Pilgern auf der Via Sacra – für mich ging es zum ersten Mal auf Pilgerreise in die Oberlausitz: von Oybin bis Görlitz in drei Etappen mit Besuchen an sakralen Stätten, zu Fuß und mit dem Rad. Drei wundervolle und abwechslungsreiche Tage, die Lust auf weitere Abenteuer gemacht haben.
Was ist Pilgern?
Pilger (veraltet Pilgrim) stammt aus dem lateinischen und bedeutet soviel wie „in der Fremde sein“.
Menschen pilgern schon sehr lange. Mit dem Ausbau von Kirchen in Jerusalem und anderen Orten im Heiligen Land bot sich christlichen Reisenden neue Reiseziele zur Glaubensstärkung an.
Im Mittelalter pilgerten die Menschen, um von ihren Sünden befreit zu werden oder zur Erfüllung eines Gelübtes oder einer auferlegten Buße. Sie befolgten dabei sehr strenge Vorschriften und Regeln. Ziele waren vor allem Rom, Jerusalem und Santiago de Compastelo. Die Strecken legte man dabei zu Fuß oder auch mit Hilfe eines Transportmittels zurück. Die Pilger übernachteten oft in einfachen Herbergen oder in Klöstern.
In der Reformationszeit kam es zu einer Trendwende. Pilgern wurde verspottet und mit Ablasshandel verglichen, in einigen Ländern verbot man es sogar.
Heute wird Pilgern auch als eine Form des Wanderns betrieben und liegt im Trend der Zeit. Die römisch-katholische Kirche hält am Brauch der Wallfahrt zu Heiligtümern fest und fördert diese auch. Zu den bisher bestehenden Zielen kamen noch Marienwallfahrtsorte wie Lourdes und Fátima hinzu. Der heute berühmteste christliche Pilgerweg ist jener nach Santiago de Compostela, der Jakobsweg. Aber die Menschen pilgern nicht nur um kirchliche Orte zu besuchen. Für viele Pilger ist es ein „zurück zu sich selbst“, ein Erkennen der eigenen Grenzen und das Naturerlebnis. Einige pilgern, weil es „in“ ist, andere, weil es eine entschleunigte Art des Reisens ist. Welche Gründe auch immer der Pilger hat, in jedem Fall erfährt er durch die Art des Reisens einen völlig anderen Blick auf eine Region.
Via Sacra
Die Pilgerreise auf der Via Sacra ist Kirchen-, Kultur-, Kunst-, Geschichts- und Politikreise in einem. Die 550 Kilometer lange Route verläuft auf alten Handelswegen im Dreiländereck „Deutschland-Polen-Tschechien“. Insgesamt verbindet sie 20 Stationen mit religiösen und kunsthistorisch interessanten Kulturdenkmälern. Die Streckenführung ist in Abschnitten identisch mit der Via Regia und dem Jakobsweg.
Stationen der Via Sacra
- Zittau (D): Kleines und Großes Fastentuch
- Oybin (D): Burg und Kloster
- Herrnhut (D): Evangelische Brüder-Unität
- Cunewalde (D): Dorfkirche
- Bautzen (D): Dom St. Petri mit Domschatzkammer
- Panschwitz Kuckau (D): Zisterzienserinnenabtei St. Marienstern
- Kamen (D): Kamenzer Altäre
- Görlitz (D): Heiliges Grab, Kreuzweg, Evangelische Kirche St. Peter und Paul
- Ostritz (D): Zisterzienserinnenabtei St. Marienthal
- Krzeszów (CZ): Zisterzienser-Klosterkomplex Krzeszów
- Broumov (CZ): Kloster
- Krummhübel (PL): Stabkirche Wang
- Jelenia Góra (PL): Gnadenkirche zum Heiligen Kreuz
- Hejnice (CZ): Kirche Maria Heimsuchung
- Liberec (CZ): Heiligen Kreuz-Kirche, Denkmal für die Opfer der Shoah
- Český Dub (CZ): Johanniterkommende der Hl. Zdislava
- Mnichovo Hradiště (CZ): Kapelle der Hl. Anna
- Jablonné v Podještědí (CZ): Basilika des Hl. Laurentius und der Hl. Zdislava
- Horní Police (CZ): Erzdekanat, Wallfahrtskirche
- Rumburk (CZ). Kapuzinerkloster mit Loreto-Kapelle
Bisher ist die Strecke noch nicht gesondert ausgeschildert. Sie führt, wie man anhand der aufgelisteten Stationen erkennen kann, aber über die Grenzen hinweg. Man entdeckt sacrale Bauwerke und Kunstschätze der Region und erfährt viel über die sächsischen, böhmischen, schlesischen und sorbischen Wurzeln der Bevölkerung. Das Motto der Via Sacra lautet dabei „ Reisen ohne Grenzen – durch Jahrhunderte – zur Besinnung“.
Pilgern auf der Via Sacra durch die Oberlausitz
Drei Tage war ich auf der Via Sacra in der Oberlausitz von Oybin bis Görlitz unterwegs und konnte so einen kleinen Abschnitt der 263 Kilometer langen Strecke in Deutschland pilgern. Für mich eine wundervolle Erfahrung, bei der ich viel erlebt habe.
Tag 1: Pilgern von Oybin nach Zittau
Der erste Tag der Pilgerwanderung auf der Via Sacra beginnt mit dem Besuch der Ruine der Burg und Klosteranlage Oybin. Bei einer spannenden Führung lerne ich einen geschichtsträchtigen Ort kennen und erfahre viel über die Region der Oberlausitz. In meinem Beitrag über Oybin erfährt man mehr dazu.
Zittauer Gebirge
Zurück im Ort geht es über verschiedene Wanderweg durch das Zittauer Gebirge. Den genauen Verlauf der Strecke kann man sehr gut auf der Karte nachverfolgen.
Etwas erschwerte Bedingungen, es regnete viel und der Boden war oft recht rutschig, ließen uns ein gemütliches Tempo laufen. Genau das Richtige, um die wunderschöne Landschaft zu entdecken.
Erster Anlaufpunkt sind der Kelchstein (Naturdenkmal)mit seinen 18 m Höhe. Er besteht aus Sandstein. Die eigenwillige Pilzform erhielt er durch die Wirkung von Windschliff und Erosion auf die verschieden harten Sandsteinschichten. Der Stein ist ein beliebter Kletterpunkt im Zittauer Gebirge.
Der nächste Anlaufpunkt ist die Felsformation mit dem Namen Muschelsaal. Besonders bei unserem Wanderwetter mit den tiefhängenden Wolken wirkte der Ort mystisch.
Durch tropfende Bäume folgten wir dem Weg zum Scharfenstein. Dort könnte man eine Treppe hinauf steigen und soll bei gutem Wetter einen traumhaften Ausblick haben. Den Weg konnte ich mir an diesem Tag sparen, es gab nur Wolken zu sehen. Auch der Böhmische Aussicht, unserem nächsten Anlaufpunkt, musste man glauben, dass man etwas im Tal sehen gab. Eigentlich sehr schade, aber dennoch habe ich den Weg wirklich genossen. Mir hat diese verregnete und dunstige Stimmung zwischen den Felsen gefallen.
Schließlich erreichten wir den Töpfer, der auf 580 Meter Höhe liegt. Genau der richtige Ort und die richtige Zeit für eine Brotzeit. An einigen Tagen in der Woche hat hier eine Gaststätte geöffnet, wir waren an diesen Tag Selbstversorger und machten es uns an einem der überdachten Tische bequem. Die Felsformationen des Töpfer haben fantasievolle Namen wie „Brütende Henne“ oder „Kleine Schildkröte“. Das Gipfelkreuz lag versteckt im Nebel und der sonst recht beliebte Ort war nahezu leer.
Weg nach Zittau
Nach einer Stärkung pilgerten wir weiter in Richtung Teufelsmühle. Den restlichen Weg bis Zittau legten wir mit der Zittauer Schmalspurbahn zurück, die dort an einem kleinen Bahnhof hält. Bei dem Wetter eine gute Entscheidung, der Weg der Via Sacra bis Zittau war noch einige Kilometer weit.
In Zittau wartete schon das nächste Highlight der Via Sacra auf uns. Wir besuchten die Zittauer Fastentücher. Diese sehr alten Tücher wurden in der 40-tägigen Fastenzeit zur Verhüllung des Altar genutzt. In meinem Beitrag über die Zittauer Fastentücher erfährt man mehr dazu.
Tag 2: Pilgern auf der Via Sacra von Zittau zum Kloster St.Marienthal
Nach einem guten Frühstück startet der zweite Tag der Pilgerwanderung auf der Via Sacra in Zittau. Eine knapp 20 Kilometer lange Wanderung führt zum Kloster St.Marienthal.
Wie man auf der Karte erkennen kann, ist die Strecke bis auf letzten Kilometer sehr eben. Hierzu ein kleiner Tipp: Wir sind die letzten Kilometer nicht mehr entlang der Neiße unterwegs gewesen. Wer lieber ohne den Anstieg unterwegs sein möchte, läuft einfach das Neißetal weiter bis zum Kloster.
Der Weg durch Zittau ging durch einige Wohngebiete und später einen Wanderweg entlang eines Industriegebietes. Der Weg war ausgeschildert, aber zum Teil recht zugewachsen. Die Neiße begleitete uns und so konnte man die Flußlandschaft genießen.
Hirschfelde
Nach etwa 10 Kilometern erreichten wir den Ort Hirschfelde. Vom Ortsrand aus führt der “Historische Hirschfelder Industriepfad” durch den Ort. Auf Hinweistafeln erfährt man so einiges zur Region.
Im Ort ging es vorbei an zahlreichen recht unterschiedlich gut erhaltenen Umgebindehäusern. Das Umgebindehaus ist ein besonderer Haustyp, der Blockbau-, Fachwerk- und Massivbauweise miteinander verbindet. In der Oberlausitz finden sich noch über 6.000 Umgebindehäuser.
Hier hatten wir das Glück, eine tolle Brotzeit zu bekommen. Auf dem Marktplatz erwartete uns das organisierte Essen. Im Ort selber habe ich keine Möglichkeit für eine Einkehr in einem Restaurant oder Biergarten gesehen, nur einen Supermarkt am Ende des Dorfes.
Mit vollem Magen machten wir noch einen Abstecher zur Kirche in Hirschfelde. Hier entdeckten wir auf dem Friedhof die Statue eines Pilgers, die gerade restauriert wurde.
Weiter auf der Via Sacra
Über Rosenthal erreichten wir den Neißeweg. Hier verläuft der Neißeradweg entlang des Flusses. Gerade am Wochenende kann es hier recht voll werden.
Am Wolfsgraben verließen wir den gut ausgebauten Weg und wanderten nun bergauf und bergab durch ein wunderschönes Waldgebiet.
Kurz vor unserm Ziel, dem Kloster St.Marienthal kehrten wir zurück auf den Neißeweg, der direkt durch das Klostergelände führt. Für uns endete nach fast 20 Kilometern der Tag mit einer kleinen Klosterbesichtigung, bevor wir unsere Zimmer im Gästehaus beziehen konnten.
Das Kloster St.Marienthal mit seiner wunderschönen Klosterkirche und dem Garten der Bibelpflanzen ist einer der sakralen Orte der Via Sacra. Hier findet man während seiner Pilgerreise Unterkunftsmöglichkeiten in verschiedenen Preisklassen und bekommt morgens ein reichhaltiges Frühstück. Wer mehr über das Kloster wissen möchte kann in meinen Beitrag vielerfahren.
Tag 3: Radpilgern vom Kloster St.Marienthal nach Görlitz
Der dritte und letzte Tag meiner Pilgerzeit beginnt im Kloster St.Marienthal. Hier kann man Fahrräder ausleihen und die Region entdecken.
Wir werden Radpilgern und eine Strecke nach Görlitz zurücklegen, die auf diesem Weg gut an einem Vormittag zu bewältigen ist. Zu Fuß schafft man die Stecke auch gut an einem Tag.
Vom Kloster St.Marienthal geht es für uns zunächst durch den Ort Ostritz. Nachdem wir einen Blick auf den Marktplatz und das schöne Rathaus geworfen hatten, fuhren wir noch zu einer Besonderheit des Ortes.
Der Bahnhof liegt auf der anderen Uferseite der Neiße und damit in Polen. Hier fährt der Regionalzug, der auch in Zittau hält. Den Bahnsteig erreicht man über eine kleine Fußgängerbrücke, an der zwei Grenzpfeiler darauf aufmerksam machen, dass man ein Land verlässt und in ein anderes einreist.
Unterwegs nach Leuba
Der Radweg ist gut ausgeschildert und führt uns in Richtung Leuba. Hier entdecken wir den Kellbrunnen zu Leubna.
Leuba ist ein Ortsteil von Ostritz und erstreckt sich von Süd nach Nord auf einer Länge von etwa 1,3 Kilometern beidseits der ehemaligen Zittau-Görlitzer Heerstraße und heutigen Bundesstraße 99.
Erstmals erwähnt wurde der Ort 1326 in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. Marienthal als Lubil. 1664 ließ der damalige Besitzer von Nieder-Leuba, Wigand von Uechtritz auf Steinkirch, die an der Straße fließende Quelle einfassen und mit einer Halle überbauen. Sein Familienwappen schmückt die kleine Halle. Dort wurde eine Trinkkelle angebracht, mit der vorüberziehende Reisende Wasser schöpfen konnten. Von dieser Kelle erhielt der Brunnen seinen Namen. Das Wasser kann man gut trinken und es ist eine schöne Erfrischung auf dem Weg nach Görlitz.
Nicht weit entfernt entscheiden wir uns spontan einen kleinen Abstecher über die Neiße nach Polen zu unternehmen. In Radmeritz liegt das Wasserschloss Joachimsthal und wir hoffen, dass man einen Schlossblick erhaschen kann.
Wasserschloss Joachimsthal
Über einen Privatweg, der von uralten Linden gesäumt ist, erreicht man eine kleine Brücke, die auf eine Insel führt. Ein großes Tor mit einem Wappen verhindert, dass man das Gelände betritt.
Joachim Sigismund von Ziegler und Klipphausen, der ledige Kammerherr von August dem Starken ließ dieses Anwesen errichten. Er wollte einen Frauenstift zur Versorgung von ledigen, adeligen Frauen der Oberlausitz und angrenzender Gebiete schaffen. Sein ganzes Vermögen steckte er in die Anlage, die die erste ihrer Art im Kurfürstentum Sachsen und seiner Nebenländer wurde. Einziehen durften 12 unverheiratete evangelische und seit mindestens 4 Generationen adlige Fräulein der Oberlausitz und angrenzender Gebiete. Allerdings nur, wenn sie ohne eigene Schuld in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren. Die Frauen wurden auf ihr zukünftiges Leben als Ehefrau vorbereitet, konnten aber auch für immer im Stift leben.
Kleiner Fakt am Rande – das Haus verfügt über:
- 12 Kamine auf Dach – entspricht der Anzahl der Monate in einem Jahr
- 52 mächtige Türen im Schloss – entsprivjt der Anzahl der Wochen in einem Jahr
- 365 Fenster – entspricht der Anzahl der Tage in einem Jahr
Was mag der Baumeister sich dabei gedacht haben?
Leider kommt man nicht auf das Gelände und so blieb nur ein Blick über die Mauern. Wer etwas mehr sehen möchte, sollte sich den Drohnenflug andehen.
Weiterfahrt nach Görlitz
Uns führte der Radweg weiter nach Görlitz. Die Strecke ist relativ eben und lässt sich sehr gut fahren.
In Görlitz angekommen machten wir noch einen Abstecher zur Landskron Brau-Manufaktur und löschten den Durst mit einem Bier. Danach ging es zum Bahnhof. Dort wartet bereits unser Gepäck und die Fahrräder wurden zurück ins Kloster St.Marienthal gebracht.
Für mich ging es nun zu einem der sakralen Orte der Via Sacra. Die Kirche St.Peter und Paul (Peterskirche) ist einer der Höhepunkte am Pilgerweg der Via Sacra. Eine wunderschöne Kirche mit einer außergewöhnlichen Orgel, die man unbedingt besuchen sollte.
Offenlegung: Die Pilgerwanderung fand im Rahmen einer Pressereise in die Oberlausitz statt. Der Beitrag ist unabhängig dazu entstanden.
Katharina Esche
Hallo, ein sehr schöner und ausführlicher Bericht und man erfährt wohl ganz tolle Erlebnisse und neues Wissen auf dieser Pilgerreise.
ABER der unter anderem beschriebene Ortsteil von Ostritz heißt: Leuba ( ohne n).
viele Grüße
Susanne Jungbluth
Danke, werde ich verbessern!