Lass uns nur mal schnell… so beginnen bei uns viele etwas unorganisierte Ausflüge, die uns am Ende etwas von der Gegend zeigen, dass wir sonst nie gesehen hätten. Und so begann auch unsere Wanderung von Loutraki zum Kanal von Korinth.
Loutraki liegt am Isthmus, der Landenge, die den Peloponnes vom griechischen Festland trennt und zwar auf der Festlandseite. Auf der Seite, dem Peloponnes befindet sich Korinth.
Die Idee eines künstlichen Wasserweges
Die Idee des Kanals von Korinth hat eine über 2600-jährige Geschichte. Angeblich wollte der Tyrann Periander von Korinth bereits eine Wasserverbindung an der Landenge schaffen, hat aber nie mit den Arbeiten begonnen.
In der Antike nutzten die Seeleute diese Landenge aus, um sich einige 100 Kilometer Strecke bei der Umfahrung des Peloponnes zu ersparen. Die Schiffe schleppte man auf Schiffskarren, die in festen Spurrillen gezogen wurden, von einer zur anderen Seite. Reste dieser Spurrillen haben wir an einer archäologischen Stätte am Kanal entdeckt. Dort mussten die Schiff bergauf von der Küste über die Erhöhung im Landesinneren bewegt werden.
Die Römer machten sich zu Caesers, Caligulas, Neros und Hadrians Zeiten erneut Gedanken daüber, wie es wäre, dort einen Kanal zu bauen. Es soll erste Planungsentwürfe gegeben haben und Ingenieure waren mit ersten Messungen beauftragt. Diese waren jedoch der Meinung, dass der Wasserspiegel im Korinthischen Golf zu hoch sei. Bei einer Verbindung vermuteten sie die Überschwemmung der Insel Ägina und der Attika. Nero ließ sich von diesen Prognosen nicht aufhalten. Er beorderte mehrere tausend Arbeiter zum Isthmus, die von beiden Seiten aus graben und in der Mitte aufeinander treffen sollten. Nach drei Monaten, Nero war inzwischen verstorben, stoppten die Arbeiten.
Jahre später spielten auch die Venezianer mit dem Gedanken, den Isthmus zu durchstechen. Allerdings gaben sie die Pläne angesichts der zu bewältigenden Felsmassen auf.
Der Kanal von Korinth wird gebaut
Mit dem Beginn der Industrialisierung und vor allem der Erfindung des Dynamits und der Sprenggelantine kamen die Pläne für den Kanalbau wieder auf. Nun gab es die ersten Maschinen, die das Projekt realistischer aussehen ließen. Der Bankier Andreas Syngros stiftete einen Großteil der Baukosten und so stand der Umsetzung nicht mehr viel im Wege.
1881 fingen die Bauarbeiten an einem der spektakulärsten Kanäle der Welt an. Man entschloss sich, einen 6343 Meter langen Kanal zu graben, der eine Verbindung zwischen dem Saronischen Golf und dem Golf von Korinth bilden sollte.
Die ungarischen Ingenieure István Türr und Béla Gerster waren für die Aufsicht über Bauarbeiten verantwortlich. Die Arbeiten gingen bis zu 84 Meter durch das Gestein in die Tiefe. Der Kanal erreichte so eine Wassertiefe von etwa 8 Metern und ist an der breitesten Stelle etwa 24,6 Meter breit. Die Steilwände am Kanal ragen in einem Winkel von 71–77° bis zu 79 Meter in die Höhe.
1893 waren die Bauarbeiten abgeschlossen und die ersten Schiff konnten hindurch fahren. Für die Seefahrt und den Verkehr von Wirtschaftsgütern gab es nun einen wesentlich ruhigeren und vor allem kürzeren Weg „durch“ Griechenland.
Schiffsdurchfahrt mit Hindernissen
Die Durchfahrt der Schiffe verlief nicht immer reibungslos. Bis heute kommt es immer wieder zu Erdrutschen und Felsabbrüchen an den Steilwänden und der Kanal muss dann gesperrt werden, bis die erforderliche Wassertiefe nach dem Ausbaggern des Gesteins wieder hergestellt ist. Diese Sperrung kann recht lange dauern und ist mit großem maschinellen Einsatz verbunden. Als wir Griechenland besucht haben, waren gerade Arbeiten im Kanal. Riesige schwimmende Bagger lagen im Wasser und Gesteinsberge erhoben sich am Land.
Aber auch mutwillige Zerstörungen behinderten den Schiffsverkehr. Die deutsche Wehrmacht sprengte zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1944 einen Teil der Steilwand und alle Kanalbrücken, um so die weitere Nutzung unmöglich zu machen. Zusätzlich versenkte sie Lokomotiven, Eisenbahnwagen und Minen im Kanal. Es dauerte gut 4 Jahre bis der Kanal wieder genutzt werden konnte und die mehr als hunderttausend Tonnen Geröll, die Eisenbahn und die Minen entfernt waren.
Für die Schifffahrt mit ihren riesigen Containerschiffen ist die Wasserstraße aufgrund der Dimensionen heute nicht mehr nutzbar. Seit 2020 dürfen aus Sicherheitsgründen nur noch Schiffe mit einer Breite von 17 Metern passieren und so sind fast nur noch private kleinere Schiffe und Ausflugsschiffe auf dem Kanal unterwegs. Diese müssen je nach Schiffsgröße und Tiefgang eine Gebühr bezahlen. Gerade die Ausflugsschiffe bieten den zahlreichen Urlaubern einen unvergesslichen Blick auf die künstliche Schlucht und sind oft ausgebucht.
Wanderung am Kanal
Leider, und das wussten wir schon bei unserer Anreise, war die Kanaldurchfahrt bei unserem Besuch nicht möglich. Der Kanal wurde von Gestein und Sand befreit. So konnten wir also nicht durch den Kanal von Korinth fahren, sondern mussten uns auf einen Blick vom Ufer aus begnügen.
Da wir nicht weit vom Kanal entfernt ein Hotel gebucht hatten, entschlossen wir uns zu einer Wanderung. Von Loutraki aus ging es zunächst an der Meeresküste entlang. Ein wirklich schöner Weg mit einem tollen Blick über den Küstenabschnitt.
Nach einer Weile mussten wir dann auf die Straße wechseln und folgten dieser bis zur Kanalmündung. Dort befindet sich eine absenkbare Brücke. Diese wird im Falle einer Schiffsdurchfahrt mit Hilfe eines Motors im Kanal versenkt. Es ist eine recht wackelige wirkende Brücke, die auch nicht von allen Fahrzeugtypen überquert werden darf. Es gibt eine Gewichtsbegrenzung, die ich bei einem Blick auf das eher wie ein behelfsmäßiges Bau aussehendes Teil sehr verstehen kann.
Zugegeben, ich war etwas enttäuscht, als wir an der Mündung des Kanals angekommen waren. Hatte ich doch die Bilder einer tiefen Schlucht im Kopf, die hier aber überhaupt nicht vorhanden war. Der Küstenbereich ist flach und dementsprechend ist die Einfahrt in den Kanal auch flach. Steht man allerdings auf der kleinen Brücke und blickt ins Landesinnere lässt sich erahnen, wie der Kanalblick aus einer anderen Perspektive wirkt.
Unser eigentlicher Plan, an dieser Stelle einige Fotos zu machen und nach Loutraki zurück zu kehren war damit gescheitert. Ein neuer Plan musste her und so machten wir uns auf, einer Strecke auf Google Maps zu folgen. Diese sollte uns auf der Uferseite des Peloponnes zu einer Brücke bringen, die uns einen Blick in die Schlucht ermöglichen würde.
Den Weg gab es wirklich! Am Anfang entdeckten wir sogar eine archäologische Stätten, die die Spurrillen der damals dort fahrenden Schiffstransporte auf Schleppkarren verursacht hatten. Dann ging es bergauf einen staubigen und schattenlosen Weg am Kanal entlang. Ab und zu fuhr ein Auto mit einer großen Staubwolke an uns vorbei. Nur wenige Meter vom diesem Weg entfernt verläuft der Kanal von Korinth. Da wir immer höher liefen, verlief das Wasser immer tiefer unter uns und die Steilwände ragten immer höher hinauf.
Ein paar Schilder warnten davor, zu dicht an die Klippen zu treten. Trotzdem hatten wir einen tollen Blick hinunter. Sehr gut konnten wir die Unterspülungen des Wassers sehen, die kleine Höhlen entstehen lassen. So im Nachhinein betrachtet, war es schon toll dort entlang zu gehen. Diesen Blick genießen bestimmt nicht viele Urlauber, wir haben auf jeden Fall keinen getroffen.
Nur unsere Brücke, über die wir unseren Rückweg geplant hatten, machte uns jetzt noch einen Strich durch die Rechnung. Es gab sie zwar, aber sie war aufgrund von Bauarbeiten gesperrt. Das konnten wir allerdings erst erkennen, als wir an dem Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg vorbei gegangen waren und vor einer riesigen Baustelle standen. Hier lagerten unzählige Kubikmeter Gestein, die aus der Wasserstrasse entfernt worden waren. Auch einen Weg entlang des Ufers gab es zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.
Wir folgten also der Anfahrtsstraße der Baufahrzeuge bis zu einem Abzweig. Die kleine Straße führte vorbei an wunderschönen Häusern, Olivenbäumen und Gärten. Ein schöner und jetzt auch staubfreier Weg, auf dem wir vollkommen alleine unterwegs waren.
Schließlich erreichten wir die Hauptstraße, an der auch der Busbahnhof von Korinth liegt, die uns zu „dem“ Aussichtspunkt auf den Kanal von Korinth führte, zu dem alle Touristen kommen. Eine Brücke mit einem etwas breiteren Fußgängerbereich auf beiden Seiten führte uns vom Peloponnes zurück zum Festland. Von der Brücke aus hatten wir dann endlich den Blick, den wir erhofft hatten. Steile raue Felsen und tief unten das Wasser des Kanals. Es ist ein wirklich unvergesslicher Blick auf ein beeindruckendes Bauwerk. Wenn man sich überlegt, wie viel Gesteinsmasse hier abgetragen worden sind und welche technischen Hilfsmittel dafür damals zur Verfügung standen, beeindruckt mich das Bauwerk noch viel mehr.
Direkt neben der Brücke befindet sich ein Informationszentrum und eine Aussichtsplattform, von der man auch unter die Brücke gucken kann. Wer Glück hat, kann hier Menschen beim Bungee Jumping von der Brücke beobachten.
Warum auch immer, die meisten Besucher gehen vor Ort nicht auf die andere Straßenseite der Brücke und gucken in die weniger populäre Richtung. Hier erkennt man eine neue Brücke und kann sehr gut das Ende der Wasserstraße sehen. Für mich lassen sich hier, fast noch schöner als in die andere Blickrichtung, hervorragend die Gesteinsschichten erkennen.
Hat sich der Besuch am Kanal von Korinth gelohnt?
Ich muss zugeben, ich war beeindruckt. Wer es schafft, den üblichen touristischen Rummel um sich auszublenden und wirklich „nur“ das Bauwerk zu betrachten, kann einfach nur begeistert sein. Was für eine bauliche Leistung, in diese Gesteinsmassen eine Wasserstraße zu bauen! Vor allem, wenn man bedenkt, zu welchem Zeitpunkt und mit was für Arbeitsmaterial gearbeitet wurde.
Sicherlich wär der Blick von der Brücke noch spektakuläre gewesen, wenn ein Schiff durch den Kanal gefahren wäre. Dann hätte man die Dimensionen noch besser verstehen können. Aber auch so gehört dieses Bauwerk für mich zu den beeindrucktesten, die ich bisher gesehen habe. Und eine Fahrt mit dem Schiff durch den Kanal von Korinth steht noch immer auf meiner Wunschliste.
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