Zur Zeit der Burgunder war Mechelen weit mehr als eine kleine Stadt in Flandern – sie war ein Zentrum der Macht, ein Ort der Kunst und ein Schauplatz historischer Entscheidungen, die die Geschicke Europas beeinflussten. Heute lädt Mechelen dazu ein, diese spannende Epoche zu entdecken. Besonders gut eignet sich der Hörspaziergang durch Mechelen „Wenn diese Mauern sprechen könnten“.
Die belgische Stadt Mechelen, im Herzen des heutigen Flanderns gelegen, erlebte während der Herrschaft der Burgunder eine ihrer glanzvollsten Epochen. Zwischen dem 14. und 15. Jahrhundert wurde die Stadt zu einem bedeutenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum des Burgunderreiches. Die strategische Lage zwischen Brüssel, Antwerpen und Löwen machte Mechelen zu einem Knotenpunkt, an dem sich Macht, Handel und Kunst vereinten.

Die Burgunderherrschaft: Ein goldenes Zeitalter
Die burgundischen Herzöge, insbesondere Philipp der Gute und Karl der Kühne, waren nicht nur auf militärischem und politischem Gebiet ambitioniert – sie förderten auch die Künste und die Architektur. Mechelen wurde unter ihrer Herrschaft zu einer Stadt von großer Bedeutung.
Besonders unter Margarete von Österreich, einer Schlüsselfigur des burgundischen Hofes, erlebte Mechelen eine Blütezeit. Margarete residierte hier ab 1507 als Statthalterin der habsburgischen Niederlande und machte die Stadt zu einem lebendigen Zentrum der Kultur und Diplomatie. Margarete war nicht nur eine fähige Politikerin, sondern auch eine leidenschaftliche Kunstsammlerin. Unter ihrer Schirmherrschaft entstand eine Hofkultur, die Künstler, Diplomaten und Gelehrte aus ganz Europa anzog. Mechelen wurde zu einer Stadt des Wissens und der Innovation, in der die Ideen der Renaissance auf fruchtbaren Boden fielen.

Die burgundische Epoche hat in Mechelen zahlreiche architektonische Schätze hinterlassen, die noch heute das Stadtbild prägen. An einigen dieser Ort kommt man während seines Rundganges vorbei und taucht in diese Zeit ein.
Neben seiner politischen und kulturellen Bedeutung war Mechelen auch ein wirtschaftliches Zentrum. Die Stadt profitierte von ihrer Lage an der Dijle, die sie mit anderen Handelsstädten verband. Besonders der Tuchhandel spielte eine wichtige Rolle, und die Mechelner Stoffe waren in ganz Europa begehrt. Die Burgunder schufen zudem stabile politische Strukturen, die den Handel förderten und die Stadt reich machten. Ein weiterer Faktor, der Mechelen hervorhob, war die Einführung des „Großen Rates von Mechelen“ im Jahr 1473. Dieses höchste Gericht der Niederlande vereinte Rechtsprechung und Verwaltung und machte die Stadt zu einem Zentrum der Justiz im burgundischen Reich.
Wer war Margarete von Österreich?
Die Schlüsselfigur Mechelens in der Renaissance Margarete von Österreich (1480–1530) war eine der bemerkenswertesten Frauen der europäischen Geschichte und spielte eine entscheidende Rolle für die Entwicklung Mechelens.
Margarete wurde 1480 als Tochter von Kaiser Maximilian I. und Maria von Burgund geboren. Als Mitglied des Hauses Habsburg war sie von Geburt an Teil der mächtigsten Herrscherfamilien Europas. Ihr Leben war von politischen Bündnissen und dynastischen Intrigen geprägt: Bereits im Alter von zwei Jahren wurde sie als politisches Pfand nach Frankreich geschickt, wo sie mit dem späteren König Karl VIII. verlobt wurde. Doch diese Verbindung wurde später gelöst, und Margarete erlebte eine Reihe von politischen und persönlichen Schicksalsschlägen, darunter den Tod ihrer zwei weiteren Ehemänner.

1507 wurde sie von ihrem Neffen, dem späteren Kaiser Karl V., zur Statthalterin der habsburgischen Niederlande ernannt. Dieses Amt übte sie mit großem Geschick aus, und Mechelen wurde zu ihrer Residenzstadt. Unter ihrer Führung wurde die Stadt nicht nur zu einem Verwaltungszentrum, sondern auch zu einem Ort diplomatischer Bedeutung.
Sie verhandelte zahlreiche Friedensabkommen und Bündnisse, darunter den “Damenfrieden von Cambrai” (1529), ein wichtiger Vertrag zur Beendigung des Konflikts zwischen Frankreich und dem Heiligen Römischen Reich. Margaretes diplomatisches Geschick brachte ihr den Ruf ein, eine der fähigsten Politikerinnen ihrer Zeit zu sein.
Auch die Justiz erfuhr unter Margarete eine Stärkung. Der „Große Rat von Mechelen“, das höchste Gericht der Niederlande, hatte bereits unter den Burgundern seinen Sitz in der Stadt. Margarete trug maßgeblich dazu bei, diese Institution weiter auszubauen und die Rechtsordnung zu stabilisieren.
Margarete von Österreich war nicht nur eine geschickte Politikerin, sondern auch eine leidenschaftliche Förderin der Kunst und Kultur. Ihre Residenz war einer der elegantesten Gebäude der Zeit und sie versammelte an ihrem Hof Künstler, Musiker und Gelehrte aus ganz Europa. Ihre Sammlung von Gemälden, Skulpturen und Manuskripten war legendär. Besonders bemerkenswert war Margaretes Unterstützung der Musik. Sie förderte die Tradition des Glockenspiels, für die Mechelen heute weltberühmt ist, und trug dazu bei, die Stadt zu einem Zentrum der musikalischen Innovation zu machen.
Auch nach ihrem Tod im Jahr 1530 blieb Mechelen eine Stadt von großer Bedeutung, die ihren Ruf als “Perle der Niederlande” festigte.
Hörspaziergang durch Mechelen: „Wenn die Mauern sprechen könnten“
Das Erbe der Margarete von Österreich prägt die Stadt bis heute. Wäre es nicht zu schön, wenn die wunderschönen alten Gebäude und Plätze uns verraten würden, was hier zu dieser Zeit geschehen ist?

Mit dem hölzernen Hörrohr machen wir uns auf, den Geschichten dieser Zeit zu lauschen. Insgesamt gibt es 11 Hörstationen auf dem Hörspaziergang durch Mechelen.
Diese befinden sich an markanten Orten der Zeitgeschichte und die Geschichten dort beziehen sich auch auf die Stationen des Rundganges. Gespräche zwischen Honoratioren, Handwerkern und Gefangenen werden belauscht, ich werde hier allerdings nicht verraten, was wir so alles gehört haben. Nur die Orte der Hörstationen stelle ich kurz vor, damit man sich in Mechelen auch zurechtfindet und weil sie natürlich auch etwas mit der kleinen Geschichte zu tun haben, die man dort hören kann.
Die Hörstationen sind an Tafeln und Logos zu erkennen.


Hörstation 1 und Endpunkt: Schepenhuis
In der Touristen Information von Mechelen beginnt und endet der Hörspaziergang durch Mechelen. Hier bekommt man das hölzerne Hörrohr und kann auch gleich die ersten Hörstation besuchen. Die Touristeninformation befindet sich im Schepenhuis von Mechelen, direkt am Grote-Markt.

In der Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs durch den Stoffhandel der Stadt wuchs der Bedarf an neuen Gebäuden. 1288 beschloss die Stadt daher ein Steinhaus zu errichten, in dem in Zukunft Zusammenkünfte stattfinden konnten. Ab 1473 tagte das Große Konzil von Mechelen (das höchste Gericht) im Schepenhuis. Später war es der Grote Raad van Mechelen. Erst 1616 zog dieser in den ehemaligen Palast der Margarete.
Hörstation 2: St.-Rombout Kathedrale und Turm
Die Mecheler Kathedrale ist mit Sicherheit das beeindruckendste Gebäude des Rundganges. Der Bau begann um 1200 und um 1500 war der Kirchenbau in seiner heutigen Form fertig gestellt. Er gilt als ein herausragendes Beispiel für die Brabanter Gotik.

Der Hörpunkt befindet sich außerhalb der Kirche. Wenn man vor dem Haupteingang steht auf der linken Längsseite. Nähert man sich dem Punkt erhält man ein akustisches Signal und die Tonaufnahme startet kurz danach.
Wer nicht nur den Hörspaziergang durch Mechelen unternehmen möchte, sollte auf jeden Fall in die Kirche gehen. Hier befinden sich Altäre, Grabmäler und Gemälde, die zum Beispiel von bedeutenden Meistern wie Lucas Faydherbe und Anthonis van Dyck geschaffen worden sind. Der Turmaufstieg war für uns ein unvergessliches Erlebnis. Auf mehreren Etagen innerhalb des Aufstiegs erfährt man etwas über die Stadtgeschichte, den Turmbau und besonders spannend fand ich das Glockenspiel und die Aussicht über die Stadt.
Hörstation 3: Rathaus, Tuchhalle
Nachdem man die Kirche umrundet hat, erreicht man den Grote Markt. Hier steht der beeindruckende Bau des Rathauses.

Das Rathaus besteht aus zwei Gebäudeabschnitten. Die Tuchhalle mit dem nie fertig gebauten Belfried und dem Paleis van de Grote Raad.
Der Turm ist aufgrund von Geldmangel nie fertig gestellt worden. Erst im 16.Jahrhundert bekam er ein Dach. Heute ist der Turm UNESCO Welterbe. Rechts neben dem Turm befindet sich die Tuchhalle und links der Palast des Großen Rates. Kurioser Weise hat dieser dort allerdings nie getagt.
Hörstation 4: Palast der Margarete von York, Hof von Cambrai
Nach einem kleinen Spaziergang erreichen wir den Hof von Cambrai. Viel ist von dem Palast nicht mehr zu erkennen. Heute nutzt das Stadttheater die ehemalige Empfangshalle des Palastes.
Einst lebte hier der Bischof von Cambrai, bis Margarete von York, die Witwe Karl des Kühnen dort einzog. Zwischen 1500 und 1515 lebte der spätere Kaiser Karl V., damals noch ein Kind, dort. Heute erinnert nur noch ein rautenförmiges Wappen von Margarete neben dem ihres verstorbenen Gatten Karl an die einstigen Bewohner.

Hörstation 5: Palast der Margarete von Österreich, Hof von Savoye
Eines der ersten Renaissance-Gebäude in Nordeuropa ist der Hof von Savoye. Das Gebäude entstand im frühen 16.Jahrhundert und ist auch als Palast der Margarete von Österreich bekannt.

Als Statthalterin der Habsburgischen Niederlande erhielt Margarete zunächst ein Haus zugewiesen, dass ihr zu klein erschien. Also beauftragte sie den Architekten Rombout II Keldermans entlang der Keizerstraat eine Gebäudeerweiterung vorzunehmen.

Heute wird das Gebäude als Gerichtsgebäude genutzt und es herrschen verstärkte Sicherheitsbestimmungen. Leider ist der Hof nur sehr selten geöffnet und man muss schon etwas Glück haben einen Blick hinein werfen zu können. Als wir zufällig die geöffneten Türen entdeckten, haben wir die Gelegenheit genutzt und den Hof besucht. Es hat sich gelohnt. Der wunderschön begrünte Hof wird von eindrucksvollen Seitenflügeln umgeben. Im höchsten Giebelfeld befindet sich das Wappen von Margarete, im Giebelfeld über dem linken Eingang eine Statue der Justitia und darunter das Wappen von Karl V..
Hörstation 6: Hof von Busleyden
Der Hof von Busleyden ist ein imposanter Stadtpalast aus der Renaissance. Die Hörstation befindet sich an der Außenmauer direkt neben dem Eingang. Heute befindet sich hier ein Museum, dessen Besuch ich wirklich nur empfehlen kann. Es beschäftigt sich mit der burgundischen Geschichte der Stadt. Hier trifft die Geschichte von Hieronymus van Busleyden, Margarete von Österreich und Erasmus aufeinander. Unseren Museumsbesuch und was genau dort zu sehen ist, kann man in unserem Bericht „Museum Hof van Busleyden“ nachlesen.

Hörstation 7: Das Klapgat
Wir stehen von einem schmalen Gang, der uns zur St.Johanneskirche führt. „Klappen“ bedeutet so viel wie schwatzen, tratschen. In diesem Gang blieben die Kirchenbesucher nach dem Gottesdienst stehen und tratschten und schwatzten – es war die „Nachrichtenzentrale“ der Vergangenheit.


Am Ende der Klapgat befindet sich eine verglaste Grotte. Hier ist auch der Hörpunkt. In der Grotte steht eine Skulpturengruppe, die Christus auf dem Ölberg darstellt. Es gibt auch einen Opferstock, in den betende Gläubige etwas Geld steckten.
Unser Tipp: Besucht auch die St.Johanniskirche. Sie gehört zu den 7 wichtigsten Kirchen der Stadt, die man bei einem tollen Rundgang besichtigen kann!
Hörstation 8: Beginenhofkirche
Von der Klapgat führt der Weg durch die Gassen der Altstadt weiter in Richtung Beginenhof, wo sich die Beginenhofkirche befindet.
Die Beginen, eine Wohngemeinschaft von alleinstehenden Frauen, lebte bis 1560 noch außerhalb der Stadtmauern von Mechelen. Die Frauen kümmerten sich selber um ihren Lebensunterhalt und so fand man in ihren Höfen oft Bäckereien, Brauereien, ein Krankenhaus und eine eigene Kirche. Beginen waren keine Nonnen. Sie legten zwar ein Keuschheitsgelübte ab, konnten aber jederzeit ausziehen und zum Beispiel heiraten. Nachdem ihr Hof zerstört worden war, zogen sie in die Stadt, kauften alte Häuser auf und bauten sie neu auf. Es entstand der Große Beginenhof.

Schaut man in andere flämische Städte, findet man auch Beginenhöfe. Diese sind oft recht einheitlich gebaut, da sie vollkommen neu errichtet wurden. In Mechelen ist das durch die Nutzung der vorhandenen Baustruktur deutlich anders. Hier sind fast schon romantisch wirkende Gassen mit kleinen Häusern entstanden, die heute auf der UNESCO Welterbeliste stehen.
Die Beginenhofkirche ist vom Architekten und Jesuiten Pieter Huyssens entworfen worden. Er ließ sich dabei vom italienischen Barock inspirieren. Die Beginen steckten viel Geld in den Kirchenbau und übertrugen dem Bildhauer und Rubensschüler Lucas Faydherbe die Innenraumgestaltung.
Hörpunkte 9 + 10: Drehbrücke und Vismarkt
Vom Beginenhof führt der Weg zum Ufer der Dijle. Ein Hörpunkt befindet sich in der Nähe der Drehbrücke an einem Geländer, der zweite am Vismarkt am Geländer des Dijlepad (Höhe Lamot).

Der Vismarkt war der Fischmarkt von Mechelen. Heute ist es eine Platz mit Restaurants, Kneipen und Bars, der besonders in den Abendstunden gerne besucht wird.
Von dort geht es zurück zum Ausgangspunkt des Hörspaziergangs durch Mechelen, dem Schepenhuis. Der letzte Hörpunkt befindet sich neben dem Eingang zur Touristeninformation an der Hauswand.
Lohnt sich der Rundgang?
Uns hat der Hörspaziergang durch Mechelen sehr gefallen. Es war schon recht lustig mit dem Hörrohr dazustehen und den kleinen Geschichten zu lauschen. Von so einigen Stadtbesuchern sind wir darauf angesprochen worden, die wissen wollten, was wir mit dem Hörrohr so hören. Man muss natürlich nicht das Rohr an die Wand halten, die Tonspur wird auch so abgespielt, aber es ist lustig! Wer hört schon mit einem Rohr an einer Hauswand!

Gut zu wissen
Für den Rundgang inklusive der zu hörenden Audiodateien dauert etwa 1,5-2 Stunden.
Das Hörrohr und den Streckenplan bekommt man in der Touristen Information von Visit Mechelen in der Vleeshowersstraat 6. Hier ist auch der Start- und Endpunkt des Rundwegs.
NL, FR, EN, DE, SP
Es gilt das Pay-What-You-Can-Prinzip. Man zahlt das, was einem der Rundgang wert ist.
Der Hörspaziergang durch Mechelen war ein Programmpunkt einer Pressereise nach Mechelen.
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