Eingegliedert in den Potsdamer Schlosspark gehört der Neue Garten im Norden von Potsdam mit zum UNESCO Kulturerbe der Stadt. Der Name ist allerdings irreführend, denn so neu ist der Garten nicht.
Friedrich Wilhelm II. erwarb am Heiligen See in Potsdam ein Grundstück und vergrößerte das Gelände nach und nach durch Ankäufe angrenzender Grundstücke .
Kurz nach seinem Regierungsantritt begannen 1787 die ersten Umgestaltungsmaßnahmen. Auf über 102 Hektar ließ Friedrich Wilhelm II. einen für damalige Vorstellungen modernen Park schaffen. Er sollte sich eindeutig vom barocken Zier- und Nutzgarten von Sanssouci abheben. Ein Name war auch schnell gefunden: „Neuer Garten“.
Als Vorbild für die Gestaltung der Parkanlage wählte der König die gestalteten Parkanlagen von Wörlitz und verpflichtete einen Wörlitzer Gärtner mit der Umsetzung. Dieser schuf eine Anlage nach englischem Vorbild, der die freie Natur nachbildete und den Bäumen und Pflanzen möglichst „freien Wachstum“ ermöglichte. Um das neu aufkeimende ländliche Idyll mit in die Planung zu integrieren, weideten Kühe im Neuen Garten. Die Milch verarbeitete man in der im Park liegenden Meierei.
Im Laufe der Jahre verwilderte der Neue Garten immer mehr. Als 1816 Lenné nach Potsdam kam, erhielt er die Aufgabe den Park umzugestalten. Er schuf Wiesenflächen, breite Wege und Gartenbereiche. Zusätzlich entstanden Sichtachsen, die den Blick zur Pfaueninsel, nach Glienicke, Babelsberg und Sacrow ermöglichten.
Heilige See
Der zentrale Punkt im Neuen Garten ist der Heilige See. Ein Großteil der Parkanlage liegt direkt an dem Seeufer.
Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt etwa 1,3 Kilometer und an die breiteste Stelle ist gut 400 Meter. Der See wird ausschließlich durch das Grundwasser gespeist, es gibt keine oberirdischen Zuflüsse. Über den aufgestauten Hasengraben gibt es einen Zufluss zum Jungfernsee, der zur Havel gehört. Die Aufstauung des Hasengrabens ist erforderlich, um zu verhindern, dass das qualitativ schlechtere Wasser der Havel in den See fließt. Zusätzlich reguliert die Stauung den Wasserstand des Sees und verhindert so, dass die hölzernen Gründungspfähle des Marmorpalais im Trockenen stehen.
Ich habe den Neuen Garten an der Südspitze des Sees betreten und von dort aus einen wunderschönen Parkspaziergang unternommen.
Sehenswürdigkeiten im Neuen Garten
Die Gartenanlage bietet sich eigentlich zu jeder Jahreszeit für eine Auszeit mitten in der Stadt an. Die breiten Wege laden zum spazieren gehen ein und so manche Bank mit einem traumhaften Ausblick verführt zu einer Pause.
Es gibt aber noch viel mehr zu entdecken. Friedrich Wilhelm ließ nämlich nicht nur den Park anlegen, sondern auch noch einige interessante und einmalige Gebäude errichten.
Am Startpunkt meines Rundganges durch den Park entdecke ich gleich das erste Highlight des Rundganges.
Gotische Bibliothek
Die Gotische Bibliothek ist ein achteckiger pavillonartiger Turmbau mit zwei Etagen. Er wird von einem vierseitigen Arkadengang umschlossen.
Der Entwurf zu dem Gebäude stammt von Carl Gotthard Langhans, der sich gotische Kapellen als Vorbild nahm. Das Untergeschoss hat zu jeder Seite große Fensterfronten. Das Obergeschoss erreicht man über eine mit einen Geländer verzierte Wendeltreppe, die im Freien liegt.
Gleich nach der Fertigstellung stellte man drei Bücherschränke in das Untergeschoss, in dem die klassische französische Literatur stand. Im Obergeschoss befanden sich vier Schranke die deutschen Klassiker und Schriften der Rosenkreuzer beinhalteten.
Seit 1930 gibt es keine Bücher mehr in der Gotischen Bibliothek. Alle Bücher waren in das Stadtschloss Potsdam ausgelagert worden und verbrannten bei Bombenangriffen 1945. Auch die Gotische Bibliothek wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt. Das Fundament rutschte in Seerichtung ab. Da keine Restaurierungsmaßnahmen erfolgten, verfiel das Gebäude zusehends und bald stand nur noch eine Ruine am Heiligen See. Erst mit Hilfe von Fördermitteln gelang es ab 1995, einen denkmalgerechten Wiederaufbau zu ermöglichen.
Heute ist das Obergeschoss abgesperrt und ein Blick durch die Fenster ermöglicht es einen Eindruck vom unteren Stockwerk zu bekommen. Dieser hat mich allerdings wenig begeistert, da bei meinem Besuch der Raum eher nach Abstellkammer aussah. Viel schöner fand ich den Arkardengang und der wunderschöne Blick von dort über den See. Zu gerne hätte ich dort in einem Liegestuhl gesessen und ein gutes Buch gelesen.
Orangerie
Mein Weg führte als nächstes zur Orangerie im Neuen Garten. An der Ostseite des Gebäudes entdecke ich etwas, womit ich hier eigentlich nicht gerechnet habe. Ein Hauch von Ägypten mitten in Potsdam! Das Ägyptische Portal an der Orangerie wird von einer Sphinx bewacht, in zwei Wandnischen stehen schwarz gefärbte Statuen ägyptischer Götter.
In der Orangerie befindet sich neben zwei Pflanzenhallen auch der holzgetäfelte Palmensaal, in dem öffentliche Konzerte stattfanden. Mit etwas Glück konnte man sogar dem König beim Cello spielen zuhören.
Vor der Orangerie gehe ich durch einen wunderschön angelegten Garten. Überall blühen die Pflanzen und auf einer Bank mache ich im Schatten eine kleine Pause, bevor ich mich auf den Weg zum rot schimmernden Marmorpalais mache.
Marmorpalais – das neue Schloss von Friedrich Wilhelm II.
Das Marmorpalais im Neuen Garten war das Sommerschloss des Königs. Es steht unmittelbar am Heiligen See und gehört für mich zu den eindrucksvollsten Bauten im Park.
Das Schloss ist aus rotem Backstein erbaut worden. Es ist zweigeschossig und auf dem flachen Dach steht ein Rundtempel, der als „Aussichtspunkt“ diente. Von dort oben soll man zum Beispiel das Schloss auf der Pfaueninsel sehen können. Auf der Seeseite liegt eine große Terrasse mit einer Treppe, die bis zum See hinunter reicht. Von dort aus unternahm der König gerne lange Bootsfahrten.
Als dem König das Treppensteigen immer schwerer fiel, entstanden 1797 eingeschossige Seitenflügel. Zusätzlich entstanden Galerien, die die neuen Gebäudeteil verbinden. Die Säulen sind aus recyceltem Material entstanden. Die Beschaffung des schlesischen Marmors, der bereits im „alten“ Bereich des Schlosses verbaut wurde, war recht teuer. So kam man auf die Idee, Säulen aus der Marmorkolonnade im Park von Sanssouci zu verwenden. Diese standen ursprünglich auf der Hauptallee, waren aber baufällig geworden.
Die Anbauten waren noch nicht fertig stellt, da starb Friedrich Wilhelm II. am 16. November 1797 im Marmorpalais.
Friedrich Wilhelm III., sein Sohn und Nachfolger ließ den Außenbau fertig stellen, kümmerte sich aber nicht um die Gestaltung des Innenraumes. Dieser wurde erst 1843-48 fertig gestellt und dann von den königlichen Sommergästen genutzt. Später zog Prinz Wilhelm (später Kaiser Wilhelm II.) mit seiner Familie bis zu seiner Thronbesteigung 1888 im Marmorpalais ein.
Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges endete auch die Zeit der Monarchie in Deutschland. 1926 ging das Marmorpalais im Neuen Garten in die Verwaltung der preußischen Schlösserverwaltung über, die 1932 dort ein Schlossmuseum eröffneten. Als dann am Ende des Zweiten Weltkrieges eine Brandbombe den Hauptbau traf, wurden große Teile der Innenausstattung und auch Originalpläne zum Neuen Garten zerstört. Auch die Nutzung als Offizierskasino durch die Rote Armee fügten dem Gebäude und der Innenausstattung große Schäden zu.
Ab 1961 war im Marmorpalais das Deutsche Armeemuseum der Nationalen Volksarmee untergebracht. Im Innen- und Außenbereich standen Kriegsgeräte, die 1989 vollständig entfernt wurden. Nach der Wiedervereinigung restaurierte die Schlösserverwaltung die 40 Innenräume und 2009 war die Restauration der Außenfassade abgeschlossen. Seit 2018 ist die Außenanlage fertig gestellt und nun kann man das Marmorpalais in alter Schönheit bewundern.
Einen Rundgang durch das wunderschöne Gebäude habe ich bisher nicht gemacht. Aber um das Gebäude herum bin ich gegangen. Dabei war ich von der wundervollen Terrasse direkt am See beeindruckt. Hier zu sitzen, einen großen Eisbecher zu essen und Kaffee zu trinken, hätte mir bei über 30 Grad gefallen. Leider ist das nicht möglich. Der Eingangsbereich mit der Galerie ist der zweite Blick auf das Marmorpalais, der mir sehr gefallen hat. Hier ist ein angelegter Garten vorgelagert, der einen wunderschönen Blick auf das Sommerschloss bietet.
Schlossküche
Als ich auf der Freitreppe des Marmorpalais stehe, entdecke ich etwas unterhalb meines Standortes ein Gebäude. Es sieht verfallen aus und wirkt fast wie ein verschütteter Tempel. Aber es handelt sich um die Schlossküche. Diese wurde genau so 1788/90 angelegt.
Eigentlich eine sinnvolle Idee, die Küche nicht direkt in das Schloss zu legen. So stören keine Essengerüche, kein Lärm und man ist gerade beim Kochen auf offenem Feuer vor einer möglichen Brandgefahr geschützt. Allerdings das fertige Essen bei Wind und Wetter ins Schloss zu tragen ist bestimmt auch nicht so toll. Das wird sich auch der Planer der Küche gedacht haben und so ist ein unterirdischer Gang zum Schloss angelegt worden.
Was macht eine Pyramide im Neuen Garten?
Dem Weg folgend gehe ich an weiten Wiesenflächen entlang, die von einzelnen Baumgruppen unterbrochen werden. Zwischen den Bäumen schimmert ein weiteres einmaliges Bauwerk im Neuen Garten hindurch. Ich entdecke eine Pyramide mitten in Potsdam!
Bei diesem Bauwerk handelt es sich aber nicht um ein Grab, so wie ich zuerst vermutet habe. Dieses ist ein überdimensionaler Kühlschrank!
Wenn im Winter der Heilige See zugefroren war, entnahm man das Eis und brachte es in die 1791/92 erbaute Pyramide. Die unterste Ebene liegt etwa 5 Meter im Boden und von dort aus kühlte das Eis den Innenraum so ab, dass die Lebensmittel länger gelagert werden konnten.
Schloss Cecilienhof
Eins der neueren Bauwerke im Neuen Garten ist das Schloss Cecilienhof. Kaiser Wilhelm II. ließ es 1914-1917 für den Kronprinzen und seine Gemahlin Cecilie erbauen. Das Schloss im englischen Tudorstil ist der letzte Schlossbau der Hohenzollern.
Die Planung und Leitung des Baus oblag Paul Schultze-Naumburg, der sich stark an die Wünsche des Paares hielt. Die Außenfassade wird von Backstein und Fachwerkelementen aus dunkler Eiche bestimmt. Mir fallen bei einem Rundgang um das Gebäude die vielen Schornsteine auf. Jeder sieht anders aus und macht so das Dach zu einer kleinen Kunstausstellung.
Es entstanden mehrere Gebäudeteile, die alle miteinander verbunden und um mehrere wunderschön gestaltete Innenhöfe angeordnet sind. Die Innenhöfe kann man zum Teil kostenfrei betreten.
Nach der Abdankung des Kaisers 1918 fielen zunächst alle Bauwerke dem Staat zu. 1926 erhielten Wilhelm und Cecilie das Schloss als Privateigentum zurück und lebten dort bis zu ihrer Flucht 1945. Im September 1945 enteignete die sowjetische Besatzungsmacht die Hohenzollern. Viele Jahre versuchte die Familie ihren Besitz zurück zu bekommen, verzichtete aber schließlich 2023 auf die Forderungen.
Bekannt ist Schloss Cecilienhof als Ort der Potsdamer Konferenz, die dort vom 17.Juli bis 2.August 1945 stattfand. Hier tagten die vier Siegermächte nach dem Zweiten Weltkrieg und entschieden über die Zukunft Deutschlands. Heute befindet sich in den Innenräumen ein Museum und die Gedenkstätte zum Potsdamer Abkommen.
Von außen ist das Schloss sehenswert und ich nehme mir bei meinem Rundgang um das Gebäude bestimmt zum hundertsten Mal vor, auch einmal das Museum zu besuchen.
Meine Entdeckungstour geht zunächst weiter durch den Neuen Garten.
Borkenküche
Ein sehr ungewöhnliches Gebäude zieht als nächstes meine Blicke an.
Nicht weit vom Schloss entfernt steht seit 1796 ein rundes Waldhäuschen (heute nur noch ein Nachbau). Es ist mit Eichenrinde verkleidet und hat ein Dach aus Schilfrohr. Hier ragte ein Schornstein empor, auf dem eine Eule sitzt.
Die Borkenküche diente wirklich als Küche, hier hat man die Speisen und den Tee für die Gesellschaften in der Muschelgrotte zubereitet.
Nicht weit von der Borkenküche entfernt entdecke ich ein Hinweisschild zur Grotte.
Crystall- und Muschelgrotte
Direkt am Seeufer des Jungfernsees entstand 1791-94 eine Grotte. Auf Wunsch Friedrich Wilhelm II. sollte diese Anlage mögliche naturgetreu aussehen und mit der Landschaft verschmelzen. Was von außen eher schlicht wirkt, war von Innen umso kunstvoller ausgestattet. Es gab drei Innenräume, die zum Beispiel mit Spiegeln, farbigem Glas, Muscheln und einem kunstvollen Deckengemälde einzigartig aussahen. Hier fanden „versteckte“ Teegesellschaften statt.
Nachdem die Grotte während der Zeit der Berliner Mauer auf dem Grenzstreifen lag und zusehends verfiel, wird sie nun schrittweise restauriert.
Ich muss zugeben, nachdem ich von der Crystall- und Muschelgrotte gelesen hatte, hatte ich große Erwartungen an das Bauwerk. Leider stellte sich bei meinem Besuch heraus, dass von außen die Anlage vollkommen unspektakulär ist. Mögliche Zugänge ins Innere sind versperrt und als ich durch eins der Gitter schaue, sieht es eher nach Abstellkammer und nicht nach wunderschöner Gestaltung aus. Lediglich ein Blick an die Decke zeigt, dass hier einmal etwas ganz besonderes geschaffen worden ist. Ich erkenne Überreste der Deckenbemalung, anhand derer man einiges erahnen kann.
Meierei
Auf der Wiese vor der Grotte stehen blicke ich mich um und entdecke die Meierei, die nach Plänen von Carl Gotthard Langhans erbaut worden ist. Sie steht im Neuen Garten auf der nordöstlichsten Spitze und diente zur Versorgung der Hofgesellschaft.
Nach einigen Erweiterungen baute man schließlich sogar ein Pumpenhaus an, dass die Bewässerung des Neuen Gartens sicher stellte.
Von 1918 bis zum Zweiten Weltkrieg befand sich in der Meierei ein beliebtes Ausflugslokal, dass im Krieg stark beschädigt worden ist. Erst seit 2003 kann man dort wieder Essen gehen.
Mich zog es aber in die entgegengesetzte Richtung entlang des Ufer des Jungfernsees, dort wollte ich mir den letzten Ort meines geplanten Rundganges ansehen.
Eremitage oder Einsiedelei am Jungfernsee
Ich komme an einem unscheinbaren mit Eichenborke verkleideten Bau an. Dieser ist vollkommen verschlossen und nichts erinnert heute an die einstige Pracht, die im Inneren vorhanden war.
1796 beauftrage Friedrich Wilhelm II. den Baumeister Carl Gotthard Langhans mit der Errichtung des Pavillons. Es entstand ein Raum ohne Fenster, der nur durch ein Oberlicht beleuchtete wurde. Innen schmückte weißer italienischer Marmor und schwarzer Brabanter den Boden. In der Mitte des Raumes war eine Weltkarte mit Intarsien in den Boden gelassen. An den holzvertäfelten Wände hingen Bilder astronomischer Instrumente und zwei Tische und Sofas standen im Raum.
Auch dieser Bau stand im Zuge des Mauerbaus „im Weg“ und wurde komplett abgetragen. Teile der Innenausstattung sicherte die Schlösserverwaltung. Seit 2007 steht nun der Bau der Eremitage, allerdings ohne Innenausstattung wieder im Neuen Park. Schade, ich hatte gehofft einen Blick in die Einsiedelei werfen zu können.
Auf meinem Weg zum Parkausgang an der Hasengrabenbrücke genieße ich noch einmal den Blick auf das Marmorpalais. Obwohl ich „nur“ spazieren gegangen bin, war ich etwas 3 Stunden unterwegs und so langsam wurden die Beine müde. Der Neue Park ist ein toller Ort für einen Spaziergang.
Adresse:
Neuer Garten
Am Neuen Garten
14469 Potsdam
Öffnungszeiten:
täglich: 8 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit
Eintrittspreise:
Der Parkbesuch ist kostenfrei möglich.
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