Läuft man auf der Großen Allee durch den Schlosspark von Sanssouci gelangt man zur letzten bedeutenden Schlossanlage des Barocks in Preußen, dem Neuen Palais in Potsdam. Das Neue Palais mit den angrenzenden Gebäuden zählt für mich zu den schönsten Gebäuden im Schlosspark.
Rundgang um die Schlossanlage
Nach dem Siebenjährigen Krieg ließ Friedrich der Große 1763 den prächtigen und kostspieligen Bau des Neuen Palais errichten. Dafür beauftragte er den Baumeister Büring, der schon das Chinesische Haus im Schlosspark erbaut hatte. Die Vorstellungen von Friedrich dem Großen und dem Baumeister mussten allerdings nicht überein gestimmt haben und der Baumeister wurde noch vor der Fertigstellung entlassen. Carl von Gontard löste ihn 1764 ab und stellte das Neue Palais fertig.
Wer um das wunderschöne Gebäude geht, wird erstaunt sein, wie lang das Palais ist. Die Dreiflügelanlage weist die stattliche Länge von 220 Metern auf. Der Mittelteil wird durch ein zweieinhalbgeschossigen Gebäudeteil mit einer 55 Meter hohen Tambour-Kuppel bestimmt. Auf der Kuppel stehen drei golden glänzende Grazien, die ein Kissen mit der Königskrone tragen. Die Figuren symbolisieren Aglaia (die Glänzende), Euphrosyne (der Frohsinn) und Thalia (die Festfreude). Interessant finde ich, dass die Kuppel nur erbaut worden ist, um die Optik des Gebäudes zu bestimmen. Im Gebäude soll von der Kuppel nichts zu sehen sein.
Guckt man sich die Außenwände des Neuen Palais etwas genauer an, fällt auf, dass nur der südliche Seitenflügel, in dem sich die Königswohnung befindet, aus rotem Backstein gemauert ist. Während der Bauphase gab es eine Problem bei der Ziegelbeschaffung. Der Baumeister entschied, nicht auf die Lieferung zu warten und durch einen geschickten Anstrich der Außenmauer die Optik eines Backsteinmauer vorzutäuschen.
Beeindruckend finde ich die unzähligen Statuen, die auf und um das Gebäude gestellt worden sind. Es sollen 267 überlebensgroße Statuen alleine am Hauptbau sein. Zusätzlich befinden sich 196 Puttengruppen an den Seitenflügeln und 163 Statuen im Erdgeschoss vor den Pilastern. Betrachtet man die Fenster, fallen auch noch die 244 figürlich gestalteten Schlusssteine auf. Für diese unzähligen künstlerischen Werke beauftragte Friedrich der Große verschiedene Künstler, sonst hätte es sicherlich viele Jahre gedauert, bis die prachtvollen Stücke fertig geworden wären.
Warum hat Friedrich der Große das Schloss gebaut?
Der Bau des Schlosser hatte für Friedrich dem Großen nicht nur rein praktische Gründe, sondern sollte auch Preußens Rolle in Europa zeigen. Er, der große preußische Herrscher, wollte seine Macht demonstrieren und sich ein Denkmal als siegreichen Feldherrn setzten. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn man einen Blick auf die Inschriften der Mittelrisalite wirft. Dort steht „Nec soli cedit“, was übersetzt so viel wie „Selbst der Sonne weicht er nicht“ heißt.
Um das wunderschöne Gebäude „nur“ als Showobjekt zur Außendarstellung zu nutzen, war es mit Sicherheit zu teuer. So schlug man zwei Fliegen mit einer Klappe und konnte seinen Gästen ein prunkvolles Sommerhaus präsentieren, in dem rauschende Feste stattfanden und natürlich der „Besuch“ auch noch wohnen konnte.
Das Neue Palais als Ort für Feste
Im Neuen Palais fanden immer zwischen April und Oktober die jährlichen Festwochen statt. Die Geschwister des Königs und ihre Familien, ausgewählte Mitglieder des Berliner Hofes und fürstliche Gäste reisten an, die Hohenzollern trafen sich in Potsdam.
In 200 Räumen, vier Festsälen und dem wunderschönen Theatersaal wohnte und feierten die Gäste. Im südlichen Flügel stand dem König eine Wohnung zur Verfügung. Für zwei besondere Gäste gab es im Neuen Palais extra eingerichtete eigene Wohnungen. Der langjährige Weggefährte Friedrichs Marquis d’Argens konnte in der Marquis-d’Argens-Wohnung und der älteste noch lebende Bruder des Königs in der Heinrichwohnung residieren. Auch dem Thronfolger und der unverheirateten Schwester des Königs Prinzessin Anna Amalie standen eigene Wohnungen zur Verfügung. Alle „anderen“ Gäste musste mit Gästezimmern vorlieb nehmen.
Das Neue Palais als Sommerwohnsitz und Museum
Nachdem Friedrich der Große 1786 verstorben war, nutzte die Herrscherfamilie das Neue Palais nur noch selten für festliche Veranstaltungen. Erst 1859 bezog Kronprinz Friedrich Wilhelm, der spätere Kaiser Friedrich III. das wunderschöne Schloss in den Sommermonaten. Der 99-Tage Kaiser ließ einige Modernisierungsarbeiten durchführen, die nach seinem Tod von seinem Sohn Wilhelm II. vorangetrieben wurden. Dieser ließ im Schloss eine Dampfheizung und elektrisches Licht installieren. Jedes Quartier erhielt ein eigenes Bad und Toiletten und 1903 baute man im Nordtreppenhaus sogar einen Aufzug ein.
Mit der Abdankung Wilhelms II. nach der Novemberrevolution 1918 wurde das Neue Palais ein Museumsschloss. Nach den Zweiten Weltkrieg plünderte die Sowjetarmee die Ausstattung des Schlosses.
Heute sind viele der Räume wieder rekonstruiert und können besichtigt werden. Den Besucher erwarten prächtige Festsäle, großartige Galerien und fürstlich ausgestattete Appartements sowie im Südflügel das barocke Schlosstheater von Sanssouci. Hier kann man Kunst und Kunsthandwerk des 18. Jahrhunderts in ihrem originalen Zusammenhang erleben.
Blick „hinter“ das Neue Palais
Bei einer Umrundung des Gebäudes gelange ich auf eine große Freifläche, die sich zwischen der Communs, dem Triumphtor und dem Ehrenhof befindet. Dieser Platz wird als Mopke bezeichnet, ein Begriff, den ich bisher noch nie gehört habe.
Den Mopke nutzte die kaiserliche Hof als Veranstaltungsfläche. Es fanden dort zum Beispiel Militärzeremonien und Feste statt. Besucher konnten von den Treppen und den Säulenhallen das Spektakel verfolgen.
Die Communs bilden den Abschluss des Geländes rund um das Schlossgebäude. Sie dienten zur Unterbringung weitere Gäste und Beamte des Königs und der Dienerschaft. Dort befanden sich auch Küchen- und Wirtschaftsräume.
Sehr spannend finde ich, dass Wilhelm II. unter dem Mopke einen Verbindungstunnel anlegen ließ. Dieser führte von Neuen Palais zu den Communs. Sicherlich sehr praktisch, wenn die in der Küche fertig gestellten Speisen in die Festsäle gebracht werden mussten oder um trockenen Fußes von einem Gebäude zum nächsten zu gelangen.
Es fällt mir schwer, die Nutzung des Gebäudes mit der Optik zu vereinbaren. Eine repräsentative Treppe jeweils führt in die beiden Gebäudeteile, Kuppeln und Verzierungen lassen das Gebäude sehr herrschaftlich wirken. Hinter einer so reichen Fassade soll die Küche gewesen sein? Schon erstaunlich, aber passend zum Gedanken, dass das gesamte Neue Palais nur repräsentative Aufgaben erbaut wurden. Man wollte sich und seine Macht zeigen.
Besonders schön find ich den Säulengang, der die beiden Gebäudeteile des Communs miteinander verbindet und in dessen Mitte das 24 Meter hohe kuppelgekrönte Triumphtor steht.
Heute wird fast die gesamt Anlage der Communs durch die Universität Potsdam genutzt. Gerade im Sommer sitzen auf den Treppen und in dem schattigen Kolonadengang die Studierenden und beleben die hochherrschaftlichen Gebäude.
Adresse:
Neues Palais
Am Neuen Palais
14469 Potsdam
Öffnungszeiten:
November – März
Mittwoch-Montag: 10-16.30 Uhr
Dienstag: geschlossen
April-Oktober
Mittwoch-Montag: 10-17.30 Uhr
Dienstag: geschlossen
Eintrittspreise (Grand Tour + Königswohnung):
Erwachsene: 14,-€
Es werden Ermäßigungen angeboten.
Von außen ist die Besichtigung kostenfrei möglich.
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