Nach einigen Tagen in Niš war es Zeit zu unserem nächsten Reiseziel nach Belgrad aufzubrechen. Es gab die Wahl zwischen einer Busfahrt und Zugfahrt von Niš nach Belgrad. Wir haben uns für den Zug entschieden.
Fahrkartenkauf
Gleich am ersten Tag in Niš sind wir zum Hauptbahnhof gegangen, um unsere Fahrkarten zu kaufen. Man weiß ja nie, ob man Sitzplätze reservieren muss oder der Zug völlig ausgebucht ist und man keine Fahrkarte mehr bekommt.
Am Hauptbahnhof angekommen, betreten wir ein riesiges Bahnhofsgebäude, dass vom Baustil sehr sozialistisch gehalten. Im Gebäude dann gähnende Leere. Nicht nur keine Menschen, auch keine Möglichkeit etwas vor der Fahrt zu kaufen oder in einem Restaurant noch etwas zu essen.
Es sind 5 Schalter geöffnet, wir entscheiden uns für den „internationalen“ Schalter, in der Hoffnung hier mit Englisch weiter zu kommen.
Es hat geklappt. Der Bahnmitarbeiter war wirklich sehr bemüht. Datum und Ziel war schnell geklärt. Mit den Abfahrtszeiten war es schon etwas schwieriger. An diesem Sonntag fuhren anscheinend 3 Züge bis Belgrad: morgens gegen 5, mittags 12:30 Uhr und am frühen Abend gegen 17 Uhr. Nach kurzer Überlegung – der Zug sollte fast 5 Stunden unterwegs sein – entschieden wir uns für den Zug um 12:30 Uhr. Mehrmals wurde uns das Gleis 1 ans Herz gelegt. Na das sollte doch zu finden sein.
Der Preis für die Zugfahrt betrug 834 Dinar (etwa 7 €) pro Person in der zweiten Klasse.
Warten auf den Zug
Da sitzen wir also auf dem Bahnhof in Niš und warten auf unseren Zug nach Belgrad. Etwas Verpflegung hatten wir uns vorher im Supermarkt besorgt. Denn ob es ein Wagen mit Speisewagen geben würde, wussten wir nicht. Aber bei über 5 Stunden Fahrt braucht man wenigstens etwas zu trinken.
Ich schlendere etwas auf dem Gelände herum und entdecke Züge, die bestimmt nicht mehr fahren, zugewachsene Gleise und achja, es gibt tatsächlich noch weitere Bahnsteige. Diese sehen aber nicht einmal annähend danach aus, als ob hier jemals ein Zug fahren würde.
Die Zeit verrinnt und mein Wunsch nach einer Toilette wächst. Im Bahnhofsgebäude finde ich nur verschlossene Türen mit einem Zettel in serbisch. Ok, das wird wohl nichts. Nach einer Weile überwinde ich mich und frage drei nette Männer, die am Bahnhof arbeiten (der eine stand mit einem riesigen Hammer am Bahnsteig, als ein Zug abfuhr und guckte auf die Räder). Nach einer kurzen Diskussion, das nette Zeichen „komm mit“. Ich folgte in die Diensträume, man drückte mir einen Schlüssel in die Hand und öffnete die Diensttoilette. Ehrlich, da sind selbst unsere schlimmsten Toiletten an den Autobahnen noch Luxus. Ein verdrecktes Pinkelbecken und eine Stehtoilette über einem Loch im Boden. Ich war dankbar, es war wirklich dringend, aber nochmal brauche ich das nicht.
Gegen 12:20 fuhr ein Zug ein. Klar war die Ansage auf Serbisch und die Schrift am Zug in Kyrillisch, aber es war unser Zug nach Belgrad. Zwei Wagen, vom Standard her vergleichbar mit unseren Regionalzügen und mit Klimaanlage! Aber wesentlich sauberer als vermutet und zum Glück mit einer Toilette. Im Zug wurde jede Station in serbisch und Englisch angesagt, damit hatte ich nicht gerechnet.
Zugfahrt von Niš nach Belgrad
Was für ein Bummelzug!
Ich gebe ja zu, ich hatte echt gedacht, dass die Zeitangabe nicht wirklich stimmen konnte. Es waren nicht einmal 250 Kilometer bis nach Belgrad! Aber unterwegs war schnell klar, warum es soooo lange dauerte. Ich habe bei 20 Stationen aufgehört zu zählen, aber gefühlt hat der Zug bei jeder kleineren Häuseransammlung gehalten. Es gab ständig unbeschrankte Bahnübergänge, die der Zug laut Anzeige mit maximal 20 km/h überquerte. Überhaupt fuhr der Zug weite Strecken so um die 50 km/h, ich glaube es gab kaum einen Abschnitt, der mal über 100 km/h befahren wurde. Und so dauerte es halt über 5 Stunden!
Landschaftlich war die Fahrt wirklich wunderschön. Wir sind durch Felder und Wiesen gefahren. Ganz selten mal störte mal ein kleiner Waldabschnitt die Sicht. Gegen Ende der Fahrt ging es durch und über einen kleinen Gebirgszug mit einigen steilen Berghängen.
Viele der Dörfer wirkten äußerlich sehr ärmlich, in vielen bestand der Bahnhof aus einer Reihe Betonplatten im nirgendwo. Es gab kein Ortsschild, kein Bahnhofsgebäude oder Wartehäuschen.
Nur wenige Orte hatten offensichtliche Industrieansiedlungen. Hier konnte man dann aber gleich eine optische Veränderung in der Baustruktur der Häuser erkennen, sie waren oft moderner.
Ich habe die Fahrt sehr genossen und aus dem Fenster geschaut. Es war ein schöner Eindruck, den wir von Serbien gewonnen haben, den wir bei einer Fahrt über die Autobahn vielleicht so nicht hätten genießen können.
Ankunft in Belgrad
Was wir nicht wussten – der alte Hauptbahnhof in Belgrad wird gerade nach und nach geschlossen. Wir sind auf dem niegelnagel neuen modernen Bahnhof Belgrad Centar angekommen. (Wobei ich später gelesen habe, dass hier seit 1977 gebaut wird.)
Der Zug hielt in einem Untergeschoss, dass noch recht ungenutzt wirkte. Immer dem Schild „Exit“ folgend landeten wir auf einer Straße. Kein Bahnhofsgebäude oder Vorplatz, einfach nur eine Straße, ohne Bushaltestelle, ohne Taxistand… Ob es vielleicht in die andere Richtung anders ausgesehen hat, wissen wir nicht, hoffen es aber. Zu unserem Glück hielt gerade ein Taxi, dass wir uns schnappten und uns ließen zu unserer airbnb Wohnung bringen.
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