Unterhalb des Plauener Malzhauses und der St.Johanniskirche verläuft der Mühlgraben. Hier steht eine Häuserzeile, die über 500 Jahre alt und heute als Weberhäuser bekannt ist.
Eigentlich hätten diese Häuser eher den Namen Färberhäuser verdient, denn Webstühle haben dort nie gestanden. Dazu sind die Häuser viel zu klein. Hier, vor den Stadtmauern Plauens, waren die unreinen Gewerke angesiedelt, also Färber, Gerber und Bleicher.
Im Mühlgraben, der von der Elster abgeleitet worden ist, standen zu dieser Zeit drei Mühlen, die mit Hilfe der Wasserenergie betrieben worden sind. Die kleinen Häusern am Rande des Grabens nutze man als Farbhäuschen für die Tuchmacher. Die Plauener Färber waren in der Lage, die etwa 40 Meter langen Stoffbahnen schwarz und blau einzufärben. Diese Stoffe benötigte man vor allem für Uniformen. Nachdem die Tuche gefärbt waren, nagelte man diese zum Trocknen auf Rahmen und stellte sie an den sonnenbeschienen Hänge auf.
Die kleine Häuserreihe ist nahezu vollständig erhalten geblieben. Hier steht zum Beispiel ein Haus, dass im Mittelalter erbaut worden ist. Ein anderes Haus stamm aus der Zeit um 1750. Viele Jahre waren die Häuser ungenutzt und verfielen langsam.
Rundgang durch die Weberhäuser
1999 kam es zur Übernahme der Häuser in der Bleichstraße 11-17 durch die private Initiative Unikat e.V.. Mit viel Engagement rettete man die Häuser vor dem Verfall und sanierte sie denkmalgerecht. Seit dieser Zeit baut der Verein das Angebot vor Ort immer weiter aus. In den kleinen Häusern sind Werkstätten entstanden. Hier finden Kursangebote statt, die sich vor allem an Kinder und Jugendliche richten.
Ein bißchen kam es uns bei unserem Besuch so vor, als würden wir in eine andere Welt eintauchen. Die kleinen krumm und schief wirkenden Häuser wirken von außen wie ein verwunschener Ort. Überall entdeckt man liebevoll gestaltete Details, die darauf aufmerksam machen, dass hier die Kunst zu Hause ist.
Tritt man durch die Häuser hindurch, gelangt man zum Mühlgraben, der bei unserem Besuch gerade recht wenig Wasser führte. Hier, im ruhigen Garten, scheint die Zeit still zu sehen. Überall entdeckt man kleine und größere Kunstwerke. Man kann im Schatten der Bäume sitzen und, so habe ich es empfunden, ein Stück zurück zu sich selber und der Natur finden. Ein herrliches Fleckchen Erde in Plauen.
Werkstätten und Museum
Bei einem kleinen Rundgang durch die Weberhäuser konnten wir einen Blick in die verschiedenen Werkstätten werfen. Über enge Treppen und schmale Türen gelangt man in Räume, die mit ihren krummen Wänden und niedrigen Decken meiner Vorstellung von einem Hexenhaus sehr nahe kommen. Jeder Raum ist ein Unikat und es kommt mir so vor, als würden sie aus allen Nähten platzen, so viel Material für kreative Workshops findet man hier. Kindergruppen können in 5 Werkstätten zum Beispiel mit Holz arbeiten, Filzen, Keramiken herstellen, Kerzen ziehen oder das Nähen erlernen. Dabei wird Wert darauf gelegt, dass auch alte Techniken vermittelt werden. Besonders die Arbeit mit Kindern steht im Vordergrund, es besteht aber auch für Erwachsene die Möglichkeit an Kursen teilzunehmen.
In einem der Häuser ist ein kleines Museum entstanden. Hier sind einige Räume so gestaltet, wie die Menschen vor über 100 Jahren lebten. Ob Wohnraum oder eine Holzpantoffelwerkstatt, in den winzigen Räumen des Hauses erlebt man eine kleine Zeitreise.
Wer möchte, kann in einen der kleinen Räume im Töpferhaus die unterschiedlichsten handwerklich gestalteten Produkte von regionalen Künstlern und Künstlerinnen kaufen. Auch im Filzhaus und im Handwerkerhof gibt es die Möglichkeit Geschenke einzukaufen. Wir konnten nicht an dem vielfältigen Angebot vorbei gehen und haben gleich ein Geburtstagsgeschenk gekauft.
Tritt man aus den Häusern, kann man auf der anderen Seite des Weges einen großen Garten besuchen. Dieser wird zum Beispiel für Veranstaltungen genutzt. In ehemaligen Schuppen ist eine „Bibliothek“ entstanden. Ähnlich wie in Bücherboxen / Buchtelefonzellen kann man hier gebrauchte Bücher abgeben und sich nach neuen Büchern umsehen. Die Regale sind gut gefüllt und man freut sich sehr darüber, wenn ein Buch ein neues Zuhause findet. Den gemütliche Raum kann aber auch sehr gut für kleine Veranstaltungen, wie zum Beispiel Buchlesungen, nutzen. Die Bibliothek ist während der Öffnungszeiten der Weberhäuser auch geöffnet.
Ein Handwerkerhof entsteht
Nur wenige Meter entfernt stand einst die Hempelsche Fabrik, heute gibt es nur noch einige wenige Gebäude, die erhalten sind. In den Gebäuden der ehemaligen Stallung entsteht ein neuer Bereich, der Handwerkerhof, mit vielen neuen Angeboten. Einige Bereiche sind schon fertig gestellt, andere Bereiche sind noch in der Planungsphase.
Im dem Bereich, in dem früher die Pferde standen, sind zum Beispiel neue Werkstätten entstanden. Hier kann man gemeinsam in einer wunderschönen Küche Brot backen. Oder man besucht eine kleine Druckerei, in der man zum Beispiel Grußgarten selber gestalten und drucken kann.
In der angrenzenden Remise befindet sich nun eine Drechselwerkstatt und aus dem ehemalige Heuboden ist ein großer Festsaal entstanden.
Bei einem Rundgang durch das oberen Stockwerk entdecken wir auch ein historisches Klassenzimmer. Schüler erhalten hier einen Einblick in das Schulleben vergangener Tage.
Die Unikat e.V. organisiert regelmäßig auf dem gesamten Gelände Veranstaltungen. Weihnachten findet zum Beispiel an einem Wochenende ein Weihnachtsmarkt statt, man feiert gemeinsam Ostern und Walpurgisnacht. In den Schulferien gibt es spezielle Angebote für Schulkinder und es besteht auch die Möglichkeit, einen kreativen Kindergeburtstag in den Werkstätten zu feiern. Wer lieber an einer historischen Führung teilnehmen möchte, kann diese für kleinere Gruppe buchen.
Uns hat das tolle Angebot der Weberhäuser und des Handwerkerhofes in Plauen sehr gefallen. Nicht nur, dass es gelungen ist, die historischen Gebäude zu erhalten, auch die Idee, hier einen kreativen Ort zu schaffen an dem man sich wohl fühlt, hat uns beeindruckt.
Adresse:
Bleichstraße 9-15
08527 Plauen
Öffnungszeiten:
Montag – Freitag: 9-15 Uhr
Samstag: nach Absprache (email: info@weberhaeuser.de)
Der Besuch der Weberhäuser war ein Programmpunkt einer Recherchereise nach Plauen. Der Beitrag ist unabhängig zum Besuch entstanden.
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