Im Herzen der belgischen Stadt Mechelen befindet sich das sicherlich markanteste Wahrzeichen der Stadt. Die St.Rombouts Kathedrale überragt das gesamte Stadtbild und ist nicht nur für Architekturbegeisterte sehenswert.

Baugeschichte der St.Rombouts Kathedrale
Die Bauarbeiten an der St.Rombouts Kathedrale begannen um 1200, als Mechelen zu einem wichtigen religiösen Zentrum heranwuchs. Schon zu diesem Zeitpunkt war die damals noch kleine dreischiffige Kirche prächtiger und größer, als alle anderen Pfarrkirchen der Stadt.
Die Kathedrale, benannt nach dem irischen Missionar und Märtyrer Saint Rombout (auch bekannt als Saint Rumold), wurde ursprünglich als romanische Kirche konzipiert. Jedoch nahm das Bauwerk im Laufe der Jahrhunderte eine gotische Gestalt an, die heute ihre unverwechselbare Silhouette prägt. Der Bau der Kathedrale erstreckte sich über mehrere Jahrhunderte. Im ersten Bauabschnitt entstanden das Querhaus und die Haupt- und Seitenschiffe. Später errichtete man den ersten Bereich des Chors. Die Weihe fand 1312 statt.

In den nächsten Jahrhunderten herrschte rege Bautätigkeit an der Kirche. Der Chor erhielt die Apsis, es entstanden Kapellen, eine Erhöhung des Mittelschiffs und zunehmend wechselte der Baustil von der Hochgotik in die französische Kathedralengotik. Der Großteil der Struktur, wie wir sie heute kennen, wurde in dieser Zeit errichtet.
1451 setzte der damalige Papst für den Besuch der Kirche einen Ablass aus. Nun kamen die Pilger, um von ihren Sünden befreit zu werden und spülten Geld in die Kirchenkasse. Die Bautätigkeit intensivierte sich wieder und auch der Turmbau begann. Hier hatten die Baumeister ein ambitioniertes Ziel.

Der St.Rombouts Turm
Der Turm sollte 167 Meter hoch werden. Wer genau diesen Plan entworfen hat, ist bis heute nicht bekannt und diese Höhe hat er auch nie erreicht. Die geplante 70 Meter hohe Spitze ist nie komplett fertig gestellt worden und so ist der Turm heute nur 97,30 Meter hoch. Trotz seines unvollendeten Zustands ist der Turm ein eindrucksvolles Beispiel für die gotische Turmarchitektur und wurde von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.
Die Grundsteinlegung des Turms erfolgte im Mai 1452. Anfangs waren kaum Baufortschritte zu sehen. Fast 10 Jahre lang passierte kaum etwas. Dann stoppte der Turmbau eine Weile. Als schließlich weiter gebaut wurde, hatte sich der Baustil verändert. Das ist gut am Turm sichtbar.
Besuch der St.Rombouts Kathedrale
Die Architektur der St.Rombouts Kathedrale ist ein wunderschönes Beispiel für die Hochgotik. Ihre herausragenden Spitzbogenfenster und das komplizierte Maßwerk sind typisch für diesen Stil.

In der Kathedrale befindet sich eine bemerkenswerte Sammlung religiöser Kunstwerke. Das Gemälde „Christus am Kreuz” des berühmten flämischen Künstlern wie Anthony van Dyck ist mit Sicherheit eins der herausragendsten Bilder. Aber auch Werke von Michiel Coxcie, Gaspard de Crayer und Abraham Janssens findet man in der St. Rombouts Kathedrale.

Besonders gut hat mir der prächtige barocke Hauptaltar aus dem Jahr 1665 gefallen. Er ist mit aufwendigen Schnitzereien und Verzierungen gestaltet. Auch das Chorgestühl und die Kanzel sind kunstvoll geschnitzt. Gerade die Darstellungen an der Kanzel sind so detailgetreu und interessant, dass ich dort eine ganze Weile gestanden habe, um möglichst viele Eindrücke mitnehmen zu können.
Der Turmaufstieg
Im Eingangsbereich der Kathedrale befindet sich der Zugang zum St.Rombouts Turm. Der Aufstieg über die 538 Stufen des Turms ist sehr beliebt. Während der Öffnungszeiten können allen 20 Minuten immer 25 Personen den Aufstieg beginnen.
Die Anzahl der Stufen sollte nicht abschreckend wirken. Diese steigt man nicht hintereinander hinauf, es gibt mehrere Zwischenetagen, auf denen es so einiges zu entdecken gibt.
160 Stufen geschafft
Zunächst erreichten wir nach 160 Stufen die Krankammer. Hier befindet sich das Laufrad, dass benötigte wurde, um den Kran bedienen zu können. Das Laufrad ist mit einem Flaschenzug gekoppelt, mit dem die schweren Materialien hoch transportiert worden sind.
Da es noch keine Maschinen gab, die das Laufrad antrieb, mussten Kinder in dem Rad gehen und es so in Schwung bringen. Das Rad, was dort zu sehen ist, hat man noch bis 1930 verwendet und erst dann einen elektrischen Kran eingebaut.

Einige Treppenstufen weiter (jetzt hat man 233 Stufen geschafft!), stehen wir in der Schmiede und nach insgesamt 318 Stufen erreichen wir die Glockenkammer. Hier hängen die 6 großen Bassglocken. Die kleineren Glocken hängen ein Stockwerk höher im Glockenstuhl. Früher wurden die Glocken per Hand geläutet. Für die größte Glocke, die etwa 8800 kg wiegt und einen Durchmesser von 2,32 Metern hat, benötigte man 6 Glöckner.


Es geht weiter hinauf in die Alte Glockenspielkammer. Mechelen ist berühmt für seine Glockenspieler. Es gibt sogar eine Glockenspieler Schule in der Stadt. Das alte Carillon (Glockenspiel) ist durch den Stadtglockenspieler Denyn (1862-1941) bekannt geworden, da er es meisterlich spielen konnte.
Noch heute klingt alle 7,5 Minuten eine Melodie durch die Stadt, sie wird als Mechelner Halbe (Mechels halfke) bezeichnet. Diese wird aber heute in der Neuen Glockenspielkammer gespielt, zu der wir später kommen sollten.

381 Stufen geschafft
Zunächst erreichten wir, nun hatten wir inzwischen 381 Stufen geschafft, die Uhrwerkkammer. Die Uhr wurde in der Stadt mit dem Ausbau der Eisenbahn immer wichtiger. Sie sollte dazu dienen, dass alle Uhren in der Stadt nach der Turmuhr der St. Rombouts Kathedrale gestellt werden konnten und auch die Fahrzeiten der Eisenbahn konnten so angepasst werden.

Der Mechelner Louis Michiels stattete das Uhrwerk mit einem Elektroantrieb aus, der später auch in anderen Türmen in Belgien eingebaut wurde. Wer heute dem Schlagen der Turmuhr genau zuhört wird nicht nur die Mechelner Halbe hören. Es gibt kurz vor dem Stundenschlag einen Vorschlag (Melodie), der dazu auffordert nun mit dem Zählen der Schläge zu beginnen.

Mit der Stufe 415 gelangt man in die Neue Glockenspielkammer. Immer am Samstag um 11.30 Uhr und am Sonntag um 15 Uhr spielen hier Schüler der Glockenspielschule.
Der sicherlich ungewöhnlichste Raum ist der Aschenkeller nach 490 Stufen. Hier befand sich einst das Lager für den Mörtel, der zum Bau des Turms benötigt worden ist. Mörtel hatte früher auch die Bezeichnung Asche. Warum es allerdings ein Keller ist mir nicht ganz klar. Für mich ist ein Keller immer unter der Erde. Aber vielleicht war das einfach die Bezeichnung für Lager. In diesem Raum kann man sich mit Hilfe einer AR-Anwendung in die Zeit zurückversetzten lassen und erlebt ein Schauspiel aus dem Jahr 1516.

Nach 538 Stufen erreichen wir endlich den Skywalk auf dem St. Rombouts Turm. Die Aussichtsplattform bietet eine wunderbare Aussicht über die Stadt und die Umgebung. Leider hat es bei unserem Besuch geregnet und so konnten wir den Hafen von Antwerpen und das Atomium in Brüssel nicht erkennen. Aber bei guter Sicht soll das möglich sein.




Geschichte der Mechelner Mondlöscher
Es gibt eine Legende, die sich um den Turm der St.Rombouts Kathedrale beschäftigt. Es soll im Jahr 1687 gewesen sein, als ein betrunkener Bürger die Kneipe verlies. Er schaute zum Turm der Kirche und sah, dass dieser in Flammen stand. Sofort schlug er Alarm und die Bewohner der Stadt kamen mit ihren Wassereimer, um den Brand zu löschen. Während sie eifrig die gefüllten Eimer von Hand zu Hand reichten kam der Mond hinter den Wolken hervor. Plötzlich war die rote Glut verschwunden.
Die Mechelner hatten doch tatsächlich versucht den Mond zu löschen! Seit dieser Zeit haben die Stadtbewohner den Spitznamen „Mondlöscher“.
Folgt man der Legende, verdankt die Stadt dem angeblichen Turmbrand auch seine Stadtfarben. Angeblich soll der Bürgermeister aus dem Bett gesprungen sein und vor lauter Aufregung zwei verschiedenfarbige Socken angezogen haben – einen in gelb und den anderen in rot. Das soll der Anstoß für die beiden Stadtfarben gewesen sein.
Warum hat der St.Rombouts Turm keine Spitze?
Zu diesem Thema gibt es viele verschiedene Geschichte, die vielleicht alle ein klein bißchen Wahrheit enthalten.
Es gibt da die Behauptung, die Steine für den Bau wurden gestohlen. Andere sagen, das Geld ging aus und der Bau konnte nicht fertig gestellt werden. Vielleicht liegt es aber auch an der Statik? Das Fundament des Turmes reicht nur etwa 3 Meter in die Tiefe. Rechnet man heute das Gewicht des Turmes – also Material, Glocken, Uhrwerk… zusammen, kommt man auf ein ungefähres Gewicht von 42.000 Tonnen. Wäre der Turm noch höher und noch schwerer geworden, hätte das Fundament es verkraftet?

Wer weiß, woran es genau gelegen hat. Aber ich finde, der halbfertige Turm ist ein wundervolles Wahrzeichen für die Stadt.
Besucherinformationen
Adresse
Onder den Toren 12,
2800 Mechelen
Öffnungszeiten
Kathedrale
Montag-Sonntag: 8.30-17.30 Uhr
Turm
täglich: 13-18 Uhr
Samstag: 10-18 Uhr
geschlossen: 25.12. und 1.1.
Der Zugang zum Turm ist immer nur für maximal 25 Personen gleichzeitig möglich. Alle 20 Minuten ist der Zugang möglich
Eintrittspreise
Kathedrale
kostenfrei
Turm
Erwachsene: 8,-€
Barrierefreiheit
Die Kathedrale ist teilweise mit dem Rollstuhl zugänglich. Der Turm selbst ist nicht barrierefrei. Der Aufstieg erfolgt über viele Treppen. Man sollte gut zu Fuß sein. In der Touristeninformation von Visit Mechelen besteht die Möglichkeit den Ausblick vom Turm mit einer VR-Brille zu erleben.
In der Kathedrale steht ein Holzmodell der Kirche und des Turms, das Sie betasten können.
Der Besuch der Kirche fand im Rahmen einer Pressereise mit Visit Mechelen statt.
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