem Trauerzug.
Nach dem Tod von Karl IV. lebten hauptsächlich Priester auf dem Hügel über Prag. 1420 eroberten und zerstörten die Hussiten nahezu alle Bauten. Um 1654 entstand aus der militärisch veralteten Festung eine Barockfestung. Die Baumeister errichteten die gewaltigen Schanzen und Eckbasteien.
1911 wurde die Festung fast vollständig geschliffen. Intensive archäologische Forschungen legten inzwischen einige Gebäude des alten Königshofes frei.
Besuch der Vyšehrad Burganlage
Wir erreichten den Berg, auf dem die zweite Prager Burganlage liegt, vom Ufer der Moldau aus. Ein Hinweisschild zeigte uns den Weg zur Anlage, die über unzählige Stufen zu erreichen ist.
Schon beim Aufstieg kann man den wunderschönen Ausblick über die Moldau genießen.
Durch ein kleines Tor in einer Mauer gelangen wir schließlich auf das Gelände der Vyšehrad.
Unser erster Weg führte zu St.Peter und Paul Kirche mit dem angrenzenden Friedhof.
Vyšehrader Friedhof
Die Kirche haben wir uns nur von außen angesehen. Ein wirklich gewaltiger Bau, der direkt neben unserem eigentlichen Ziel dem Friedhof steht.
Der Vyšehrader Friedhof ist einer der bedeuteten Prager Friedhöfe. Hier findet man Grabstätten von viele Persönlichkeiten, unter anderem die Komponisten Antonín Dvořák und Bedřich Smetana.
Der Friedhof wurde 1870 als nationale Begräbnisstätte geschaffen. An der Süd- und Ostseite des Friedhofes stehen Marmorgruften und Arkaden, die nach italienischen Vorbild entstanden sind. Wunderschöne Gemälde zieren das Kreuzgewölbe, die von toskanischen Säulen getragen werden.
Es gibt bis heute gut erhaltene Grabstätten, mit zum Teil beeindruckenden Grabmälern zu sehen.
Etwas besonderes ist die gemeinsame Ehrengruft Slavín, in der viele Persönlichkeiten bestattet worden sind. Der Hauptweg des Friedhofes bringt den Besucher direkt zu der Gruft. Über dem Hauptmahnmal steht ein Sarkophag, über den sich eine Figur beugt. Seitlich stehen zwei Figuren, die die trauernde und die siegreiche Heimat darstellen sollen. Auf drei Tafeln stehen die Namen der ersten 15 Beerdigten im Slavín. 1901 war der erste der Dichter Julius Zeyer. Über den Tafeln hängt ein Spruch mit dem „Slavín-Motto“: „Obwohl sie starben, sprechen sie noch.“
Mich erinnert der Friedhof in seiner Schönheit an den Pariser Friedhof Lachaise und den Zentralfriedhof in Mailand.
Wir verlassen den Friedhof durch ein Tor in einer Mauer und gelangen in einen kleinen Park.
Rundgang auf dem Vyšehrad
Direkt neben der Grünanlage steht das Gebäude der Neuen Dekanei. Das Haus wurde 1877-79 errichtet. Hier befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte des Vyšehrads. Bei Ausgrabungen hat man im Garten der Dekanei Überreste der St.-Laurentius-Basilika entdeckt.
Wenige Meter weiter entdecken wir die Martins- Rotunde. Es handelt sich hierbei um die älteste Rodunde in Prag und um das einzige Bauwerk auf dem Vyšehrad, das in seiner ursprünglichen Form erhalten ist.
Die romanische Rotunde wurde vermutlich im letzten Drittel des 11.Jahrhunderts erbaut, schriftliche Erwähnungen findet man allerdings erst aus dem Jahr 1396. Eine Zeit diente der ursprünglich als kirchliches Gebäude geplante Bauwerk als Pulverturm. 1875 stellte man den ursprünglichen Zustand wieder her. Leider war das Gebäude verschlossen. Ich hätte mir gerne die Wandmalereien angesehen, der die Motive aus dem Krönungskodex zeigen soll.
Wir beschließen, auf den Mauern der Burganlage entlang zu gehen. An vielen Stellen hat man einen wunderschönen Blick auf Prag, die Moldau und kann sogar bis zur Prager Burg gucken.
Schließlich gelangen wir in den Vyšehradské sady, eine Parkanlage, die heute an der Stelle liegt, an der früher Gebäude des Palastes gestanden haben. Im Park stehen einige beeindruckende Statuen. Diese waren ursprünglich vom Künstler Myselbek für die Palacký-Brücke gedacht und sind 1948 im Park aufgestellt worden. Sie stellen Figuren aus tschechischen Sagen dar.
Das Gelände des Vyšehrad ist sehr groß. Man kann hier sehr schön spazieren gehen und viel Zeit verbringen. Es ist auf jeden Fall viel ruhiger, als an der Prager Burg und hier trifft man auch mal einen Prager. Ach ja, hier gibt es auch einen Biergarten und er ist viel preisgünstiger als auf der Prager Burg. Einen Besuch der Prager Burg Vyšehrad sollte man sich nicht entgehen lassen.
Adresse:
V Pevnosti 159/5b
128 00 Praha 2- Vyšehrad
Öffnungszeiten:
November – März
täglich: 09.30 – 17
April – Oktober
täglich: 9.30 – 18
Eintrittspreise:
Das Gelände und den Friedhof kann man kostenlos erkunden.
Bei einigen Orten wie zum Beispiel der Kirche wird Eintritt verlangt.
Maximilian Straub
Kann mir jemand die Namen der Figuren im Park nennen ?
Danke
Susanne Jungbluth
Die Figur, die die eine Hand zur Seite streckt heißt Přemysl und Libuše.