Läuft man durch Bernburg (Saale) wird man immer wieder auf Abbilder einer berühmten Person treffen, die wir aus vielen Sagen kennen – Till Eulenspiegel.
Da gibt es die Eulenspiegel Apotheke, das Eulenspiegel Denkmal, Bilder von Eulenspiegel an Hauswänden – ja und in Bernburg steht das größte Eulenspiegel Denkmal.
Nicht ein Standbild oder eine Skulptur, wie man es vielleicht vermutet – nein, es handelt sich um den Eulenspiegelturm im Bernburger Schloss.
Warum das so ist und warum Till Eulenspiegel in Bernburg war – wir haben es herausgefunden.
Wer war Till Eulenspiegel?
Glaubt man den Überlieferungen, wurde Till Eulenspiegel 1300 in Kneitlingen am Elm geboren. Wie er genau aussah, weiß man nicht. In Illustrationen wird er gerne mit Narrenkappe dargestellt. Doch ein Narr soll er nicht gewesen sein. Es wird behauptet, er sei seinen Mitmenschen eher geistig überlegen gewesen und hat mit Witz die Aussprüche und Redewendungen genau genommen. Seine Streiche werden bis heute erzählt und als Hinweis für die Unzulänglichkeiten der Menschen gedeutet.
Eulenspiegel starb, so belegt ein Gedenkstein aus dem 16.Jahrhundert im Jahr 1350 in Mölln.
Ob es Till Eulenspiegel wirklich gab, oder ob alles nur schöne Geschichten sind, man weiß es nicht genau. Zahlreiche Forscher versuchen noch immer seine Existenz zu belegen – aber mit absoluter Sicherheit ist das bisher keinem gelungen.
Um 1510 erschien ein Buch mit dem Titel „Ein kurtzweilig lesen von Dyl Ulenspiegel, geboren vß dem land zu Brunßwick, wie er sein leben volbracht hat. XCVI seiner geschichten”. Es entwickelte sich schnell zu einem Bestseller und wurde bereits im 16.Jahrhundert in viele Sprachen übersetzt. Im Laufe der Zeit sind neuere modifizierte Geschichten entstanden, die Eulenspiegel sympathischer darstellen. Bis heute ist das Buch in 280 Sprachen übersetzt worden.
Warum war Till Eulenspiegel in Bernburg an der Saale?
Kennt ihr die Sage, als Till Eulenspiegel Turmbläser beim Grafen von Anhalt war? Ich kannte die Sage aus der Schule, was ich allerdings nicht wusste, dass diese in Bernburg an der Saale passiert sein soll.
Eulenspiegel soll in der ersten Hälfte des 14.Jahrhunderts in Bernburg gewesen sein und bei dem Grafen von Anhalt angeheuert haben.
Folgendes soll Eulenspiegel in Bernburg erlebt haben …
Der Graf von Anhalt lebte auf seiner Burg in Bernburg.
Eulenspiegel hatte als Turmbläser die Aufgabe, nach Feinden Ausschau zu halten und bei Gefahr ein Signal auf einem Horn zu tuten.
Während Eulenspiegel so auf seinem Turm saß, ließen es sich der Graf und die Ritter gut gehen. Sie speisten und tranken – aber keiner dachte daran Eulenspiegel mit Essen zu versorgen.
Als er eines Tages am Horizont die Feinde entdecke, tat Eulenspiegel nichts. Er blies nicht in das Horn und so konnten die Feinde Rinder von der Weide stehlen. Der Graf war natürlich nicht gerade begeistert und stellte Till Eulenspiegel zur Rede: „Willst du nicht die Feinde anblasen?“ Eulenspiegel rief zurück: „Ich darf keine Feinde heranblasen, das Feld wird sonst voll von ihnen, und ein Teil ist schon mit den Kühen hinweg. Bliese ich noch mehr Feinde heran, sie schlügen Euch zu Tode.“ Für diesmal blieb es bei den Worten.
Der Graf eilte den Feinden hinterher und konnte einen Teil seiner Rinder zurück holen. Er schlachtete sie und erneut speisten er und die Ritter genüsslich und vergaßen Eulenspiegel in seiner Türmerstube.
Eulenspiegel entschloss sich, nun selber etwas gegen den Hunger zu tun und blies, obwohl weit und breit keine Feinde zu sehen waren, das Signal „Feindio, Feindio“.
Sofort liefen der Graf und die Ritter los, um die Feinde zu verjagen. Der schlaue Till verließ in dieser Zeit den Turm und bediente sich an der reich gedeckten Tafel.
Kaum war der Graf zurück holte er seinen Turmbläser und fragte ihn: „Bist du unsinnig und toll geworden?“ Eulenspiegel sprach: „Ich bin ohne Arglist. Aber Hunger und Not erdenken manche List.“ Da wollte der Graf wissen, warum er das Signal getutet hätte, wenn doch gar kein Feind in Sicht gewesen wäre. Eulenspiegel antwortete: „Weil keine Feinde da waren, mußte ich etliche heranblasen.“
Der Graf war natürlich alles andere als zufrieden und beschimpfte Eulenspiegel als Verräter. Er versetzte ihn zur Strafe als Fußknecht in seine Gefolgschaft. Nun musste Till immer mit hinaus ziehen, wenn Feinde kamen. Aber Till wäre nicht Till, wenn er nicht auch hier eine Idee gehabt hätte, die sein Leben verbesserte.
Sobald das Signal ertönte war er der letzte, der die Burg verließ und der erste, der wieder in der Burg zurück war. Das fiel natürlich auch dem Grafen auf und fragte ihn danach. Eulenspiegel sprach darauf: „Ihr solltet mir darüber nicht zürnen. Denn wenn Ihr und Euer Hofgesinde schon aßet, saß ich auf dem Turm und hungerte; davon bin ich kraftlos geworden. Soll ich nun der erste an den Feinden sein, so müßte ich die Zeit wieder einholen und besonders eilen, daß ich auch der erste an der Tafel und der letzte beim Aufstehen sei, damit ich wieder stark werde. Dann will ich wohl der erste und der letzte an den Feinden sein.“
Der Graf von Anhalt entließ Eulenspiegel darauf aus seinen Diensten.
Besuch im Eulenspiegelturm
Die Bernburg wurde 961 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. 1138 findet man weitere Informationen in schriftlichen Aufzeichnungen. Zu dieser Zeit brandschatze man die Burg und bei dem erneuten Aufbau um 1150 errichtete man den Bergfried. Dieser rund massive Wehrturm gehörte zu den Verteidigungsanlagen der Burg. Charakteristisch für Türme dieser Art ist die Schlupftür, die oben im Turm lag. Nachdem die Tür verschlossen war, kamen Feinde nur schwer in das Innere des Turms. Rammböcke konnten an den runden im unteren Bereich 3,60 Metern dicken Mauern nicht viel ausrichten, ja und der einzige Eingang lag sehr weit oben.
Möchte man den Bergfried „Eulenspiegelturm“ besuchen, geht man durch einen Anbau aus dem 17.Jahrhundert und eine Holzbrücke in den Turm. Zunächst sind die Stufen noch breit und der Zugang einfach. Von der sogenannten „Schwarzen Brücke“ hat man einen guten Blick in den Burghof und gelangt zunächst in den Kuppelsaal des Turms.
Fürst Victor Amadeus von Bernburg-Anhalt ließ 1666 den Saal in den Turm einbauen. Das Wappen in der gewölbten Decke bildet den Schlussstein. Heute wird der Raum für Ausstellungen genutzt.
Gleich neben dem Kuppelsaal führt eine steile und enge Treppe, die zwischen der Außenmauer und der Innenmauer verläuft nach oben. Man gelangt weiter in das Innere des Turmes und steht dann oberhalb der Kuppel. Hier kann man die Kuppel und ihre Bauweise von oben betrachten.
Über eine Holztreppe steigen wir weiter den Turm hinauf und kommen nach insgesamt 147 Stufen in der Türmerstube an.
Till Eulenspiegel in der Türmerstube
Welch eine Überraschung hier im 38 Meter hohen Turm erwartet uns doch tatsächlich Till Eulenspiegel.
Er sitzt auf einer Bank hinter einem Spinnennetz aus Metall und erwartet seine Besucher. Auf Knopfdruck beginnt er sich zu bewegen und seine Geschichte zu erzählen.
Ganz gespannt lausche ich seinen Worten und stelle mir dabei vor, wie er hier oben nach Feinden Ausschau gehalten hat. Ich kann mir vorstellen, mit welcher Begeisterung Kinder hier der Sage lauschen und so etwas über Till Eulenspiegel in Bernburg erfahren. So macht es auf jeden Fall Spaß sich mit der Sage zu beschäftigen.
Nachdem die Sage erzählt ist kann man sich noch etwas umschauen und einen Blick aus den drei Turmfenstern werfen. Nach Feinden halte ich natürlich nicht Ausschau, aber den Ausblick aus den Turmfenstern genieße ich trotzdem.
Danach steigen wir vorsichtig die steile Treppe herunter und kehren über die Holzbrücke zurück bis in den Schlosshof.
Wissenswert:
Jedes Jahr wird in Bernburg ein Kinder-Eulenspiegel zur Symbolfigur gewählt. Sie nimmt im traditionellen Eulenspiegelkostüm repräsentative Aufgaben für die Stadt wahr und dient als Werbeträger nach außen.
Wer gerne mehr zu den aktuellen Eulenspiegelprojekten wissen möchte,kann Informationen unter der Email: sielmon@museumschlossbernburg.de erhalten.
Adresse:
Schlossstraße 24
06406 Bernburg (Saale)
Webseite
Öffnungszeiten:
Der Aufstieg ist nur in Begleitung zu jeder vollen Stunde möglich, der letzte Aufstieg erfolgt eine Stunde vor Schließung des Turms!
April-Oktober
Dienstag – Sonntag: 10-17 Uhr
Feiertage: 10-17 Uhr
Montag geschlossen
November – März
Dienstag-Donnerstag: 10-16 Uhr
Freitag: 10-13 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertage: 10-16 Uhr
Montag: geschlossen
Eintrittspreise:
pro Person: 2,-€
Kinder unter 6 Jahre haben freien Eintritt.
Es gibt noch so viel mehr, dass man über Till Eulenspiegel erfahren kann.
Tanja von Spaness war in Mölln auf den Spuren von Eulenspiegel unterwegs.
In Schöppenstedt gibt es ein Till Eulenspiegelmuseum. Einen Bericht dazu gibt es auf der Seite vom Nördlichen Harzvorland. Wir waren in Magdeburg und haben uns dort auf die Spuren des Narren begeben.
Offenlegung: Der Besuch und die Führung durch den Eulenspiegelturm von Bernburg wurde uns im Rahmen einer Kooperation mit dem Museum Schloss Bernburg ermöglicht. Vielen Dank! Der Bericht ist unabhängig zum Besuch entstanden und entspricht unseren Eindrücken.
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