Das Altstädter Rathaus kennt wirklich jeder Prag Besucher – allerdings oft nur von außen mit dem Blick auf die beeindruckende Astronomische Uhr. Wer in das Rathaus geht, wird überrascht sein, was es dort zu sehen gibt.
Die Geschichte des Altstädter Rathauses (Staroměstská radnice) reicht bis ins Jahr 1338 zurück. König Johann von Böhmen gestattete in diesem Jahr den Bürgern von Prag in der Altstadt ein Rathaus zu erbauen. Finanziert werden musste der Bau aus der Weinsteuer.
Der imposante Rathausturm war 1364 fertig gestellt und ist bis heute mehrfach umgebaut und renoviert worden. Schon recht schnell merkte man, dass der Bau von der Größe her nicht ausreichte und so entstand an der Westseite des Gebäudes ein Anbau, in dem der Sitzungssaal liegt. 1381 war die Kapelle im Rathausturm fertiggestellt und 1410 fing die Rathausuhr an, den Pragern die Zeit zu sagen. Ab 1838 entstand der östliche Rathaustrakt in neugotischen Stil.
Während des Prager Aufstandes 1945 kam es im Verlauf der Kämpfe auf dem Altstädter Ring zu schweren Schäden am Gebäude. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine umfassende Renovierung. Dabei konnten nicht alle Gebäudeteile erhalten werden. Teile des ausgebrannten neugotischen Anbaus mussten abgerissen werden. Heute befindet sich dort eine Gedenkstätte für die Gefallenen des Aufstandes.
Die Stadtverwaltung befindet sich heute im Neuen Rathaus. Das Altstädter Rathaus wird für Veranstaltungen genutzt. Die historischen Räume können besichtigt werden.
Besuch im Altstädter Rathaus
Der Besuch der historischen Räume und des Turms sind nur kostenpflichtig möglich. Wir hatten vorab unsere Eintrittskarte über Get Your Guide gekauft und konnten so ohne lange Wartezeit zu unserem gewählten Zeitfenster unseren Besuch starten. In der Halle befinden sich Kassen für bevorzugte Abfertigung ohne Anstehen, die für Inhaber des Besucherpasses (Prague Visitor Pass), Inhaber von GetYourGuide-Gutscheinen und Personen und Personengruppen mit vorheriger telefonischer (E-Mail-) Reservierung für eine private.
Wer spontan das Rathaus besichtigen möchte, bekommt auch direkt vor Ort Eintrittskarten. Dann kann es allerdings vorkommen, dass man etwas auf ein freies Zeitfenster für den Einlass warten muss.
Die wichtigsten Orte, die man bei seinem Rundgang nicht verpassen sollte sind der alte Rathaussaal, die Kapelle und natürlich der Turmaufstieg.
Eingangsbereich
Der ursprünglich schmucklose Eingang des Rathauses, der bis ins Jahr 1902 sein karges Aussehen behielt, erschien dem Künstler Mikoláš Aleš, einem herausragenden böhmischen Maler und Illustrator, als unzureichend gestaltet. Aleš, der an der Prager Kunstakademie studiert hatte, wurde beauftragt, den Eingangsbereich neu zu gestalten.
Die von Aleš geschaffenen Decken- und Wandmalereien erzählen von der tschechischen Nationalgeschichte, angefangen bei der Fürstin Libuše, die in ihren Visionen den Ruhm Prags prophezeite. Auch der Heilige Wenzel, einer der Landespatrone, und die Wahl von Georg von Podiebrad zum böhmischen König, ein Motiv, das sich durch das gesamte Rathaus zieht, finden sich in den Malereien wieder.
Ein wirklich wunderschöner Eingangsbereich, den wir leider nicht betreten konnten, aber von aussen lässt sich gut hineingucken.
Kapelle des Altstädter Rathauses
Im ersten Stock des Rathauses betreten wir die Kapelle der Jungfrau Maria. Ein wunderschöner Raum, der mich sehr begeistert hat.
Man mag es kaum glauben, aber es gab eine Zeit, da fand in diesem heiligen Raum vor jeder Sitzung des Stadtrates ein Gottesdienst statt. Ob die Messe das Abstimmverhalten beeinflusst hat? Wer weiß… Zusätzlich gab es hier auch Gottesdienste für Gefangene, die vom Rathaus zum Schafott gebracht wurden und auch Begräbniszeremonien hielt man dort ab.
Die Kapelle besteht aus einem Querschiff und einen fünfseitigen Erker. Sehr auffällig sind die wunderschönen Kirchenfenster. Ihre Farbgestaltung dominieren den Raum.
Das Herzstück der kleinen Kapelle im Altstädter Rathaus von Prag ist der Altar, ein beeindruckendes Werk des 19. Jahrhunderts, erschaffen von Josef Mocker, einem Baumeister, dessen Name in Prag wohl bekannt ist. Mocker war auch verantwortlich für so bedeutende Bauwerke wie die Kirche der Heiligen Ludmilla in Vinohrady oder die Basilika St. Peter und Paul auf dem Vyšehrad.
Der dreiflügelige Altar fängt den Blick sofort mit seinem Hauptbild ein: Maria hält das Jesuskind, umgeben von zwei Figuren – den Schutzpatronen Ludmilla und Wenzel.
Neben dem Altar erheben sich die Statuen der Heiligen Anna und des Heiligen Josef, Marias Eltern, die 1887 ihren Platz in der Kapelle fanden.
Kaum jemand weiß, dass man von der Kapelle des Altstädter Rathauses ins Innere des Mechanismus der Prager Aposteluhr gucken kann und so die Schau der Apostel sehen kann.
Gemeindesaal
Der Gemeindesaal im Altstädter Rathaus von Prag präsentiert sich heute in einem erstaunlich modernen Gewand, das kaum erahnen lässt, wie dieser Raum um das Jahr 1340 ausgesehen haben mag. Einst war er der Dreh- und Angelpunkt des Rathauses, ein Ort, an dem Gemeindevertreter bedeutende Entscheidungen trafen. Hier wurden nicht nur politische Weichen gestellt, sondern auch Ehen geschlossen.
Die einstigen Wandmalereien, die den Saal zierten, fielen leider den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs zum Opfer. Von der ursprünglichen Pracht und Bedeutung des Raumes zeugen heute nur noch die beiden neugotischen Portale, die die Katastrophe überstanden. An der Wand prangt groß das Wappen der Stadt Prag. Zudem blicken vier Oberbürgermeister von den Seitenwänden herab – Überreste einer Tradition, die einst 34 Porträts der Stadtoberhäupter umfasste. Jeder Oberbürgermeister verewigte sich hier seit dem 17. Jahrhundert bis etwa 1922 in einem Porträt.
Eine unscheinbare, kleine Treppe leitet die Besucher weiter und führt an einer verschlossenen Tür vorbei, die in mittelalterlichen Zeiten als Zugang zu einem Gefängnis diente. Hier wurden Angeklagte vor ihrer Verhandlung im benachbarten Raum festgehalten.
Alte Ratssaal
Im Altstädter Rathaus von Prag befindet sich der Alte Ratssaal, ein markanter spätgotischer Raum, der für seine architektonische und historische Bedeutung bekannt ist. Ich war beim Betreten des Saals von der Gestaltung der Wände sehr beeindruckt.
Die Statuen, die den Raum umgeben, darunter eine hervorhebende Darstellung von Jesus über einem Engel, erinnern an die Nutzung des Saales als Gerichtssaal in vergangenen Zeiten. Neben diesen religiösen Motiven sind die Wappen der Handwerkszünfte aus dem 15. und 16. Jahrhundert zu sehen.
Drei Wappen repräsentieren die historische Entwicklung der Stadt: das gotische Wappen des 15. Jahrhunderts, das barocke Wappen des 17. Jahrhunderts und das moderne Wappen, das 1928 eingeführt wurde. Diese Wappen spiegeln die verschiedenen Phasen in der Geschichte Prags wider.
Brožík-Saal
Der Brožík-Sitzungssaal des Altstädter Rathauses in Prag ist ein beeindruckender Raum, der heutzutage für Staatsbesuche und Ehrungen genutzt wird. Es ist ein Raum, der sich über zwei Stockwerke erstreckt und im Jahr 1879 entstand. Im Gegensatz zum historisch Alten Ratssaal zeichnet sich der Brožík-Sitzungssaal durch seine großzügigen Dimensionen aus.
Die Öffentlichkeit hatte schon immer die Möglichkeit, von einer Empore aus den Stadtratssitzungen beizuwohnen, eine Praxis, die bis heute Bestand hat. Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Saal nach Václav Brožík benannt wurde, einem renommierten tschechischen Maler und Akademieprofessor, der für seine großformatigen Gemälde bekannt ist.
Die im Saal ausgestellten Gemälde von Brožík sind beeindruckend groß, jeweils 5 x 7,3 Meter, und wiegen etwa 600 kg. Eines der Werke thematisiert das Leben von Jan Hus, dem tschechischen Nationalhelden, und zeigt die Verkündung seines Todesurteils durch den Bischof im Konzil von Konstanz.
Das zweite herausragende Gemälde bildet die Wahl von Georg von Podiebrad zum König ab, eine historische Szene, die 1458 im heute nicht mehr existierenden Ostflügel des Rathauses stattfand.
Turmaufstieg
Zum Abschluss unseres Rundganges ging es hoch hinauf auf den Turm des Altstädter Rathauses. Als wir dort waren funktionierte gerade der Aufzug nicht (wurde uns aber schon am Eingang mitgeteilt). Wir machten uns also auf den Turm zu Fuß zu ersteigen.
In der Zeit seiner Entstehung war der Turm das höchste Bauwerk in Prag. Unter dem Dach gab es einen Raum für den Turmwächter. Dieser musste bei Gefahren die Stadtbewohner mit einem Signal warnen.
Heute kann man auf einer schmalen Aussichtsgalerie den Turm umrunden und die wunderschöne Aussicht auf die Stadt genießen. Man sieht direkt auf den belebten Altstädter Ring mit seinen historischen Gebäuden und den zahlreichen Menschen, die sich dort aufhalten. Die roten Dächer der Altstadt stechen hervor und bilden einen Kontrast zu den grünen Baumkronen und den grauen Straßen.
In der Ferne ist die Prager Burg sichtbar, die auf einem Hügel liegt und über die Stadt liegt. Die Silhouette der St.-Veits-Kathedrale auf dem Burggelände ist deutlich erkennbar. Ebenfalls auffällig ist die Moldau, die sich durch die Stadt schlängelt und von Brücken überspannt wird, darunter die berühmte Karlsbrücke mit ihren Statuen.
Öffnungszeiten:
Januar – März
Montag: 11-19 Uhr
Dienstag-Sonntag: 10-19 Uhr
April – Dezember
Montag: 11-20 Uhr
Dienstag – Sonntag: 9-20 Uhr
Eintrittspreise:
Erwachsene: 300 Kč
Es werden Ermäßigungen angeboten.
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Gut zu wissen
Die gekaufte Eintrittskarte ist für den Rathausturm, die Kapelle, die Repräsentationssäle und den romanisch-gotischen Keller gültig.
Der Haupteingang ist nicht barrierefrei (2 Stufen). An einem Nebeneingang ist nur eine Stufe, die mit einer mobilen Holzrampe bewältigt werden kann. Als einziger der mittelalterlichen Prager Türme ist der Rathausturm komplett barrierefrei – auf die Aussichtsgalerie bringt die Besucher ein moderner Glasaufzug.
Im 3. Stock befindet sich eine barrierefreie Toilette, die sich mit Euroschlüssel öffnet lässt.
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