Schwimmbäder gibt es viele. Einige sind praktisch und unspektakulär, andere groß und mit vielen verschiedenen Angeboten ausgestattet – und es gibt das Johannisbad in Zwickau. Ein Ort, der seine Besucher mit Charme empfängt, ein Schwimmbad zum Wohlfühlen.
Ganz ehrlich, wer kommt bei einer Städtereise oder einem Kurzbesuch schon auf die Idee, ein öffentliches Schwimmbad zu besuchen. So viel Zeit bleibt den wenigsten Touristen. Wer nach Zwickau fährt, sollte unbedingt einen Besuch im Johannisbad einplanen und das nicht nur für die eigene Fitness und Gesundheit, sondern um eins der außergewöhnlichsten Schwimmbäder überhaupt zu sehen.
Orthopädische Heil- und Badeanstalt Johannisbad Zwickau
1865/66 wütete in weiten Teilen von Deutschland die Cholera. Für den Zwickauer Arzt Dr. Julius Schlobig war dieses ein Grund, etwas für die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse in der Stadt zu tun. Er hatte erkannt, dass mangelnde Hygiene dringend bekämpft werden musste und das Wasser in der Therapie bei verschiedenen Erkrankungen unterstützend wirkte.
Da Schlobig nicht ganz unvermögend war, gab er einem Zwickauer Architekten den Auftrag eine private Orthopädische Heil- und Badeanstalt zu planen und zu erbauen. Der junge Architekt entwarf und realisierte einen Klinkerfassadenbau im Stil der Neogotik.
Das Hauptgebäude war dreigeschossig. In den oberen Bereichen befanden sich Zimmer für Privatpatienten, im Erdgeschoss lagen Kassenraum, Verwalterwohnung und Warteräume für den Bäderbereich.
Der Bäderflügel war mit neun Badezellen mit Badewannen ausgestattet. Hier bot man nicht nur das Bad zur Säuberung des Körpers an, sondern auch medizinische Bäder. Zusätzlich konnten die zahlungskräftigen Gäste ein irisch-römisches Bad nutzen. In einem sogenannten Frigidarium, eine Art Ruheraum, wurden in Kabinen auch Massagen angeboten. Dieser Raum wird heute noch immer als Ruheraum genutzt. Auch einzelne Schwitzräume mit unterschiedlicher Temperaturgestaltung wurden zum Wohl der Gäste eingerichtet.
Auch die weniger zahlungskräftigen Gäste konnten das Angebot nutzen, für sie standen preiswerte Brausebäder zur Verfügung.
Neben dem Haupthaus entstanden auch noch ein Wasserturm mit Heizanlagen, Zisternen und Trockenräumen für die Wäscherei. Der Dampfschornstein existiert in verkürzter Form bis heute. Zusätzlich gab es die Remise mit Pferdestall, Wagenraum und Küche. Hier befindet sich heute eine Gaststätte.
Dr. Schlobigs Idee war ein Erfolgsmodell und in der Fachwelt galt seine Einrichtung als Musteranstalt. Schon wenige Jahre später, um 1881, reichten die Kapazitäten nicht mehr aus, die Gäste/Patienten kamen aus ganz Deutschland nach Zwickau. So errichtete man Erweiterungsbauten mit neuen Patientenzimmern und einer Wohnung für den Arzt. Auch diese Gebäude sind bis heute erhalten und ergänzen das Johannisbad.
Im April 1887 verstarb Dr. Schlobig. In seinem Testament hatte er den größten Teil des beweglichen und unbeweglichen Nachlasses der Stadtgemeinde Zwickau vermacht und somit den Grundstein für die städtische Bäderverwaltung in Zwickau gelegt.
Eine Schwimmhalle für Zwickau
Für den Bau einer Schwimmhalle für die Stadt richtete man 1890 einen „Fonds zur Errichtung einer Bade- und Schwimmhalle“ ein. Es entstand, nachdem ausreichend Geld angespart worden war, ein Anbau entlang der Johannisstraße. Man achtete dabei darauf, dass der neogotische Stil erhalten blieb und sich ein harmonisches Gesamtbild ergab.
Am 2. Januar 1904 eröffnete man offiziell das Schwimmbad. Das Schwimmbecken, dass die Zwickauer nun nutzen konnten, war 17,75 m lang, 9,50 m breit und bis zu 3,00 m tief. Zusätzlich blieben die alten Angebote erhalten und wurden durch weitere Wannenbäder und Volksbrausebäder ergänzt.
Über viele Jahre konnte der Schwimmbetrieb aufrecht erhalten werden. Über die gesamte Zeit erfolgten Modernisierungen und Modifizierungen, die das Johannisbad „am Leben“ erhielten. Bis 1971 war das Schwimmbad das einzige Zwickauer Winterbad. Jedoch zeigte sich, dass der Altbau langsam in die Jahre kam. Es existierten sogar schon Abbruchpläne. Mit der politischen Wende regte sich der Widerstand gegen den Abbruch und es gab Pläne für eine Totalsanierung.
1991 schloss das Johannisbad seine Türen, man begann sogar schon mit den ersten Arbeiten, die jedoch 1993 zum Erliegen kamen. Zum Glück gab es engagierte Gruppen, die sich für den Wiederaufbau des Johannisbades stark machten. Mit EU-Fördermitteln konnte das schließlich auch realisiert werden. Es gelang die historischen Elemente (sechzig Umkleidekabinen, Bänke, Türen oder die filigran verzierte Hallenuhr) zu restaurieren und moderne Schwimmbadtechnik und einen modernen Saunabereich einzubauen. Zusätzlich ist auch ein Therapiezentrum und eine Physiotherapie integriert worden. Die Wiedereröffnung fand im Mai 2000 statt.
Das Johannisbad – eine Wohlfühlschwimmbad
Bis heute ist das Johannisbad das einzige erhalten gebliebene Volksbad im neogotischen Baustil in Deutschland. Im Innenraum hat sich dagegen der zu dieser Zeit vorherrschende Jugendstil durchgesetzt.
Tritt man durch die große Eingangstür, steht man im Eingangsbereich mit Kasse und modernem Drehkreuz für den Einlass zum Schwimmbad. Hier deutet noch nichts darauf hin, was uns wenig später offenbart wurde.
Durch den gefliesten Umkleidebereich betreten wir einen hohen Raum und ganz ehrlich, mir stockte der Atem. Ein Schwimmbad in dieser Art hatte ich bisher noch nicht gesehen. Wir stehen in einem dreigeschossigen Saal, der von einer Galerie umgeben ist. Eine Holzdecke mit Oberlichtern überspannt den Raum. Darunter befindet sich ein Fensterband, dass dahinterliegende Bereich abschirmt.
Die Galerie wird durch ein schmiedeeisernes Gitter begrenzt, dass sich aus Blättern und Ranken zusammensetzt. Dahinter befinden sich heute einige Tische und Bänke für die Badegäste. An den angebrachten Nummern lässt sich erkennen, dass hier früher Umkleidekabinen lagen.
Über Treppen an den Giebelseiten des Schwimmbades gelangt man ins Erdgeschoss. Hier befinden sich noch einzelne Umkleidekabinen in einem Säulengang, die mit einem Vorhang von der Schwimmhalle abgetrennt werden können. Wer genau hinguckt, wird an den Säulen kleine goldene Wassermänner erkennen.
Wunderschön finde ich die Uhr in ihrem Holzgehäuse, die sicherlich so manchem Besucher das Ende der Badezeit verkündet hat.
Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich ein wasserspeiender Drache, der sicherlich nicht nur den Kindern viel Freude bereitet.
Ein bißchen neidisch bin ich schon auf die Zwickauer, die mit dem Johannisbad eins der schönsten Schwimmbäder in der Stadt haben, die ich bisher gesehen habe. Bei meinem nächsten Besuch in der Stadt muss ich unbedingt eine Auszeit mit Saunabesuch hier einplanen.
Adresse:
Johannisbad
Johannisstraße 16
08056 Zwickau
Eintrittspreise:
Bitte die aktuelle Tarife online beim Anbieter nachsehen.
Der Besuch im Johannisbad wurde uns im Rahmen einer Recherchereise in die Region Zwickau ermöglicht.
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