Kaum eine Stadt steht so für den Stierkampf wie Pamplona. Hier findet jedes Jahr die weltberühmte Sanfermines, der Stierlauf, statt.
Man mag zu dem Thema Stierkampf stehen, wie man will. In Pamplona ist es das beherrschende Thema und die meisten Bewohner sind stolz auf diese Tradition. Und wenn man den Besucherandrang während der Stierläufe in der Stadt sieht, ist es ein Thema, was nicht wenige Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen interessiert.
Auch wir sind während unseres Aufenthaltes in der Stadt immer wieder auf Orte gestoßen, die uns Einblicke in die Tradition gegeben haben.
Geschichte der Sanfermines
Seit 1591 wird jedes Jahr in Pamplona die Sanfermines zu Ehren des Heiligen Fermin des Älteren gefeiert. Er lebte im 3. Jahrhundert in der Stadt und missionierte die Gegend um Amiens. Der eigentliche Gedenktag ist der 10. Oktober. Da zu dieser Zeit das Wetter recht unbeständig ist, beschloss die Stadt einfach die Feierlichkeiten auf den 7.Juli zu verlegen.
Im Mittelalter fand im Rahmen der Festlichkeiten ein Jahrmarkt (ferias) und Stierkämpfe statt. Hirten haben die Stiere zum Plaza de Torres getrieben.
Festlichkeiten heute
Am 6.Juli beginnen heute offiziell die Festlichkeiten der Sanfermines. Vor dem Rathaus versammeln sich tausende Besucher und warten darauf, dass pünktlich um 12 Uhr eine kleine Rakete in die Luft geschossen wird. Mit dem Spruch Viva San Fermín, Gora San Fermin („Lang lebe San Fermín“ auf Spanisch und Baskisch) ist die Festwoche dann offiziell eröffnet. Typisch ist es, dass die Besucher zum Beginn der Feierlichkeiten eine weiße Hose, weißes Hemd oder Bluse tragen. Das rote Halstuch ist vor der Eröffnung noch um das Handgelenk gebunden und erst später trägt man es um den Hals.
Am 7.Juli beginnen die Festlichkeiten mit einer Prozession, die von der Altstadt zur Kirche des Heiligen Fermin verläuft. Während der Prozession wird eine große Figur von San Fermins getragen und zu Ehren des Heiligen Lieder gesungen. Zum Abschluss findet in der Kirche eine Messe statt.
In den folgenden Tagen bestimmt dann das Thema Stier die Festlichkeiten. In der Stierkampfarena finden täglich Veranstaltungen statt. Immer drei Matadore führen zwei Kämpfe durch. Zusätzlich beginnen die Stierläufe, die täglich durch die Straßen der Stadt führen.
Die Stiere kommen aus dem Süden Spaniens und werden vor den Stierkämpfen in den Stallungen außerhalb der Stadt gehalten. Da es in früheren Zeiten keine Lastwagen gab oder diese zu sperrig für die kleinen Gassen waren, trieb man die Stiere durch die Straßen zu der Arena. Mit Hilfe von Kuhhirten zu Pferd und zu Fuß, welche die Stiere mit Rufen und Stöcken leiteten, gelangten sie zur Stierkampfarena. Mit der Zeit halfen immer mehr Leute mit und fingen an, vor den Stieren zu laufen. Es war für die lokale Jugend eine große Mutprobe, vor und neben den Stieren eine kurze Wegstrecke herzulaufen. Mit der Zeit wurde eine Tradition daraus. Bekannt wurde diese durch den Schriftsteller Ernest Hemingway. Er hat das Thema in seinen Werken aufgegriffen.
Der Weg der Stiere durch Pamplona
Die Stierläufe (encierros) starten Punkt 8 Uhr in der Zeit vom 7.-14.Juli. Die sechs Kampfstiere, die später in der Arena kämpfen sollen, werden eine 875 Meter lange Strecke durch die Stadt getrieben. Begleitet werden die Stiere dabei von einigen Ochsen, die beruhigend auf die Stiere wirken und sie leiten sollen. Die Tiere können eine Geschwindigkeit von 25 km/h erreichen und wenn es keine Komplikationen gibt ist der Stierlauf nach 3 Minuten beendet.
Stallung „Corralillos del Gas“
Diese Stallung befindet sich unterhalb der Altstadt. Der von außen recht modern wirkende Bau befindet sich auf dem Gelände eines ehemaligen Gaswerkes. Hier leben die Stiere, die aus dem Süden Spaniens kommen, eine zeitlang, bevor sie an den Stierläufen und den Arenakämpfen teilnehmen. Von dort bringt man sie am Abend vor dem Veranstaltungstag zum Startpunkt.
Stallung „Santo Domingo“
In dieser Stallung verbringen die Tiere ihre letzte Nacht vor dem Stierlauf. Außerhalb der Feierlichkeiten befindet sich hier ein Standbild, dass die rennenden Tiere zeigt. Hier entdecken wir auch zum ersten Mal die typischen Holzabsperrungen, die während des Stierlaufes die Strecke an vielen Stellen begrenzen.
Der Stierlauf: 875 Meter quer durch die Altstadt
Schon lange vor dem Startschuss des Stierlaufes versammeln sich einige Läufer vor der Statue des Patrons San Fermín in der Cuesta de Santo Domingo. Sie singen dort gemeinsam dreimal den Text “A San Fermín pedimos, por ser nuestro patrón, nos guíe en el encierro, dándonos su bendición. ¡Viva San Fermín! Gora San Fermin!” („Wir bitten Dich San Fermín, der Du unser Beschützer bist, uns während des Laufes zu leiten und uns Deinen Segen zu spenden. Es lebe San Fermín!“). Seit 2010 singen die Menschen den Text nach Spanisch auch in Baskisch. Gekleidet sind sie in traditionell in weiß mit einem roten Halstuch und einer roten Schärpe.
Fällt dann um 8 Uhr der Startschuss haben die unzähligen Teilnehmer eigentlich nur ein Ziel: eine kurze Strecke direkt neben dem Stier zu laufen. Bei der Geschwindigkeit, die die Tiere haben, ist das kaum möglich. Die Menschen behindern sich gegenseitig, sind zu risikobereit und natürlich werden die Tiere immer gereizter, je länger sie unterwegs sind. So kommt es zu zahlreichen Verletzungen und es gab auch bereits Todesfälle bei den Läufern.
Von der Cuesta de Santo Domingo führt der Weg zum Rathausplatz (Plaza Consistorial). Hier entdecken wir auch eins der Absperrungselemente und zahlreiche Löcher im Boden.In diese stellt man dann die Absperrungen.
Die Absperrungen bestehen aus Schrauben, Flügelmuttern, Unterlegscheiben, Holzkeilen und vor allem vertikalen Pfeilern und 2.700 horizontalen Paneelen. Alle Teile sind mit Buchstaben und Zahlen markiert, damit jedes Teil immer an der gleichen Stelle montiert wird. Der Aufbau erfolgt Ende Juni und die Absperrungen bleiben bis zum letzten Tag der Sanfermines stehen. Einige Abschnitte stehen dauerhaft. Andere dagegen, die den Fahrverkehr behindern, werden jeden Tag auf- und abgebaut. Die Pfeiler sind in 40 Zentimeter tiefen Löchern im Boden veranker. Das Holz ist mit Metallblechen verstärkt, um den eventuellen Aufprall der über 600 Kilo schweren, rennenden Stiere standzuhalten. Zusätzlich gibt es verstärkte Tore, die hinter den laufenden Stieren geschlossen werden. Man will so verhindern, dass die Tiere umkehren und zum Start des Stierlaufes zurück rennen.
Der Lauf führt 300 m durch die Estafeta Straße. Eine nicht besonders breite Straße, in der es sonst vor Besuchern wimmelt. Zahlreiche Geschäfte verkaufen mehr oder weniger nützliche oder schöne Dinge rund um den Stier. Wenn die Tiere hier entlang stürzen, sind alle Türen geschlossen. Die wenigen Hauseingänge, die etwas zurück gesetzt sind, dienen als Zufluchtsorte vor den Tieren.
Die Straße erreicht die Stierkampfarena und die Tiere und Menschen werden in die Wettkampfstätte gelassen. Die Strecke verengt sich dann aber trichterförmig bis auf 3,5 Meter in dem Callejón. Dieses ist die 25 Meter langen Unterführung unterhalb der Sitzreihen der Arena, die den Zugang zu den letzten 50 Metern in der Stierkampfarena bildet. Für die Stiere ist der Lauf nun beendet, aber die Veranstaltung endet damit noch nicht. Die Tiere werden in die Stallungen gebracht und die Läufer bleiben in der Arena.
Stierkampfarena von Pamplona
Die Stierkampfarena ist 1922 eingeweiht worden und seit Anbeginn im Besitz des Altenheims von Pamplona. Es passen 19529 Zuschauer auf die Ränge. Damit ist sie die zweitgrößte Stierkampfarena Spaniens.
Die Läufer, die noch in der Arena stehen, sind nun noch weiter gefordert. Nacheinander werden 6 Jungtiere in die Arena gelassen. Sie haben abgebundene Hörner und versuchen die Läufer „auf die Hörner“ zu nehmen.
Erst am Abend beginnt die Zeit des Stierkampfes für die Tiere, die nach dem Lauf in der Stierkampfarena angekommen sind. Meistens endet es tödlich für die Tiere. Auch wenn das Eintrittsgeld und die Einnahmen aus dem Verkauf des Stierfleisches an wohltätige Zwecke geht, kann ich den Sinn und Zweck dahinter nur schwer erfassen.
Außerhalb der Stierkampf-Zeit besteht die Möglichkeit die Arena zu besichtigen. Man erhält einen Audioguides (auch in deutsch) und ein Faltblatt mit den einzelnen Hörstationen. Der Rundgang beginnt mit einem kurzen Film über den Stierlauf. Für mich ein emotional fürchterlicher Film, der erschreckende Szenen zeigt. So hatte ich das Thema nicht wahrgenommen und frage mich, ob den Menschen eigentlich bewußt ist, in welche Gefahr sie sich dort bringen. Die Tiere, die wild gehetzt und sicherlich verängstigt durch die Straßen rennen kann ich keinen Vorwurf machen, wenn sie sich wehren. So war der ursprünglich Gedanke, als die Viehhirten die Tiere in die Arena getrieben hatten mit Sicherheit nicht.
Im Anschluss an den Film kann man dann die Tour im eigenen Tempo angehen. Es geht in die Stierkampfarena, in der man sich den Kampfplatz, die Schutzeinrichtungen und die Zuschauerränge angucken kann.
Im Anschluss gelangt man in die Bereiche, in denen die Stiere stehen. Es gibt verschiedene Gehege und Stallungen, deren genaue Funktion erklärt wird. Während wir über den Steinboden laufen, erfahre ich zum Beispiel etwas über die Aufzucht der Tiere, die Tierhaltung auf den Weiden und wie die Orte in der Arena aussehen, wenn die Tiere vor Ort sind. Sie stehen dann nicht auf blankem Stein, sondern in dick eingestreuten Bereichen. Für Kenner der Stierkampfszene sicherlich spannend die Informationen rund um bekannte Toreros und Plakate von Veranstaltungen.
Der Rundgang dauert, wenn man alles Texte hört etwa eine Stunde. Bei mir hat er, aufgrund der Erzählungen und Bilder, eher dazu beigetragen der Sanfermines noch kritischer gegenüber zu stehen. Ich kann allerdings auch verstehen, wenn Regionen an ihren Traditionen festhalten möchten. Ich glaube das ist ein Thema, das jeder für sich aufarbeiten muss.
Weitere Orte zum Thema Stierkampf und Stierlauf in Pamplona
Es gibt noch zwei weitere Orte, die zur Route der Stiere dazugehören.
Stierlauf-Denkmal
Nicht weit von der Stierkampfarena entfernt steht ein großes Denkmal. Der Künstler Rafael Huerta hat für mich auf eine sehr eindrucksvolle Weise eine Augenblick dargestellt, der Läufer und Stiere während des Stierlauf zeigen.
Große mächtige Tiere mit zum Teil gesenkten Hörnern rasen über die Straße. Einige Menschen laufen hinter oder neben ihnen. Andere sind gestürzt und starren mit weit aufgerissenen Augen auf die wild auf sie zulaufenden Tiere und wieder andere Menschen versuchen vor den Stieren wegzulaufen.
Ich finde der Künstler hat genau das eingefangen, was ich mir unter dem Stierlauf vorstelle. Von wilden Stieren, die eigentlich nur vor den Menschen flüchten und alles aus dem Weg räumen, was sie daran hindern – bis zu Menschen, die in dem Moment, in dem sie auf dem Boden liegen erst realisieren, was ihnen passieren kann. Was für ein Irrsinn!
Café Iruna
Ernest Hemingway ging in diesem Café ein und aus. So ist es nicht verwunderlich, dass hier viele Szenen seines Romans „Fiesta“ spielen. In dem Roman berichtet er auch über den Stierkampf und den Stierlauf, was Pamplona über die Grenzen Spaniens hinaus bekannt machte.
Das Ende der Sanfermines
Am 14.Juli endet das Fest auf dem Platz vor dem Rathaus. Die Menschen versammeln sich mit brennenden Kerzen und singen gemeinsam: „Pobre de mí, pobre de mí, se han acabado las fiestas de San Fermín.“ (Ach ich Armer, ach ich Armer, vorbei ist das Fest von San Fermin).
Besucherinformationen
Adresse
P.º Hemingway, s/n,
31002 Pamplona, Navarra, Spanien
Eintrittspreis Stierkampfarena
Erwachsene: 7,-€
Der Audioguides ist im Preis enthalten.
Öffnungszeiten
Die genauen Öffnungszeiten findet man auf der Webseite der Stierkampfarena.
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