Die Plauener Spitze ist weltweit bekannt. In Plauen kann man in der Schaustickerei Plauener Spitze alles rund um die Herstellung kennenlernen und zugucken, wie die Spitze gefertigt wurde.
Die Industrialisierung machte sich ab 1790 zunehmend in den vogtländischen Handwebereien bemerkbar. Konkurenzunternehmen konnten billiger produzieren und so suchte man nach Alternativen. Eine Möglichkeit war, die Stoffe zu veredeln und so entschloss man sich, Stickaufträge an die Landbevölkerung zu vergeben. Besonders die Weißstickerei war stark nachgefragt.
1855 waren im Vogtland etwa 10% der Bevölkerung im Stickereigewerbe tätig. Oft handelte es sich dabei um Frauen, die Heimarbeiten ausführten.
Beginn der industriellen Stickerei
In Schweiz gab es bereits Maschine, die Stickereien ausführten und 1857 holte die Firma Schnorr & Steinhäuser zwei Handstickmaschinen nach Plauen. Damit setzten sie ein Zeichen, dem andere Firmen schnell folgten.
1871 kam es nach der Reichsgründung zu einem nun wesentlich leichteren Handel in ganz Deutschland. Die vogtländische Stickerei profitierte davon auch. Zusätzlich kamen Kleinstick- und Nähmaschinen auf den Markt, die die Weißwaren-Konfektion ankurbelte. Es wurde möglich, billiger für die breite Masse zu produzieren und das Einsetzen des Versandhandels (ab 1876) förderte das Kaufinteresse.
Ab 1880 beginnt der Siegeszug der Plauener Spitze und Stickerei. Der Firma F.A. Mammen gelang es zu dieser Zeit zum ersten Mal, Tüll maschinell zu besticken. Die Tüllspitze (orientalische Spitze) war ein Verkaufsschlager. Der Begriff „Plauener Spitze“ kam etwa 1906 auf.
Wenige Jahre später entwickelte sich ein neues Verfahren, die gestickte Luft- oder Ätzspitze, die wesentlich günstiger als die handgefertigte Nadel-oder Klöppelspitze war. Der internationale Markt wurde schnell darauf aufmerksam und so begann ein weltweiter Einzug in die Welt der Mode.
Bis zum Ersten Weltkrieg konnte man sogar die Kapazitäten noch ausbauen. Im Vogtland standen zu dieser Zeit etwa 16.000 Großstickmaschinen.
Nach 1945 enteignete man die Fabrikbesitzer und schloss die einzelnen Unternehmen 1953 zum VEB Plauener Spitze zusammen. Die Erzeugnisse waren vorwiegend für den Export bestimmt.
Nach der politischen und wirtschaftlichen Wende erfolgte eine Umstrukturierung mit der Ausgliederung einzelner Bereiche. Das hatte zur Folge, dass die Plauener Spitze GmbH 1993 ihren Betrieb einstellt. Heute hat der Branchenverband Plauener Spitze und Stickereien e.V. die Markenrechte an der „Plauener Spitze“ und „Plauener Stickerei“. Eins der Ziele, die Pflege des historischen Erbes und das zeigt man in der Schaustickerei Plauener Spitze eindrucksvoll.
Stickerei Plauener Spitze
Albert Schiller erwarb 1902 das Wohnhaus auf dem ehemaligen Rittergut Reusa mit dem Ziel, direkt daneben eine Maschinenstickerei zu errichten. Das Hofgebäude ist einstöckig und teilte sich in zwei Arbeitssäle auf. Links vom Eingang standen 6 Schiffchstickmaschinen und recht vom Eingang 4 Schiffchenstickmaschinen. Hinter jedem Fenster war eine dieser 4,5 Meter langen Maschinen angeordnet.
Die Inbetriebnahme erwies sich viel schwieriger als vermutet. Der benötigte Stromanschluß konnte nicht realisiert und eine teure Lösung musste eingebaut werden. Als der Betrieb dann doch anlief, stellte sich schnell heraus, dass behördliche Auflagen nicht erfüllt werden konnten und die Produktionsabläufe sehr störungsanfällig waren. Schon 1904 war Schiller zahlungsunfähig und musste aufgeben.
Der neue Besitzer Schüler ersetzte die störungsanfälligen Maschinen und der Betrieb konnte weiter arbeiten. Ab 1920 begann er die ersten größeren Automaten-Maschinen aufzustellen, die aufgrund der Größe nun längs im Gebäude Platz fanden. Heute geht man bei der Besichtigung durch das Gebäude, wie es etwa um 1924 ausgesehen hat. Der Maschinenbestand hat sich kaum verändert.
Museumsrundgang in der Schaustickerei Plauener Spitze
Der Rundgang beginnt im ehemaligen Büro des Chefs mit einem Blick auf seinen Schreibtisch. Dieser Raum soll noch nahezu im originalen Zustand erhalten sein.
Anschließend zeigte man uns die Ausstellung in der historischen Maschinenstickerei. Der Arbeitsprozess wurde dabei nicht nur sehr ausführlich erklärt, sondern auch praktisch vorgeführt.
Ich fand es schon sehr beeindruckend, wenn eine so alte Maschine mit viel Krach angestellt wird und dann ein Arbeitsablauf demonstriert wird, der am Ende ein so filigranes Produkt entstehen lässt.
Besonders beeindruckt hat mich das Verfahren, bei dem ein Muster auf einer Schablone im richtigen Takt zum Rhythmus der Maschine per Hand übertragen wird und die Maschine das dann auch genauso produziert.
In alten Musterbüchern findet man die komplette Sammlung aller Designs, die in dieser Fabrik produziert wurden. Ein kurzer Blick in eins der Bücher zeigt eindrucksvoll, wie sich der Geschmack der Kunden verändert hat. Früher zeigte man dem Kunden so ein Buch und fand er zum Beispiel einen Spitzenkragen in einem Muster, dass gefiel, konnte man genau diese herstellen.
Bei dem Rundgang zwischen den Maschinen werden auch einzelne Abläufe des Produktionsablaufes deutlich. So gibt es zum Beispiel Lochkartenmaschinen, die es ermöglichten ein Muster nach dem Entwurf in eine Lochkarte umzusetzen und diese dann auch für mehrere Maschinen zu kopieren.
Neben den Großmaschinen gibt es während der Führung viele Kleinstickmaschinen zu sehen. Auch hier gibt es in der Schaustickerei Plauener Spitze ganz unterschiedliche Maschinen, von der alten umgebauten Nähmaschine bis zur speziell hergestellten Stickmaschine mit Motor- und Kniebetrieb, mit der zum Beispiel Monogramme gestickt werden.
Heute nutzt man die liebevoll instand gehaltenen Maschinen nicht nur für Demonstrationszwecke, sondern es wird, wie vor über 100 Jahren, damit produziert. Die an diesen großen und kleinen Maschinen gefertigten Stücke sind in Kleinserie oder als Einzelanfertigung entstanden und man kann die Erzeugnisse auch im Museumsshop kaufen. Alle Produkte tragen das Qualitätssiegel „Plauener Spitze“
Adresse:
Obstgartenweg 1,
08529 Plauen
Webseite
Öffnungszeiten
Montag -Samstag 10.00-17.00 Uhr
Vorführungen: 11.00, 13.00, 15.00, 16.00 Uhr
Sonn- und Feiertage auf Anfrage
Ein Teil der Ausstellung kann man auch ohne Führung besuchen.
Preise
Erwachsene: 5,00 €
Kinder: 3,00 €
Fotografieren: 1,50 €
Der Besuch in der Schaustickerei Plauener Spitze war ein Programmpunkt einer Recherchereise nach Plauen. Der Beitrag ist unabhängig vom Besuch entstanden.
Schreibe einen Kommentar