Am Parkanlagenring in Pilsen kommt man an einem Springbrunnen vorbei, der direkt vor einem beeindruckenden Neorenaissance-Gebäude steht. Dieses Gebäude ist das Hauptgebäude des Westböhmischen Museums in Pilsen.
Das Westböhmische Museum ist ein Zusammenschluss verschiedener Museen in Pilsen, die sich mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigt. Dazu gehört zum Beispiel das Museum für religiöse Kunst der Pilsner Diözese, das Puppenmuseum und das Ethnologische Museum der Stadt.
1898 waren die Bauarbeiten für den wunderschönen Bau des Haupthauses fertig gestellt. Die Fassade gefällt mir sehr, noch mehr hat mich aber das Innere des Gebäudes beeindruckt.
Eine große breite Treppe führt in das oberen Stockwerk, je höher man kommt, desto schmaler wird das Treppenhaus. Durch große Fenster scheint das Tageslicht hinein und eigentlich habe ich nur darauf gewartet, dass mir Besucher in Frack und Reifrock entgegen kommen. Aber nicht nur diese Besucher fehlten, ich war überhaupt ganz alleine in dem gesamten Museum unterwegs. Schade, auch wenn nur wenige Besucher in Pilsen waren, die wenigen haben wirklich etwas verpasst.
Im Haupthaus des Westböhmischen Museums kann man vier Dauerausstellungen besuchen:
- Städtisches Zeughaus von Pilsen (das größte historische Zeughaus Tschechiens)
- Einblicke in die Vergangenheit der Pilsner Region – Archäologie
- Blicke in die Vergangenheit der Pilsner Region – Geschichte
- Kunsthandwerk / Angewandte Kunst
Bei meinem Besuch fanden gerade Umbaumaßnahmen in einem Teil des Gebäudes statt, man konnte aber drei Ausstellungsbereiche besuchen.
Es gibt in den Ausstellungsbereichen einige Begleittexte in deutsch und englisch. Das Personal, dass bei meinem Besuch dort war, konnte leider nur tschechisch, was Nachfragen etwas schwierig gestaltete. Aber es waren alle durchweg freundlich und bemühten sich, der einzigen Besucherin alles zu zeigen.
Neben den vier Dauerausstellungen werden auch temporäre Ausstellungen angeboten und es soll eine umfangreiche Bibliothek im Haus geben.
Städtische Zeughaus Pilsen
Mein erster Weg führte mich in das Untergeschoss des Westböhmischen Museums. Hier befindet sich das Zeughaus der Stadt Pilsen. Ein großes Tor wurde für mich geöffnet und dahinter eröffnete sich das größte erhaltene historische Zeughaus in der Tschechischen Republik.
Ich bin ja ein sehr friedliebender Mensch und nicht so der Fan von Waffenausstellungen, aber das, was ich hier sehen konnte, hat mich wirklich beeindruckt.
Das Zeughaus existiert bereits seit 1363, nachdem es vom damaligen böhmischen König und römischen Kaiser Karl IV. gegründet worden ist. Auf großen Holzständern liegen Feuerwaffen vom Ende des 14.Jahrhunderts bis Mitte des 17.Jahrhunderts. Für mich als Laien sehen sie sehr ähnlich aus, aber schaut man genauer hin, kann man schon Unterschiede entdecken. Sehr seltene Stücke, wie die Sammlung gotischer Gewehre – Harquebusen mit Zündschlössern – und ein Satz Musketen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges kann man auch sehen. Wo Waffen sind, gehören natürlich auch Rüstungen hin. In Regalen liegen zum Beispiel Helme in unterschiedlichen Größen und Formen.
Was ich nicht dem Thema Zeugkammer zuordnen kann, sind die Steinportale, die an den Durchgängen zu den einzelnen Räumen zu sehen sind. Sie stammen von abgerissenen Häusern verschiedener zeitlicher Epochen aus Pilsen. Aber vielleicht passen sie einfach optisch und bautechnisch am besten in diese Räume.
Besonders stolz ist man auf ein Stück der ursprünglichen Stadtmauer im Westböhmischen Museum
Einblicke in die Vergangenheit der Pilsner Region – Archäologie
Als nächstes besuchte ich die Dauerausstellung im zweiten Obergeschoss, die sich mit dem Thema Archäologie in der Pilsner Region beschäftigt.
Um zeitlich einigermaßen in der richtigen Reihenfolge zu bleiben, sollte man nicht nur die Beschriftungen, sondern auch die farbliche Gestaltung beachten. Zusätzlich habe ich mir das deutsche Infoheft mitgenommen. Hier werden zwar „nur“ die Ausstellungsstücke aufgelistet und zeitlich eingeordnet, schöner wäre es gewesen, wenn man noch weitere Informationen zum Beispiel über den Fundort oder die Geschichte erhalten würde.
Inhaltlich beginnt die Ausstellung in der Urzeit. Mit Hilfe von Schautafeln und anhand von Ausstellungsstücken wandert man dann in der Zeit immer weiter in Richtung Gegenwart voran. Es gibt Grabausstattungen, Keramik, Steinwerkzeuge, Äxte … zu sehen. Man bekommt einen Einblick in die Hügelgräberkultur der Region, kann an Figuren charakteristische Kleidung und Schmuck einer bestimmten Epoche betrachten und einzigartige Objekte, wie z. B. ein Bronzeschild aus Plzeň-Jíkalka sehen.
Insgesamt eine wirklich interessante Zeitreise, die auch für Kinder genau die richtigen räumlichen und thematischen Dimensionen hat. Dadurch, dass man nicht an der hunderttausendsten Tonscherbe vorbei läuft, sondern eine unterschiedliche Auswahl an Exponaten präsentiert wird, ist der Besuch wirklich abwechslungsreich, spannend und kurzweilig. Wer möchte, kann sogar selber aktiv werden. An einer Nachbildung eines vertikalen Webstuhls kann man ausprobieren, wie Stoffe entstanden sind und das mühsame Mahlen von Getreide an einem Schleifstein kennen lernen.
Kunsthandwerk / Angewandte Kunst
Im dritten Obergeschoss befindet sich die Ausstellung zum Thema Kunsthandwerk / Angewandte Kunst.
Auch wer wenig Interesse an diesem Thema hat, sollte einen Besuch nicht verpassen. Schon die Räume sind sehenswert. Zwischen den Räumen gibt es einen Verbindungskorridor mit verglasten Kuppeln und die Stuckverzierungen in den Räumen sind wirklich wunderschön. Fast hätte ich in einigen der Räume vergessen auf die Exponate zu achten.
Es gibt eine große Auswahl an Glas und Keramik, ausländischem und tschechischem Porzellan, Eisen-, Zinn- und Edelmetallarbeiten, Uhren, usw. zu entdecken. Ich war erstaunt über die Vielzahl an Schlössern und Schlüsseln, Türklopfer und Scharnieren, die es zu sehen gibt. Eine tolle Handwerkskunst!
Es gibt wunderschönes, aber auch funktionales Porzellan und Glas zu sehen. Dabei habe ich mich an unseren Besuch im Glasmuseum Moser in Karlsbad erinnert und nach Stücken seiner Kollektion Ausschau gehalten.
Diese Ausstellung „Blicke in die Vergangenheit der Pilsner Region – Geschichte“ befand sich leider im Umbau und ein Blick in die Räume war nicht möglich.
Alles in allem war der Besuch im Westböhmischen Museum wirklich beeindruckend. Ich habe im Anschluss noch eine Weile auf einer Bank neben dem Springbrunnen vor dem Gebäude gesessen und die vielen wundervollen Eindrücke verarbeitet.
Adresse:
Západočeské muzeum v Plzni
Kopeckého sady 2
301 00 Plzeň
Öffnungszeiten:
Dienstag-Sonntag: 10-18 Uhr
Montag geschlossen
Eintrittspreise:
Für den Besuch jede Dauerausstellung muss extra bezahlt werden. Es gibt aber die Möglichkeit einen Museumspass zu erwerben, mit dem man auch die anderen Museen, die zum Westböhmischen Museum gehören, besuchen kann.
Erwachsener pro Ausstellung: 60,- CZK
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Offenlegung: Der Besuch war Bestandteil einer Recherchereise nach Pilsen.
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