Tick Tack Kling und Klong ertönte es rings um uns, als wir eins der ungewöhnlichsten Museen in Jerez betreten. Wir befinden uns im Palacio del Tiempo, einem Uhrenmuseum im Museumskomplex Museos de la Atalaya.
Das Museo de los Relojes befindet sich ein einem Palast aus dem 19.Jahrhundert, der von einer schönen Parkanlage umgeben ist. Grundstein für die 1973 eröffnete Ausstellung im sogenannten Palacio del Tiempo bildete der Nachlass der Gräfin von Gavia, der aus 152 Uhren bestand. Durch weitere Schenkungen und Zukäufe konnte die einmalige Sammlung auf etwa 300 Uhren ausgebaut werden.
Diese Uhren können in thematisch sortierten Abteilungen besichtigt werden. In den acht Räumen stehen Uhren unterschiedlicher Stilrichtungen aus der Zeit des 17. bis 19. Jahrhunderts, die in England, Frankreich, Italien, Frankreich, der Schweiz, Österreich und Deutschland gefertigt wurden. Viele von ihnen stammen von sehr bekannten Uhrmachern der jeweiligen Epoche.
Etwas, was man sonst eher selten hat: im Palacio del Tiempo funktionieren alle Uhren!
Der Uhrmacher kommt
Wir hatten uns für unseren Besuch im Museo de los Relojes einen eigentlich recht interessanten Tag ausgesucht. Es war Montag und die Zeitumstellung hatte gerade stattgefunden. Ein arbeitsreicher Tag für den Uhrmacher! Alle Uhren mussten umgestellt werden.
Der Uhrmacher hatte vor der Zeitumstellung alle Uhren angehalten und musste sie nun auf die richtige Zeit einstellen. Das kann bei historischen Uhrwerken schon mal etwas kniffelig sein und erfordert vor allem viel Fingerspitzengefühl. Nach und nach bewegte er sich von einer Uhr zur nächsten, kontrollierte die aktuelle Zeit, stellte das Uhrwerk richtig ein und setzte die Uhr in Bewegung.
Der Uhrmacher gehört zu den wichtigsten Menschen in einem Uhrenmuseum. Jede einzelne Uhr muss hier per Hand aufgezogen werden und das mindestens einmal in der Woche! Zusätzlich müssen die feinen Zahnräder, Schrauben und Federn gewartet werden, um den Besuchern stündlich ein „Geräuscherlebnis“ der unvergesslichen Art zu bieten. Wenn 300 Uhren zur vollen Stunde schlagen hört sich das schon fast an wie Musik!
Rundgang durch den Palast of Time
Unser Rundgag begann an einer Uhr, die über viele Jahre in der Stadt die Zeit anzeigte. Ursprünglich befand sich die englische Uhr aus dem Jahr 1867 in einer Laterne auf dem Plaza Arenal. Die vier Zifferblätter beleuchtete man von innen mit einer Petroleumlampe. Sie war die erste öffentliche Uhr der Stadt und sollte der Bevölkerung auch dabei helfen, pünktlich ihre Ziele in der Stadt zu erreichen. Das die Eisenbahngesellschaft diese Idee, natürlich mit dem Hintergedanken der pünktlichen Zugabfahrt, der Stadtverwaltung vorgetragen hatte, ist sicherlich nicht verwunderlich. Die Stadt sollte für die „gute Idee“ die Kosten tragen und zusätzlich wurde die Uhr mit einer Pendeluhr auf dem Bahnhof verbunden, damit die Uhren synchron liefen. Leider funktionierte die Uhr von Anfang an nicht, lief zu ungenau und blieb zu häufig stehen. Erst nachdem das Uhrwerk umgearbeitet worden war, zeigte sie die korrekte Zeit an.
Nachdem wir einen ersten Eindruck bekommen hatten, was uns erwarten würde, zeigte man uns einen kleinen Film über das Museum. Im Anschluß öffnete sich eine Wand und wir konnten unseren geführten Rundgang beginnen.
Die Führung durch das Museum wird mehrsprachig angeboten und ist wirklich klasse. Ich wäre wahrscheinlich an den Uhren vorbei gelaufen und hätte nur schön-nicht schön gedacht. Durch die Führung sind wir auf einige der interessantesten Uhren aufmerksam gemacht worden, haben viele Informationen gehört und das ein oder andere „Uhrengeheimnis“ erfahren. Zusätzlich blieb ausreichend Zeit, auch noch alleine durch die Räume zu schlendern.
Französische Uhren – englische Uhren
Zugegeben, ich haben noch so viele verschiedene Uhren auf einmal gesehen. Jede Uhr hat natürlich seine eigene Geschichte, die beim Uhrmacher anfängt und bei den Besitzern endet. Jede Uhr ist individuell gestaltet und so manche Uhr hat auch ihr kleines Geheimnis.
Sehr erstaunt bin ich, wie unterschiedlich die Uhren in den Ländern gestaltet worden sind. Da gibt es verspielt aussehende französische Uhren, Uhren in schlichteren Holzkästen aus England, Taschenuhren, Tisch- oder Kaminuhren, Standuhren …..
Die französischen Uhrmacher haben im 17.- 19. Jahrhundert hauptsächlich Tisch- oder Kaminuhren hergestellt. Viele dieser Uhren zeigen figürliche Abbildungen und es scheint fast so, dass die Optik wichtiger ist als die Uhr, die sehr in den Hintergrund tritt.
Im Palacio del Tiempo gibt es über 200 verschiedene französische Uhren aus 10 Epochen. Ein Beispiel ist eine Boulle-Uhr aus der Epoche Ludwig des XIV. Diese Uhr ist von Ebenisten Boulle gefertigt worden. Anhand eines Kontrollzeichens für die Bronzesteuer lässt sich der Fertigungszeitraum auf 1745-1749 festlegen. Die Uhr ist wunderschön gestaltet. Besonders auffällig ist die Spitze, die den Gott Kronos darstellt.
Englische Uhrmacher haben im Gegensatz zu den französischen Uhrmachern eher Uhren geschaffen, bei denen es auf die Zeit ankam. Die Optik des Gehäuses war eher zweitrangig und daher eher schlichter und funktionaler gehalten.
Besonders stolz ist man auf die älteste Uhr der Sammlung, die aus England kommt. Sie stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Tischuhr ist ein Ebenholzkasten mir einem Tragegriff, der aus zwei Engelsfiguren geformt ist. Das Zifferblatt ist quadratisch.
Besondere Uhren im Palacio del Tiempo
Neben den Uhren, die „nur“ die Zeit anzeigen, findet man im Museum auch besondere Uhren. Besonders beeindruckt haben mich einige Uhren.
Eine aus dem 19. Jahrhunderts stammende etwa 100 Kilogramm schwere Uhr beeindruckte mich sehr. Nicht etwa aufgrund ihres Gewichtes oder des Mahagoni Gehäuses, sondern aufgrund ihres Uhrwerks. Diese Uhr verfügt doch tatsächlich über 6 unterschiedliche Laufwerke, die alle etwas anderes anzeigen. Da gibt es zum einen das größte Ziffernblatt, an dem man die Uhrzeit ablesen kann. Zusätzlich verfügt die Uhr über Ziffernblätter, die den Tag, und das Wetter anzeigen.
Ein Ziffernblatt zeigt sogar an, wann die Uhr „leise“ gestellt ist und wann sie schlägt. Zusätzlich kann man die Melodie, die gespielt wird, ablesen.
Eine weitere bemerkenswerte Uhr ist eine Nachtlicht-Kaminuhr. Das Gehäuse dieser Uhr ist Ende des 17.Jahrhunderts gefertigt worden. Ein wirklich wunderschönes Gehäuse aus Mahagoni mit eine Sockel aus Ebenholz. Das Uhrwerk stammt aus der Zeit von 1850-1860 und zeigt Blumen- und Vogelmotive.
Besonders spannend finde ich, dass man in die Uhren dieser Art eine Kerze stellte, um sie von innen zu beleuchten. So konnte der Besitzer nicht nur die Uhrzeit ablesen, sondern hatte auch eine Lampe im Raum. Wie man sich denken kann gibt es nur noch wenige Uhren dieser Art. Zu oft brannten sie aufgrund der offenen Flamme im Inneren ab.
Eine österreichische Uhr aus dem Jahr 1837 hatte auch mein Interesse geweckt. Eigentlich ist sie optisch nicht besonders auffällig, auch wenn sie aus vergoldeter Bronze besteht. Für mich ist ihre ursprüngliche Funktion viel interessanter. Es handelt sich um eine Reiseuhr! Aufgrund ihrer beachtlichen Größe wurden diese Art von Taschenuhren auch „Zwiebeluhren“ genannt. Mein erster Gedanke war, „was für riesige Taschen muss der Besitzer gehabt haben“. Ganz schön groß und massiv wirkt sie.
Ganz im Gegensatz dazu ist die kleinste Uhr der Ausstellung wirklich niedlich. Hut ab vor dem Uhrmacher, der dieses filigrane Gebilde geschaffen hat.
Atalaya-Gärten
Nach der Führung konnten wir uns noch die denkmalgeschützten Gärten rund um den Palast of Time ansehen.
Die Atalaya-Gärten, die das Museum umgeben, wurden nach dem Vorbild der französischen Landschaftsgestaltung des 19. Jahrhunderts angelegt. Der Außenbereich hat eine Fläche von 18.000 m² . Hier kann man so einige sehr alte Bäumen sehen. Wer sich ein bisschen mit Pflanzen auskennt, kann zum Beispiel Lorbeer, kanarische Kiefern, Jacaranda, Ombú, Ginkgo, Arizona-Zypressen und Zedern entdecken.
Das Gebäude, der „Palast der Zeit“ steht im Zentrum des Gartens. Der vordere Bereich ist offen bepflanzt, wobei große Flächen für den Rasen reserviert sind. Ein großes modernes Kunstwerk steht direkt vor dem Gebäude.
Im hinteren Bereich des Gartens befinden sich Laubengänge mit Kreisverkehren, die mit Springbrunnen und Statuen geschmückt sind. Hier stehen auch die ältesten Pflanzen der Gartenanlage.
Als wir dort waren begann es gerade etwas herbstlich zu werden. Das erste Laub färbte sich und bot einen wunderschönen Anblick.
Lohnt sich der Besuch?
Unsere Meinung: Auf jeden Fall!
Für uns ist dieses Museum in Jerez ein echter Geheimtipp. Man muss kein Kunstkenner oder Uhrenliebhaber sein. Wer hier durch die Ausstellungsräume geht, die Uhren ticken und schlagen hört, dem erscheint Zeit in einem vollkommen anderen Blickpunkt. Und es war erstaunlich, wie schnell die Zeit dort vergangen ist.
Wir haben den Rundgang genossen und viel Neues in der gute gestalteten Tour erfahren.
Adresse:
Museos de la Atalaya
Calle Cervantes, 3
11403 Jerez de la Frontera
Spanien
Öffnungszeiten:
Montag-Freitag: 9.30 – 13.30 Uhr
Samstag und Sonntag: geschlossen
Es werden stündlich Touren durch die Ausstellung angeboten (9.30 Uhr, 10.30 Uhr, 11.30 Uhr, 12.30 Uhr). Es ist nicht möglich alleine durch die Ausstellung zu gehen.
Eintritt:
Die Eintrittskarten kauft man am Eingang zum Gelände. Die Führungen (Dauer 50 Minuten) sind im Eintrittspreis enthalten und werden in mehreren Sprachen angeboten.
Pro Person: 6,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Unsere Tipps für Jerez de la Frontera
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- Geheimtipp: Führung durch den Palacio Del Virrey Laserna
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Der Besuch wurde uns vom Tourismusbüro in Jerez und den museos de la atalaya ermöglicht.
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