Ich liebe es, den Untergrund von Städten zu entdecken. Nichts ist so vielfältig und so geschichtsträchtig, wie eine Tour durch den Untergrund. Der Untergrund von Belgrad ist noch nicht lange öffentlich zugänglich, umso mehr freute es mich, dass wir in Kooperation mit Belgrad Tourismus an einer Tour teilnehmen konnten.
Unser Guide Milan erwartete uns schon, als wir satt von unserem Mittagessen im Kalemegdan Park aufstanden. Mit ihm zusammen sollten wir nun die einige Orte entdecken, die für Untergrundführungen freigegeben sind.
Er führte uns in die Festungsanlage von Belgrad. Hier sollte unsere Tour beginnen und etwa 2-3 Stunden dauern.
Roman Well oder Big Well
Der “große Brunnen” entstand in der Zeit des baroken Wiederaufbaus der Österreicher in der Stadt. Sie errichteten 1717 bis 1731 einen Brunnen, um die Festungsanlage in Notzeiten mit Wasser versorgen zu können. Die Grabungen erwiesen sich allerdings zu dieser Zeit als hoffnungslos, man stieß nicht auf Wasser. Kurzerhand änderte man den Zweck und nutzte den Brunnen als Verlies.
Der Name “Römischer Brunnen /Roman Well” fand man erst im 19.Jahrhundert in schriftlichen Aufzeichnungen. Untersuchungen haben ergeben, dass der Brunnen nie mit dem natürlichen Quellwasser gespeist wurde. Es ist nur Oberflächenwasser in ihn geleitet worden.Er war also lediglich ein Tank, aus dem die Menschen das benötigte Wasser pumpten.
Ein wenig erinnerte mich der Brunnen an den Besuch des Brunnen in der Quinta da Regaleira in Portugal. Auch hier führt ein spiralförmig angelegter Gang nach unten. Leider ist es nicht mehr möglich in den Brunnen hinab zu steigen. Es müssen erst bauliche Maßnahmen für die Sicherheit der Besucher sorgen. Aber einen Blick hinunter vom Brunnenrand ist aber möglich. Es ist so dunkel in dem Brunnen, ich konnte das Ende nicht entdecken!
Luftschutzbunker
Mitten in der Festungsanlage befinden sich zwei kleinere Hügel. Hier entdeckte man zwei Luftschutzbunker. Einer von Ihnen ist für die Führung soweit hergerichtet, dass man ihn besichtigen kann.
Die Bunkeranlagen stammen aus der Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Bisher hat man nicht herausgefunden, wann genau und warum diese Anlage errichtet wurde. Man hat nur an einer Wand das Datum Oktober 1953 entdeckt. Ob diese Anlage jemals genutzt wurde, ist auch nicht genau bekannt.
Nachdem eine große Gruppe vor uns die Anlage verlassen hatte – es darf nämlich immer nur eine Gruppe in der Anlage sein – ging es einige Stufen hinab in den Untergrund von Belgrad.
Ehrlich gesagt war ich in diesem Augenblick sehr froh, dass wir mit dem Guide nur zu dritt hier unten unterwegs waren. Es ist eng und bedrückend in dem langen Gang, der uns zunächst in einen kleinen Aufenthaltsraum bringt. Hier befinden sich 4 hochklappbare Pritschen, die Sauerstoffzufuhr und mehr Platz ist auch nicht. Selbst zu dritt war es unerträglich eng, man konnte sich kaum umdrehen, ohne sich zu stoßen.
Eine Treppe höher stehen wir an dem Ort, an dem die Luftabwehrgeschütze gestanden haben. In dem kuppelförmigen Bau gibt es heute zwar etwas mehr Platz, aber wenn hier jemals das Geschütz gestanden und gearbeitet hat, muss es eng, stickig und unerträglich laut gewesen sein.
Ein bedrückender Ort und ich bin froh, als wir nach einer Weile wieder an das Tageslicht zurück kehren.
Pulvermagazin
Der dritte Anlaufpunkt der Tour im Untergrund von Belgrad war ein altes Pulvermagazin, erbaut 1718 -1720 in der österreichischen Wiederaufbauphase der Festung.
Wir betreten einen Gang, der zu 2 Kammern führt. Mitte des 18. Jahrhunderts war das Pulvermagazin zusätzlich von einer starken Schutzmauer umgeben. Zu besichtigen ist eine großer Raum, der einer Lagerhalle ähnelt. Die Wände sind extrem dick, klar denn wäre die hier gelagerte Munition explodiert, sollte die Umgebung möglichst keine Schäden davontragen.
Heute lagert hier natürlich keine Munition mehr. Hier hat 1970 das Nationalmuseum der Stadt römische Sarkophage, Grabsteine und Altäre aus Stein „ausgelagert“. Diese stammen aus verschiedenen Zeitepochen und es sind einige wirklich sehr schöne Stücke dabei. Dabei handelt es sich um eher zufällige Fundstücke aus Belgrad und anderen serbischen Orten.
Im Untergrund von Belgrad entdeckt – Lagum
Den Abschluss der Tour bildete der Besuch einer Lagum.
Lagume sind unterirdische Korridore/Höhlen unter der Savamala, entlang der Karadordeva Straße. Sie wurden im 19.Jahrhundert in den Hügel gegraben und als Lagerräume für Waren genutzt, die direkt davor aus den Schiffen der Donau entladen wurden.
Viele der Lagumen sind heute nur noch Abstellräume oder verfallen. Einige sind jedoch gut erhalten und in einer befindet sich heute eine Weinstube. Hier konnten wir zum Abschluss die Tour mit einem Glas Wein ausklingen lassen.
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Offenlegung: Die Entdeckungen im Untergrund von Belgrad durften wir in Kooperation mit der Tourist Organization of Belgrade kostenfrei erleben. Vielen Dank!
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