„Wasserstraßenkreuzung Magdeburg – was soll daran besonderes sein? Da kreuzen sich halt zwei Flüsse oder Kanäle. “ So mein erster Gedanke, als wir uns auf der Rückfahrt von Magdeburg nach Berlin dazu entschlossen hatten, dort kurz anzuhalten.
Jetzt weiß ich es besser. Die Wasserstraßenkreuzung Magdeburg ist etwas besonderes: ein beeindruckendes Bauwerk, eine beeindruckende architektonische und technische Leistung!
Schleuse und Schiffshebewerk Rothensee
Wir starten mit unserem „kurzen“ Ausflug zur Wasserstraßenkreuzung Magdeburg am Parkplatz zur Schleuse in der Nähe der Schleuse und des Schiffshebewerks Rothensee (Wer den genauen Streckenverlauf sehen möchte, findet am Ende des Textes eine Karte mit einer Wegbeschreibung.). Vom Parkplatz aus sind es nur wenige Meter zu Fuß, bis man zu einer Treppe gelangt, die auf eine Aussichtsplattform führt.
Schleuse Rothensee
Die Schleuse liegt am Rothenseer Verbindungskanal, der den Mittellandkanal mit der Elbe verbindet. Sie ersetzt das direkt daneben liegende Schiffshebewerk, dass technisch gesehen heute nicht mehr den benötigten Anforderungen entspricht.
Von der Besucherplattform hat man einen tollen Überblick über die Schleusenanlage und wir hatten das Glück, sogar einen Schleusenvorgang verfolgen zu können.
Die Schleusenkammer war bereits geöffnet und vom Mittellandkanal kommend fuhr ein Schiff in die 190 Meter lange und 12,50 Meter breite Kammer ein. Nachdem das Schiff locker festgemacht hatte – die Schleusung ging „hinunter“ und das Tau musste so im Verlauf des Vorgangs immer mehr verlängert werden – schloss sich das Tor.
Nun passierte etwas, was ich bisher noch bei keinem Schleusungsvorgang gesehen hatte. Die Rothensee Schleuse ist als sogenannte Sparschleuse erbaut worden. Das bedeutet, dass man den Wasserverbrauch möglichst gering halten wollte. Östlich der Schleusenkammer kann man von der Aussichtsplattform drei Reihen mit Auffangbecken entdecken. Diese waren zum Beginn des Schleusenvorganges noch leer und begannen sich nun nach und nach in einer rasanten Geschwindigkeit mit Wasser zu füllen.
Läuft der Vorgang in die andere Richtung, also wird das Schiff gehoben und nicht wie bei unserem Besuch abgesenkt, wird das Wasser aus diesen Kammern in den Schleusentrog gepumpt. So spart man etwa 60% des benötigten Wassers pro Schleusenvorgang ein. Nur 40% des Bedarfs fließen aus dem Mittellandkanal ab, es wird zurückgepumpt und so ersetzt. Das ist notwendig, da der Mittellandkanal über weite Strecken keinen natürlichen Zufluss hat und sonst zu viel Wasser verlieren würde.
Ich fand den Schleusenvorgang, besonders durch das Beobachten der Auffangbecken in Kombination mit dem sinkenden Wasserstand im Schleusentrog, sehr spannend zu beobachten. Als das Schiff dann seinen Weg fortsetzte, machten auch wir uns auf den Weg und gingen weiter an der Straße in Richtung Schiffshebewerk entlang.
Schiffshebewerk Rothensee
Eigentlich ist das Schiffshebewerk heute für den Verkehr auf der Wasserstraße überflüssig geworden. Es ist zu klein und viel zu langsam. Aber es ist heute ein technisches Denkmal und wird so, wenn auch im verringerten Umfang, weiter genutzt. Gerade die Sportboot und kleinen Boote nutzen das Schiffshebewerk noch. Die Sparschleuse können sie aufgrund der dortigen Wasserströmungen nicht nutzen, es wäre zu gefährlich.
Baubeginn für das Schiffshebewerk war in den 1930er Jahren. Über viele Jahre führte der gesamte Schiffsverkehr aus Westeuropa nach West Berlin über diese Anlage. Bei normalen Wasserständen gleicht das Hebewerk 16 Meter Höhenunterschied aus. Jeder Hubvorgang dauert etwa 3 Minuten, rechnet man dann noch die Zeit dazu, die für das Rein- und Rausfahren und das Öffnen und Schließen der Tore benötigt wird, braucht ein Schiff über 20 Minuten, bis es das Hebewerk passiert hat. Etwa 70 Hubvorgänge pro Tag sind möglich. Die zulässige Schiffsgröße ist dabei auf 1000 Tonnen begrenzt und, da der Trog nur 85 Meter lang und 12,2 Meter breit ist, besteht heute nicht für alle Schiffe die Möglichkeit, den Weg über das Schiffshebewerk zu wählen..
Bei unserem Besuch konnten wir leider keinen Hubvorgang beobachten, es wartete nicht einmal ein Schiff in der Nähe.
Direkt hinter der Anlage führt ein Weg zum Abstiegskanal Rothensee hinauf. Wer diesem Weg folgt, kommt zu Fuß am Mittellandkanal bis zur Trogbrücke der Wasserstraßenkreuzung Magdeburg.
Wasserstraßenkreuzung Magdeburg
Laut Definition ist eine Wasserstraßenkreuzung eine Kreuzung von mindestens zwei Wasserstraßen, die beschiffbar sind. Soweit klar, kommen also zwei höhengleiche Wasserstraßen aufeinander zu, können sie sich ohne Probleme kreuzen. Ein Problem wird es erst, wenn die Wasserstraßen nicht höhengleich sind. Dann benötigt man eine technische Lösung, um die Kreuzung zu realisieren.
In Magdeburg ist dieses Lösung eine gigantische Trogbrücke und, um von einer Wasserstraße zur anderen zu wechseln, das Schiffshebewerk oder die Schleuse. Diese Bauwerke ermöglichen die Überquerung des Mittellandkanals über die Elbe.
Planungsgeschichte
Schon Anfang des 20.Jahrhunderts traten die ersten Überlegungen auf, eine Wasserstraßenkreuzung zu bauen. 1905 begann man mit dem Bau des Mittellandkanals und 1938 war das Schiffshebewerk Rothensee fertig gestellt. Man hatte sogar damit begonnen, die ersten Bögen der Kanalbrücke zu bauen, als der Zweiten Weltkrieg die Bautätigkeit zum Erliegen brachte.
Nach dem Krieg war das Projekt für die DDR Regierung nicht interessant. Um eine Ost-West-Verbindung zu schaffen, hätte es viel Material und Arbeitskraft gekostet. Da diese Verbindung nicht als notwendig betrachtet wurde, standen über 60 Jahre unfertige Bauelemente am Flussufer.
Nach der Wiedervereinigung wollte man die Schifffahrt beider deutscher Länder möglichst schnell zusammenführen. Dazu plante man den Ausbau der Wasserstraße von Hannover über Magdeburg nach Berlin.
Seit 2001 ersetzt die Schleuse Rothensee das veraltete Schiffshebewerk und 2003 war die Kanalbrücke Magdeburg des Mittellandkanals über die Elbe fertig gestellt
Spaziergang entlang des Mittellandkanals über die Elbe
Nachdem wir kurz hinter dem Schiffshebewerk Rothensee über eine Treppe die Ausfahrt der Hebewerks erreicht hatten, ging es für uns zu Fuß direkt am Wasser entlang in Richtung Trogbrücke. Der Weg ist befestigt und kann auch gut mit dem Fahrrad befahren werden.
Anfangs gab es kaum Schiffe auf dem Mittellandkanal, das änderte sich jedoch schnell. Große Schubverbände schoben sich an uns vorbei und ehe es wir so richtig merkten, standen wir am Beginn der riesigen Trogbrücke.
Auch hier kann man weiter neben dem Kanal laufen und zu Fuß die Elbe überqueren. Der Gedanke, dass nicht nur wir, sondern auch das tonnenschwere Wasser und die nicht viel leichteren Schiff sich gerade auf einer Brücke befanden, war schon merkwürdig. Da kann man nur hoffen, dass die Statiker richtig gerechnet und die Handwerker gut gearbeitet haben. Es ist schon beeindruckend, was man so alles bauen kann. Die Brücke sieht fast wie eine riesige Badewanne aus und manchmal kann man sogar leichte Schwingungen fühlen, wenn ein Schiff an einem vorbei fährt.
Der Ausblick von der Brücke auf die Elbe ist von der Brücke sehenswert. Am Ende der Kanalbrücke angekommen, fing es an zu regnen und wir suchten Schutz unter der Brücke. Eine gute Idee, nicht nur das wir trocken blieben, der Blick zwischen den Pfeilern hindurch hätte ich nicht gerne verpasst.
Wenig später konnten wir uns wieder auf den Rückweg machen. Wer möchte, kann dann auf der anderen Seite der Brücke laufen, muss aber nach der Brücke erneut die Seite wechseln, um wieder zum Schiffshebewerk zu gelangen.
Ein wirklich schöner und abwechslungsreicher Spaziergang!
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