Die Lorenzkirche ist eine der schönsten Kirchen in Nürnberg. Ihr Wahrzeichen, der Stern von St.Lorenz, ist schon von weitem zu sehen, wenn man sich der Westfassade nähert. Diese steinerne Rosette bestimmt die Fassade und macht die Kirche unverwechselbar.
Unsere Meinung zu Kirchenbesuchen während unserer Reisen ist recht geteilt. Wir haben wirklich schon wunderschöne Kirchen gesehen, sind aber auch schon mit einem “naja” auf den Lippen wieder heraus gegangen. Eine Führung durch eine Kirche haben wir bisher höchstens mit einem Audioguide unternommen. Deshalb waren wir sehr gespannt auf unsere persönliche Führung in der Lorenzkirche.
Es führte uns Frau Bammessel, die für die Gäste- und Touristenseelsorge in der Lorenzkirche zuständig ist, durch die Kirche. Und ehrlich gesagt, ich werde wohl keine Führung mit einem Audioguide mehr unternehmen. So von Angesicht zu Angesicht macht das Erleben eines Ortes viel mehr Spaß. Die Interaktion und die sichtbaren Emotionen lassen das Bauwerk viel lebendiger werden und ich habe so viel Begeisterung und Wissen aus der Kirche mitgenommen, dass mir der Kopf schwirrte und ich noch lange darüber nachgedacht habe.
Dieser Bericht wird sicherlich nicht einmal annähernd das wiedergeben können, was wir in der Lorenzkirche gehört und erlebt haben.
Die Lorenzkirche
Zunächst begann unsere Führung mit einem kleinen geschichtlichen Exkurs. Wir erfuhren etwas zur Baugeschichte der Kirche, die ich hier nur sehr kurz aufgreifen möchte, da geeignete Quellen Jahreszahlen, Bauphasen und Baumeister viel genauer wiedergeben können. Nur soviel:
Dort, wo heute die Lorenzkirche steht, befand sich einmal eine romanische Kapelle. Diese war dem Heiligen Lorenz und den Heiligen Grab geweiht.
Mit dem Bau der heutigen Basilika wurde 1243 begonnen. Die Bewohner der Stadt unterstützten den Bau durch zahlreiche Spenden und so konnte eine repräsentative Kirche entstehen. Die Spendenfreudigkeit der Bürger wurde durch einen kleinen Wettstreit zweier Gemeinden gefördert. St.Lorenz und die benachbarte St.Sebald Gemeinde bauten etwa zeitgleich an ihren Kirchen, wobei St.Sebald die ältere der beiden Kirchen ist (Baubeginn: um 1230). Jeder entdeckte bei dem anderen interessante Details und versuchte diese nachzubauen. Die Gemeindemitglieder griffen dafür kräftig in die Geldkiste, um ihre Kirche schöner werden zu lassen.
Es entstand eine dreischiffige Kirche mit 2 Türmen und einem hohen Mitteldach. Nachdem reiche Familien der Gemeinde ihre eigenen Kapellen in der Kirche forderten wurde die Außenmauer der Kirche weiter nach außen verlegt und so der zusätzliche Raum geschaffen.
Die Nachbargemeinde St.Sebald hatte nun noch einen großen “Vorteil” gegenüber der St.Lorenz Gemeinde. Sie hatten das Grab des Stadtheiligen Sebaldus, zu dessen Verehrung viele Menschen in die Kirche kamen, die Geld in die Kirchenkasse brachten. Die St.Lorenzer Gemeinde besann sich auf die Gebeine des Heiligen Deocarus, dem Beichtvater von Karl des Großen. Einige taktische Züge brachten den Erfolg, die Pilger kamen nun auch in die Lorenzkirche.
Jetzt hatte man ausreichende Argumente den Kirchenbau zu erweitern. Es wurde um den alten Chor der Kirche ein neuer größerer und hellerer Hallenchor erbaut (Bauzeit des Hallenchors: 1439-1477). Die bunten Fenster lassen den Kirchenbau wunderbar hell und freundlich erscheinen. Der Innenraum der Kirche wurde von vielen Künstlern gestaltet. Besonders beeindruckt haben mich das 19 Meter hohe Sakramentshaus vom Steinmetz Adam Kraft (erbaut: 1493-1496), die wunderschönen Fenster und der aus Lindenholz gefertigte Engelsgruß von Veit Stoß (gefertigt 1517/18).
Gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden viele wertvolle Kunstgegenstände und auch die wunderschönen Fenster der Kirche im Kunstbunker unterhalb Nürnbergs in Sicherheit gebracht. Das Sakramentshaus konnte nicht abgebaut werden und wurde durch eine Betonummantelung geschützt.
Die Kirche wurde von einigen Bomben getroffen und beschädigt. Bei Kriegsende stand eine Ruine. Mit viel Energie und Geld baute man die Lorenzkirche wieder auf und 1952 konnte man den ersten Gottesdienst wieder in der Kirche feiern. Bis heute werden noch immer Bereiche der Kirche restauriert.
Turmführung
Nun begann die Turmführung. Durch eine kleine Tür im Kirchenschiff gelangten wir in den Bereich, der wirklich nur bei einer Führung zu sehen ist.
Über Treppen ging es den Turm hinauf, bis wir 2 der 16 Glocken der Kirche erreichten.
Gut, dass vorher das Läutwerk abgestellt worden war. Die Glocken hingen direkt über uns und ehrlich gesagt möchte ich es nicht erleben, hier einen Glockenschlag zu hören.
Wir durften mit einem Schlägel diese Glocken per Hand zum Klingen bringen. Ein toller Ton!
Weiter ging es zum “Balkon” des Turmes. Von hier hat man eine wirklich tolle Aussicht über die Stadt. Uns wurde aber nicht nur die Aussicht gezeigt. Wir haben auf dem Turm noch einiges zur älteren und neueren Geschichte Nürnbergs erfahren.
Ich habe auch 2 Dinge kennengelernt, die ich vorher so noch nicht wusste. Da waren die Wasserspeier der Kirche und das mittelalterliche Meldesystem für Feuer. Die steinernde Hunde und Chimären haben heute zusätzlich einen Heizdraht im Maul, der im Winter aktiviert werden kann. Damit können sich keine gefährlichen Eiszapfen bilden.
Die Feuermeldung im Mittelalter erfolgte durch den Türmer der Kirche. Entdeckte dieser einen Brand in der Stadt, läutete er die Feuerglocke. Damit die Stadtbewohner nun auch beim Löschen helfen konnten, mussten sie wissen, wo das Feuer genau war. Dazu gab es an jeder Turmecke eine drehbare Halterung für eine Fahne. Die Fahne wurde genau auf das Feuer ausgerichtet und so konnten die Stadtbewohner das Feuer orten. Da die Türmer der St.Sebald und der Lorenzkirche gut zusammen arbeiten und sehr genaue Angaben machten, konnten einige Großbrände verhindert werden.
Nach dieser wundervollen Aussicht über Nürnberg ging unsere Führung im Inneren der Kirche weiter. Wir verließen den Turm durch eine kleine Tür und standen im Dachstuhl des Kirchenschiffes der Kirche. Ein kompliziert aussehendes Ständerwerk bildet die Dachkonstruktion. Vor uns erstreckte sich ein langgezogener Raum, den wir auf einen gut befestigten Bretterweg durchqueren konnten.
Sehr interessant war, dass man von hier das System zur Aufhängung eines riesigen Leuchters im Kircheninnenraum sehen konnte. Über ein Rad kann der Leuchter herabgelassen werden.
Es ging weiter durch die nächste Tür in den Dachstuhl über dem Chor der Lorenzkirche. Was für ein Anblick – fast 30 Meter hebt sich ein gewaltiger Dachstuhl über dem Kirchenschiff in die Höhe. Diese enormen Ausmaße nimmt man überhaupt nicht wahr, wenn man vor der Kirche steht und hochguckt.
Ein ausgebauter Weg führte uns einmal durch den gesamten Dachstuhl. Auch hier gab es ein großes Rad zu sehen, über das der Engelsgruß im Kirchenschiff herabgelassen werden kann. Ich fand besonders interessant, die Rippen des Deckengewölbes von oben sehen zu können. Aus dem Kirchenschiff betrachtet wirkt die Decke so massiv. Von hier oben eher so, als würde man durchbrechen, wenn man versuchen würde darauf zu laufen.
Aus dem Dachstuhl führte uns eine kleine Treppe hinunter in die Kirche. Auf halber Höhe konnten wir auf einem Balkon noch einen Blick von oben in die Kirche werfen. Auch von hier wirklich beeindruckend und die Höhe des Chors wird einem erst jetzt richtig bewußt.
Zurück in der Kirche war ich noch völlig beeindruckt von den Eindrücken der Führung. So habe ich Kirche noch nie erlebt und ich kann diese Art der Kirchenführung nur weiter empfehlen. Eine riesigen Dank an Frau Bammessel, die uns so wunderbar durch die Kirche geführt hat und an Stefanie Thielmann vom Reiseblog travel-moto.de, die diese Führung für uns organisiert hat.
Adresse:
Lorenzkirche
Lorenzplatz 1
90402 Nürnberg
Innenstadtpfarramt
Burgstraße 1-3
90403 Nürnberg
Pfarrerin Susanne Bammessel
Gäste-und Touristenseelsorge St .Lorenz
Burgstraße 1-3
90403 Nürnberg
Tel: 0911/ 24469914
Fax: 0911/24469924
E-Mail: tourist@lorenzkirche.de
Webseite
Öffnungszeiten:
Montag-Samstag: 9-17 Uhr
Sonntag: 13-16 Uhr
Während des Gottesdienstes ist keine Besichtigung möglich.
Führungen:
Montag-Samstag: 11 und 14 Uhr
Sonn- und Feiertag: 14 Uhr
Turmführung:
Mai-Oktober
Samstag: 14 Uhr
Eintrittspreise:
Kircheninnenraum:
Um einen Beitrag zum Erhalt der Kirche wird gebeten.
Erwachsene: 2,-€
Kinder: 1,-€
Kirchenführung:
auf Spendenbasis
Turmführung (begrenzt auf 15 Teilnehmer):
Erwachsene: 5,-€
Kinder: 2,-€
Offenlegung: Die Verwendung der Fotos aus dem Kircheninnenraum erfolgt mit der Genehmigung von Pfarrerin Susanne Bammessel.
Nicolo
Liebe Susanne,
schöne Kirchen stehen bei meinem Städtetrips ja auch immer oben auf der Besichtigungsliste.
Ich muss gestehen, dass ich bisher immer an Nürnberg vorbeigefahren bin. Nun, habe ich aber schon mal zwei Ziele vor Augen: den Weihnachtsmarkt und die Lorenzkirche.
Vielen Dank.
Sonnige Grüße,
Nicolo
Susanne Jungbluth
Lieber Nicolo,
dann solltest du noch das Reichsparteigelände dazu packen. Die monumentalen Bauten beeindrucken und machen nachdenklich zugleich.
LG, Susanne
Alexandra
Liebe Susanne, auch wennn ich schon lange nicht mehr in der Kirche bin, so besichtige ich sie dennoch gerne, finde es spannend, dadurch Kunst- und Kulturhistorisches zu erfahren und die Stimmung ist schon immer eine besondere. Man glaubt es kaum: Ich wohne zwar in München, aber war noch nie so richtig in Nürnberg. Das sollte ich mal ändern! Danke für den inspirierenden Beitrag! LG, Alexandra
Susanne Jungbluth
Liebe Alexandra,
ist das nicht immer so, die Orte, die besonders nah liegen besuchen wir fast nie. Mir geht es in Berlin mit dem Umland genauso.
Du soltest es dir aber nicht entgehen lassen. Nürnberg ist wirklich schön.
LG, Susanne
Elena
Liebe Susanne,
Berichte wie dieser hier sind genau nach meinem Geschmack! Wo auch immer ich bin, als Katholikin und Kunstgeschichte-Interessierte gehe ich in jeder neuen Stadt in mindestens eine Kirche um eine Kerze anzuzünden und mich eine kurze Zeit lang zu besinnen. Ich habe bei uns auch einmal eine Kirchenführung mitgemacht und es war hochinteressant. Wie bei deinen Bildern sind wir bis ganz oben gegangen. Ich finde es immer wieder toll, was Menschen vor so vielen Jahrhunderten mit so wenig Technik gebaut haben.
Viele Grüße aus Salzburg
Elena
Susanne Jungbluth
Liebe Elena,
es war ein ganz besonderes Erlebnis. Wenn du mal nach Nürnberg kommst, solltest du dir diese Kirche nicht entgegen lassen.
Lieben Gruß, Susanne
Mario
Hallo Susanne,
die Art von Führung finde ich persönlich interessant. Da gibt es mal was historisches und den Feinheiten vom Bau zu hören. Sonst ist ist es ja nur ein Abriss über die religiösen Fakten…
Gruss Mario
Susanne Jungbluth
Hallo Mario,
es war wirklich super und ich kann es wirklich weiter empfehlen.
LG Susanne
Anja
Hallo Susanne,
obwohl ich mit der Kirche nichts am Hut habe, habe ich in den letzten Jahren wieder angefangen auf reisen auch den ein oder anderen blick in eine Kirche zu werfen und ich gebe dir Recht, es lohnt sich wirklich.
Liebe Grüße
Anja
Susanne Jungbluth
Hallo Anja,
ich finde oft schon die Kunstwerke, die man in Kirchen findet sehr interessant. Wenn man sich überlegt welche Künstler sich dort verewigt haben, kann man sich manchmal einen Gang ins Museum sparen.
LG, Susanne
Jessica
Hallo Susanne,
auch wenn ich nicht gläubig bin, bin ich bekennender Religions-Fan. ich finde es gibt neben dem lokalen Essen nicht viele Dinge bei denen man mehr über die Menschen der Region lernen kann als durch deren Weltanschauung.
Liebe Grüße
Jessica
Susanne Jungbluth
Hallo Jessica,
ich finde man muss nicht gläubig sein, um Kirchen inspirierend und schön zu finden. Wie du schon sagst man erfährt viel über die Menschen und das in jeder Kultur.
LG Susanne
Hartmut
Beeindruckendes Bauwerk, Susanne. Wir machen in der Regel auch keine geführten Besichtigungen, was man aber vielleicht doch überdenken sollte. Wir haben aber immer Angst, dass es den Kids dann irgendwie langweilig werden könnte… die beeindruckende Dachkonstruktion hätte allerdings nicht nur der Architektin in unserer Familie gefallen!
LG aus dem hohen Norden,
Hartmut
Susanne Jungbluth
Hallo Hartmut,
die Sorge, dass die Kids sich bei einer Führung langweilen könnten kann ich verstehen. Zu der Zeit haben wir darauf auch verzichtet und genießen es heute um so mehr.
LG, Susanne
Annika
Liebe Susanne,
ich habe inzwischen auch schon echt viele Kirchen gesehen und denk mir so manches mal: ob sich das wohl wirklich lohnt da reinzugehen? Aber mein Mann mag Kirchen und so schauen wir uns immer mal wieder diese erhabenen Gebäude an. Eine Führung hatten wir jetzt aber schon echt lange nicht mehr und das scheint bei euch ja echt interessant gewesen zu sein. Wir werden es uns für das nächste Mal merken.
Lg Annika
Susanne Jungbluth
Liebe Annika, bei uns ist das umgekehrt. Mein Mann läuft durch die Kirchen und sagt hinterher “ist halt ‘ne Kirche” und ich gucke begeistert umher. Bei dieser Führung war er aber völlig begeistert und hat sich sogar einiges erklären lassen.
Lieben Gruß, Susanne
Kathi
Liebe Susanne,
ein sehr schöner Bericht über die Lorenzkirche. Ich vergesse doch immer wieder schnell, wie viel es auch in Deutschland zu sehen gibt. Vor allen Dingen, was für fantastische Kirchen und Gebäude wir hier haben. Vielleicht sollte ich mir Kirchen demnächt nur noch mit einer Führung anschauen. Ich kann mir schon vorstellen, dass dies sehr viel interessanter ist, als selbst durch die Kirchen zu gehen. Allerdings bin ich schon ein bisschen beeindruckt davon, dass sie Lorenzkirche eine PfarrerIN hat. :)
Viele liebe Grüße
Kathi
Susanne Jungbluth
Liebe Kathi, und die Pfarrerin war super nett :)
Mich hat diese Führung wirklich sehr beeindruckt. Man bekommt ein ganz anderen Blick, wenn jemand auf “Kleinigkeiten” hinweist oder kleine Geschichten erzählt.
Lieben Gruß, Susanne