Etwas mehr als 30 Kilometer von Pilsen entfernt, liegt in Kladruby im Westen Tschechiens das wunderschöne Kloster Kladruby mit dem dazugehörigen Schlossbau. Der Besuch der Klosterkirche hat mich sehr beeindruckt, was für ein wunderschönes und vor allem großes Bauwerk.
Wer auf dem kleinen Parkplatz vor den mächtigen Mauern und dem fast schon unscheinbaren Eingang anhält, erahnt kaum, was ihn dahinter erwartet.
Verschiedene Gebäudekomplexe des ehemaligen Benediktinerklosters, das Schloss und die Klosterkirche bilden ein beeindruckendes Ensemble, dass so nur noch selten zu sehen ist. Einige Bereiche werden noch renoviert, andere erstrahlen bereits denkmalgerecht saniert und spiegeln den Glanz der Vergangenheit wider.
Die Zeit der Benediktiner im Kloster Kladruby
Herzog Vladislav I. und seine Ehefrau stifteten während der römisch-katholischen Kolonisation des Gebietes 1115 das Kloster. Es siedelten sich die Mönche des Benediktinerordens an, die in den nächsten Jahrhunderten dort lebten.
Durch Angriffen der Hussiten und später im Dreißigjährigen Krieg erlitt die Abtei und die Kirche große Schäden. Lange Zeit stand der Bau ohne Dach und Gewölbe da, bis ein teilweiser Wiederaufbau erfolgte. Erst im frühen 18.Jahrhundert begann man mit dem vollständigen Wiederaufbau. Die Abteikirche wurde nach den Plänen des bekannten Baumeisters Johann Blasius Santini-Aichl im Stil der Barockgotik errichtet.
Im Jahr 1785 löste Kaiser Joseph II. das Kloster auf, und die Einrichtungsgegenstände wurden größtenteils verkauft. Die nun leer stehenden Gebäude nutzte man zum Beispiel als Kaserne und Lazarett.
Fürst Alfred I. zu Windisch-Graetz erwarb 1825 das Kloster Kladruby und die dazugehörigen Grundstücke in der Region, nutze sie aber kaum. Ab 1863 entstand im neuen Kloster eine Brauerei und 1874-86 wurde das Mausoleum der Äbte in eine Familiengruft umgewandelt. Die übrigen Gebäude wurden für den Verwaltungsbedarf des Anwesens umgebaut und zweckmäßig verändert. Ludwig Aladar Fürst von Windisch-Graetz zog nach dem Ersten Weltkrieg nach Kladruby. Er richtete dort eine Bibliothek und ein Familienarchiv ein. 1938 bis 1945 gehörte Kladruby zum Deutschen Reich. Im Jahre 1945 wurde der Gesamtbesitz der Familie Windisch-Graetz in der Tschechoslowakei konfisziert und befindet sich bis heute im Staatsbesitz.
Kirche Mariä Himmelfahrt – einfach nur wow!
Noch vor unserer Besichtigungstour konnte ich die Kirche von außen betrachten. Die meisten Fassaden sind recht schlicht gehalten. Sie werden durch Strebepfeiler, einfache Gesimse, Fenster mit profilierten Architraven und spitzen Türstürzen gegliedert. Beachtenswert sind die Kuppel über der Vierung, die Westfront und die Nordseite des Querschiffs.
Die Kuppel über der Vierung befindet sich auf einem achteckigen Grundriss. Die einzelnen Tambours sind durch große spitzbogige Fenster geöffnet und so wirkt die 46 Meter hohe Kuppel leicht, nahezu schwerelos. Die gesamte Kuppel ist gekrönt von einer marianischen Krone die auf dem auf dem achteckigen Laternenbaldachin sitzt.
Durch einen Eingang betrete ich die ehemalige Abteikirche und mir bleibt mein „wow!“ fast im Hals stecken… was für eine große und wunderschöne Kirche!
In den Jahren 1712 bis 1726 hat der Baumeister Johann Blasius Santini-Aichl einen Kirchenbau geschaffen, der architekturhistorisch nahezu einmalig ist. Santini-Aichl entstammt einer Steinmetzfamilie, hat Maler gelernt und lebte nach seinen Wanderjahren ab 1703 als Baumeister dauerhaft in Prag. Seine Auftraggeber fand er überwiegend in kirchliche Institutionen und Adelsfamilien, die seinen Bauten, in denen er barocke und gotische Stilelemente verband, finanzierten. Er verstarb bereits mit 46 Jahren und viele seine Bauten im Stil der Barockgotik blieben unvollendet.
Der Wiederaufbau der Kirche fand in mehreren Etappen statt. Zunächst baute man das dreischiffige Gotteshaus auf. Anschließend entstand das Querschiff und eine monumentale Kuppel über der Vierung. Ab 1718 konnte dann der Umbau des Ostteils der Kirche, des Mönchschors und des Chors beginnen. Ganz entscheidet beim Wiederaufbau war, dass die noch bestehenden Strukturen in das neue Konzept eingeflossen sind. 1726 konnte die Kirche schließlich geweiht werden.
Wie immer fällt mein erster Blick in einer Kirche in Richtung Decke. Hier habe ich das Gefühl, dass ich kaum die Decke wahrnehmen kann, so weit über mir scheint sie zu schweben. Ein wunderschönes und aufwändiges Gewölbe, dass wie ein gleichmäßig gespreizte, kompliziert geschwungene und geometrisch unbestimmte Fläche aussieht hält meinen Blick eine Weile gefangen, bevor ich weitere Details in der Kirche wahrnehmen kann.
In jeder Kirche bewundere ich die Fenster, die meist durch wunderschöne Bilder gestaltet sind. Hier fällt mir auf, dass alle Fenster schmucklos, nur mit leicht milchigem Glas gestaltet sind. Dadurch fällt das Licht wunderbar klar und hell ins Kirchenschiff und es ist kaum zusätzliche Beleuchtung notwendig.
Auf dem Weg zum Altar komme ich im durch das Kirchenschiff auch an zahlreiche Seitenaltäre, einem wunderschönen Chorgestühl und einer Kanzel vorbei. Diese schuf in der Zeit von 1726–27 der Künstler Cosmas Damian Asam. Besonders beeindruckt aber der Blick in die hohe Kuppel, deren Fenster viel Licht in die Kirche scheinen lassen. Hier kann man auch das Bild mit einer Szene der Himmelfahrt der Jungfrau Maria auf der Oberfläche der Kuppel bewundern.
Der Altar leuchtet nahezu. Helle weiße Figuren erstrahlen im Licht, dass durch die Fenster scheint. Erst als ich etwas näher komme fallen mir besonders zwei größere Engelsfiguren auf, die im Gegensatz zu den eigentlich schönen Figuren des Altars eher hässlich wirken. Warum hat der Künstler bei der Darstellung so anders gearbeitet oder war ein fremder Künstler am Werk, der einfach nicht so gut war? Oder tritt diese optische Wirkung erst ein, wenn man direkt davor steht und von weitem wirken die Engel viel schöner? Ich glaube in vielen Kirchen findet man solche Details, die nicht genau geklärt sind.
Ein Blick auf den Boden der Kirche lohnt sich… wer mit offenen Augen durch das Kirchenschiff geht, dem werden die dort eingelassenen Sterne auffallen. Der Stern, der sich direkt unter der großen Kuppel befindet ist in der Mitte blank poliert. Das liegt nicht etwa daran, dass die Besucher dort stehen und in die Kuppel gucken. Einer Erzählung nach soll man sich auf den Stern stellen und dort kurz verweilen und Energie sammeln.
Weitere Gebäude in Kloster Kladruby
In den Jahren 1729-39 wurde ein monumentaler neuer Konvent gebaut und die Klostergärten umgestaltet. Durch einen langen Gang gehend gelange ich in die Räume des ehemaligen Konvents und der Prälatur. Einige Bereiche sind bereits renoviert und es ist möglich, sie im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Hinter verschlossenen Türen erwartete mich eine echte Überraschung.
Mein Bild, dass ich von den Unterkünften der Mönche hatte, hat sich bei diesem Besuch vollkommen geändert. War ich doch davon ausgegangen, dass sie in einfachen kargen Unterkünften lebten.
Als die hier lebenden Mönche das Kloster Kladruby verließen, stellte jeder von ihnen eine Inventarliste seines Raumes zusammen. Die Gegenstände gehörten nicht ihnen und mussten ordnungsgemäß übergeben werden. Anhand dieser Listen hat man bisher 4 Zellen / Räume nachgebaut. Dabei zeigt sich, wie unterschiedlich die Bewohner gelebt haben. Da gab es jemanden, der sich für Geografie interessierte und viele Landkarten in seinem Zimmer hatte, ein anderer Mönch war eher an Botanik interessiert und jeder Raum hatte ein anderes Bett. Die Räume wirkten schon gemütlich.
Die unterschiedlichen Interessen der Mönche werden in einem weiteren Raum verdeutlicht, in dem ein kleines „Museum“ entstanden ist. Hier werden von der Buchherstellung bis zur Kräuterkunde die Themen vorgestellt, mit denen die einstigen Bewohner auch Geld verdient haben.
Das Schloss
Zum Abschluss unseres Rundganges konnten wir noch einen kurzen Blick in einige Räume des Schlosses werfen. Hier werden die Geschichte der Familie, Alfred I., seiner Frau Eleonora und der wirtschaftlichen Nutzung des ehemaligen Klostergutes dargestellt.
Der Höhepunkt des Schlosses ist mit Sicherheit der Besuch der fürstlichen Bibliothek aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Schon beim Betreten des Raums nehme ich den unverwechselbaren Geruch alter Bücher wahr. Die Bibliothek sieht so aus, als ob ihr Besitzer nur darauf wartet dort ungestört arbeiten zu können. In zahlreichen Regalen stehen Bücher, deren Wert man nur erahnen kann. Wie gerne würde ich in einem Buch blättern…
Leider war unsere Aufenthaltsdauer viel zu kurz, ich glaube, es hätte noch so viel mehr zu entdecken gegeben.
Adresse:
Pozorka 1,
349 61 Kladruby,
Tschechien
Es finden regelmäßig Führungen statt. Genaue Informationen findet man auf der Webseite des Klosters.
Der Besuch der Klosteranlage fand im Rahmen einer Pressereise mit Pilsen region und Pilsen-TOURISM statt.
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