In der Altmark, etwa zwei Kilometer von Aulosen entfernt, befindet sich die Gedenk- und Begegnungsstätte Stresow, die an den Ort Stresow und seine Geschichte erinnert. Die Grenzlandtour entlang der Elbe führt den Besucher aus gutem Grund hier hin.
Heute ist Stresow eine Wüstung in der Aland-Elbe-Niederung, aber das war nicht immer so.
Die Geschichte des Ortes Stresow
Man findet die erste urkundliche Erwähnung des Ortes Stresow (damals noch als Striesow) aus dem Jahr 1319. Markgraf Woldemar übereignete zu diesem Zeitpunkt einige Besitzungen dem Kloster Amelungsborn. Ab 1687 findet man in alten Urkunden dann den Namen Stresow.
Springt man weiter in die Zeit um 1800, beginnen die Informationen zu dem kleinen Ort etwas genauer zu werden. Zu dieser Zeit war Deichhauptmann Friedrich von Jagow Besitzer des Ortes und lebte auf dem Gut Stresow. Man findet Zahlen, nach denen auf dem Gut und im Ort 121 Menschen gelebt haben sollen. Es gab 14 Feuerstellen (also Haushalte), ein Krug und eine gute Vieh- und Pferdezucht. Also noch immer ein beschauliches und aus heutiger Sicht eher ruhiges Dorfleben.
Nachdem 1922 ein Brand das Dorf zerstört hatte, baute die Bevölkerung es wieder auf.
„Aktion Ungeziefer“ und das Dorf Stresow
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Dorf auf dem Staatsgebiet der DDR nicht weit entfernt von der innerdeutschen Grenze. Stresow und viele andere Orte auf dem Staatsgebiet befanden sich im Speergebiet entlang der innerdeutschen Grenze und bildeten ein Sicherheitsrisiko. Die Staatsführung plante eine Zwangsaussiedlung der Bewohner aus diesen Gebieten, die in zwei generalstabsmäßig geplanten Aktionen durchgeführt werden sollte. Im Mai/ Juni 1952 betraf die „Aktion Ungeziefer“ den Ort Stresow.
Zunächst siedelte man „politisch unzuverlässige“ Bürger mit ihren Familien in das Landesinnere um. Offizieller Grund war die „Festigung“ der innerdeutschen Grenze. Heute geht man davon aus, dass von der Umsiedlungsaktion etwa 11.000-12.000 Menschen in der gesamten DDR betroffen waren.
In Stresow begann die erste Umsiedlungsaktion im Rahmen der „Aktion Ungeziefer“ um 23.58 Uhr am 29.Mai 1952. Armeelaster und PKWs fuhren in den Ort und nahmen etwa die Hälfte der Bevölkerung ohne vorherige Ankündigung mit. Man brachte sie zum Beispiel nach Thüringen, dort mussten sie sich ein neues Leben aufbauen.
Das Leben in Stresow wurde für die verbliebenen Bewohner nicht einfacher. Es gab ständig neue Gesetzte und Anordnungen, die den Alltag regulierten. Später durfte man nur noch mit Passierschein in den Ort und der Aufenthalt im Freien nach Sonnenuntergang war nicht mehr gestattet. Man schloss den Konsum und die Gaststätte.
Das Leben war so unerträglich in Stresow geworden, dass einige Familien freiwillig weg zogen. Neue Bewohner durften nicht in die leer stehenden Häuser ziehen. Nach und nach verstarben die alten Bewohner und 1974 zogen die letzten beiden Personen aus.
Dann war das Dorf verlassen und 16 Höfe, in denen etwa 80 Menschen gelebt hatten, waren verwaist. Vier Familien entgingen in dieser Zeit der Zwangsumsiedlung und flohen in die Bundesrepublik Deutschland.
Am 30.Juni 1974 wurde Stresow vollends geschleift. Nichts erinnerte mehr an das Leben der Familien, was blieb war Grenzgebiet.
Gedenk- und Begegnungsstätte Stresow
Heute, nach der Wiedervereinigung, gibt es genau an der Stelle, an der einst Stresow lag, eine Gedenk-und Begegnungsstätte. Diese ist Teil des Grenzlandmuseums Schnackenburg, dass sich nur etwa 3,5 Kilometer entfernt im niedersächsischen Wendland befindet.
Heute erinnern 16 Eichen an die 16 Höfe, aus denen Stresow einst bestand. Ein Gedenkstein steht seit 1997 dort und erinnert an die Zwangsumsiedlung.
Besonders beeindruckend fand ich die Darstellung der damaligen Grenzanlage der DDR. Diese hat man in Originalgröße nachgebaut und stellt alle Elemente, die zur „Sicherung der Landesgrenze“ vorhanden waren vor: der Grenz-, Signal- und Sperrzaun, ein Beobachtungsbunker, ein Kolonnenweg, Lichttrassen, eine Sprechsäule mit Grenzmeldenetz und ein Kraftfahrzeugsperrgraben. Die Höhen der Zäune sind bei dem Nachbau in Originalhöhe dargestellt. Nur der Abstand zwischen den einzelnen Elementen ist verkleinert, um eine bessere Übersicht zu bieten. So kam ursprünglich nach dem ersten Zaun ein etwa 500 Meter breiter beschützter Streifen. Auch der hier dargestellte Sperrgraben war ursprünglich breiter.
Mich hat der Besuch an der Gedenkstätte beeindruckt. Der Nachbau der Grenzanlagen und die Vorstellung, dass diese Anlagen das Land teilte, ist bedrückend. Wie viele Menschen bei einem Fluchtversuch an den Zäunen ums Leben gekommen sind, wie viele Familien diese Zäune getrennt haben und wie viele Träume diese Zäune zerstört haben. Eine Zeit, die man nicht vergessen sollte und die sich nicht wiederholen darf.
Anfahrt zur Gedenk- und Begegnungsstätte Stresow
mit dem Auto:
über die B493 in Richtung Gartow vor Kapern auf die L 256 in Richtung Aulosen abbiegen
dem Hinweisschild „Gedenkstätte Stresow“ folgen
mit dem Fahrrad:
den Elbradweg Richtung Wahrenberg / Wittenberge
Wer mehr über die Region wissen möchte sollte sich die Auentour-App (Auenerlebnistour an Elbe und Aland herunter laden. Hier gibt es auch Zeitzeugenberichte zu hören.
Der Besuch der Gedenk- und Begegnungsstätte Stresow fand im Rahmen der Pressereise “Grenzlandtour” statt.
Schreibe einen Kommentar