Vor dem Magdeburger Rathaus liegt der Alte Markt. Ein Rundgang über den Platz führt vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten und an kleinen Entdeckungen, die leicht zu übersehen sind.
Der Alte Markt war um 965 der Mittelpunkt einer Kaufmannssiedlung. Die Form des Platzes wurde im 12. Jahrhundert für zahlreiche Marktplätze in Städten, die nach Magdeburger Recht gegründet wurden, als Vorbild genutzt. Bis heute ist die ursprüngliche Form erhalten geblieben.
Bei einem Rundgang auf und um den Marktplatz gibt es jede Menge zu entdecken.
Eulenspiegelbrunnen
Zuerst kamen wir am 1970 errichteten Eulenspiegelbrunnen vorbei. Dieser steht am Alten Markt, weil der Sage nach Till Eulenspiegel bei seinem Besuch in Magdeburg hier seinen Schabernack mit den Bürgern der Stadt trieb.
Es gibt noch weitere Hinweise auf den Narren, die man in unserem Beitrag „Till Eulenspiegel in Magdeburg“ nachlesen kann.
Magdeburger Rathaus
Direkt am Alten Markt steht das Alte Rathaus der Stadt. Da mit zunehmender Bevölkerungsanzahl und steigenden Verwaltungsaufgaben der Platz irgendwann nicht mehr ausreichte, hat man nicht weit entfernt ein Neues Rathaus errichtet.
Um 1244 bauten die Bürger von Magdeburg eine Lager- und Kaufhalle der Kürschnerinnung am Marktplatz in ein Rathaus um und setzte so ein Zeichen der Selbstverwaltung. Der Ratskeller des Rathauses ist heute der einzige noch original erhalten gebliebene Gebäudebereich und wird jetzt als Restaurant genutzt.
Schon 1293 brannte das Rathaus ab und schnell bauten die Bürger von Magdeburg es nahezu prunkvoll wieder auf. Es gab einen großen Fest- und Versammlungssaal, mehrere Türme sowie Arkaden im Süden und Norden.
Im Dreißigjährigen Krieg brannte das Rathaus erneut ab. Leider zerstörten die Flammen auch das Stadtarchiv. Etwa Mitte des 17. Jahrhunderts begann die Stadt das Rathaus langsam wieder aufzubauen. Im Zweiten Weltkrieg zerstörten Luftangriffe das Rathaus erneut. Ab 1950 baute man es in seiner historischen Form wieder auf.
Besonders schön finde ich die bronzene Rathaustür.
Die vom Bildhauer Heinrich Apel gestaltete Tür zeigt Szenen aus der Geschichte Magdeburgs. Es beginnt in der Zeit der Ottonen und endet in der Zeit der DDR. Ganz oben links sieht man Otto I. mit seiner Frau Editha.
Es gibt eine Darstellung von Till Eulenspiegel, die seinen Streich zeigt, den er den Magdeburger Bürgern gespielt haben soll. Man findet Doktor Eisenbart, Otto von Guerike, den Komponisten Telemann und den Flugpionier Hans Grade – alles Personen, die das Leben in Magdeburg mit bestimmt und bereichert haben.
Guckt man über die Tür, fallen die großen Jahreszahlen sofort ins Auge. 1698 und 1969 steht dort geschrieben (1698 war der Wiederaufbau des Rathauses beendet). Vor nicht so langer Zeit stand dort noch etwas ganz anderes – nämlich 1689 und nicht 1698. Als das Rathaus nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden war, muss der Zahlendreher unabsichtlich passiert sein. 2005 zur 1200-jährigen Ersterwähnung hat man den Fehler bemerkt und die Zahlenanordnung korrigiert. Bis heute kann man im unteren Kreis der 8 das alte Bohrloch sehen.
Steht man vor der wunderschönen Tür des Rathauses befindet sich links daneben der modernere Eingang. Hier hängt eine schwarze Tafel mit einer deutlich sichtbaren Längenangabe – die preussische halbe Ruthe, ein Längenmaß von 1816. Unter dieser Inschrift ist ein Balken von 1,883 Metern Länge zu erkennen, der dieses Maß verdeutlicht.
Diese Maßeinheit galt ab 1816 in ganz Preußen und damit an Markttagen oder anderen Verkäufen kein Streit aufkam, hängte man das Maß gut sichtbar für alle am Rathaus auf.
Etwas besonderes ist auch das Carillon im Turm des Alten Rathauses. Seit 1974 hängen 47 unterschiedlich große Bronzeglocken dort, die täglich von 10-18 Uhr eine Melodie spielen. Einmal in der Woche kommt ein Carilloneur (freitags um 10 Uhr) und spielt live.
Geht man zur Westseite des Gebäudes, wird man eine der kleinen Entdeckungen am Alten Markt machen. Hoch oben am Gebäude entdeckt man eine kleine Eisenhalterung. Diese Rosette ist heute funktionslos und erinnert an die Geschichte der Magdeburger Straßenbahn. An dieser Rosette war einst eine Oberleitung der Straßenbahn befestigt. Und da keiner gerne nur einen Haken in der Wand seines Hauses hatte, hat man eine Jugendstilrosette darum gelegt.
Magdeburger Reiter
Direkt vor dem Rathaus auf dem Alten Markt steht der Magdeburger Reiter. Dieses Standbild stellt ein lebensgroßes Reiterstandbild mit zwei daneben stehenden Jungfrauen dar.
Der Reiter sitzt aufrecht auf seinem Pferd, die rechte Hand zu einer Geste erhoben. Er trägt prunkvolle Kleidung und eine Krone. Die beiden daneben stehenden Frauen sind kleiner als der Reiter dargestellt.
Zu der Zeit, als das Standbild erschaffen wurde (1240), war es üblich, dem Herrschenden Jungfrauen an die Seite zu stellen.
Seit 1651 steht die Figur unter einer barocke Ausformung eines Baldachins in dem Denkmalgehäuse.
Das gesamt Standbild ist aus Sandstein gefertigt. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie detailreich mit diesem Material gearbeitet werden kann. Betrachtet man den Reiter, kann man sogar die einzelnen Locken seiner Haare genau erkennen.
Man ist sich bis heute nicht sicher, wer der Reiter ist. Man vermutet eine Darstellung Otto I..
Auf dem Alten Markt steht heute eine Kopie des Magdeburger Reiters. Diese ist, wie die Türen des Magdeburger Rathauses, von Heinrich Apel geschaffen worden. Im Jahr 2000 vergoldete man Teile der Figuren. Das Original befindet sich im Kulturhistorischen Museum Magdeburg.
Magdeburger Roland
Vor dem Rathaus befindet sich eine weitere sehr interessante Statue, der Magdeburger Roland.
Rolandsfiguren stammt aus dem Mittelalter und symbolisierten die städtischen Freiheiten und die Unabhängigkeit der Stadt. Schon 1419 muss es eine Roland Figur in Magdeburg gegeben haben. Es gibt schriftliche Erwähnungen, in denen von einer Aufstellung eines neuen Rolands berichtet wird. Diese Figur zerstörte man im Dreißigjährigen Krieg. An dem Standort befindet sich heute eine Platte im Boden mit der Aufschrift Roland 1727.
Fast 2 Jahrhunderte hatte Magdeburg keine Rolandsfigur. Erst im Ersten Weltkrieg schuf Rudolf Bosselt eine hölzerne Figur, den Nagelroland. Hier sollten Nägel Spenden symbolisieren, die für Familien von gefallenen Soldaten gedacht waren. Man entschied, die Figur lieber zu erhalten und verzichtete auf das Einschlagen der Nägel. Nachdem die Figur einige Jahre im Museum gestanden hatte, stellte man sie 1933 wieder vor dem Rathaus auf. In den Nachkriegszeiten wurde der Roland anscheinend zu Brennholz verarbeitet, er war auf einmal verschwunden.
Nach der politischen Wende gab es Bestrebungen einen neuen Roland aufzustellen. Die Bildhauerin Martina Seffers schuf den heutigen Roland nach einer alten Abbildung – mit einer kleinen Änderung- auf der Rückseite befindet sich ein kleine Figur von Till Eulenspiegel. Seit 2005 steht der Magdeburger Roland nun wieder vor dem Rathaus.
Hirschsäule
Südwestlich des Rathauses steht eine Säule, wie ich sie in Magdeburg nicht vermutet hätte. Sie ist das dritte Standbild auf dem Alten Markt und auch auf alten Zeichnungen erkennt man, dass es diese Säule schon länger in der Stadt gibt.
In alten Beschreibungen findet man, dass auf einer runden Säule ein Hirsch mit einem goldenen Halsband steht. Warum ein Hirsch fragt man sich. Die Bedeutung ist bis heute nicht ganz geklärt. Aber wie immer in so einem Fall gibt es zahlreiche Sagen, die eine Begründung liefern könnten.
Eine der Sagen berichtet, das Kaiser Karl der Große einst so einen Hirschen gefangen haben soll. Eine andere Sage erzählt sogar, dass Karl dem Hirschen das Halsband umgelegt hat und ihn ihn die Freiheit zurück lies. Auf dem Halsband soll gestanden haben „Lieber Jäger, laß mich leben, ich will dir mein Halsband geben.“ Ja und angeblich soll 400 Jahre später Kaiser Friedrich Barbarossa den Hirschen wieder gesehen haben.
Es gibt andere Vermutungen, die davon ausgehen, dass der Hirsch ein Rechtssymbol der Stadt darstellte oder ein Symbol für die Verheißung des himmlischen Paradieses und des christlichen Glaubens.
Seit 2011 steht die Hirschsäule wieder an historischer Stelle.
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