Wer kennt sie nicht, die wunderschönen Bauten des Friedensreich Hundertwassers. Die Grüne Zitadelle Magdeburg ist das letzte Projekt, an dem er vor seinem Tod gearbeitet hat.
Wir haben bereits Hundertwasser Bauwerke in Wien und in der Nähe von Regensburg besucht, gespannt machten wir uns auf den Weg das 2005 fertig gewordene Gebäude in Magdeburg zu entdecken.

Vom Domplatz sind es nur wenige Schritte bis zur Grünen Zitadelle. Diese steht genau an dem Ort, an dem bis 1959 noch die Nikolaikirche gestanden hatte. Einige Jahre war das Gelände eine unschöne Brachfläche mitten in der Stadt, bis dann 1970 ein Plattenbau mit Wohnungen dort errichtet wurde. Besonders schön muss das Gebäude nicht gewesen sein, denn der damalige Vorsitzende der Wohnungsbaugenossenschaft Stadt Magdeburg von 1954 beschloss 1995 einfach einmal bei Hundertwasser nachzufragen, ob er nicht Lust hätte, den Plattenbau in seinem Stil umzugestalten.
Hundertwasser schien Lust darauf zu haben und stimmte dem Projekt zu. Später entschied man, dass ein Neubau größeren Gestaltungsspielraum ermöglichen würde. Bis kurz vor seinem Tod im Jahr 2000 hatte er an dem Projekt gearbeitet. Die Architekten Peter Pelikan (Entwurf) und Heinz M. Springmann (Ausführung) setzten später die Planung um. Im Dezember 2003 wurde Hundertwassers Traum drei Jahre nach seinem Tod Realität und der erste Spatenstich gesetzt. Nach zwei Jahren Bauzeit hatte Magdeburg eine Attraktion mehr in der Stadt.
Warum ist die Grüne Zitadelle Magdeburg rosa und nicht grün?
Der erste Gedanke beim Blick auf die Grüne Zitadelle Magdeburg – sie ist rosa und nicht grün. Warum heißt sie dann nicht Rosa Zitadelle?
Der zweite Teil des Namens „Zitadelle“ ist schnell geklärt. Magdeburg war einst Festungsstadt. Betrachtet man das Gebäude etwas genauer, fallen einem vergleichbare Bauelemente wie Türme, Zinnen und Säulen ins Auge. Diese sind zwar nicht so „steif und statisch aussehend“ wie bei einer Zitadelle, die zum Schutz errichtet wurde. Bei Hundertwasser sind es weiche geschwungene Formen, die sein Markenzeichen sind.
Die Farbe der Zitadelle sollte ursprünglich blau sein (vermutlich in Anlehnung an die Elbe in der Stadt). Da das Nebengebäude aber bereits einen Blauton aufweist, suchte man nach einem auffälligen Kontrast und wählte rosa für die Fassadengestaltung.
Der Bezeichnung „Grün“ bezieht sich auf die zahlreichen Bäume und Sträucher, die nicht nur die grasbewachsene Dachflächen der Zitadelle gestalten. Selbst auf den Balkonen der Wohnungen findet man Bäume, für die der Mieter verantwortlich ist.
Rundgang um das Haus
Man kann die Grüne Zitadelle Magdeburg gut umrunden und auch durch die beiden Innenhöfe gehen.
Im Erdgeschoss und den Innenhöfen befinden sich Restaurants, Geschäfte, die Information zum Gebäude, der Eingang in ein Theater, der Hoteleingang und die Kita „FriedensReich“. Die darüber liegenden Geschoss sind von Wohnungen, Büros und Praxen belegt.
Guckt man sich die Fassade des Gebäudes an fällt auf, dass die Farbe recht verblasst ist. Dieses ist ein bewußt gewähltes Gestaltungselement. Der Prozess der Alterung des Gebäudes soll so dargestellt werden. Das gesamte Gebäude besteht aus harmonisch aufeinander abgestimmten Linien, die ein „weiches“ Bild vermitteln. Es gibt keine harten Linien, so wie es in der Natur auch keine harten Linien und Kanten gibt.
Die Fenstergestaltung der Grünen Zitadelle Magdeburg ist etwas ganz besonderes. Keins der Fenster gleicht dem anderen. Oft sind es unterschiedliche Formen oder Größen, manchmal auch nur kleine Details wie unterschiedliche Fenstergriffe. Die Mieter dürfen an den Fenstern keine Veränderungen vornehmen, haben jedoch das sogenannte Fensterrecht. Dieses erlaubt es ihnen soweit der Arm und der Pinsel reicht, die Fassade um ihr Fenster zu gestalten. Es soll bisher aber nur an einem Fenster durch den Mieter ein Mosaik angebracht worden sein.
Etwas besonderes sind die „Bänder“,die als optische Gestaltung in der Fassade zu erkennen sind. Diese bestehen alle aus wiederverwendetem Material, dass in der näheren Umgebung zusammengesucht worden ist.
Die Säulen, die den gesamten Bau optisch eindrucksvoll prägen sind alle unterschiedlich gestaltet. Ob Form oder Musteranordnung, hier wird man keine zwei gleichen Säulen entdecken.
Geht man durch die Innenhöfe fällt auf, dass hier selbst die Gestaltung des Bodens den Ideen Hundertwassers folgt. Alles ist geschwungen und rund, Ecken und Kanten gibt es nicht. Selbst der Springbrunnen passt sich wunderbar in diese Harmonie ein.
Ein kleiner Tipp: Die Besuchertoilette in einem der Durchgänge zum Innenhof ist auch im Hundertwasserstil gestylt. Ein „Besuch“ lohnt sich.
Geführter Rundgang
Wer an einer geführten Tour teilnimmt, wird zunächst um das Gebäude gehen und viel über Hundertwasser, den Bau und die Außengestaltung erfahren. Ich fand es sehr spannend und es gab so einige Dinge zu sehen, die mir alleine nicht aufgefallen wären.
Im Anschluß geht es dann in und auf die Grüne Zitadelle Magedburg. Während der Führung werden etwa 600 Treppenstufen bewältigt. Ein Fahrstuhl steht nicht zur Verfügung!
Zunächst führt der Weg auf eins der Dächer des Gebäudes. Dort oben stehen zwei der riesigen vergoldeten Kugeln, die man von anderen Orten der Stadt in der Sonne glitzern sieht. Das Dach ist begrünt und bietet einen schönen Blick auf die Stadt.
Nachdem der Weg wieder zurück zum Straßenniveau führt, geht es an einer anderen Stelle im Gebäude wieder Treppen hinauf, mit dem Ziel einen traumhaften Dachgarten zu entdecken. Hier gibt es sogar die Möglichkeit in einem Gartenpavillon zu sitzen. Überall wachsen Bäume und als wir dort waren, war gerade ein Gärtner damit beschäftigt Rasen zu mähen.
Von diesem Bereich des Daches gelangt man in eine Wohnung in der Grünen Zitadelle. Diese Maisonettewohnung wird für Veranstaltungen genutzt und entspricht leider vom Grundriss nicht mehr der ursprünglichen Planung. Trotzdem gibt es noch einige Details zu entdecken, die die Bauten von Hundertwasser so einmalig macht.
Adresse:
Breiter Weg 8/10
39104 Magdeburg
Führungen:
November – März:
Montag-Freitag: 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr
Samstag, Sonntag: 11 Uhr, 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr
April – Oktober:
Montag-Freitag: 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr
Samstag, Sonntag: 11 Uhr, 12 Uhr, 13 Uhr, 14 Uhr, 15 Uhr, 16 Uhr, 17 Uhr
Preise:
Hausführung mit Turm
Erwachsene: 10,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
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