Am Nordrand der Parkanlage Sanssouci steht auf dem Bornsteder Höhenzug die Neue Orangerie. Diese gleicht allerdings nicht, wie häufig in anderen Anlagen einem riesigen Gewächshaus, sondern ist eine beeindruckende Anlage im Stil eines Schlosses und trägt nicht umsonst den Namen Orangerieschloss.
Eine Idee wird umgeplant
Es war ursprünglich geplant, eine etwa zwei Kilometer lange Höhenstraße entlang des bestehenden Geländes der Parkanlage von Sanssouci zu errichten. Im Zuge dieser Baumaßnahmen sah die Planung auch vor, Neubauten wie zum Beispiel eine Tempelanlage, ein Amphitheater, Viadukte und ein Orangerieschloss zu errichten.
Friedrich Wilhelm IV. war ein bekennender Italienliebhaber und nach seiner ersten Italienreise 1828 fertigte er zahlreiche Zeichnungen an, die seine Ideen für die Gestaltung von Sanssouci verdeutlichten. Als er dann 1840 die Regierung übernahm, beschloss er Sanssouci als Sommerresidenz zu nutzen und ließ zahlreiche Modernisierungs- und Restaurierungsarbeiten durchführen. Auch plante man das Projekt der Höhenstraße weiter voranzu treiben. Hier musste der Regent allerdings einige Rückschläge verkraften. So forderten die Eigentümer der benötigten Grundstücke viel Geld für den Verkauf, politische Unruhen und fehlende finanzielle Mittel machten schließlich nur eine Teilrealisierung möglich. Im Zuge dieser Umsetzung entstand schließlich auch das Orangerieschloss mit der Terrassenanlage.
Das Orangerieschloss wird gebaut
Das neu entstehende Orangerieschloss sollte nicht nur repräsentativ sein, sondern auch einen praktischen Nutzen haben. So berücksichtigte man bei der Planung, dass die alten Gewächshäuser ersetzt werden mussten. Für die Pflanzen benötigte man einen neuen Ort für die Überwinterung. Zusätzlich plante man einen Saal, in dem die Raffael-Sammlung Friedrich Wilhelm III. untergebracht werden sollte. Für die Nutzung weitere Räume gab es zunächst keine genaueren Ideen.
Im Winter 1848/49 konnten die Bauarbeiten dann endlich beginnen und der Baugrund planiert, ein Wasserbassin ausgehoben und der Südhang terrassiert werden. Für die Gestaltungen der Außenanlage war Peter Joseph Lenné zuständig und ab 1850 übernahm Friedrich August Stüler die Projektleitung für den Bau des Orangerieschlosses.
1851 stand die erste Pflanzenhalle und konnte im Winter den Pflanzen als Quartier dienen, bevor sie 1854 endgültig fertig gestellt war. In der Zwischenzeit hatte sich der König für einen Entwurf der Architekten entschieden. Die Bauarbeiten für den Mittelbau konnten beginnen und die zweite Pflanzenhalle errichtet werden. Leider erlebte Friedrich Wilhelm IV. die Fertigstellung nicht mehr, er verstarb 1861. Sein Nachfolger ließ mit der Vollendung der Eckpavillons, der Fassaden- und Terrassengestaltung in den 1870er Jahren das Orangerieschloss fertigstellen.
Mit etwa 304 Metern Länge war das längste Gebäude im Park Sanssouci entstanden.
Nutzung des Orangerieschlosses
Neben der Nutzung der Pflanzenhallen für die Überwinterung der Kübelpflanzen aus den Park, bot die Orangerie viel Platz für weitere Nutzungsideen.
Im Mittelbau liegt zum Beispiel der Raffaelsaal, ein über zwei Geschosse reichender Gemäldesaal für extra angefertigte Kopien von Gemälde des Künstler Raffael. Die Wände sind fensterlos gestaltet und bieten so viel Platz für die Kunstwerke. Natürliches Licht fällt durch ein Oberlichtfenster im Gewölbe in den Saal. Neben der Gemäldesammlung stellte man auch Plastiken einiger zeitgenössischen Künstler im Saal auf.
Der Raffaelsaal war zu allen Zeiten für Besucher zugänglich und zählt zu den bedeutendsten Museumsräumen in Deutschland mit einer Ausstattung aus dem 19. Jahrhundert.
Vom Raffaelsaal aus gelangt man durch kleine Türen in der Ost- und Westwand in die Wohnappartements.
Das ost – und das westseitige Appartement gliederten sich in ein prunkvoll ausgestattetes Vorzimmer, an das ein Wohn- und Schlafzimmer angrenzte, die nicht weniger beeindruckend gestaltet waren. Jeder dieser Räume war in sich farblich abgestimmt und einem bestimmten „Thema“ gewidmet. So gab es zum Beispiel ein Elfenbeinfarbiges Zimmer und ein Lapislazulizimmer.
Die Appartements dienten bis zum Ende der Monarchie als Gästewohnungen, in denen zum Beispiel Alexandra Feodorowna (die Schwester des Königs und Witwe des russischen Zaren Nikolaus I.), Nāser ad-Dīn Schāh von Persien 1889 oder Umberto I. von Italien 1892 bei ihrem Besuch wohnten.
Nach dem Ersten Weltkrieg konfiszierte der Staat das Vermögen des Hauses Hohenzollern und ab 1926 befand sich das Orangerieschloss im Besitz des preußischen Staates. 1927 gründete sich die preußischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, die dann auch die Obhut der Anlage übernahm. Die Nutzung blieb weitestgehend identisch. Die Pflanzen überwinterten in den Pflanzenhallen, der Mittelbau wurde zum Museum und in den Wohnungen zogen Mieter ein.
Den Zweiten Weltkrieg überstand das Orangerieschloss fast unbeschadet. Da man durch eine Verringerung der Pflanzenmenge nicht mehr ganz so viel Platz benötigt, zog 1949 ein Teil des Landesarchivs Brandenburg (heute Brandenburgisches Landeshauptarchiv) in die östliche Halle. Seit 2010 benötigt das Archiv dieser Standort nicht mehr und es es zogen wieder Pflanzen ein. Nachdem man 1993 umfassende Renovierungsarbeiten durchgeführt hatte, stehen nun auch einige Räume für Verwaltungszwecke und als Wohnungen zur Verfügung. Andere Räume nutzt man für Ausstellungen.
Besuch am Orangerieschloss von Sanssouci
Ein Spaziergang am Orangerieschloss ist schon etwas besonderes. Schon der Weg entlang der 103 Meter langen Pflanzenhallen mit ihren großen Fenstern, die von Pfeilern mit Figurennischen unterbrochen sind, vermittelt einen Hauch von Italien. Hier stehen Pflanzenkübel mit Palmen und man hört den Brunnen vor dem Schloss plätschern. Die Statuen in den Figurennischen sollen Allegorien der Monate und Jahreszeiten darstellen, die von den verschiedensten Künstlern angefertigt wurden. Gut, dass man diese Information nachlesen kann, ich hätte es nicht erkannt.
Betritt man die Pflanzenhalle, fällt zuerst der mit Ziegelsteinen gepflasterte Boden auf. Unter den Steinen verläuft eine Art Fußbodenheizung, die eine konstante Temperatur in der Halle ermöglicht und auch heute noch funktioniert. Zusätzlich hat man damals einen Kanal eingebaut, der den Transport von Frischluft regelte.
Zwischen den beiden Pflanzenhallen steht man in einer Art Innenhof.
Mich beeindruckt vor allem der Aufbau der Eckpavillons. Zwei hohe Portale dienten der Durchfahrt und verbindet zwei Bauten miteinander. Man steht zwischen den Portalen in einem kleinen begrünten Hof.
Vor den Pflanzenhallen erstrecken sich in Terrassen angelegte Gärten, die durch doppelläufige Treppen miteinander verbunden sind. Die oberste Terrasse (Orangerieterrasse) wird durch ein Wasserbassin geprägt. Hier plätschert ein kleiner Brunnen. Auf den Rasenflächen stehen Vasen aus Marmor. Von der oberen Terrasse aus kann man gut auf die darunter liegenden Terrassen gucken. Mir gefällt es sehr, dass zahlreiche kleine und größere Statuen zu sehen sind, die von verschiedenen Künstlern gestaltet worden sind.
Orangerieschloss als Filmdrehort
Eine so wunderschöne Anlage eignet sich natürlich auch als Filmdrehort. So ist es nicht verwunderlich, dass Film- und Fernsehproduktionsfirmen gerne auf das Ambiente zurückgreifen.
2003 fanden zum Beispiel Dreharbeiten zu dem Film „In 80 Tagen um die Welt“ mit Jackie Chan und für „Beyond the Sea – Musik war sein Leben“ mit Kevin Spacey am Orangerieschloss statt. 2010 war die große Treppe in der Märchenverfilmung „Des Kaisers neue Kleider“ zu sehen. Die 2015 gedrehte Serie „Deutschland 83“ nutzte auch das Schloss als Kulisse.
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